03. November 2020 - aut. architektur und tirol
Eine Hauptaufgabe im Rahmen des Umbaus bestand in der nachhaltigen Energieversorgung mittels Tiefenbohrung, Wärmepumpe und Niedertemperatur-Heizsystem. Die ursprünglichen Wände und Böden freizulegen und ohne Innendämmung zu arbeiten, spielte dabei eine große Rolle. So wuden Wände und Böden aufgearbeitet und wo nötig ergänzt. Das geschah auf sehr handwerkliche Art und Weise und ohne Scham, das Flickwerk zu zeigen. Es ist in Summe nur eine weitere Ebene die das Haus gewinnt.
Trotz heiztechnisch bedingter großer Eingriffe sollte möglichst viel Ursprünglichkeit in das Haus zurückkehren. An vielen Stellen hat dies die Struktur des Hauses sehr unkompliziert zugelassen. So wurden Böden oder Decken teilweise nach alter Handwerkstradition in vorhandene Nuten wieder oder neu eingebaut und Türen oder Türstöcke traditionell ergänzt. Die einem zeitgenössischen Standard entsprechenden Bäder brachten eine notwendige weitere Ebene ins Haus. Durch einen freigestellten Versorgungsschacht über zwei Ebenen wurde ein minimalinvasiver Umgang mit dem Bestand erreicht.
Für die Bäder wurde mit Nagelfluh ein hochwertiges, regionales Material verwendet, das in seiner dauerhaften Qualität dem Bestand angemessen ist. Sonst wurden die Materialien weitgehend auf Holz und Stahl beschränkt. Dabei wurde Stahl einerseits kontrastierend zum Bestand, andererseits als Vermittler der unterschiedlichsten Umbauten eingesetzt, immer jedoch als deutliches Zeichen für neue Eingriffe ins Haus.
Größtes sichtbares Novum im äußeren Erscheinungsbild stellen die neuen Fenster dar. Die Gegenüberstellung von neu interpretierten, traditionellen Kastenfenstern und kontrastierenden, kontemporären Fensterelementen bereichert das Haus um eine weitere Zutat in seiner langen Baugeschichte.
Der Umbau wurde bei der „Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2020“ mit einer lobenden Erwähnung bedacht: „Ein Tiroler Bauernhaus in Kirchbichl, das eine lange Geschichte als Bauernhof und anschließend als Ferienhaus eines Großindustriellen hinter sich hat, wurde neu belebt. Unter Einbeziehung der bäuerlichen wie auch der neueren Geschichte wurde mit viel Feingefühl und durch die Einführung neuer architektonischer Elemente wie z.B. Sprossenfenster, Einbauteilen aus Rohstahl und unter Verwendung von Nagelfluh ein stimmiges Ensemble geschaffen. Die wertvolle Bausubstanz wurde zeitgemäß für weitere Generationen belebt.“ (Peter Haimerl, Juror) (Text: Architekt, bearbeitet und ergänzt)