Details

Adresse
Centro Cultural Conde Duque, Madrid, Spanien
Fertigstellung
2002

Presseschau

28. Mai 2003Markus Jakob
Neue Zürcher Zeitung

Kastilischer Kasten mit Schweizer Kiste

Ein Pavillon von «2b architectes» in Madrid

Ein Pavillon von «2b architectes» in Madrid

Zu behaupten, der Schweizer Pavillon im Kulturzentrum Conde Duque und die dort zu sehende Ausstellung über junge Schweizer Architektur machten in Madrid Furore, wäre vermessen. Auch wenn sich die Besucher eher spärlich einfinden, kann sich der temporäre Bau der Lausanner Architekten Stéphanie Bender und Philippe Béboux («2b architectes») als ephemere Demonstration junger Schweizer Baukunst sehen lassen. Hervorgegangen aus einem von Pro Helvetia unterstützten Wettbewerb des spanischen Ministeriums für öffentliche Bauten, wurde er im Februar 2003 eröffnet: anlässlich der Madrider Kunstmesse ARCO, an der die Schweiz als Gastland auftrat. Die «caja suiza», wie sie gemeinhin genannt wird, bleibt noch bis November stehen.

Ort des architektonischen Geschehens ist einer der drei Innenhöfe des Conde Duque, einer 1717 bis 1730 erbauten Kaserne, die 1969 von Julio Cano Lasso für kulturelle Zwecke umgebaut wurde. Der kolossale, bis auf das barocke Portal rigoros ornamentfreie Kasten bildet den adäquaten Hintergrund für eine «Schweizer Kiste», die ihre Herkunft nachgerade hinausschreit in den Madrider Himmel. Die beiden Lausanner entwarfen nämlich einen kreuzförmigen Bau aus opalisierendem Acrylglas: ebenerdig der eine Balken, der an seinen beiden Enden je einen grabenartigen und mit einigen Liegestühlen bestückten Patio frei lässt. Darüber der zweite Balken: das Ausstellungsgeschoss mit seinem hohen umlaufenden Korridor, beidseitig zugleich als Vordach spektakulär auskragend. Das Ganze wird auf halber Höhe umrahmt von roten Stoffbahnen, die dem Hof Schatten spenden und das weisse Kreuz erst zu einem Schweizerkreuz machen. Soll dieser Baldachin auch als Reminiszenz an spanische Dorffestdekorationen verstanden werden, so bleibt dies neben der Zelebrierung helvetisch- heraldischer Perfektion doch Nebensache: «La Suisse existe» - als begehbarer Wimpel!

Mit ihrem Entwurf hatten sich «2b architectes» im Wettbewerb gegen vier ebenso junge Konkurrenten durchgesetzt: Baumann & Roserens, Buzzi & Buzzi, Conradin Clavuot und Sabarchitekten. Alle fünf Teams werden nun mit ihren Wettbewerbs- und weiteren Projekten im Ausstellungsgeschoss vorgestellt: auf nichts als einigen horizontal über den Boden verteilten Bildschirmen, welche die Kenntnisnahme ihres Werkes allerdings sehr mühsam machen. Das ist schade und - im Gegensatz zum Pavillon selbst - eine verpasste Chance, dem spanischen Publikum eine noch unverbrauchte Generation von Schweizer Architekten näherzubringen. Dies holt aber immerhin ein attraktiv gestalteter Katalog nach, der die fünf Büros und deren Bauten dokumentiert. Mit Blick auf die Madrider Ausstellung stellt zurzeit auch das Architekturmuseum Basel dieselben fünf Büros in einer anderen, wesentlich aufschlussreicheren Präsentation vor.


[Die Ausstellung in Madrid dauert bis zum 8. Juni, die Basler Ausstellung bis zum 31. August. Katalog: Concurso de arquitectura contemporánea suiza. Hrsg. Centro Cultural Conde Duque, Madrid 2003. 207 S., Fr. 10.- (ISBN 84-96102-00-9).]

