14. September 2003 - Architekturzentrum Wien
Der an sich schon reizvolle Dualismus von Zaunbegrenzung und eigenem Raumvolumen erhält in der materiellen Umsetzung des Projekts eine zusätzliche Dimension, in der Bedeutung nicht durch symbolischen oder formalen Reichtum, sondern schlicht durch den Kontextwechsel des verwendeten Werkstoffes entsteht. Beim „Blindgänger“ sieht man, was man sonst nicht sieht: denn die riesigen Brunnenringe aus armiertem Beton kommen üblicherweise nur unterirdisch und dicht gefügt zum Einsatz, als Schächte oder Kanäle verschwinden sie im Erdreich und damit aus dem öffentlichen Bewusstsein; auf dem Gelände der Kulturwerkstätte in Hof jedoch bilden die vorgefertigten Standardelemente, in loser Folge aneinandergereiht, ein weithin sichtbares, oberirdisch geführtes und durchlässiges Rohr, dessen Durchmesser und Wegführung zur Durchquerung geradezu animiert.
Die serielle Folge der Licht und Luft-Fugen zwischen den einzelnen Betonelementen dynamisiert bei diesen transitorischen Tunnelgängen die Perspektive, und der Passant, dessen Blicken sich die Röhrenöffnung aufgrund der Bogenkrümmung immer wieder entzieht, kann durch die Zwischenräume in Freie schauen. Am nördlichen Ende des „Blindgänger“-Tunnels schließlich ist die zylindrische Öffnung wie ein Fernrohr auf die umgebende Landschaft gerichtet - damit man sieht, was man sonst vielleicht nicht sieht. (Text: Gabriele Kaiser)