21. November 2024 - afo architekturforum oberösterreich
Mit dem Abtragen der Schichten diverser Umbauten – das Verkaufslokal war 1965 dem Zeitgeist entsprechend umfassend „modernisiert“, das Portal 1988 teilweise rückgebaut worden – konnten die originale Kubatur des Innenraums, der Stuck der Decke und die Portalhöhe rekonstruiert und wiederhergestellt werden. Die Proportionen und Teilungen des Portals orientieren sich am Original, soweit es über alte Fotografien nachvollziehbar war. Die Architektur der hohen, offenen und in die Tiefe gehenden Erdgeschosszone spiegelt den damaligen Aufbruch in eine neue Zeit: Die Baugestaltung hebt sich markant von den niedrig gewölbten Erdgeschosszonen der umgebenden Bauten ab. Innen- und Außenraum sind nicht mehr durch massive Bauteile getrennt, sondern gehen fließend ineinander über.
Um dieses Raumgefühl zu erhalten und wieder erlebbar zu machen, verzichtete Architekt Thomas Pauli auf eine räumliche Trennung der einzelnen funktionalen Bereiche. Der Verkaufsraum geht über in den Backbereich, die Vorbereitung, die Lagerräumlichkeiten und den Personalbereich. Sie sind nur durch niedere, paraventartige Wandscheiben getrennt. Die gesamte technische Versorgung erfolgt über das Untergeschoss, sodass der Raum selbst vollkommen frei von Versorgungsleitungen bleibt. Bei der Gestaltung der Einrichtung wurde auf materialgerechte handwerkliche Qualität und Ausführung der Details großen Wert gelegt. Das Material ist nicht nur Oberfläche, es wird konstruktiv eingesetzt. Mit klarer Formensprache und gestalterischer Reduktion auf die funktionalen Erfordernisse sollte Handlungs- und Wahrnehmungsspielraum geschaffen werden, um das Produkt Brot, das Backen, das Einkaufserlebnis und letztlich die Architektur in den Mittelpunkt zu rücken. (Text: Architekt, bearbeitet)
