Editorial

Vor etwa 30 bis 40 Jahren stand der Schweiz das Wasser bis zum Hals: nicht in erster Linie das Hochwasser wie heute, sondern die kommunale und die industrielle Abwassermenge, die seit den 1950er-Jahren rapide zugenommen hatte. Sie drohte ausserhalb der wenigen bereits mit Abwasserreinigungsanlagen (ARA) versehenen Zentren zu einer ernsthaften Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung zu werden.

Anfang der 1960er-Jahre wurde die Gefahr erkannt. In der Folge wurden bis in die 1980er-Jahre kommunale ARA mit einem Investitionsvolumen in derselben Grössenordnung wie für die etwa gleichzeitig erfolgte Erstellung der Hauptstrecken des Nationalstrassennetzes gebaut. Der aktuelle Wiederbeschaffungswert der 759 gegenwärtig in Betrieb stehenden zentralen ARA wird auf ca. 10 Mrd. Franken veranschlagt, dazu kommen über 3300 dezentrale Kleinkläranlagen und Dutzende von industriellen Aufbereitungsanlagen. Damit wird ein Anteil an gereinigtem Abwasser von 97% erreicht.

In einzelnen Fällen ist es heute ökonomisch und ökologisch sinnvoll, ältere Anlagen stillzulegen. Mit dem Klärwerk an der Glatt in Zürich Nord wurde 2002 eine der bedeutenden, in den 1970er-Jahren ausgebauten ARA der Schweiz stillgelegt. Der letzte Beitrag im vorliegenden Heft beschreibt die Umgestaltung von zunächst zwei ihrer Bauwerke für eine völlig andersartige Funktion. Für weitere Anlageteile, vor allem für die ausgedehnten, im Terrain eingelassenen Becken, werden noch Nutzungskonzepte gesucht. Die beiden ersten Fachartikel stellen aktuelle verfahrenstechnische Weiterentwicklungen in der Abwasseraufbereitung vor. Der grosse Platz- bzw. Baulandbedarf und die nicht ganz vermeidbaren Geruchsemissionen von konventionellen ARA werden mit zunehmender Ausdehnung und dichterer Besiedlung der Wohngebiete bei vielen Anlagen problematisch. Hier kann die in der Schweiz noch wenig verbreitete Membrantechnologie die Lösung sein. Das Wasser, das moderne Reinigungsanlagen mit nachgeschalteter Sandfiltration verlässt, ist optisch klar und geruchlos. Doch ist es noch durch Mikroverunreinigungen, darunter Medikamente und Hormone, verschmutzt.

Diese lassen sich bisher nicht entfernen und sind aufgrund ihrer noch weitgehend unbekannten Auswirkungen auf Menschen und Ökosysteme als Risikofaktoren zu betrachten. In einem Pilotversuch wird gegenwärtig abgeklärt, ob sich das in der Trink- und Badewasseraufbereitung bewährte Ozon auch für den Abbau der Mikroverunreinigungen im Abwasser eignet. Eine lange Zeit unbeachtete Quelle für die Verschmutzung von Oberflächengewässern ist das auf Strassen anfallende verschmutzte Abwasser. Dieses bedarf dezentraler Aufbereitungstechniken, die im dritten Fachartikel vorgestellt werden. Dazu gehört aber weiterhin auch die geordnete Versickerung in geeigneten Böden, was im kleinen Massstab derselben Technik entspricht, mit der auf den ausgedehnten Rieselfeldern um die europäischen Grossstädte des 19. Jahrhunderts die früheste geordnete Abwasseraufbereitung erfolgte. Aldo Rota

Inhalt

Wettbewerbe
Anbau mit Fingerspitzengefühl | Wabe ade | Friedhofsgebäude in Erlenbach

Magazin
Strategien gegen Schwemmholz | Ausgezeichnete Kläranlage | Abwasserreinigung mit Pflanzen | Berliner Moderne als Welt­erbe? | Sonnenenergie für die Stadt

Geruchlose Abwasserreinigung
Lukas Denzler
Seit die Kläranlage Uerikon mit Membranfiltern ausgerüstet wurde, gehören Geruchsemissionen der Vergangenheit an.

Ozon gegen Mikroschadstoffe
Lukas Denzler
Ein Pilotversuch in der Klär-
anlage Regensdorf soll zeigen, ob eine zusätzliche Reinigungsstufe mit Ozon problematische Mikroverunreinigungen entfernen kann.

