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28. Mai 2024David Krutzler
Der Standard

Wiener Fernbusterminal steckt fest

Die Stadt will nach der Trennung von Investor Ariel Muzicant den internationalen Busbahnhof in deutlich reduzierter Form selbst bauen. Doch es laufen Rechtsstreitigkeiten.

Die Stadt will nach der Trennung von Investor Ariel Muzicant den internationalen Busbahnhof in deutlich reduzierter Form selbst bauen. Doch es laufen Rechtsstreitigkeiten.

Für die Stadt Wien ist es ein zentrales Infrastrukturprojekt: Der seit Jahren geplante internationale Fernbusterminal beim Ernst-Happel-Stadion soll die Busreise-Möglichkeiten von und nach Wien auf ein modernes Niveau heben. Und er soll auch dafür sorgen, dass Touristinnen und Touristen bei der Ankunft ein angenehmes erstes Bild von Wien erhalten. Der größte Busbahnhof befindet sich derzeit in Erdberg unter einer Brücke der A23 (Südosttangente) und ist schon ordentlich in die Jahre gekommen.

Doch das Vorhaben in der Leopoldstadt kommt nicht richtig vom Fleck. Noch immer ist kein Baustart in Sicht. Dabei hätte nach ursprünglichen Plänen der Fernbusterminal inklusive eines 105-Meter-Hochhauses und eines weiteren mehrstöckigen Gebäudes im kommenden Jahr fertiggestellt sein sollen. Zunächst gab die Stadt im Oktober 2023 die Kündigung des Vertrags mit der privaten Investorengruppe DBR (Donau Busterminal Realisierungs GmbH) um Ariel Muzicant bekannt. Diese hätte das Gesamtprojekt umsetzen und finanzieren sollen. Und vor zwei Wochen kündigte Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) an, dass die Stadt den Fernbusterminal auf eigenes Risiko ohne privaten Partner errichten will. Angedacht ist vorerst eine Schmalspurvariante ohne Schnickschnack, also nur ein Busbahnhof ohne weitere Gebäude. Verantwortlich ist nun die städtische Wiener Standortentwicklung GmbH (WSE), eine Tochterfirma der Wien Holding.
Rechtsstreit anhängig

Aber auch bei diesem neuen Plan gibt es noch zahlreiche Unsicherheiten. Denn Investor Muzicant geht davon aus, dass die Kündigung des DBR-Vertrags durch die Stadt unrechtmäßig erfolgt ist, wie er im Gespräch mit dem STANDARD betont. Der Rechtsstreit ist gerichtsanhängig. „Die Stadt kann derzeit gar nichts errichten“, sagt Muzicant. Er kritisiert, dass die Stadt mit Plänen arbeite, „die uns gehören. Vieles ist unser geistiges Eigentum.“ Der Zwist zwischen DBR und Stadt Wien ist jedenfalls eskaliert. Das zuständige Handelsgericht Wien hat nun „zur Prüfung etwaiger Vergleichspotenziale“ ein Mediationsverfahren vorgeschlagen, wie ein Sprecher der städtischen Firma WSE auf Anfrage bestätigt. Erste Gespräche mit der seitens des Gerichts vorgeschlagenen Mediatorin starten laut Muzicant diese Woche. Bis zum Frühherbst soll eine Lösung gefunden werden.

Worum geht es? Die WSE hat den Standpunkt, dass derzeit „rechtskonform eine Planung für den Fernbusterminal erarbeitet“ wird. „Dafür ist keine Übertragung der Werknutzungsrechte notwendig.“ Doch Muzicants Pläne für den Busterminal haben ihren Preis. Offen ist, ob sich der geschasste Investor und die Stadt auf eine „Ablösesumme“ einigen können. Kommt es zu keinem außergerichtlichen Deal, müssen die Gerichte entscheiden – was mit weiteren Verzögerungen für das Projekt verbunden wäre. Erst recht, wenn das Gericht zur Auffassung gelangen sollte, dass die Kündigung der DBR unrechtmäßig erfolgt ist.

Die Fronten sind verhärtet. Die Stadt wirft Muzicant vor, dass er Risiko und Mehrkosten des Projekts auf die Stadt abwälzen wollte. Eine Kündigung sei alternativlos gewesen. So hatte Muzicant bereits vor einem Jahr erhebliche Probleme bei der Finanzierung angesichts des schwierigen Marktumfelds eingeräumt und Einsparungen im zweistelligen Millionenbereich beim Gesamtprojekt angekündigt. Der Investor selbst attackiert die Stadt: Diese habe das Projekt verkehrt aufgezogen und massive Fehler bei der Ausschreibung gemacht. So sei im Vorfeld nicht genau definiert und abgegrenzt worden, wer was bezahlen muss. Konkret soll jene Gesellschaft, die den Busterminal betreiben soll und aus den Firmen Blaguss, Gschwindl und Dr. Richard besteht, zusätzliche Forderungen gestellt haben. „Die Stadt weiß nicht, wie man PPP (öffentlich-private Partnerschaften, Anm.) macht“, sagte Muzicant.

Baustart 2025 angestrebt

Trotz der Gerichtsverfahren strebt die Stadt „eine möglichst rasche Umsetzung mit einem Baustart 2025“ an, wie es auf Anfrage von der WSE heißt. „Das Projekt hat weiterhin höchste Priorität für die Stadt Wien.“ Zu den geschätzten Baukosten sei „noch keine Aussage möglich“. Muzicant rechnet aber damit, dass nur für den Busbahnhof ohne Zusatzgebäude mindestens 80 Millionen Euro fällig werden. Dazu lasse sich die Stadt den Baurechtszins der DBR in Höhe von insgesamt 70 Millionen Euro entgehen. „Die Stadt wird viel Steuergeld ausgeben“, meint Muzicant.

Der Standard, Di., 2024.05.28

15. Mai 2024David Krutzler
Der Standard

Streit über den Michaelerplatz

Der Denkmalbeirat des Bundesdenkmalamtes fordert einen Stopp der Wiener Pläne, die Bäume und Beete auf dem zentralen Platz vorsehen. Die Behörde selbst bewilligte die Pflanzung.

Der Denkmalbeirat des Bundesdenkmalamtes fordert einen Stopp der Wiener Pläne, die Bäume und Beete auf dem zentralen Platz vorsehen. Die Behörde selbst bewilligte die Pflanzung.

Der Baustart für die Umgestaltung des zentralen Michaelerplatzes in der Wiener Altstadt ist bereits vor drei Wochen erfolgt. Der historische Platz soll angesichts des Klimawandels „zukunftsfit“ gemacht werden, wie es in der offiziellen Presseaussendung der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) heißt. Das bedeutet vereinfacht: weniger Versiegelung, mehr Grün. Um den Hitze-Hotspot etwas zu entschärfen, sind die Pflanzung von neun Bäumen und zusätzlich Gräserbeeten in Pflanztrögen, ein Wasserspiel mit 52 Bodendüsen sowie fünf Trinkhydranten vorgesehen. Zudem ist eine Verkehrsberuhigung durch eine Erweiterung der Fußgängerzone geplant, auch neue Sitzbänke sind Teil des Vorhabens. Die Fiakerstandplätze werden von bisher 13 auf vier reduziert, in der Schauflergasse werden zehn Nachrückplätze eingerichtet. Die Arbeiten sollen bis Jahresende abgeschlossen werden.

Die öffentlich geäußerte Kritik an der Neugestaltung nahm zuletzt aber deutlich zu. So sprechen sich in einem offenen Brief der Initiative „SOS Michaelerplatz“ Unterstützerinnen und Unterstützer für den Erhalt des Michaelerplatzes aus. „Die geplante Neugestaltung des Platzes bedroht seine städtebauliche Wirkung und fügt dem historischen Ensemble gravierenden Schaden zu“, heißt es in dem Schreiben, das an Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gerichtet wird und von mittlerweile mehr als 300 Personen und Institutionen unterschrieben wurde. Veröffentlicht wurde der offene Brief auf der Homepage der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (ÖGFA).

Labiles Gleichgewicht

Auch der Denkmalbeirat beim Bundesdenkmalamt fordert einen Stopp für die Pläne von Stadträtin Sima. Die Mitglieder würden sich „mit aller gebotenen Deutlichkeit gegen die bevorstehende Umgestaltung des Wiener Michaelerplatzes“ aussprechen, steht in einem Wahrnehmungsbericht des Gremiums. Dieser wurde just am 22. April, also am Tag des Spatenstichs für den Umbau, finalisiert. Der Beirat war nach Eigenangaben offiziell nicht mit dem Projekt befasst, allerdings seien informelle Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt geführt worden. Kritisiert wird, dass durch die Umgestaltung mit Bäumen und Beeten das „subtile und zugleich labile Gleichgewicht“ des Platzes „schwerwiegend gestört“ werde. Die architektonische und städtebauliche Wirkung werde „regelrecht zerstört“. Geäußert wird zudem die Befürchtung, „ob die geplanten Maßnahmen auch eine Gefahr für das Welterbe Innere Stadt darstellen“ und Sichtachsen durch die Bäume beeinträchtigt würden.

