15. November 2012 - Architekturzentrum Wien
Der Raum ist eine Oase – nicht nur für die Cocktaildurstigen Gäste – sondern auch für jene Gäste, die gesättigt sind vom omnipräsenten Designfortissimo, das in der Gastronomie offenbar zum guten Ton gehört. Die Stärke des Designs der Bar liegt in der Zurückhaltung. Anthrazitgrau gespachtelte Wände, schwarz gebeizte Eiche, ein grauer Teppichboden, wobei die vermeintlich spartanischen Materialien und Farben im Zusammenspiel überraschend warm wirken und eine angenehme Gemütlichkeit erzeugen. Beim Eintreten wird der Gast von einer „samtigen“ Raumatmosphäre empfangen, die der Nachrüstung hinsichtlich Schalldämmung im Gebäude geschuldet ist. Wer den Cocktailboom der frühen 1990er in Wien erlebt hat, für den führte kein Weg am „first floor“ (Architektur: eichinger oder knechtl) vorbei. Den Architekten Tzou Lubroth gelang mit der Bar „If Dogs Run Free“ eine veritable Neuauflage im Jahr 2012.
Die Ambition der Architekten reicht über das reine Betreiben einer Bar hinaus. Abseits vom traditionellen Kontext, den Galerien und Kunstakademien bieten, soll die Bar den Besuchern Kunst und Design näher bringen, und zwar an der Decke. Die Eröffnungsinstallation zum Thema „Mensch und Natur“ stammt von den Architekten persönlich. Sie formten aus einem Patchwork aus Kacheln eine umgekehrte Gebirgslandschaft, die vom raumhohen Spiegel hinter der Bar verdoppelt wird und die Gedanken auf die Reise schickt, so wie auch der Name der Bar – If Dogs Run Free – der Fantasie freien Lauf lässt. Im Untergeschoss befinden sich die Toiletten, deren skulpturaler Waschtisch durchaus als Installation begriffen werden können, ganz ohne Cocktail, auch im nüchternen Zustand. (Text: Martina Frühwirth)