Strassenabwasser
P. Kaufmann, E. Scheiwiller, U. Ochsenbein, M. Rudin
Der Kanton Bern testet technische Möglichkeiten, um den Naturfilter «Boden» zur Reinigung von Strassenabwasser zu ersetzen.

Dicker Dampfer
Rahel Hartmann Schweizer
Wie aus einem Schlammeindicker ein «Fass des Diogenes» wird und seine ursprüngliche Funktion trotzdem lesbar bleibt

SIA
Gespräche zur Bauökonomie | Bern: Neue Horizonte – Ideen zu Holz | Wahlen in Kommissionen | «Umsicht – Regards – Sguardi» in St. Gallen

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Geruchlose Abwasserreinigung

Die Kläranlage Uerikon wurde letztes Jahr als eine der ersten in der Schweiz mit Membranfiltern ausgerüstet. Dank dieser Technologie braucht die neue Anlage wenig Platz, produziert keine Geruchsemissionen und gewährleistet einen nahezu partikel- und keimfreien Abfluss.

Die neue Kläranlage in Uerikon am Zürichsee ist gut getarnt. Wer die alte Anlage mit den offenen Klärbecken nicht gekannt hat, kommt kaum auf die Idee, dass in dem kubischen Betongebäude Abwasser gereinigt wird. Sämtliche Reinigungsprozesse laufen im Inneren des Gebäudes ab. Möglich wurde dies durch den Einsatz der Membrantechnologie. Die im Juli 2006 eingeweihte Anlage in Uerikon ist die erste vollständig mit der Membranfiltertechnik ausgerüstete kommunale Abwasserreinigungsanlage (ARA) der Schweiz. Weltweit gibt es heute gut 30 solche Anlagen, wobei die Hälfte davon in Deutschland steht. Neu ist die Technik allerdings nicht. Bei der Reinigung von Industrieabwässern werden Membranfilter schon seit einiger Zeit angewendet.

Mitten im Wohnquartier

Dank der Membrantechnologie können Kläranlagen sehr kompakt gebaut werden. Die engen Platzverhältnisse und die Lage mitten in einem Wohnquartier seien für die Wahl der Membrantechnologie ausschlaggebend gewesen, erklärt Paul Scheck, der als Mitglied des Gemeinderates für den Bau der neuen Anlage zuständig war. Zudem habe man auch ein Zeichen setzen wollen. Schliesslich fliesse das gereinigte Abwasser direkt in den Zürichsee, der als Trinkwasserreservoir für die Zürcher Bevölkerung diene. Die Anwohner hätten seit vielen Jahren über Geruchsbelästigungen durch die alte Anlage geklagt, sagt Scheck. Somit sei klar gewesen, dass die ARA überdeckt werden müsse. In der neuen Anlage hat schmutziges Abwasser keinen direkten Kontakt mehr mit der Umgebungsluft, und die Abluft des Gebäudes wird mit Biofiltern gereinigt. Der typische ARA-Geruch gehört der Vergangenheit an.

Konventionelle Kläranlagen bestehen in der Regel aus drei Reinigungsstufen: der mechanischen Reinigung zur Entfernung der groben Stoffe, der biologischen Reinigung und der chemischen Ausfällung des Phosphats. Die biologische Reinigung erfolgt durch Popula­tionen von Mikroorganismen, die sich im Abwasser unter Luftzufuhr und Durchmischung bilden und die unerwünschten Nähr- und Schadstoffe abbauen. Der bei diesem sogenannten Belebtschlamm-Verfahren entstehende Schlamm sinkt anschliessend in einem Nachklärbecken ab und wird abgetrennt. In Gebieten mit strengen Einleitbedingungen für Phosphat und Partikel in Gewässer, beispielsweise rund um den Zürichsee, kommt eine vierte Stufe hinzu, in der Regel ein Sandfilter. Dort werden zum einen mechanisch Partikel herausgefiltert, zum anderen findet ein weiterer Stoffabbau durch spezialisierte Bakterien statt.

