Pläne

Details

Adresse
Mühlgrundgasse 3, 1220 Wien, Österreich
Mitarbeit Architektur
Björn Wilfinger (PL), Ronald Mikolics, Michael Murauer, Anna-Maria Wolf,
Jung-Wook Song; Modell: Aniko Horvathova, Kathrin Schelling, Wolf Deucker; Wettbewerb: Nina Fessler, Panajota Panotopoulou, Irene Yero, Fabian Lorenz
Bauherrschaft
BUWOG
Haustechnik
Käferhaus GmbH
Maßnahme
Neubau
Funktion
Wohnbauten
Wettbewerb
2007
Planung
2007
Ausführung
2010 - 2011
Grundstücksfläche
2.578 m²
Nutzfläche
5.255 m²
Bebaute Fläche
1.593 m²
Umbauter Raum
31.016 m³

Nachhaltigkeit

Besonderheiten
Zentrale Lage an der U-Bahn-Linie in Wien, Barrierefreiheit, Regenwassernutzung für Bewässerung; Gemeinschaftsraum und Dachterrasse; sehr guter Schallschutz zwischen den Wohnungen. Jede Wohnung besitzt eine Loggia.
Der Baukörper öffnet sich nach Süden, wodurch die passive Nutzung der Sonnenenergie ermöglicht wird. An der der U-Bahntrasse zugewandten Nordfassade wurde eine tagesbelichtete Innenerschließung mit Begrünung angeordnet. Die Bewässerung und Düngung erfolgt automatisiert über Bewässerungs- und Düngemittelcomputer samt Sensoren.

Baustoffe
Massivbauweise aus Stahlbeton mit Vollwärmeschutz in Kombination mit Stahlleichtbau; Dämmstoffe sind HFKW-frei; Rohre, Folien, Fußbodenbeläge und Fenster sind PVC-frei. Mit einem Chemikalienmanagement wurde die Qualität der Innenraumluft auf höchstem Niveau sichergestellt (Verbot von Lösemitteln, emissionsarme Baustoffe im Innenausbau).

Versorgungstechnik
Das gesamte Gebäude ist mit einer hocheffizienten Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung ausgestattet. Die Temperaturregelung / Lüftungsregelung erfolgt über Raumthermostate / dreistufige Lüftungsregler wohnungsweise. Die Restwärmebereitstellung erfolgt mit Fernwärmeanschluss Wien; in den Wohnbereichen sind Unterflurkonvektoren installiert. Ergänzt wird das Konzept durch eine Photovoltaikanlage und eine Solaranlage zur Unterstützung der Warmwasserbereitstellung.

Qualitätssicherung
Blower Door Test, Messung Summe VOC und Formaldehyd nach Fertigstellung

Heizwärmebedarf
12,0 kWh/m²a (PHPP)
Primärenergiebedarf
53,0 kWh/m²a (PHPP)
Heizwärmebedarf
12,0 kWh/m²a (Energieausweis)
Primärenergiebedarf
104,0 kWh/m²a (Energieausweis)

Preise und Auszeichnungen

Architekturwettbewerb

Das Projekt ist aus dem Verfahren Wohnanlage - Wohnen am Mühlgrund hervorgegangen

Links

klima:aktiv
Objekt des Monats

Archtour

Genereller introtext zu Archtour der von nextroom geschrieben wird.

Presseschau

06. Juni 2012Wojciech Czaja
Der Standard

Ein Wintergarten für alle

Knapp neben der U2-Bahntrasse baute die Buwog ihr passives Vorzeigehaus „Am Mühlgrund“. Aus der Grundstücksnot wurde eine Tugend gemacht: Für die nötige Abschottung sorgt ein begrüntes Stiegenhaus.

Knapp neben der U2-Bahntrasse baute die Buwog ihr passives Vorzeigehaus „Am Mühlgrund“. Aus der Grundstücksnot wurde eine Tugend gemacht: Für die nötige Abschottung sorgt ein begrüntes Stiegenhaus.

DER STANDARD hat gemeinnützigen und privaten Bauträgern aus ganz Österreich die gleiche Frage gestellt: Was ist Ihr bester Wohnbaubeitrag zum Thema Nachhaltigkeit? Die Antworten sind sehr unterschiedlich.

Die Zertifizierung ist geglückt. Und wie. Das Passivwohnhaus Am Mühlgrund in Wien-Donaustadt wurde von klima:aktiv mit 980 von insgesamt 1000 möglichen Punkten ausgezeichnet. Und von der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (ÖGNB) wurden immerhin 897 Punkte zugestanden. „Wir haben das Haus im Jänner an unsere Mieterinnen und Mieter übergeben“, sagt Gerhard Schuster, Geschäftsführer der Buwog. „Die Technologie in dieser Hightech-Wohnmaschine funktioniert sehr gut. Wenn man das System nicht absichtlich sabotiert, kann eigentlich nichts schiefgehen.“

Allein, in der Auswahl der Bewohner hat man ein wenig nachgeholfen. „Normalerweise müssen wir bei geförderten Wohnbauten ein Drittel der Wohnungen an das Wohnservice übergeben“, so Schuster. „Doch hier haben wir die Bewohner selbst aussuchen können und uns auf jene konzentriert, die sich für das Thema Passivhaus interessiert haben.“ Als Gegenleistung habe man dem Wohnservice eine entsprechende Anzahl an Wohnungen in anderen Projekten zur Verfügung gestellt.

