23. April 2003 - Initiative Architektur
Der neue Haupteingang führt in die zweigeschoßige Halle des Verbindungstraktes. Sie dient als Foyerbereich und Pausenraum und ist mit der angrenzenden Turnhalle, dem temporären Veranstaltungssaal, durch Glaselemente optisch verbunden. Die großflächigen Schiebetüren schaffen ein räumliches Kontinuum. Der schlanke, schmale Klassentrakt nimmt mit seiner rhythmisierten Gliederung - aus geschlossenen Mauerflächen und Holz-Glas-Feldern - die kleinteilige Struktur des Ortes ohne Anbiederung oder heimattümmelnde Reminiszenzen auf.
Die Schwierigkeiten, die Lorenz bei der Realisierung hatte, zeigen, welchen Defiziten in der Salzburger Bauverwaltung eine zeitgemäße Architektur heute noch ausgesetzt ist. In den sechziger Jahren machte Bezirksarchitekt Hans Waltl für den Pinzgau das Satteldach zur dogmatischen Norm mit mehr der weniger fixierter Neigung von 17°. Unter dieser wurde der Großteil des Bauvolumens der letzten 30 Jahre vom Einfamilienhaus bis zur Lagerhalle bewältigt. Mit seiner Aversion gegen das Pultdach passt der heutige Pinzgauer Bezirksarchitekt Wolfgang Kiederer genau in Waltls ausgetretene Fußstapfen: Bei der Einreichung forderte er von Lorenz, das für den Klassenflügel projektierte Pultdach durch ein Satteldach zu ersetzen: Kiederer behauptete, dass sich die bestehende Schule mit ihrem 19 Grad geneigten symmetrischen Satteldach „harmonisch in die einheitliche Dachlandschaft beziehungsweise in das bauliche Ensemble des Ortskerns einfügt, während das geplante Pultdach als ,ein den örtlichen Baucharakter störendes Gestaltungselement' das ,Erscheinungselement des bestehenden Klassentraktes negativ beeinträchtigt' und einen störenden Fremdkörper im Orts-, Straßen- und Landschaftsbild' darstellen würde“.
Architekt Lorenz hatte bewusst ein Pultdach gewählt, da es mit dem großen Satteldach des bestehenden Schulbaus konkurrieren konnte. Dieser ist eine unförmige Baumasse aus den sechziger Jahren, die - trotz Satteldach - den Maßstab der Umgebung sprengt und sich keineswegs wie selbstverständlich durch die Dachform „harmonisch einfügt“. Kiederer hat dies offensichtlich nicht verstanden, obwohl im Protokoll jener Jury, der er ein Jahr zuvor selbst angehört hatte, zu lesen ist: „Das Projekt überzeugt in ortsplanerischer Hinsicht wegen seiner klaren und disziplinierten Haltung, die gleichzeitig sensibel ist und auf die örtlichen Gegebenheiten ebenso wie auf die bestehenden Baukörper reagiert.“ Zum Glück haben - was die Schule in Neukirchen anbelangt - Bürgermeister und Bauausschuss den Bezirksarchitekten ignoriert und Architekt Lorenz den Rücken gestärkt. (Text: Norbert Mayr)