Mit der Membrantechnologie wird die Nachklärung überflüssig; der Schlamm wird stattdessen durch die Membranen mechanisch abgetrennt. Auch auf einen Sandfilter kann verzichtet werden, weil die lediglich 0.04 Mikrometer grossen Poren der Membranen (das ­heisst etwa 1000-mal dünner als ein menschliches Haar) für Partikel und Keime praktisch undurchlässig sind. Für Werner Eberli, der als Umwelt- und Abwasserfachmann die Behörden beim Bau der neuen Kläranlage beraten hat, ist dies einer der grossen Vorteile: «Die Membranfilter gewährleisten einen nahezu partikel- und keimfreien Abfluss.» Bestätigt wird dies durch die Messungen. Ein Liter gereinigtes Abwasser darf in der Summe nicht mehr als 5 mg ungelöste Stoffe enthalten. In Uerikon ist dieser Wert kleiner als 1 mg. Auch beim Phosphor wird der Wert deutlich eingehalten. Gefordert sind 0.8 mg/l, gemessen wurden zwischen 0.1 und 0.2 mg/l.

Wenig wirksam bei Mikroverunreinigungen

Seit einiger Zeit suchen Abwasserfachleute nach Möglichkeiten, wie sogenannte Mikro­verunreinigungen aus dem Abwasser entfernt werden können. Zu diesen Verbindungen zählen etwa Rückstände von Medikamenten, Pflanzenschutzmitteln, Körperpflegeprodukten und Reinigungsmitteln. Es gibt Hinweise, dass diese Stoffe bereits in sehr geringen Konzentrationen die Ökosysteme beeinträchtigen. Mit Membranen, wie sie nun in Uerikon zum Einsatz kommen, können solche Mikroverunreinigungen jedoch nicht herausgefiltert werden. «Dafür sind die Poren um mindestens einen Faktor 100 zu gross», sagt Adriano Joss vom Eidgenössischen Wasserforschungsinstitut Eawag in Dübendorf. Wie Untersuchun­gen zeigten, werden Mikroverunreinigungen mit Membranfiltern aber etwas besser abgebaut als in konventionellen Anlagen. Der Grund dafür liegt im höheren Schlammalter. In der ­Anlage Uerikon beträgt dieses 30 Tage, während es in konventionellen Anlagen aus betrieblichen Gründen in der Regel nur etwa 15 Tage sind. Durch das höhere Schlammalter entsteht eine vielfältigere Population von Mikroorganismen mit einigen Abbauspezialisten, die einen etwas besseren Abbau der Schadstoffe ermöglichen. Ursprünglich erhoffte man sich jedoch bessere Ergebnisse. Nach den bisherigen Erfahrungen sei es mit Membran­filtern alleine nicht möglich, die Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser zu entfernen, sagt Joss. Deshalb würden zurzeit andere Methoden, wie etwa der Einsatz von Ozon, getestet (siehe nachfolgenden Artikel).

Deutlich höhere Verfahrenskosten

In Uerikon waren die Voraussetzungen für eine Membrananlage günstig, meint Werner Eberli. So wird beispielsweise in den seenahen Gebieten das Regenwasser separat abgeleitet. Dank dieser Trennung sei der Fremdwasseranteil im Abwasser relativ klein, wodurch weniger Wasser durch die Membranen gepresst werden müsse. Dies wirkt sich positiv auf die Betriebskosten aus. Bezüglich Kosten und Energie fällt vor allem die Belüftung der Membranen ins Gewicht. Das Einblasen von Luft ist nötig, weil sich sonst Schlamm an den Membranen ansetzen und die Poren verstopfen würde.

Obwohl in den letzten Jahren die Membrantechnologie für die Abwasserreinigung verbessert und der Energiebedarf gesenkt werden konnten, sind die Kosten immer noch deutlich höher als bei konventionellen Anlagen. Die speziellen Rahmenbedingungen in Uerikon – sehr strenge Einleitbedingungen für das Abwasser in den Zürichsee, enge Platzverhältnisse und hohe Bodenpreise sowie die geforderte Überdeckung – führten jedoch dazu, dass eine Anlage mit Membranfiltern auch finanziell mindestens so gut abschnitt wie eine konventionelle Anlage. Der 2003 durch die Stimmbürger deutlich angenommene Kredit für die ARA mit einer Kapazität für 7000 Einwohner betrug 9.3 Millionen Franken. Mit 1 Million Franken bildeten die Membranen dabei den grössten Kostenfaktor. «Seither haben sich die Kosten für die Membranen halbiert», sagt Eberli. Und die Preise dürften weiter fallen. Wie teuer die Membrantechnologie letztlich zu stehen kommt, hängt jedoch massgeblich von der Lebensdauer der Membranen ab. Hierzu gibt es noch keine verlässlichen Erfahrungswerte. Der Lieferant garantiert eine Lebensdauer von fünf Jahren. Eberli hofft jedoch, dass mit einer guten Wartung und dem Verzicht auf die maximale Beanspruchung die Membranen länger halten werden.