Der Denkmalbeirat spricht in der Causa aber nicht für die gesamte Institution Bundesdenkmalamt, wie DER STANDARD in Erfahrung bringen konnte. Denn in der Bundesbehörde, die dem Bundesministerium für Kunst und Kultur unterstellt ist, tobt rund um das Thema Michaelerplatz ein heftiger Expertenstreit. Auf der Homepage des Denkmalamtes findet sich nämlich auch eine „Presseinformation“ zur Neugestaltung des zentralen Platzes, die am 29. April veröffentlicht worden ist – also eine Woche nach der massiven Kritik des Denkmalbeirats. Darin wird erwähnt, dass der historisch gewachsene Platz in der Vergangenheit mehrfach umgestaltet worden ist.

Bäume im Zentrum

Drei Bäume sollen nach den Plänen der Stadt aber im denkmalgeschützten Bereich des Platzes gepflanzt werden. Das geschehe in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt, wie die Bundesbehörde klar festhält: Der erforderliche Eingriff wurde gemäß dem Denkmalschutzgesetz „bewilligt“. Außerdem würden alle Eingriffe in den Boden auch im nichtgeschützten Bereich, „soweit erforderlich, archäologisch begleitet“. Fachliche Bedenken der Bundesbehörde gegen eine Beeinträchtigung der Sichtachsen seien „hinsichtlich der Zahl und der Platzierung der von der Stadt Wien geplanten Bäume berücksichtigt“ worden. Verwiesen wird aber auch darauf, dass der Schutz der Sichtachsen rechtlich gesehen eine Angelegenheit des Stadtbildes sei und „nicht in die behördliche Verantwortung des Bundesdenkmalamts“ falle.

Die Unesco mischt sich in die Debatte rund um die Umgestaltung des Platzes mitten in der Welterbezone vorerst nicht ein. Vonseiten der Österreichischen Unesco-Kommission heißt es auf STANDARD -Anfrage nur: „Wir werden keine Stellungnahme abgeben.“ Wien steht aktuell wegen des geplanten Heumarkt-Projekts seit Jahren auf der Roten Liste des Gremiums. Das bedeutet: Bei einem Baustart würde Wien den Welterbe-Status verlieren. Ob die Stadt Wien nach mehrfachen Adaptierungen des umstrittenen Projekts von Investor Michael Tojner von der Liste gestrichen wird oder nicht, entscheidet sich bei der nächsten Sitzung des Welterbe-Komitees im Juli in Uttar Pradesh in Indien.

Im März fand eine sogenannte Advisory-Mission in Wien statt, die die neuen Heumarkt-Pläne unter die Lupe nahm. Der diesbezügliche Mission-Report soll noch im Mai vorliegen. Nach Informationen des STANDARD haben die Prüferinnen und Prüfer neben dem Heumarkt aber auch ein kritisches Auge auf die Neugestaltung des Michaelerplatzes geworfen. Auch dieses Projekt dürfte in dem Report beurteilt werden. Wie kritisch das Unesco-Urteil ausfällt, ist noch nicht öffentlich.

Der Standard, Mi., 2024.05.15

24. Januar 2024David Krutzler
Der Standard

Wiens Krampf mit den Großprojekten

Beim 200-Millionen-Euro-Vorhaben Fernbusterminal stehen derzeit Klagen zwischen Stadt und Investor im Zentrum. Das Projekt könnte verkleinert werden. Auch eine Arena für 20.000 Besucher kämpft mit erheblichem Zeitverzug.

Beim 200-Millionen-Euro-Vorhaben Fernbusterminal stehen derzeit Klagen zwischen Stadt und Investor im Zentrum. Das Projekt könnte verkleinert werden. Auch eine Arena für 20.000 Besucher kämpft mit erheblichem Zeitverzug.

Für die Stadt Wien sind es bedeutende Bauvorhaben, die Stadtregierung selbst spricht von „Leuchtturmprojekten“. Nicht umsonst war auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bei Präsentationen in den vergangenen Jahren anwesend, wenn es rund um den Fernbusterminal oder die Indoor-Arena für 20.000 Besucher Projektfortschritte zu verkünden gab. Zuletzt hielt sich der Stadtchef aber zurück: Das hängt auch damit zusammen, dass sich die Zeitpläne bereits um Jahre nach hinten verschoben haben. Und noch immer steht für die beiden Millionenprojekte, die über die städtische Wien Holding abgewickelt werden, kein Bautermin in naher Zukunft fest.

Beim Fernbusterminal nahe dem Stadion Center beim Handelskai ist derzeit überhaupt unklar, ob das Vorhaben so kommen wird, wie es vorgestellt wurde. Das im Jahr 2021 präsentierte Siegerprojekt sah einen zweigeschoßigen Busterminal mit umfassender Infrastruktur, 34 An- und Abfahrtsstationen sowie einer markanten, teils begrünten Dachkonstruktion vor. Ebenfalls Teil der rund 200 Millionen Euro teuren Pläne: ein rund 105 Meter hohes Hochhaus, das für eine Büro- und Hotelnutzung vorgesehen ist, sowie ein weiteres, langgezogenes Gebäude mit vier Obergeschoßen.

Im Oktober 2023 eskalierten aber aus finanziellen Gründen die Streitigkeiten zwischen der Wien Holding und der privaten Investorengruppe rund um Ariel Muzicant, die für den Bau und die Finanzierung des Gesamtprojekts aufkommen soll. Der städtische Konzern entzog den Investoren mit der Kündigung des Baukonzessionsvertrags die Verantwortung. Für Muzicant erfolgte die Kündigung „rechtswidrig“, wie er dem STANDARD sagte. Diese werde „mit allen Mitteln rechtlich bekämpft“. Und weiter: „Ich drohe nicht. Ich tue.“

Konkret läuft bereits eine Klage Muzicants auf Schadenersatz in Millionenhöhe. Das bestätigt auch die Wien Holding auf Anfrage. Derzeit würden auch die Anwälte des städtischen Konzerns Schadenersatzforderungen gegen die Investoren „prüfen“, wie ein Sprecher sagte. Es zeichnet sich ein Gerichtsstreit ab.

Garantie auf Realisierung

Trotz der Probleme weist die Wien Holding in einer Stellungnahme zum STANDARD darauf hin, „dass das Projekt Fernbusterminal auf alle Fälle realisiert wird – auch in immobilienwirtschaftlich schwierigen Zeiten“. Wie genau, lässt sie offen. Dabei gab die Holding noch im Oktober bekannt, dass „bis zum Jahreswechsel“ über die weitere Art und Weise der Projektumsetzung entschieden werde.

Diese selbstgesetzte Frist ließ man verstreichen. Das Projekt verzögert sich weiter. Die Holding verwies aber auf „konkrete Planungen“, den Bau ohne die Investorengruppe umzusetzen. Eine Möglichkeit ist dabei auch, dass die Holding nur den Bereich Fernbusterminal ohne das Hochhaus realisiert. Auf die Stadt kämen dann Kosten in Höhe von mindestens 80 Millionen Euro zu, wie Muzicant kritisiert. Zudem würden dem Stadtbudget auch Einnahmen aus dem Baurechtszins entfallen, die die Investorengruppe der Stadt gezahlt hätte. Muzicant bezifferte diesen mit zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr.

Event-Arena verzögert sich

Rund um den Bau der neuen Eventhalle für 20.000 Besucher in Neu Marx ist ebenfalls mächtig Sand im Getriebe, was Zeitplan und Realisierung betrifft. Auch für dieses Prestigeprojekt zeichnet die Wien Holding verantwortlich. Die hochmoderne Arena für Großevents wie Konzerte und Sportveranstaltungen soll die in die Jahre gekommene Stadthalle ersetzen. Zuletzt wurde aber im Oktober die Vergabe an den privaten Partner OVG Bristol vom Verwaltungsgericht Wien aus formalen Gründen aufgehoben.

Wie es weitergeht, ist ungewiss. Laut Wien Holding werden noch immer „die einzelnen Optionen für die weitere Vorgangsweise ausgearbeitet“, Konkretes gibt es nicht zu vermelden. Weitere Zeitverzögerungen sind aber absehbar: So dürfte es noch gar keinen Widerruf des Vergabeverfahrens nach dem Gerichtsurteil gegeben haben. Dieser sei „unseres Wissens noch nicht beschlossen“, hieß es von der Firma CTS Eventim, die erfolgreich Einspruch gegen die Vergabe an OVG Bristol eingelegt hatte. Eine Neuausschreibung ist noch nicht erfolgt. Der derzeit noch geplante Baubeginn 2025 wackelt gehörig.

