20. Juli 2012 - Architekturzentrum Wien
Martin Kohlbauer bedient sich bei seinen Entwürfen gerne einer Bildsprache, die auch durchaus konkret ausfallen darf, zum Beispiel in Form überdimensionierter Blumentöpfe auf Hausdächern. Für das Bildungszentrum holte sich der Architekt die Inspiration von der beschaulichen Umgebung des Bauplatzes und einer der eingemieteten Bildungseinrichtungen, der Musikschule: „Die Durchdringung von Innen und Außen war mir ein wichtiges Anliegen. Die räumlich einladende vertikale Erschließung eröffnet spannende Perspektiven und klare Orientierbarkeit. Die sinnliche, freie Komposition der Gebäudestruktur hat die Anmutung eines Instrumentes und soll sich losgelöst von der umgebenden Bebauung pavillonartig in den vorhandenen Grünraum einfügen.“
Das Raumkonzept schafft Synergien zwischen den Bildungseinrichtungen, im dreigeschossigen, glasüberdachten, atriumartigen Luftraum, der für alle Nutzungen räumlich maßgebend ist, wird das Hereinholen des Vorplatzes in die vertikale Dimension erweitert. Die Organisation des Raumprogramms auf nur drei Geschossen bringt wesentliche Vorteile; neben der räumlich einladenden, übersichtlichen, vertikalen Erschließung mit reizvollen Perspektiven ermöglicht das Gebäude eine klare Orientierung.
Im Erdgeschoss befinden sich das Foyer, die Zweigstelle der Büchereien Wien sowie der Veranstaltungssaal. Die Musikschule ist im ersten Obergeschoss untergebracht und verfügt über einen schallgedämmten Schlagwerkraum sowie einen „Bewegungsraum“ für Kindermusiktheater und Pop-Musikklassen. Der Veranstaltungssaal im Erdgeschoss ist flexibel teilbar und wird für Aufführungen der Musikschule genutzt. Die Volkshochschule Simmering befindet sich im zweiten Obergeschoss und verfügt über 22 Kursräume inkl. Übungskrankenzimmer für die Pflegeausbildung. Eine zum Marktplatz orientierte, holzgedeckte Dachterrasse ermöglicht Freiluftnutzungen wie zum Beispiel von Yogaklassen.
Im Zuge des Neubaus wurden zwei denkmalgeschützte Bauten aus dem historischen Ensemble des Simmeringer Marktes einer neuen Nutzung zugeführt: der ehemalige Toilettenpavillon dient heute als Zugang zur Volksgarage mit breiter, flacher tageslichtdurchfluteter Treppenanlage und das ehemalige Marktamt beherbergt die großzügig angelegte Kinderabteilung der Bücherei. Dieser Bereich ist mit einem gläsernen Verbindunggang an den Neubau angebunden.
Das umweltfreundliche Gebäude ist auch ein ökologisches Vorzeigeprojekt: Mittels Erdwärme aus Erdkollektoren und Tiefenbohrung, Solarkollektoren auf dem Dach sowie kontrollierter Be- und Entlüftung werden rund 50% des Wärmebedarfs durch Alternativenergie abgedeckt; die zweite Hälfte stammt aus der Fernwärme. (Text: Architekt, redaktionell überarbeitet und erweitert Martina Frühwirth)