16. März 2015 - Architekturzentrum Wien
Im Hof inszeniert eine Freitreppe den Aufstieg über drei Geschosse hinauf zum Veranstaltungssaal. Oben angekommen weitet sich das Treppenplateau zur kleinen Terrasse, die in der warmen Jahreszeit als erweitertes Pausenfoyer genutzt werden kann. Der Veranstaltungssaal bietet Platz für 300 Personen und steht dem im Gebäude ansässigen Verein „suparar“ als Aufführungsort zur Verfügung. Der Saal wird auch vermietet und ist entsprechend funktionsoffen mit flexibel auf- und abbaubarer Tribüne gestaltet. Ein akustisch wirksamer Boden stattet den Saal mit der für den Aufführungsort notwendigen raumakustischen Qualität aus. Ein Backstagebereich, Künstlerzimmer, Bar und Foyer komplettieren das Raumangebot rund um den Veranstaltungssaal.
Die Revitalisierung des ehemaligen Fabrikgebäudes erfolgte mit akribischer Behutsamkeit: Neue Elemente kommen nur zurückhaltend zum Einsatz. Wo möglich, wurden Konstruktionen freigestellt, vorstehende Eisenteile abgeschnitten und konserviert. Das Konservieren ist ein generelles Anliegen der Architekten. Die Wertschätzung der Geschichte des Gebäudes, das übrigens nicht unter Denkmalschutz steht, führte sogar so weit, dass rußige Spuren an den Wänden und Decken an abmontierte Rohrleitungen der ehemaligen Produktionsstätte erinnern dürfen. Braune, vertikal verlegte rechteckige Fließen an Wänden und Säulen sind Zeugnisse der 1980er Jahre. Einige Lücken im Fliesenverband wurden bewusst als solche belassen. Die Kinder und Jugendlichen sind eingeladen, sich hier „einzuschreiben“. Persönliche Landkarten schließen nach und nach die Lücken im Bestand (siehe Foto).
Im Erdgeschoss befinden sich ein Bistro, ein Seminarraum für Kochkurse, Sitzlounges und ein Second Hand Laden. Im Bistro erfährt der mittlerweile etablierte „Shabby Chic“ eine neue Spielart: Auf halbe Höhe gestutzte Altbauflügeltüren bilden Nischen für ein wenig Diskretion. Eine offen gehaltene, großzügig dimensionierte Treppe verbindet das Foyer mit den Räumlichkeiten des Vereins „superar“ im ersten Stock. Hier befinden sich die Probestudios für Musik, Gesang und Tanz sowie die Büroräumlichkeiten des Vereins. Kinder und Jugendliche dürfen im Gebäude visuell wie auch akustisch über „ihren“ Bereich hinaus in Erscheinung treten – das Art Community Center als Haus-Gemeinschaft.
Das Leitsystem von buero bauer komplettiert mit handgezeichneten Skizzen das gelungene Wechselspiel von alter Fabriksubstanz und neuer Nutzung. Die handgezeichneten Piktogramme „nehmen mit ihrem Skizzencharakter Anleihe an Gebrauchsspuren auf den Wänden des Altbestandes. Die Reduktion an Information und Gestaltung kontrastiert und unterstreicht die Kraft und Patina des außergewöhnlichen Gebäudes.“ (Zitat Erwin Bauer) Das „Art Community Center Objekt 19“ bildet einen Gegenentwurf zur gängigen Praxis, Altes möglichst schön – im Sinn von fein säuberlich verspachtelt, häufig mit Gipskarton bestückt – neu zu machen. Die ehemalige Fabrik wurde in Ihrer Schönheit belassen und mit Neuem gestärkt. (Text: Martina Frühwirth)