Der Standard, Mi., 2024.01.24

21. Juli 2023David Krutzler
Der Standard

Für Wiens Hofburg-Areal werden Maßnahmen gegen Hitze überlegt

Mikroklimasimulation zeigt Hitze-Hotspots: Beschattungen, überdachte Parkbänke oder neue Wegeführungen sind Thema

Mikroklimasimulation zeigt Hitze-Hotspots: Beschattungen, überdachte Parkbänke oder neue Wegeführungen sind Thema

Tagsüber Temperaturen um die 30 Grad – und wenn die Sonne untergegangen ist, folgen Tropennächte. Seit mehreren Tagen hat die aktuelle Hitzewelle auch Wien voll im Griff, wenn auch derzeit sanfter als den Süden Europas. Die heißen Temperaturen sind im Sommer auch in Wien punktuell nicht außergewöhnlich. Bemerkenswert ist aber der deutliche Anstieg der Sommertage und heißen Nächte insgesamt pro Jahr, die vor allem verbaute Metropolen – und damit ihre hitzegeplagten Stadtbewohner oder auch Touristinnen und Touristen – vor große Herausforderungen stellen.

Das im Zentrum der Stadt befindliche Hofburg-Areal hat aufgrund der Gebäude und versiegelten Flächen gleich mehrere Hitze-Hotspots aufzuweisen. Das zeigt eine von der Burghauptmannschaft in Auftrag gegebene Mikroklima-Studie des Unternehmens Weatherpark. In dieser wurde mittels Simulation für einen normalen Sommertag mit einer Höchsttemperatur knapp unter 30 Grad Celsius berechnet, an welchen Stellen es welche Hitzebelastung gibt. Denn wenn die Sonne vom Himmel strahlt, ist es rund um versiegelte Flächen gefühlt deutlich wärmer als im Schatten unter breitkronigen Bäumen – und das bei einer oft gleichen Lufttemperatur. Diese gefühlte Temperatur hänge neben der Lufttemperatur auch mit der Sonnenstrahlung, der Luftfeuchtigkeit oder dem Wind zusammen, erklärt Stadtklimatologin Isabel Auer von Weatherpark dem STANDARD. Berechnet wird das Komfortmaß PET (physiologische äquivalente Temperatur).

Ab 41 Grad PET wird von einer starken Wärmebelastung ausgegangen. „Und im Hofburg-Areal erreichen wir diese 41 Grad PET regelmäßig und großflächig“, sagt Auer. Bei der Simulation habe sich gezeigt, dass bei einem normalen Sommertag ohne Bewölkung um 15 Uhr rund 50 Prozent der Fläche des Hofburg-Areals über 41 Grad PET aufweisen.

Resultate „augenöffnend“

Für die Burghauptmannschaft – eine Bundesbehörde, die das Areal verwaltet – sind die Ergebnisse „augenöffnend“, wie es Burghauptmann Reinhold Sahl formuliert. Aus diesen sollen Maßnahmen abgeleitet werden, wie mit der Hitze an neuralgischen Punkten umgegangen werden soll. Immerhin schlendern Millionen von Besucherinnen und Besuchern pro Jahr durch das Hofburg-Areal, vor Corona waren es 25 Millionen. Derzeit befindet sich der Tourismus in Wien fast wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie.

Für Besucher, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Hofburg soll die Aufenthaltsqualität trotz der Hitze verbessert werden. Bei den Überlegungen sei man erst am Beginn, sagt Sahl. Aber es gebe keine Denkverbote: „Wir müssen alles denken dürfen.“ Als Beispiele nennt Sahl neue Beschattungen, Begrünungen, Bepflanzungen oder auch überdachte Parkbänke. Auch eine neue Wegeführung, die die Touristenströme um die Hitzeinseln leiten soll, sei eine Idee.

Beim Hofburg-Areal handelt es sich freilich auch um ein hochsensibles denkmalgeschütztes, historisches Areal mitten in der Unesco-Welterbezone. „Hier muss man bei jedem Nagel überlegen, den man einschlagen will“, sagt Hans-Peter Hutter. Der Umweltmediziner und Public-Health-Experte begleitete die Mikroklimastudie. Trotz der Einschränkungen müsse es aber möglich sein, in Zeiten der Klimakrise Maßnahmen zu setzen. Von der Hitze seien vulnerable Personen besonders betroffen – die aber ebenfalls als Touristen oder Besucherinnen die Sehenswürdigkeiten und Kulturzentren auf dem Areal ansteuern würden. Schon bei Sommertagen über 25 Grad und intensiver Sonnenstrahlung werde etwa das Leistungsvermögen massiv eingeschränkt. Für Stadtklimatologin Auer geschehen die Anpassungen an die Hitze in Wien grundsätzlich viel zu langsam. Sie empfiehlt: „Machen, was nötig ist, nicht nur das, was machbar ist.“

Viele Autos am Heldenplatz

Forderungen nach einer Umgestaltung des Heldenplatzes wurden schon in den vergangenen Jahren geäußert. So befindet sich hier in bester Lage ein großer Parkplatz mit rund 280 Stellplätzen. Auf der anderen Seite des Heldenplatzes gibt es beim Volksgarten-Parkplatz mehr als hundert Abstellflächen.

Gemacht wird etwas beim Michaelerplatz: Bis November 2024 wird der Platz verkehrsberuhigt und zur Fußgänger- und Begegnungszone. Über den Platz verteilt sollen neun große Bäume gepflanzt werden, dazu kommen kleinere Bäume sowie Pflanzen. Auch ein Wasserspiel sowie Trinkhydranten sind Teil der Umgestaltungsmaßnahmen.

Der Standard, Fr., 2023.07.21

17. Januar 2023David Krutzler
Der Standard

Halle auf Halde Der lange Weg zur neuen Multifunktionsarena

Mit der Wien-Holding-Arena plant die Stadt ein Aushängeschild für Konzerte und Sportevents mit bis zu 20.000 Besuchern. Das Prestigeprojekt kämpft aber mit erheblichen Verzögerungen: Mit einer Fertigstellung wird nicht vor 2029 gerechnet.

Mit der Wien-Holding-Arena plant die Stadt ein Aushängeschild für Konzerte und Sportevents mit bis zu 20.000 Besuchern. Das Prestigeprojekt kämpft aber mit erheblichen Verzögerungen: Mit einer Fertigstellung wird nicht vor 2029 gerechnet.

Eine „Landmark“ für Wien soll sie werden – und ein „Leuchtturmprojekt in Europa“, mit dem man „international für Furore“ sorgen wolle. Mit diesen Worten umriss Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) vor fast genau vier Jahren die vorgestellten Pläne für eine Eventhalle in der Hauptstadt mit einem Fassungsvermögen von bis zu 20.000 Besuchern. Zu diesem Zeitpunkt Ende Jänner 2019 wurde öffentlich bekannt, dass die Halle auf einem Areal in Neu Marx nahe der Tangente entstehen soll.

Mit der modernen Arena, die alle Stückerln spielt, sollen auch Topstars aus der Eventbranche nach Wien gelockt werden, die bisher bei ihrer Hallentournee einen Bogen um die Hauptstadt machten. Gründe dafür waren etwa, dass die Kapazität der Wiener Stadthalle als bisheriges Flaggschiff nicht ausreichte – oder die technischen Voraussetzungen für die aufwendige Produktion zu hoch waren. Wien-Holding-Geschäftsführer Kurt Gollowitzer nannte in der Vergangenheit etwa U2, Adele, Eminem oder Billy Joel als große Acts, die man mit dem Bau einer neuen Halle nach Wien bringen könne.

Entwurf steht seit Ende 2020 fest

Der Entwurf für das Millionenbauvorhaben steht seit Ende 2020 fest: Das Wiener Architektenteam Christian Kronaus, Peter Mitterer und Reinhardt Gallister setzte sich beim EU-weiten Realisierungswettbewerb durch, eingereicht wurden 48 Vorschläge. Allerdings ist weiterhin offen, wann der Baustart erfolgen, wie viel das Prestigeprojekt kosten und wann die Halle eröffnet wird. Die vor vier Jahren ventilierten Zahlen sind jedenfalls nicht zu halten: Damals ist man von einem Baubeginn im Jahr 2021, einer Fertigstellung bis 2024 und einem Kostenrahmen von bis zu 250 Millionen Euro ausgegangen. Das Projekt wird von der städtischen Wien Holding abgewickelt, die Arena firmiert auch vorerst unter diesem Namen.