Die Nettobaukosten knabbern mit rund 1400 Euro pro Quadratmeter hart an der Grenze der Förderbarkeit. Die Finanzierungsbeiträge belaufen sich auf 400 Euro (65 Euro bei Superförderung) pro Quadratmeter, und die Mieten liegen mit sieben Euro pro Quadratmeter im Durchschnitt. Der langfristige finanzielle Profit wird sich durch die niedrigen Heizkosten einstellen.

Segelbaufirma hat mitgebaut

„Es war von Anfang an klar, dass das ein Passivhaus werden muss“, meint Richard Manahl von Artec Architekten. „Die U-Bahn fährt knapp am Grundstück vorbei, also mussten wir das Haus im Norden abschotten. Im Süden konnten wir es dafür großzügig öffnen. Ideale Bedingungen für ein Passivhaus.“ Die Loggienplatten dienen nicht nur dem Sitzen an der frischen Luft, sondern auch der Verschattung. Und wenn das alles nicht hilft, können an der Außenkante der Loggien Sonnensegel aufgespannt werden, die eigens von einer Segelbaufirma am Neusiedler See produziert wurden.

Doch das auffälligste Element des Mühlgrund-Hauses ist die geknickte Leichtbaufassade an der Nordseite. Die charakteristische Form ist keineswegs Zufall. Manahl: „Durch das mehrfache Vor- und Zurückspringen leiten wir das diffuse Sonnenlicht aus dem Norden gezielt ins Stiegenhaus.“ Dieses ist nötig, um die rund tausend Pflanzen, die nach einem Konzept der Landschaftsarchitekten Auböck & Kárász zusammengestellt wurden, ausreichend zu versorgen.

„Das Stiegenhaus ist einerseits die klimatische Lunge des Gebäudes und regelt Temperatur und Luftfeuchtigkeit, andererseits ist es auch als vertikaler Grünraum für die Bewohner gedacht“, sagt der Architekt. Das Grundstück ist knapp bemessen. So kann man zumindest vor der Wohnungstür von Natur umgeben sein. Ob das Angebot angenommen wird? „Das lässt sich heute noch nicht sagen. So etwas braucht Zeit.“

25. Februar 2012Christian Kühn
Spectrum

Draußen an der U-Bahn

Die Peripherie als Chance, Stadt neu zu denken: Ein Wohnhaus im 22. Wiener Gemeindebezirk beweist, wie spannend es sein kann, unter der Brücke zu wohnen.

Die Peripherie als Chance, Stadt neu zu denken: Ein Wohnhaus im 22. Wiener Gemeindebezirk beweist, wie spannend es sein kann, unter der Brücke zu wohnen.

Verkehrsgünstig gelegen: In der Sprache der Immobilienmakler ist diese Formulierung ein beliebter Euphemismus für das Wohnen an Bahntrasse oder Autobahn. Auf den ersten Blick scheint auch das Grundstück an der Mühlgrundgasse im 22. Wiener Gemeindebezirk in diese Kategorie zu fallen. Es liegt direkt neben der in Hochlage geführten U-Bahnlinie U2, unweit der Stelle, an der die Autobahn nach dem Knoten Kaisermühlen kurz parallel zum Gleiskörper der Laaer Ostbahn verläuft.

Der Stadtplan ist hier geprägt von den Kurven dieser Verkehrssysteme, die mit Radien von mehreren Hundert Metern ihrer eigenen Logik folgen. In sie eingebettet, finden sich andere Strukturen, kleinteilige Raster von Einfamilienhaussiedlungen, Wohnhausscheiben der Nachkriegszeit, Hofhäuser und Teppichsiedlungen der 1980er-Jahre neben Großformen wie dem Sozialmedizinischen Zentrum Ost. Es ist typisch für die Wiener Stadterweiterungsgebiete, dass diese Strukturen einander weitgehend ignorieren. Manche Stadtplaner nennen das Ergebnis liebevoll „Patchwork-City“ und übersehen dabei, dass ein Patchwork ohne Nähte in zusammenhanglose Teile zerfällt.

Wie viel Spannung entsteht, wenn man die Nahtstelle zwischen unterschiedlichen Strukturen artikuliert, zeigt sich dagegen am Wohnbau, den ARTEC – das Team der Architekten Bettina Götz und Richard Manahl – für die Siedlung am Mühlgrund entworfen haben. Als schmaler, knapp hundert Meter langer Riegel folgt er dem Verlauf der U-Bahn, die hier auf zwei Brücken in zwölf Meter Höhe in einer sanften Kurve vorbeifährt. Von der U-Bahnstation sind es nur wenige Schritte, und Besucher, die von dort kommen, laufen auf die Schmalseite des Gebäudes zu, die eher an ein Stück Infrastruktur – etwa eine Trafostation – denken lässt als an ein Wohnhaus: gezackte Kontur, schwarze Industrieverblechung, fensterlos.