Ideal für Bergstationen

Laut den Fachleuten könnten in der Schweiz weitere Membrananlagen vor allem in Regio­nen mit strengen Einleitbedingungen für Abwasser in Gewässer gebaut werden. So wurden Membranfilter beispielsweise kürzlich auch in der ARA Wädenswil eingebaut, wodurch auf den Bau eines Sandfilters verzichtet werden konnte. Vermehrt eingesetzt werden könnte die Technologie auch bei Anlagen mit stark variierendem Abwasseranfall. Im Unterschied zu konventionellen Anlagen funktioniert die Membranfiltration auch unter solchen Umständen sehr zuverlässig. Auf dem Säntis und auf der Schwägalp sind solche Anlagen daher schon seit einigen Jahren in Betrieb. Auch für die dezentrale Abwasserbehandlung ­eignen sich Membranfilter, wenn zum Beispiel Frischwasser nur beschränkt oder kein Anschluss an die Kanalisation zur Verfügung steht. Eine Pilotanlage mit Membranfiltern für die Reinigung von Toilettenabwasser steht in Zermatt in der Bergstation einer Seilbahn auf 3286 Metern über Meer, eine andere in einem «abwasserlosen» Einfamilienhaus in der Nähe von Solothurn.

Derzeit würden auffallend viele Membrananlagen in trockenen Gebieten gebaut, sagt Joss, etwa in Spanien oder Italien. Wo Wasser knapp ist, gelangt Abwasser sehr rasch wieder in den Wasserkreislauf. Besonders problematisch ist es, wenn sich in unmittelbarer Nähe von Abwassereinleitungen Trinkwasserfassungen befinden. Auch Grundwasser kann durch Abwasser verschmutzt werden. Damit gereinigtes Abwasser in ariden Gebieten in der Landwirtschaft für die Bewässerung verwendet werden kann, muss es hygienisiert werden. In solchen Fällen drängt sich die Membrantechnologie auf. In der Schweiz, wo Wasser im Überfluss vorhanden ist, dürften Membranfilter in den nächsten Jahren hingegen nur in speziellen Fällen zur Anwendung kommen.

TEC21, Mo., 2007.09.17

17. September 2007 Lukas Denzler

Ozon gegen Mikroschadstoffe

Herkömmliche Kläranlagen sind nicht in der Lage, sogenannte Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser zu entfernen. Seit Juli 2007 wird in Regensdorf im Rahmen eines Pilotversuchs abgeklärt, ob eine zusätzliche Reinigungsstufe mit Ozon diese problematischen Verbindungen knacken kann.

In der Schweiz werden über 97 Prozent der Abwässer in Kläranlagen eingeleitet und gereinigt. Dank dem guten Ausbaustandard der Siedlungsentwässerung hat sich der Zustand von Flüssen und Seen in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Im Vordergrund stand dabei die Elimination von Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor und Kohlenstoff. Nur ungenügend abgebaut werden hingegen sogenannte Mikroverunreinigungen. Bei diesen organischen Spurenstoffen, die in den Gewässern nur in sehr geringen Konzentrationen nachgewiesen werden, handelt es sich um Inhaltsstoffe von Pflanzenschutzmitteln, Körperpflegeprodukten, Reinigungsmitteln, Hormonen und Medikamenten. Wie sich diese Stoffe auf die Ökosysteme der Gewässer auswirken, ist erst ansatzweise bekannt. Es gibt aber Hinweise, dass einige dieser Verbindungen bereits in sehr geringen Konzentrationen Organismen schädigen; so wurden bei Fischen beispielsweise Geschlechtsumwandlungen beobachtet.

Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hat 2006 das Projekt «MicroPoll» gestartet. Ziel ist, Grundlagen zusammenzustellen und eine Strategie zu entwickeln, wie der Eintrag von Mikroverunreinigungen aus der Siedlungsentwässerung in die Gewässer und damit auch ins Grundwasser reduziert werden kann. Ein viel versprechender Ansatz ist, die heutigen Abwasserreinigungsanlagen (ARA) technisch aufzurüsten. Zwei Verfahren stehen derzeit im Vordergrund: die Behandlung des Abwassers mit Ozon und der Einsatz von Pulveraktivkohle. Seit Anfang Juli führt das Bafu in der ARA Regensdorf nun einen Pilotversuch mit Ozon durch. Ozon wirkt stark oxidierend und bildet im Kontakt mit Wasser die noch reaktiveren Hydroxylradikale, die viele Substanzen angreifen. Bei der Ozonierung werden daher komplexe Verbindungen aufgebrochen, die anschliessend biologisch viel besser abgebaut werden können. Die Untersuchungen sollen zeigen, wie effizient Ozon die unliebsamen Substanzen abbaut und welche Anforderungen das Verfahren an die ARA stellt.