Für erhebliche Verzögerungen sorgt neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie auch die Entscheidung der Stadt, einen privaten Partner für Investition, Bau und Betrieb der Halle zu suchen. Wie dieser heißt, steht noch immer nicht fest. Dabei wollte die Wien Holding den Partner bis Ende 2022 präsentieren, wie es noch im Mai des Vorjahres hieß.

Verhandlungen laufen

Laut dem städtischen Konzern verlaufe das Vergabeverfahren aber „planmäßig“, wie ein Sprecher auf STANDARD-Anfrage mitteilte. Die Vorstellungen und Vorgaben seien „voll erfüllt“. Die Verhandlungsphase sei bald abgeschlossen, danach folge die Letztangebotsphase. Weitere Fragen zu den geplanten Gesamtkosten oder zum Zeitplan für Baubeginn und Fertigstellung werden vorerst nicht beantwortet – mit Verweis auf die „wichtige Phase des Vergabeverfahrens“. Auch aus dem Büro von Hanke gab es keine weiteren Angaben.

Dabei zeichnen sich gröbere Probleme ab. In einem Prüfbericht des Wiener Stadtrechnungshofs, der Ende November 2021 erschien, ist vermerkt, dass das Hallenprojekt im „real case“ erst im März 2029 abgeschlossen werden könnte. Weil das Projekt in seiner Umsetzung deutlich länger als geplant dauert, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die Kosten.

Die Prüfer des Stadtrechnungshofs verweisen in dem Bericht auf ein „Konzept zum Kostenrahmen“ der begleitenden Kontrolle des Projekts: Dort wurden die Gesamtkosten mit 742 Millionen Euro ausgewiesen – mit einer Schwankungsbreite plus/minus 30 Prozent. Die Gesamtsumme ist nur bis ins Jahr 2026 valorisiert: Das hat den Hintergrund, dass die Wien Holding im Jänner 2020, als das „Konzept zum Kostenrahmen“ erstellt wurde, von der Fertigstellung bis 2026 ausgegangen war.

Sorgen um Budget

Wird die Eventhalle, wie bereits absehbar ist, frühestens 2029 oder sogar noch später fertig, schraubt das allerdings auch die prognostizierten Gesamtkosten weiter nach oben. Dazu kommt, dass die Suche nach einem privaten Partner erst nach dem Architektenwettbewerb gestartet wurde. Das dürfte zusätzliche Kosten nach sich ziehen. Außerdem steht es dem privaten Partner offen, auch in planerischer oder baulicher Hinsicht die eigenen Ideen in die Verhandlungen mit der Wien Holding einzubringen. Die Pläne könnten also auch noch adaptiert werden. Hinter vorgehaltener Hand werden im Rathaus Sorgen bezüglich des Zeitplanes und des Budgets mittlerweile eingestanden.

Wie aber kam die Wien Holding auf einen Kostenrahmen von nur 250 Millionen Euro? Dieser bezog sich laut dem städtischen Konzern immer auf die Vorgaben für den Architektenwettbewerb und umfasste nur die Bereiche Rohbau, Technik, Ausbau und Außenanlagen. „Dieser Kostendeckel wurde vom Siegerprojekt eingehalten“, heißt es dazu von der Wien Holding. Die Preisbasis: Dezember 2019.

In der Veranstaltungsbranche ist die geplante neue Arena bereits ein Thema. Diese „ist nicht unwichtig für uns“, sagte Konzertveranstalter Ewald Tatar von Barracuda Music. Er bestätigte dem STANDARD, dass er in den vergangenen Jahren zwei Show-Acts aufgrund technischer Voraussetzungen nicht in die Stadthalle bekam. Welche, wollte er aus vertraglichen Gründen nicht verraten.

Nachnutzung der Stadthalle

Durch die Verzögerungen wird die 1958 fertiggestellte Stadthalle also noch ein paar Jahre länger Österreichs größte Veranstaltungshalle bleiben und Gastgeber von Großkonzerten und Sportveranstaltungen sein. Dass sich der 70er ausgeht, bevor die neue Arena eröffnet wird, ist nach heutigem Stand durchaus realistisch. Wie es dann weitergeht, ist offen, die Nachnutzungspläne bezüglich der Stadthalle sind noch nicht bekannt: Parallel zur Planung der neuen Halle sollte ein Konzept ausgearbeitet werden, Ergebnisse wurden noch nicht präsentiert. Hanke kann sich vorstellen, die Halle vermehrt für den Breitensport zu adaptieren. Auch kleinere Konzerte und Shows sollen weiterhin im Komplex stattfinden.

■ März 2018 Michael Ludwig stellt das konkrete Projekt einer neuen Mehrzweckhalle für die Hauptstadt erstmals vor. Ludwig war zu diesem Zeitpunkt bereits neuer Chef der Wiener SPÖ und designierter Bürgermeister. Im September 2018 sagt Ludwig, dass die Halle Platz für bis zu 20.000 Besucherinnen und Besucher bieten soll.

■ Jänner 2019 Neu Marx wird als Standort der neuen Arena bekanntgegeben. Das städtische Areal in Wien-Landstraße wurde zuvor für den ORF als Ort einer möglichen Konzernzentrale reserviert. Die Fertigstellung ist für 2024 geplant.

■ Dezember 2020 Christian Kronaus, Peter Mitterer und Reinhardt Gallister setzen sich mit ihrem Entwurf beim EU-weiten Architektenwettbewerb unter 48 Vorschlägen durch.

■ November 2021 Die Stadt gibt bekannt, einen privaten Partner für Investition, Bau und Betrieb der Halle an Bord holen zu wollen. Das Vergabeverfahren startet im Jänner 2022.

■ Jänner 2023 Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Den adaptierten Zeitplan und die Kosten für das Prestigeprojekt will die Stadt erst danach bekanntgeben.

Der Standard, Di., 2023.01.17

02. September 2021David Krutzler
Der Standard

Großparkplatz wird zum neuen Stadtteil

Wo früher bis zu 400 Autos kostenlos abgestellt werden konnten, werden aktuell in Wien-Kagran sechs Gebäude, darunter zwei Hochhäuser, errichtet. Das Projekt umfasst auch 650 nicht gerade günstige Wohnungen – und 500 Tiefgaragenstellplätze.

Wo früher bis zu 400 Autos kostenlos abgestellt werden konnten, werden aktuell in Wien-Kagran sechs Gebäude, darunter zwei Hochhäuser, errichtet. Das Projekt umfasst auch 650 nicht gerade günstige Wohnungen – und 500 Tiefgaragenstellplätze.

Was Stadtentwicklung und den Umgang mit wertvollem Boden betrifft, ist das grundsätzlich nicht die schlechteste Idee: Eine Asphaltfläche direkt bei der U1-Station Kagran, die bis Anfang 2018 als kostenloser Parkplatz für bis zu 400 Autos verwendet wurde, wird aktuell zu einem neuen Stadtteil umgestaltet. Auf fast derselben Fläche befinden sich künftig gleich sechs Gebäude – darunter zwei Hochhäuser mit 110 und 153 Meter Höhe.

Der geplante Nutzungsmix reicht von Wohnungen, Büros, Hotel und Gastronomie bis zu Nahversorgern. Dazu kommt eine Tiefgarage auf drei Untergeschoßen mit rund 500 Stellplätzen – die aber nicht mehr kostenlos sind. Sozialwohnungen, das sollte auch dazugesagt werden, gibt es hier nicht. Gebaut wird seit Anfang 2019.

Umgesetzt wird das Twentytwo genannte Projekt im 22. auf rund 15.000 Quadratmeter Grundfläche von Austrian Real Estate (ARE) und René Benkos Signa. Die Eishockey-Arena der Vienna Capitals sowie das Donau Zentrum befinden sich in unmittelbarer Nähe. Das erste Hochhaus bei der Siebeckstraße, das bereits weithin sichtbar ist, hat mit 110 Metern die geplante Höhe schon erreicht. Die Fertigstellung dieses Wohnturms mit 34 Obergeschoßen ist für Mitte des kommenden Jahres geplant. Der Zugang soll über einen mit Bäumen begrünten Vorplatz führen.

300 Eigentumswohnungen werden umgesetzt, auf dem Dach wird sich ein Pool samt Terrassenlandschaft befinden. Die Kaufpreise sind freilich kein Lercherl, wie ein Blick auf die Homepage des Projekts verrät: Ganz oben ist eine 72 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung mit 786.000 Euro angeführt. Im 19. Stock sind noch 50 Quadratmeter um knapp 400.000 Euro zu haben.

Ebenfalls Mitte kommenden Jahres soll das Drei-Sterne-Hotel der Austria-Trend-Hotels-Marke Bassena mit 200 Zimmern eröffnet werden. Dazu kommt ein weiterer Bauteil mit 223 sogenannten Serviced Apartments inklusive Concierge im Eingangsbereich: Dieses 43 Meter hohe Gebäude wird auch Mitte 2022 fertiggestellt.