Auf der Südseite blitzen allerdings schon andere Materialien hervor, und sobald man um die Ecke biegt und die Südfassade in ihrer vollen Länge erfassen kann, ist klar, dass es sich um einen Wohnbau handelt. Durchlaufende Balkone mit verschiebbaren Sonnensegeln prägen das Bild, an dem allerdings eine leichte Irritation auffällt: alle seitlichen Begrenzungsebenen, also sowohl die Balkonbrüstungen aus Metallgittern als auch die Fassadenebene dahinter, sind aus dem rechten Winkel verdreht. Die Balkonbrüstungen neigen sich nach außen, und die Fassade springt in einer leichten Zickzacklinie vor und zurück. Beides hat durchaus praktische Vorteile. Ein guter Balkon muss tief genug sein, um einen Tisch aufstellen zu können, aber nicht so tief, dass er die Räume dahinter zu sehr verschattet. Statt ein Kompromissmaß anzubieten, sind die Balkone hier vor den Wohnräumen tief und verjüngen sich dann kontinuierlich, sodass in die Schlafräume noch viel Licht fallen kann. Auch die geneigten Brüstungen machen den Balkon dort breiter, wo es die Nutzer tatsächlich brauchen.

Wie bei jeder guten Architektur gibt es aber, untrennbar mit solchen pragmatischen Aspekten verbunden, einen formalen Aspekt, der eigenen Regeln gehorcht, die keine rationale Begründung brauchen. Aus dieser Perspektive darf man das Bauwerk durchaus mit Kunstwerken wie der berühmten „endlosen Säule“ des Bildhauers Constantin Brancusi vergleichen, die eine ähnlich gezackte Kontur aufweist. Am deutlichsten wird diese skulpturale Wirkung auf der Nordseite, wo das Gebäude tatsächlich als große Skulptur erscheint, ein schwarzer Monolith, der sich wie eine gespannte Sehne in den leichten Bogen der U-Bahntrasse hineinschiebt.

Hinter dieser schwarzen Wand verbirgt sich einer der schönsten Innenräume, die im Wiener Wohnbau in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Er ist tatsächlich ein Meisterwerk von ARTEC, in dem viele Prinzipien ihrer bisherigen Arbeit elegant und scheinbar mühelos umgesetzt sind. Wer die Zwänge kennt, denen der soziale Wohnbau heute ausgesetzt ist, weiß, wie viel Knochenarbeit dahintersteckt, um eine solche Detailqualität zu vertretbaren Kosten zu erhalten. Als Verschärfung kam noch hinzu, dass es sich bei diesem Projekt um ein Passivhaus handelt, mit Anforderungen an die Dichtigkeit der Gebäudehülle, die bei diesen speziellen Geometrien eine besondere Herausforderung darstellt. In Abstimmung mit dem Bauträger, der BUWOG, wurden die Leistungen zuerst nach Gewerken ausgeschrieben, um die Kosten möglichst exakt bestimmen zu können, und erst danach an einen Generalunternehmer beauftragt.

In der Erschließungshalle wird sofort klar, dass die Zickzacklinie der Gebäudehülle im Innenraum eine völlig andere Wirkung entfaltet als von außen. Das liegt nicht nur an der Farbkombination von Gelb und Grün, sondern vor allem daran, dass sie hier nicht als Körper erscheint, sondern als leichte, raumbegrenzende Membran. Die inneren Laubengänge sind keine reinen Verkehrsflächen, sondern vor den Eingängen zu den Wohnungen auf die doppelte Breite erweitert. Hier werden sich die Bewohner gerne aufhalten und sich über das Gedeihen ihres privaten Dschungels austauschen: In mächtigen Betontrögen, die in der Erschließungshalle schweben, haben die Landschaftsarchitekten Maria Auböck und János Kárász zahlreiche exotische Pflanzen eingesetzt, die gerade beginnen, eine vertikale Landschaft zu bilden.

Man darf über das Wohnhaus von ARTEC nicht berichten, ohne es als Teil eines Ensembles zu besprechen, zu dem – nach einem Bebauungsplan der Architekten Henke und Schreieck – eine niedrigere Bebauung gehört, die in drei Teilen nach Entwürfen von Hermann Czech, Adolf Krischanitz und Werner Neuwirth entstanden ist. Deren raffiniert zugeschnittene Wohnungen eignen sich durch das Kombinieren von kleineren Einheiten gut für das Zusammenleben mehrerer Generationen. Vom Wohngefühl her könnte der Kontrast zwischen diesen Beinahe-Einfamilienhäusern und dem Wohnregal von ARTEC kaum größer sein. Gerade darin liegt die Chance des Städtebaus an der Peripherie: nicht alte urbane Muster zu kopieren, sondern aus scheinbaren Widersprüchen Symbiosen zu erzeugen.

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