01. Juni 2008 - Architekturzentrum Wien
Als im Zuge der Recherchen im Botschaftsarchiv originale Bestandspläne zum Vorschein kamen, waren sich Bauherren und Architekten rasch einig, dass eine möglichst getreue Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes lohnenswert sei. Mit der Fachkenntnis versierter Gewerke war eine Rückführung in den eleganten Urzustand des Gebäudes ohne gröbere Abstriche möglich; die Baywindows konnten ebenso wiederhergestellt wie die Ochensaugen im Mansarddach oder die schmiedeisernen Gitter der Balkone. Darüber hinaus versuchten die Architekten in aller gebotenen Zurückhaltung, Wiener Wohnkultur auch im Inneren des Hauses wieder aufleben zu lassen.
Auch der gartenseitige Anbau mit einem Speisesaal für rund 20 Personen geht gedanklich von der Substanz aus und stellt die bislang fehlende Anbindung an den Garten in einem kunstvoll inszenierten Stiegenabgang her. In einem an Duchamp gemahnenden Bewegungsakt steigt man eine teils verspiegelte, teils verglaste Treppe hinab, sodass herkömmliche Raumgrenzen mehrfach gebrochen und aufgelöst werden. Diese Brechungen zwischen Innen- und Außenraum sind auch im mit Kupfer verkleideten Speisepavillon selbst ein Thema, dessen Wandscheiben eine ambivalente (je nach Standpunkt eher geschlossene oder eher offene) Raumfigur bilden. Die Glasfronten an der dem Garten zugewandten Seite des Speiseraums lassen sich zu einem Vorbereich mit altem Kirschbaum öffnen, ein kleiner Pfad lädt zum Lustwandeln im Garten ein. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass in diesem Setting ein diplomatischer Festakt in ungezwungener Atmosphäre ausklingt, dass Gäste hier nicht nur gepflegt Konversation betreiben, sondern auch einen überaus angenehmen Abend verbringen können. (Text: Gabriele Kaiser)