Bezirksamt übersiedelt

Zur ersten Bauphase gehört als viertes Objekt zudem ein achtstöckiges Bürogebäude: Hierher wird das Magistratische Bezirksamt der Donaustadt als Mieter übersiedeln, geplant ist der Umzug 2022. Vorerst ist der Vertrag auf 15 Jahre befristet. Auch das Melde- und das Standesamt werden hier untergebracht sein.

Zum Projekt, das von Delugan Meissl Associated Architects geplant wurde, kommen dann noch zwei weitere Gebäude. Die Fertigstellung des zweiten Bauteils ist für Ende 2024 oder Anfang 2025 geplant. Der mit 24 Metern kleinste Bau beherbergt vor allem Büros, darüber hinaus sind Flächen für Handel und Dienstleistungen vorgesehen.

Vor der Erste Bank Arena wird dann der 155-Meter-Turm errichtet. Hier ist eine Mischnutzung vorgesehen: 13 Geschoße für Büros, die oberen 25 Geschoße für insgesamt 350 Wohneinheiten. Dazwischen sind Frei- und Gemeinschaftsflächen geplant, etwa ein Jugendspielraum samt kleinem Spielplatz im Freien. In den ersten drei Geschoßen könnte zudem noch ein Bankinstitut unterkommen, eine Gewerbefläche ist für Gastronomie vorgesehen.

Neben Vienna Twentytwo schießen in Wien derzeit nach Jahren der Entwicklung auffällig viele Wohnhochhäuser aus dem Boden wie Schwammerln, sie werden zum Großteil Apartments der gehobenen oder der Luxuskategorie beherbergen: Von der Tangente aus gut zu sehen sind die drei rund 100 Meter hohen Triiiple-Türme am Donaukanal. Neben 500 Wohnungen gibt es im dritten Hochhaus 670 weitere kleine Apartments. Der in Bau befindliche Marina Tower bei der Praterbrücke im Zweiten hat mit 140 Metern bereits seine volle Höhe erreicht: 511 Eigentumswohnungen werden errichtet.

Höchster Wohnturm

Übertroffen wird der Marina Tower künftig vom Projekt Danube Flats bei der Reichsbrücke: Dieses Hochhaus wird 180 Meter hoch und wäre nach seiner Fertigstellung der höchste Wohnturm Österreichs. Die Hochbauarbeiten haben bereits begonnen, die Fertigstellung der rund 500 Eigentumswohnungen ist derzeit für 2024 geplant. Im nahen 110 Meter hohen DC Tower 3 entstehen bis zum kommenden Jahr 832 Zimmer für Studierende. Auch das Projekt Taborama im Nordbahnhofareal (213 Wohneinheiten) wird 2022 fertig.

Der Standard, Do., 2021.09.02

12. Dezember 2019David Krutzler
Der Standard

Der Platz in der Neubaugasse wird neu aufgeteilt

Die Neubaugasse wird von 13. Jänner bis September 2020 zur Begegnungszone umgebaut. 87 Parkplätze fallen weg, Fußgänger und Radfahrer erhalten mehr Fläche. Während des Umbaus wird die Buslinie 13A geteilt. David Krutzler

Die Neubaugasse wird von 13. Jänner bis September 2020 zur Begegnungszone umgebaut. 87 Parkplätze fallen weg, Fußgänger und Radfahrer erhalten mehr Fläche. Während des Umbaus wird die Buslinie 13A geteilt. David Krutzler

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23. März 2019David Krutzler
Der Standard

Das Catchen um den Turm am Heumarkt

Das Bauvorhaben am Heumarkt zeigt das Unvermögen der Wiener Stadtregierung, Entscheidungen zu treffen und zu diesen zu stehen. Bund und Unesco nützen die Unentschlossenheit von Rot-Grün aus.

Das Bauvorhaben am Heumarkt zeigt das Unvermögen der Wiener Stadtregierung, Entscheidungen zu treffen und zu diesen zu stehen. Bund und Unesco nützen die Unentschlossenheit von Rot-Grün aus.

N ie und nimmer.“ Diese Worte sprach der frühere Stadtrat Rudolf Schicker von der Wiener SPÖ am 4. Juni 2008 im Gemeinderat aus. Das Thema, schon damals: der mögliche Bau eines Hochhauses am Heumarkt. Schicker sagte, „dass die Stadt Wien nie und nimmer beabsichtigt, diesen Platz für Hochbauten irgendwelcher Natur freizugeben“. Die Roten verhängten für das Areal eine dreijährige Bausperre. Die Grünen, damals in Opposition, nahmen die Ankündigung mit Wohlwollen auf.

Nur ein paar Jahre später waren die Worte Schickers Makulatur. Heute verteidigt die Wiener SPÖ vehement die geplante Neugestaltung des Areals, die auch die Errichtung eines 66 Meter hohen Wohnturms in der Unesco-Welterbezone vorsieht. Und auch die Spitzenvertreter der Grünen sind Fürsprecher des privaten Projekts von Investor Michael Tojner mit seiner Firma Wertinvest.

Wann genau sich die Haltung von SPÖ und Grünen gewendet hat, lässt sich heute nicht mehr transparent nachvollziehen. Am Projekt Heumarkt zeigt sich aber für Kritiker die Unfähigkeit der Stadtpolitik, mutige Entscheidungen zu treffen und stadtplanerische Rahmenbedingungen für Investoren vorzugeben, die auch Bestand haben. Stattdessen setzt die Stadt auf den Faktor Zeit – und hat das Projekt vorerst erneut für zwei Jahre auf Eis gelegt.

Die Unesco ist in ihren Vorgaben klar: Wird der 66-Meter-Wohnturm in der Schutzzone gebaut, ist die Wiener Innenstadt das Welterbe-Prädikat los. Auf der Roten Liste steht Wien aufgrund des Heumarkt-Projekts seit zwei Jahren.

Will Wien sowohl eine Neugestaltung des Heumarkts als auch die Beibehaltung des Unesco-Welterbestatus, ist von der Unesco eine maximale Gebäudehöhe von 43 Metern erlaubt. Diese Zahl ist nicht willkürlich gewählt, sondern richtet sich nach der Höhe des bestehenden Hotels Intercontinental am Heumarkt. Das habe die Unesco seit 2012 klar kommuniziert, sagt Eva Trötzmüller, Sprecherin der österreichischen Unesco-Kommission. Da war das genaue Bauvorhaben noch gar nicht bekannt.

Stadt machte Turm möglich

Als sich Experten, Investor und Stadt im Juni 2012 daranmachten, einen Rahmenplan für die Neuentwicklung des in privater Hand befindlichen Areals festzulegen, verzichtete die grüne Stadträtin Maria Vassilakou darauf, eine Höhenbeschränkung festzulegen. Im Februar 2013 wurde der städtebauliche Rahmenplan präsentiert, der einen 73-Meter-Turm neben dem Hotel empfahl – und damit den Turmbau am Heumarkt erst ermöglichte. Vassilakou kündigte überdies jedoch an, erst dann einen Architekturwettbewerb auszuschreiben, wenn es eine Einigung mit der Unesco gebe.

Auf Letztere wurde aber dann doch verzichtet – aus welchen Gründen, ist bis heute unklar. Im Februar 2014 stand, ohne Einigung mit der Unesco, das Siegerprojekt des brasilianischen Architekten Isay Weinfeld fest. Dieses sah unter anderem einen genau 73 Meter hohen Wohnturm vor. Nach massiver Kritik von Unesco, Architekten und Bürgerinitiativen einigten sich Rot-Grün und Tojner Ende 2016 auf eine Reduzierung auf 66 Meter.

„Wenn jetzt gesagt wird, dass sich die Unesco nie genau festgelegt hat, was sie jetzt haben will oder nicht, dann ist das lächerlich“, sagt Trötzmüller dem STANDARD. Die für die Unesco maximale Höhe des Turms sei „nicht verhandelbar“.

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) will sich trotz der kompromisslosen Vorgabe nicht festlegen, ob die Stadt sich beugen wird – oder eben nicht. Er möchte ein „sinnvolles Projekt am Standort“ entwickeln und gleichzeitig das Unesco-Welterbe erhalten, sagte er diese Woche.

Das Zaudern von Rot-Grün ermöglicht es der Bundesregierung jedenfalls, einen weiteren politischen Angriff auf die Bundeshauptstadt zu lancieren. Türkis-Blau kann sich einmischen, weil der Bund Vertragspartner der Unesco ist – obwohl es 2001 die Stadt Wien war, die um die Aufnahme in die Welterbeliste ansuchte.

Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) fordern von Ludwig bis 8. April ein schriftliches Bekenntnis, das Projekt in der vorliegenden Form nicht mehr weiterzuverfolgen. Kommt der Stadtchef der Aufforderung nicht nach, werde der Bund eine – noch nicht näher ausgeführte – Weisung erteilen. Blümel und Strache sind auch die Wien-Chefs ihrer jeweiligen Parteien: Für sie ist die Causa Heumarkt ein willkommenes Thema für einen langen Wahlkampf vor den Wien-Wahlen 2020.

Weshalb Ludwig am Unesco-Prädikat unbedingt festhalten will, ist unklar. Sein Vorgänger Michael Häupl betrachtete die Unesco samt Denkmalbeirat Icomos zuletzt eher als Verhinderer moderner Stadtentwicklung.

Dem STANDARD sagte Häupl im Februar 2017: „Dass ein Hochhaus von 66 Metern absolut verwerflich sein soll und der nahegelegene Justizturm mit 83 Metern nicht, das kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin dafür, dass wir Herr in unserem eigenen Haus bleiben. Sonst soll sich der Chef von Icomos auf meinen Sessel setzen und die Stadt führen.“

WEV als Leidtragender

Leidtragender des Stillstands und des politischen Hickhacks ist der am Heumarkt befindliche Wiener Eislaufverein (WEV). Die traditionsreiche private Institution sieht sich aufgrund der erneuten Verzögerungen in seiner Existenz bedroht. Weil notwendige Investitionen verschoben wurden, verkommt das Areal, auf dem seit 1901 eisgelaufen wird, mehr und mehr zum Schandfleck.

Tojners Wertinvest hat sich – im Gegenzug für die bereits erfolgte Umwidmung der Fläche, die den Turmbau ermöglicht – vertraglich dazu verpflichtet, Leistungen im öffentlichen Interesse zu erbringen. So muss Tojner etwa für die Sanierung der Flächen aufkommen, die vom WEV gepachtet werden. Die Kosten einer Modernisierung samt Bau einer unterirdischen Halle werden von Wertinvest mit rund 30 Millionen Euro beziffert. Um diese und andere Leistungen erbringen zu können, braucht es eben den Luxuswohnturm, argumentierte der Projektwerber.

„Die Stadt muss uns sagen, wie es weitergeht“, sagt WEV-Sprecher Peter Menasse. Die Verzögerungen bedeuteten nämlich auch, dass der WEV viel länger als geplant mit dem Status quo leben müsse. Notwendige Verbesserungen müssten dann doch noch durchgeführt werden. „Das wird nicht ohne finanzielle Unterstützung durch die Stadt gehen.“ Hinzu kommt die Planungsunsicherheit durch die Nichtentscheidung der Politik – nicht gerade ein Bonuspunkt für den Wirtschaftsstandort Wien.

In der derzeit festgefahrenen Situation zeigt sich Tojner zwar kompromissbereit – darunter versteht er aber nicht nur eine Reduktion der Turmhöhe, sondern eine „architektonische Lösung“. Das heißt übersetzt: Die Flächenverluste durch einen niedrigeren Turm müssen aus Tojners Sicht wohl ausgeglichen werden.

Viele Lösungsvarianten bleiben nicht mehr übrig. Eine ist, dass es die Stadt auf die Aberkennung des Welterbes anlegt. Oder Tojner erklärt sich zu neuerlichen Zugeständnissen bei der Turmhöhe bereit, wenn er das Hotel und andere Gebäude auf dem Areal noch breiter als geplant neu errichten kann. Worst Case wäre ein Neustart des Projekts nach fast sieben Jahren und die Fortsetzung des tristen Zustands am Heumarkt.

Privatisiert hat der Bund

So oder so wird die Bundesregierung das Thema Heumarkt nutzen, um Rot-Grün in Wien weiter zu attackieren. Dabei war es der Bund, der das Heumarkt-Areal 2008 privatisiert hat. Der Wiener Stadterweiterungsfonds unter Ex-Innenminister Günther Platter (ÖVP) verkaufte die Immobilie um 4,2 Millionen Euro an eine Tochter der Buntes Wohnen – Gemeinnützige WohnbauGmbH, ehe diese wenig später bei Tojner landete. Tojner kaufte im Jahr 2012 um 50 Millionen Euro auch das Hotel Intercontinental.

Der Verkauf des Heumarkt-Areals 2008 durch den Bund an die WohnbauGmbH war laut Rechnungshof viel zu billig, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelte. Der Vorhabensbericht liegt bis heute im Justizministerium.

Wolfgang Zinggl von der Liste Jetzt kritisierte in diesem Zusammenhang, dass 2016 der damalige Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) um die neuerliche Einvernahme der Beschuldigten gebeten und damit eine bevorstehende Entscheidung, ob es zu einem Prozess komme oder nicht, verzögert habe. Brandstetter sei laut Zinggl vor und nach seiner Amtszeit Anwalt von Tojner gewesen.

Der Standard, Sa., 2019.03.23

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Presseschau 12

28. Mai 2024David Krutzler
Der Standard

Wiener Fernbusterminal steckt fest

Die Stadt will nach der Trennung von Investor Ariel Muzicant den internationalen Busbahnhof in deutlich reduzierter Form selbst bauen. Doch es laufen Rechtsstreitigkeiten.

Die Stadt will nach der Trennung von Investor Ariel Muzicant den internationalen Busbahnhof in deutlich reduzierter Form selbst bauen. Doch es laufen Rechtsstreitigkeiten.

Für die Stadt Wien ist es ein zentrales Infrastrukturprojekt: Der seit Jahren geplante internationale Fernbusterminal beim Ernst-Happel-Stadion soll die Busreise-Möglichkeiten von und nach Wien auf ein modernes Niveau heben. Und er soll auch dafür sorgen, dass Touristinnen und Touristen bei der Ankunft ein angenehmes erstes Bild von Wien erhalten. Der größte Busbahnhof befindet sich derzeit in Erdberg unter einer Brücke der A23 (Südosttangente) und ist schon ordentlich in die Jahre gekommen.

Doch das Vorhaben in der Leopoldstadt kommt nicht richtig vom Fleck. Noch immer ist kein Baustart in Sicht. Dabei hätte nach ursprünglichen Plänen der Fernbusterminal inklusive eines 105-Meter-Hochhauses und eines weiteren mehrstöckigen Gebäudes im kommenden Jahr fertiggestellt sein sollen. Zunächst gab die Stadt im Oktober 2023 die Kündigung des Vertrags mit der privaten Investorengruppe DBR (Donau Busterminal Realisierungs GmbH) um Ariel Muzicant bekannt. Diese hätte das Gesamtprojekt umsetzen und finanzieren sollen. Und vor zwei Wochen kündigte Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) an, dass die Stadt den Fernbusterminal auf eigenes Risiko ohne privaten Partner errichten will. Angedacht ist vorerst eine Schmalspurvariante ohne Schnickschnack, also nur ein Busbahnhof ohne weitere Gebäude. Verantwortlich ist nun die städtische Wiener Standortentwicklung GmbH (WSE), eine Tochterfirma der Wien Holding.
Rechtsstreit anhängig

Aber auch bei diesem neuen Plan gibt es noch zahlreiche Unsicherheiten. Denn Investor Muzicant geht davon aus, dass die Kündigung des DBR-Vertrags durch die Stadt unrechtmäßig erfolgt ist, wie er im Gespräch mit dem STANDARD betont. Der Rechtsstreit ist gerichtsanhängig. „Die Stadt kann derzeit gar nichts errichten“, sagt Muzicant. Er kritisiert, dass die Stadt mit Plänen arbeite, „die uns gehören. Vieles ist unser geistiges Eigentum.“ Der Zwist zwischen DBR und Stadt Wien ist jedenfalls eskaliert. Das zuständige Handelsgericht Wien hat nun „zur Prüfung etwaiger Vergleichspotenziale“ ein Mediationsverfahren vorgeschlagen, wie ein Sprecher der städtischen Firma WSE auf Anfrage bestätigt. Erste Gespräche mit der seitens des Gerichts vorgeschlagenen Mediatorin starten laut Muzicant diese Woche. Bis zum Frühherbst soll eine Lösung gefunden werden.

Worum geht es? Die WSE hat den Standpunkt, dass derzeit „rechtskonform eine Planung für den Fernbusterminal erarbeitet“ wird. „Dafür ist keine Übertragung der Werknutzungsrechte notwendig.“ Doch Muzicants Pläne für den Busterminal haben ihren Preis. Offen ist, ob sich der geschasste Investor und die Stadt auf eine „Ablösesumme“ einigen können. Kommt es zu keinem außergerichtlichen Deal, müssen die Gerichte entscheiden – was mit weiteren Verzögerungen für das Projekt verbunden wäre. Erst recht, wenn das Gericht zur Auffassung gelangen sollte, dass die Kündigung der DBR unrechtmäßig erfolgt ist.