Wissenschaftlich betreut wird der Pilotversuch durch das Wasserforschungsinstitut ­Eawag des ETH-Bereichs. Die Ozonierung ist ein Verfahren aus der Trinkwasseraufbereitung. Zur Abwasserreinigung werde es bis jetzt erst bei Industrieabwässern eingesetzt, etwa zur Entfärbung, sagt Hansruedi Siegrist von der Eawag. Im kommunalen Bereich sei die ARA Regensdorf weltweit die erste dieser Art. Die Behandlung des Abwassers mit Ozon ist günstiger als der Einsatz von Pulveraktivkohle. Zudem kann bei der Ozonierung im Unterschied zur Pulveraktivkohle auf einen Sandfilter eventuell verzichtet werden. Dies wäre von Bedeutung, weil in der Schweiz viele Anlagen keinen Sandfilter haben. Inwieweit ein Sandfilter zum Abbau der Ozonzwischenprodukte jedoch sinnvoll ist, soll im Rahmen des Pilotversuches abgeklärt werden.

Unbekannte Abbauprodukte

Laut Siegrist werden pro Kubikmeter Abwasser 3 bis 8g Ozon benötigt. Das aus drei Sauerstoffatomen bestehende Ozon wird aus flüssigem Sauerstoff (O2) vor Ort erzeugt und in einem geschlossenen Becken ins Abwasser eingeblasen. Sollte nicht alles Ozon verbraucht werden, sorgt ein thermischer Katalysator dafür, dass mit der Abluft kein Ozon in die Atmosphäre gelangt. Während 18 Monaten werden nun die Konzentrationen verschiedener Mikroverunreinigungen vor, während und nach der Behandlung mit Ozon bestimmt. Besondere Beachtung wird den Oxidationsprodukten geschenkt, über die man erst wenig weiss. Die Frage ist, ob diese tatsächlich weniger toxisch und leichter abbaubar sind. Zusätzlich werden toxikologische und biologische Untersuchungen im Abwasser nach der Ozonbehandlung und nach der Filtration sowie im Furtbach, in den das gereinigte Abwasser eingeleitet wird, durchgeführt. Regensdorf eignet sich für diese Untersuchungen besonders gut, weil der Furtbach oberhalb der ARA nicht durch Abwasser belastet ist und das gereinigte Abwasser nach dem Einleiten relativ wenig verdünnt wird.

Die Mehrkosten der Ozonierung dürften je nach Anlagengrösse und Ausbaustandard der Anlage 5 bis 20Rp./m3 Abwasser betragen. Auch der zusätzliche Strombedarf von rund 0.1kWh/m3 Abwasser ist nicht vernachlässigbar. Der Energiebedarf für die Abwasserreinigung dürfte um 30 bis 50 Prozent steigen. Siegrist plädiert hier jedoch dafür, eine Gesamtbewertung vorzunehmen. So benötigten die Kläranlagen im Vergleich zur Warmwasser- oder Trinkwasseraufbereitung relativ wenig Energie (Tabelle). Mit anderen Worten: Der Ener­giebedarf für die Abwasserreinigung inklusive Ozonbehandlung würde lediglich einen kleinen Bruchteil der gesamten Energie betragen, die wir heute jeden Tag benötigen.

Totaler Primärenergieverbrauch in Europa: 5000 W/Person (100%)
Warmwasserproduktion mit Strom (Elektr. Energie: 50–80 W/Person): 200 W/Person (4%)
Trinkwasseraufbereitung und Abwasserbehandlung (Elektr. Energie: 15–20 W/Person): 50 W/Person (1%)
Ozonierung (Elektr. Energie: 2–4 W/Person) 6–10 W/Person (< 0.2%)

Anmerkung: Den Zahlen liegt die Annahme zu Grunde, dass für die Bereitstellung elektrischer Energie etwa dreimal so viel Primärenergie (Kernenergie, thermische Energie) benötigt wird. Für die Schweiz mit derzeit 60 % elektrischer Energie aus Wasserkraft dürfte der Primärenergieverbrauch folglich etwas geringer sein.

TEC21, Mo., 2007.09.17

17. September 2007 Lukas Denzler

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