02. August 2002Neue Zürcher Zeitung

Schweizerkreuz im Barockpalast

Zwei junge Romands bauen in Madrid

Zwei junge Romands bauen in Madrid

Nicht erst seit Herzog & de Meuron auf Teneriffa und in Barcelona an Grossprojekten arbeiten, geniesst die zeitgenössische Schweizer Architektur in Spanien einen guten Ruf. Dafür sorgte auch die Zeitung «El País», die immer wieder Texte zur helvetischen Baukunst publiziert. Diesem Renommee ist es wohl auch zu danken, dass unsere Architektur im kommenden Jahr ganz offiziell in Madrid gefeiert wird. Im Hinblick auf die nächste «Arco», die wichtigste Kunstmesse der lateinischen Welt, können nämlich Philippe Béboux und Stephanie Bender vom jungen Lausanner Team 2b Architectes im barocken Nordhof des Centro Cultural Conde Duque einen temporären Ausstellungspavillon errichten. Möglich wurde dieser für unser Land fast kostenlose Kulturexport dank einer im vergangenen Februar anlässlich der «Arco 02» vom Ministerio de Fomento ergriffenen Initiative und dem spontanen Engagement der Abteilung für Visuelle Künste und Film von Pro Helvetia. Mit diesem Auftrag, der es der Schweiz als offiziellem Gastland der «Arco 03» ermöglichen wird, in Madrid eine architektonische Visitenkarte zu präsentieren, lanciert Spanien für rund 600 000 Euro ein Pilotprojekt, das wenn immer möglich in den kommenden Jahren vom jeweiligen «Arco»-Gastland fortgeführt werden und die Besucher über junge architektonische Tendenzen informieren soll.

Da die Eröffnung des Neubaus am 11. Februar 2003, dem Vorabend der «Arco»-Vernissage, stattfinden soll, war Handeln angesagt. Pro Helvetia berief sofort ein wissenschaftliches Komitee, das im März fünf junge Schweizer Architektenteams - 2b Architectes aus Lausanne, Baumann und Roserens aus Zürich, Francesco und Britta Buzzi aus Locarno, Conradin Clavuot aus Chur sowie Sab Architekten aus Basel - vorschlug. Diese wurden von den Spaniern zu einem Wettbewerb eingeladen, dessen Resultate, den kulturellen und temperamentmässigen Unterschieden der Teilnehmer entsprechend, kaum vielfältiger hätten ausfallen können: Sie reichen von Clavuots kargem Holzpavillon bis hin zum exzentrischen, eine urbane Schweiz verkörpernden Turmbau von Baumann & Roserens. Dieser auffällige Entwurf wäre vom Publikum gewiss begeistert angenommen worden, doch entschied sich die spanisch-schweizerische Jury vor kurzem für die ebenso durchdachte wie konstruktiv und materiell solide Arbeit von 2b Architectes. Ihr bestechend einfaches Projekt, in dem sich Abstraktion und Sinnlichkeit die Waage halten und das intelligente Bezüge zum architektonischen Kontext aufzeigt, entsprach wohl am ehesten dem Klischee der «Schweizer Kiste». Zudem verspricht die Konstruktion aus vorfabrizierten Platten neben einer kurzen Bauzeit auch jene Stabilität, die für eine zehnmonatige Beanspruchung nötig ist.

Für den roten Innenhof der einstigen Kaserne schlagen 2b Architectes ein Gebäude in Form eines Schweizerkreuzes vor, bei dem rechtwinklig über einem ebenerdigen Balken ein zweiter, fachwerkartig versteifter Schwebebalken liegt. Beide Baukörper sind vertikal mit weissem Acrylglas verkleidet, so dass sie nachts den Hof erhellen. Das Erdgeschoss besteht aus zwei zum Himmel offenen Patios und einer zentralen Halle, von der aus man über zwei Treppen in den variabel unterteilbaren Ausstellungssaal hinaufsteigt. Hier werden zur Eröffnung die fünf Wettbewerbsteilnehmer ihr Schaffen präsentieren. Danach sind weitere Veranstaltungen geplant, bevor der Bau Ende 2003 wieder zerlegt wird.

Roman Hollenstein

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