Die Fronten sind verhärtet. Die Stadt wirft Muzicant vor, dass er Risiko und Mehrkosten des Projekts auf die Stadt abwälzen wollte. Eine Kündigung sei alternativlos gewesen. So hatte Muzicant bereits vor einem Jahr erhebliche Probleme bei der Finanzierung angesichts des schwierigen Marktumfelds eingeräumt und Einsparungen im zweistelligen Millionenbereich beim Gesamtprojekt angekündigt. Der Investor selbst attackiert die Stadt: Diese habe das Projekt verkehrt aufgezogen und massive Fehler bei der Ausschreibung gemacht. So sei im Vorfeld nicht genau definiert und abgegrenzt worden, wer was bezahlen muss. Konkret soll jene Gesellschaft, die den Busterminal betreiben soll und aus den Firmen Blaguss, Gschwindl und Dr. Richard besteht, zusätzliche Forderungen gestellt haben. „Die Stadt weiß nicht, wie man PPP (öffentlich-private Partnerschaften, Anm.) macht“, sagte Muzicant.

Baustart 2025 angestrebt

Trotz der Gerichtsverfahren strebt die Stadt „eine möglichst rasche Umsetzung mit einem Baustart 2025“ an, wie es auf Anfrage von der WSE heißt. „Das Projekt hat weiterhin höchste Priorität für die Stadt Wien.“ Zu den geschätzten Baukosten sei „noch keine Aussage möglich“. Muzicant rechnet aber damit, dass nur für den Busbahnhof ohne Zusatzgebäude mindestens 80 Millionen Euro fällig werden. Dazu lasse sich die Stadt den Baurechtszins der DBR in Höhe von insgesamt 70 Millionen Euro entgehen. „Die Stadt wird viel Steuergeld ausgeben“, meint Muzicant.

Der Standard, Di., 2024.05.28

15. Mai 2024David Krutzler
Der Standard

Streit über den Michaelerplatz

Der Denkmalbeirat des Bundesdenkmalamtes fordert einen Stopp der Wiener Pläne, die Bäume und Beete auf dem zentralen Platz vorsehen. Die Behörde selbst bewilligte die Pflanzung.

Der Denkmalbeirat des Bundesdenkmalamtes fordert einen Stopp der Wiener Pläne, die Bäume und Beete auf dem zentralen Platz vorsehen. Die Behörde selbst bewilligte die Pflanzung.

Der Baustart für die Umgestaltung des zentralen Michaelerplatzes in der Wiener Altstadt ist bereits vor drei Wochen erfolgt. Der historische Platz soll angesichts des Klimawandels „zukunftsfit“ gemacht werden, wie es in der offiziellen Presseaussendung der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) heißt. Das bedeutet vereinfacht: weniger Versiegelung, mehr Grün. Um den Hitze-Hotspot etwas zu entschärfen, sind die Pflanzung von neun Bäumen und zusätzlich Gräserbeeten in Pflanztrögen, ein Wasserspiel mit 52 Bodendüsen sowie fünf Trinkhydranten vorgesehen. Zudem ist eine Verkehrsberuhigung durch eine Erweiterung der Fußgängerzone geplant, auch neue Sitzbänke sind Teil des Vorhabens. Die Fiakerstandplätze werden von bisher 13 auf vier reduziert, in der Schauflergasse werden zehn Nachrückplätze eingerichtet. Die Arbeiten sollen bis Jahresende abgeschlossen werden.

Die öffentlich geäußerte Kritik an der Neugestaltung nahm zuletzt aber deutlich zu. So sprechen sich in einem offenen Brief der Initiative „SOS Michaelerplatz“ Unterstützerinnen und Unterstützer für den Erhalt des Michaelerplatzes aus. „Die geplante Neugestaltung des Platzes bedroht seine städtebauliche Wirkung und fügt dem historischen Ensemble gravierenden Schaden zu“, heißt es in dem Schreiben, das an Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gerichtet wird und von mittlerweile mehr als 300 Personen und Institutionen unterschrieben wurde. Veröffentlicht wurde der offene Brief auf der Homepage der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (ÖGFA).

Labiles Gleichgewicht

Auch der Denkmalbeirat beim Bundesdenkmalamt fordert einen Stopp für die Pläne von Stadträtin Sima. Die Mitglieder würden sich „mit aller gebotenen Deutlichkeit gegen die bevorstehende Umgestaltung des Wiener Michaelerplatzes“ aussprechen, steht in einem Wahrnehmungsbericht des Gremiums. Dieser wurde just am 22. April, also am Tag des Spatenstichs für den Umbau, finalisiert. Der Beirat war nach Eigenangaben offiziell nicht mit dem Projekt befasst, allerdings seien informelle Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt geführt worden. Kritisiert wird, dass durch die Umgestaltung mit Bäumen und Beeten das „subtile und zugleich labile Gleichgewicht“ des Platzes „schwerwiegend gestört“ werde. Die architektonische und städtebauliche Wirkung werde „regelrecht zerstört“. Geäußert wird zudem die Befürchtung, „ob die geplanten Maßnahmen auch eine Gefahr für das Welterbe Innere Stadt darstellen“ und Sichtachsen durch die Bäume beeinträchtigt würden.

Der Denkmalbeirat spricht in der Causa aber nicht für die gesamte Institution Bundesdenkmalamt, wie DER STANDARD in Erfahrung bringen konnte. Denn in der Bundesbehörde, die dem Bundesministerium für Kunst und Kultur unterstellt ist, tobt rund um das Thema Michaelerplatz ein heftiger Expertenstreit. Auf der Homepage des Denkmalamtes findet sich nämlich auch eine „Presseinformation“ zur Neugestaltung des zentralen Platzes, die am 29. April veröffentlicht worden ist – also eine Woche nach der massiven Kritik des Denkmalbeirats. Darin wird erwähnt, dass der historisch gewachsene Platz in der Vergangenheit mehrfach umgestaltet worden ist.

Bäume im Zentrum

Drei Bäume sollen nach den Plänen der Stadt aber im denkmalgeschützten Bereich des Platzes gepflanzt werden. Das geschehe in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt, wie die Bundesbehörde klar festhält: Der erforderliche Eingriff wurde gemäß dem Denkmalschutzgesetz „bewilligt“. Außerdem würden alle Eingriffe in den Boden auch im nichtgeschützten Bereich, „soweit erforderlich, archäologisch begleitet“. Fachliche Bedenken der Bundesbehörde gegen eine Beeinträchtigung der Sichtachsen seien „hinsichtlich der Zahl und der Platzierung der von der Stadt Wien geplanten Bäume berücksichtigt“ worden. Verwiesen wird aber auch darauf, dass der Schutz der Sichtachsen rechtlich gesehen eine Angelegenheit des Stadtbildes sei und „nicht in die behördliche Verantwortung des Bundesdenkmalamts“ falle.

Die Unesco mischt sich in die Debatte rund um die Umgestaltung des Platzes mitten in der Welterbezone vorerst nicht ein. Vonseiten der Österreichischen Unesco-Kommission heißt es auf STANDARD -Anfrage nur: „Wir werden keine Stellungnahme abgeben.“ Wien steht aktuell wegen des geplanten Heumarkt-Projekts seit Jahren auf der Roten Liste des Gremiums. Das bedeutet: Bei einem Baustart würde Wien den Welterbe-Status verlieren. Ob die Stadt Wien nach mehrfachen Adaptierungen des umstrittenen Projekts von Investor Michael Tojner von der Liste gestrichen wird oder nicht, entscheidet sich bei der nächsten Sitzung des Welterbe-Komitees im Juli in Uttar Pradesh in Indien.

Im März fand eine sogenannte Advisory-Mission in Wien statt, die die neuen Heumarkt-Pläne unter die Lupe nahm. Der diesbezügliche Mission-Report soll noch im Mai vorliegen. Nach Informationen des STANDARD haben die Prüferinnen und Prüfer neben dem Heumarkt aber auch ein kritisches Auge auf die Neugestaltung des Michaelerplatzes geworfen. Auch dieses Projekt dürfte in dem Report beurteilt werden. Wie kritisch das Unesco-Urteil ausfällt, ist noch nicht öffentlich.

Der Standard, Mi., 2024.05.15

24. Januar 2024David Krutzler
Der Standard

Wiens Krampf mit den Großprojekten

Beim 200-Millionen-Euro-Vorhaben Fernbusterminal stehen derzeit Klagen zwischen Stadt und Investor im Zentrum. Das Projekt könnte verkleinert werden. Auch eine Arena für 20.000 Besucher kämpft mit erheblichem Zeitverzug.

