10. August 2022 - Vorarlberger Architektur Institut
Achtsam wurde das Gebäude orthogonal zu den Schichtenlinien auf das Hanggrundstück gesetzt. So entsteht eine Plastizität des Baukörpers, die im Dialog mit dem Vorplatz, einem vorgesetzten Filter aus Bäumen und der seitlich angedockten Terrasse den konkreten Ort prägt. Die Anlage mutet sehr urban an, die Fassade aber ist höchst ortsspezifisch, sie sendet eine klare Botschaft aus: Hier steht ein Bregenzerwälder Haus. Schindeln, die Solidität vermitteln, und der schützende „Wurf“ – das ausschwingende Gesims über den Fensterläden – nehmen Bezug auf die Bautradition der Gegend. Es geht hier nicht um Retro-Design, sondern die Fortschreibung einer kulturellen Werteskala beim Bauen: Präzision, Beständigkeit und das Erkennen des Notwendigen.
Das Besondere im Entwurf erschließt sich beim genaueren Hinsehen. Der „Wurf“ gliedert die Fassade und begleitet die Öffnungen des Hauses, wo es notwendig ist. So entsteht eine asymmetrische Ordnung, die eine dezente horizontale Dynamik generiert. Diese setzt sich im Inneren des Gebäudes fort. Die Erschließungsbereiche in den beiden Etagen mit dem Therapiezentrum dehnen sich und ziehen sich zusammen. Dieses Pulsieren kann man als Metapher für den Therapieprozess sehen, es erhöht die Aufenthaltsqualität der Warteräume ungemein. Patient:innen können von hier aus auch ins Freie schauen. Besondere Fenster ermöglichen den Blick nach außen: eingesetzt in 50 Zentimeter starke Ziegelwände werden sie von schmalen Lüftungsflügeln gerahmt. So kann aus der hohen Speicherkapazität der Wände, der gebotenen Raumhöhe und den softwaregesteuerten Ventilierungselementen ein Raumklima generiert werden, das bei guter Luftqualität Wohlfühltemperaturen zwischen 22 und 26 Grad Celsius über das Jahr hinweg ermöglicht. (Text: Isabella Marboe, nach einem Text der Architekten)