Pläne

Details

Adresse
Simmeringer Hauptstraße 337, 1110 Wien, Österreich
Mitarbeit Architektur
Sarah Kandlhofer, Matthias Hierzer
Bauherrschaft
BFW Gebäudeerrichtungs- und Vermietungs GmbH & Co KG
Mitarbeit Bauherrschaft
Peter Janovsky
Tragwerksplanung
Peter Mandl ZT GmbH (Peter Mandl)
Mitarbeit Tragwerksplanung
Paul Winter
örtliche Bauaufsicht, Projektsteuerung
Hans Lechner ZT GmbH (Hans Lechner)
Mitarbeit ÖBA
Herbert Kanov
Fotografie
Paul Ott
Weitere Konsulent:innen
Externe Projektleitung: ÖIR-Projekthaus GmbH, Adolf Andel
Brandschutz: STB Hausner, Will Hausner
HKLS-Planung: Pechmann GmbH Ingenieurbüro für Haustechnik
ET-Planung: KLAUSS Elektro-Anlagen Planungsgesellschaft m.b.H.
Lichtplanung: Hailight, Andreas Haidegger
Inszenierung / Konzept: Christof Cremer
Inszenierung / Ausführung: Albert Hönes
Ofentechnik: H.R.Heinicke GmbH, Heiko Friederichs
Grafik, Leitsystem: sort., Jan Brauer
Maßnahme
Erweiterung
Funktion
Sakralbauten
Wettbewerb
09/2019 - 11/2019
Planung
01/2020
Ausführung
06/2021 - 09/2022
Grundstücksfläche
13.700 m²
Bruttogeschossfläche
1.852 m²
Nutzfläche
1.785 m²
Umbauter Raum
11.811 m³

Nachhaltigkeit

Zentrale Wärmebereitstellung durch die Abwärme der Verbrennungsofentechnik;
kompaktes Bauvolumen; hohe speicherwirksame Masse; Außenwände mit Isolationsbeton (Zuschlagsstoff Blähton); Niedertemperaturheizung (FBH) im OG; kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung

Energiesysteme
Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
Materialwahl
Stahlbeton, Überwiegende Verwendung von HFKW-freien Dämmstoffen, Vermeidung von PVC für Fenster, Türen, Vermeidung von PVC im Innenausbau

Ausführende Firmen

Generalunternehmer: Bauunternehmung Granit Gesellschaft m.b.H; HKLS-INST: Ing. Gurmann Gebäudetechnik GmbH; E-INST: VM Elektrotechnik GmbH; Möbel: Schmidinger Möbelbau GmbH

Architekturwettbewerb

Das Projekt ist aus dem Verfahren Erweiterung des Krematorium Wien hervorgegangen

1. Rang, Gewinner

Presseschau

04. April 2023Christian Kühn
Spectrum

Krematorium Simmering: Ein kühler Abschied ins Feuer

Vor 100 Jahren wurde das Krematorium Simmering eröffnet. Nun hat es einen Zubau mit allem Komfort erhalten. Aber sollte Architektur im Umfeld des Todes nicht doch einen Gedanken ausdrücken?

Vor 100 Jahren wurde das Krematorium Simmering eröffnet. Nun hat es einen Zubau mit allem Komfort erhalten. Aber sollte Architektur im Umfeld des Todes nicht doch einen Gedanken ausdrücken?

Auch in einer aufgeklärten, entzauberten Welt bleibt die Gestaltung des letzten Wegs eine heikle Frage. Heute gilt die Entscheidung zwischen Erd- oder Feuerbestattung als Privatsache, vor 100 Jahren war sie noch massiv ideologisch belastet. In Wien wurde 1904 der Arbeiterverein „Die Flamme“ gegründet, der sich für die Feuerbestattung einsetzte. Erfüllt wurde diese Forderung erst, als das „Rote Wien“ unter Bürgermeister Jakob Reumann 1922 ein Krematorium errichten ließ. Bis zuletzt blieb es Spielball im Konflikt der Ideologien: Der christlich-soziale Innenminister Richard Schmitz untersagte die Inbetriebnahme per Weisung; Reumann eröffnete trotzdem und bekam vom Verfassungsgerichtshof, wo der Fall schließlich landete, Recht.

Das Gebäude, das für diesen Zweck errichtet wurde, stammt von Clemens Holzmeister und gilt als der „bedeutendste expressionistische Bau Österreichs“. Als solchen bezeichnete ihn Friedrich Achleitner, der profundeste Chronist der österreichischen Architektur des 20. Jahrhunderts. Dem 1886 geborenen Holzmeister brachte das Projekt internationale Aufmerksamkeit für das, was seine Zeitgenossen als „gewaltigen inneren Drang zur Monumentalität“ würdigten. Achleitner spricht von „Theatralik und Pathos, dem man sich auch heute nicht entziehen kann“. Dass mit Holzmeister ausgerechnet der zukünftige Chefarchitekt des Ständestaats und Planer zahlreicher Kirchen für dieses Renommierprojekt des roten Antiklerikalismus zum Zug kam, ist bemerkenswert. Bei genauerer Betrachtung erweist sich Holzmeisters Expressionismus denn auch als ziemlich erdig, nicht zuletzt im Vergleich zu dem nach Meinung der Zeitgenossen fortschrittlichsten Projekts aus dem Wettbewerb, der 1921 für das Krematorium ausgeschrieben wurde: Arthur Grünberger und Adolf Jelletz, auf deren Pläne die 1938 zerstörte Neue-Welt-Synagoge in Hietzing zurückgeht, entwarfen einen kronenartigen, filigranen Rundbau, der sich am deutschen Expressionismus der Zeit orientiert, etwa Bruno Tauts Visionen zur „Alpinen Architektur“. Holzmeisters markante Spitzbögen verströmen dagegen einen Hauch von Burgenromantik.

Diese Romantik dürfte der Grund sein, dass Holzmeister als Drittplatzierter des Wettbewerbs den Auftrag zur Realisierung erhielt. Ursprünglich war für das Projekt ein Standort in St. Marx vorgesehen gewesen; man entschied sich aber schließlich für ein Areal gegenüber dem Zentralfriedhof – den Park des Schlosses Neugebäude, das Maximilian II. Mitte des 16. Jahrhunderts hatte errichten lassen. Die Begrenzungsmauern des Schlossparks mit ihren Wehrtürmen waren ein ideales Umfeld für Holzmeisters Projekt. Auf der Hauptachse des Schlosses, etwas ins Innere des Parks gerückt und durch gedeckte Kolumbarien-Gänge mit der Schlossmauer verbunden, bildet die Feuerhalle das Zentrum eines gefassten Freiraums, der sich in das Ensemble des Neugebäudes einfügt. Der kompakte Zentralbau bestand im Wesentlichen aus dem Verabschiedungsraum direkt unter der steilen Kuppel, an dessen Stirnwand der Sarg aufgebahrt und über einen „Tumbenaufzug“ nach unten zu den Verbrennungsöfen abgesenkt wurde. Ein Aufbahrungsraum und eine Leichenkammer lagen an der Rückseite, wo auch die Anlieferung erfolgte. Diese Anlage wurde bereits 1931 um zusätzliche Aufbahrungsräume erweitert und Ende der 1960er-Jahre von Holzmeister radikal umgebaut. Der Raum unter der Kuppel verwandelte sich dabei in einen Verteiler, von dem aus zwei seitliche und ein auf der Hauptachse liegender Verabschiedungsraum erschlossen werden. Die beeindruckende, von Giselbert Hoke gestaltete Glaswand, die den Raum abschließt, ändert nichts daran, dass der Um- und Zubau insgesamt eher plump ausgefallen ist. Vom spannungsvollen Zentraltyp ist im Inneren nicht mehr viel zu spüren.

Der jüngste Zubau eines weiteren Verabschiedungsraums, der voriges Jahr zum 100-Jahr-Jubiläum der Feuerhalle fertiggestellt wurde, setzt die Erweiterung axial nach hinten fort, mit dem Problem, dass Holzmeisters Erweiterung seitlich überholt werden muss. Im Wettbewerb war dafür vonseiten der Friedhöfe Wien ein Gang vorgegeben, der zwangsläufig ungeschickt an den Bestand andocken muss. Nur ein einziges der eingereichten 38 Projekte schlug eine überzeugende Alternative vor: Juri Troy wiederholt Holzmeisters Erweiterungsstrategie, indem er dessen zentrale Verabschiedungshalle zu einem Verteiler umfunktioniert, der beiderseits je eine neue Halle erschließt. Die Jury konnte sich nur zu einem zweiten Platz für das Projekt durchringen.

Das Siegerprojekt stammt von Christian Tabernig und Harald Kloiber, die als Projekt CC firmieren. Sie setzen dem Bestand eine große Betonskulptur gegenüber und verbinden Alt und Neu durch seitliche Spangen, die einen Innenhof umschließen. Der Verabschiedungsraum wirkt im Gegensatz zum rauen Äußeren skandinavisch komfortabel. Er bietet Licht von beiden Seiten, auch Ausblick in den Park, der allerdings durch eine quadratische Betonscheibe ohne statische Notwendigkeit störend unterbrochen ist. Die vergoldete schwebende Ellipse über dem Tumbenaufzug ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem Bühnenbildner Christof Cremer.

Ursprünglich war geplant, in der neuen Halle eine „Verabschiedung ins Feuer“ zu ermöglichen, bei der die Angehörigen den Weg des Sarges in den Verbrennungsofen verfolgen können, aus logistischen Gründen nahm man davon wieder Abstand. Nun gibt es auf dem unteren Niveau einen Raum, in dem das für bis zu zehn Personen möglich ist. In der oberen Halle ist dafür ein hochauflösender Bildschirm an der Stirnwand montiert, um die Verstorbenen in Bild und Ton zu würdigen. Die Friedhöfe Wien bieten bereits ein „Digitales Grab“ zum Totengedenken im virtuellen Raum an.

Was kann Architektur in diesem Umfeld noch leisten? Sie müsste kompromisslosere, außergewöhnliche Ort schaffen. Unter den Beiträgen im Wettbewerb gab es dazu nur wenige Ansätze (architekturwettbewerb.at): einen Luftschiffhangar für die aufsteigenden Seelen von Wolfgang Tschapeller; eine präzise um einen Seerosenteich geneigte Rampe von Gerhard Vana. Sollte Architektur zumindest im Umfeld des Todes nicht doch einen Gedanken ausdrücken?

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