Beim 200-Millionen-Euro-Vorhaben Fernbusterminal stehen derzeit Klagen zwischen Stadt und Investor im Zentrum. Das Projekt könnte verkleinert werden. Auch eine Arena für 20.000 Besucher kämpft mit erheblichem Zeitverzug.

Für die Stadt Wien sind es bedeutende Bauvorhaben, die Stadtregierung selbst spricht von „Leuchtturmprojekten“. Nicht umsonst war auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bei Präsentationen in den vergangenen Jahren anwesend, wenn es rund um den Fernbusterminal oder die Indoor-Arena für 20.000 Besucher Projektfortschritte zu verkünden gab. Zuletzt hielt sich der Stadtchef aber zurück: Das hängt auch damit zusammen, dass sich die Zeitpläne bereits um Jahre nach hinten verschoben haben. Und noch immer steht für die beiden Millionenprojekte, die über die städtische Wien Holding abgewickelt werden, kein Bautermin in naher Zukunft fest.

Beim Fernbusterminal nahe dem Stadion Center beim Handelskai ist derzeit überhaupt unklar, ob das Vorhaben so kommen wird, wie es vorgestellt wurde. Das im Jahr 2021 präsentierte Siegerprojekt sah einen zweigeschoßigen Busterminal mit umfassender Infrastruktur, 34 An- und Abfahrtsstationen sowie einer markanten, teils begrünten Dachkonstruktion vor. Ebenfalls Teil der rund 200 Millionen Euro teuren Pläne: ein rund 105 Meter hohes Hochhaus, das für eine Büro- und Hotelnutzung vorgesehen ist, sowie ein weiteres, langgezogenes Gebäude mit vier Obergeschoßen.

Im Oktober 2023 eskalierten aber aus finanziellen Gründen die Streitigkeiten zwischen der Wien Holding und der privaten Investorengruppe rund um Ariel Muzicant, die für den Bau und die Finanzierung des Gesamtprojekts aufkommen soll. Der städtische Konzern entzog den Investoren mit der Kündigung des Baukonzessionsvertrags die Verantwortung. Für Muzicant erfolgte die Kündigung „rechtswidrig“, wie er dem STANDARD sagte. Diese werde „mit allen Mitteln rechtlich bekämpft“. Und weiter: „Ich drohe nicht. Ich tue.“

Konkret läuft bereits eine Klage Muzicants auf Schadenersatz in Millionenhöhe. Das bestätigt auch die Wien Holding auf Anfrage. Derzeit würden auch die Anwälte des städtischen Konzerns Schadenersatzforderungen gegen die Investoren „prüfen“, wie ein Sprecher sagte. Es zeichnet sich ein Gerichtsstreit ab.

Garantie auf Realisierung

Trotz der Probleme weist die Wien Holding in einer Stellungnahme zum STANDARD darauf hin, „dass das Projekt Fernbusterminal auf alle Fälle realisiert wird – auch in immobilienwirtschaftlich schwierigen Zeiten“. Wie genau, lässt sie offen. Dabei gab die Holding noch im Oktober bekannt, dass „bis zum Jahreswechsel“ über die weitere Art und Weise der Projektumsetzung entschieden werde.

Diese selbstgesetzte Frist ließ man verstreichen. Das Projekt verzögert sich weiter. Die Holding verwies aber auf „konkrete Planungen“, den Bau ohne die Investorengruppe umzusetzen. Eine Möglichkeit ist dabei auch, dass die Holding nur den Bereich Fernbusterminal ohne das Hochhaus realisiert. Auf die Stadt kämen dann Kosten in Höhe von mindestens 80 Millionen Euro zu, wie Muzicant kritisiert. Zudem würden dem Stadtbudget auch Einnahmen aus dem Baurechtszins entfallen, die die Investorengruppe der Stadt gezahlt hätte. Muzicant bezifferte diesen mit zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr.

Event-Arena verzögert sich

Rund um den Bau der neuen Eventhalle für 20.000 Besucher in Neu Marx ist ebenfalls mächtig Sand im Getriebe, was Zeitplan und Realisierung betrifft. Auch für dieses Prestigeprojekt zeichnet die Wien Holding verantwortlich. Die hochmoderne Arena für Großevents wie Konzerte und Sportveranstaltungen soll die in die Jahre gekommene Stadthalle ersetzen. Zuletzt wurde aber im Oktober die Vergabe an den privaten Partner OVG Bristol vom Verwaltungsgericht Wien aus formalen Gründen aufgehoben.

Wie es weitergeht, ist ungewiss. Laut Wien Holding werden noch immer „die einzelnen Optionen für die weitere Vorgangsweise ausgearbeitet“, Konkretes gibt es nicht zu vermelden. Weitere Zeitverzögerungen sind aber absehbar: So dürfte es noch gar keinen Widerruf des Vergabeverfahrens nach dem Gerichtsurteil gegeben haben. Dieser sei „unseres Wissens noch nicht beschlossen“, hieß es von der Firma CTS Eventim, die erfolgreich Einspruch gegen die Vergabe an OVG Bristol eingelegt hatte. Eine Neuausschreibung ist noch nicht erfolgt. Der derzeit noch geplante Baubeginn 2025 wackelt gehörig.

Der Standard, Mi., 2024.01.24

21. Juli 2023David Krutzler
Der Standard

Für Wiens Hofburg-Areal werden Maßnahmen gegen Hitze überlegt

Mikroklimasimulation zeigt Hitze-Hotspots: Beschattungen, überdachte Parkbänke oder neue Wegeführungen sind Thema

Mikroklimasimulation zeigt Hitze-Hotspots: Beschattungen, überdachte Parkbänke oder neue Wegeführungen sind Thema

Tagsüber Temperaturen um die 30 Grad – und wenn die Sonne untergegangen ist, folgen Tropennächte. Seit mehreren Tagen hat die aktuelle Hitzewelle auch Wien voll im Griff, wenn auch derzeit sanfter als den Süden Europas. Die heißen Temperaturen sind im Sommer auch in Wien punktuell nicht außergewöhnlich. Bemerkenswert ist aber der deutliche Anstieg der Sommertage und heißen Nächte insgesamt pro Jahr, die vor allem verbaute Metropolen – und damit ihre hitzegeplagten Stadtbewohner oder auch Touristinnen und Touristen – vor große Herausforderungen stellen.

Das im Zentrum der Stadt befindliche Hofburg-Areal hat aufgrund der Gebäude und versiegelten Flächen gleich mehrere Hitze-Hotspots aufzuweisen. Das zeigt eine von der Burghauptmannschaft in Auftrag gegebene Mikroklima-Studie des Unternehmens Weatherpark. In dieser wurde mittels Simulation für einen normalen Sommertag mit einer Höchsttemperatur knapp unter 30 Grad Celsius berechnet, an welchen Stellen es welche Hitzebelastung gibt. Denn wenn die Sonne vom Himmel strahlt, ist es rund um versiegelte Flächen gefühlt deutlich wärmer als im Schatten unter breitkronigen Bäumen – und das bei einer oft gleichen Lufttemperatur. Diese gefühlte Temperatur hänge neben der Lufttemperatur auch mit der Sonnenstrahlung, der Luftfeuchtigkeit oder dem Wind zusammen, erklärt Stadtklimatologin Isabel Auer von Weatherpark dem STANDARD. Berechnet wird das Komfortmaß PET (physiologische äquivalente Temperatur).

Ab 41 Grad PET wird von einer starken Wärmebelastung ausgegangen. „Und im Hofburg-Areal erreichen wir diese 41 Grad PET regelmäßig und großflächig“, sagt Auer. Bei der Simulation habe sich gezeigt, dass bei einem normalen Sommertag ohne Bewölkung um 15 Uhr rund 50 Prozent der Fläche des Hofburg-Areals über 41 Grad PET aufweisen.

Resultate „augenöffnend“

Für die Burghauptmannschaft – eine Bundesbehörde, die das Areal verwaltet – sind die Ergebnisse „augenöffnend“, wie es Burghauptmann Reinhold Sahl formuliert. Aus diesen sollen Maßnahmen abgeleitet werden, wie mit der Hitze an neuralgischen Punkten umgegangen werden soll. Immerhin schlendern Millionen von Besucherinnen und Besuchern pro Jahr durch das Hofburg-Areal, vor Corona waren es 25 Millionen. Derzeit befindet sich der Tourismus in Wien fast wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie.

Für Besucher, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Hofburg soll die Aufenthaltsqualität trotz der Hitze verbessert werden. Bei den Überlegungen sei man erst am Beginn, sagt Sahl. Aber es gebe keine Denkverbote: „Wir müssen alles denken dürfen.“ Als Beispiele nennt Sahl neue Beschattungen, Begrünungen, Bepflanzungen oder auch überdachte Parkbänke. Auch eine neue Wegeführung, die die Touristenströme um die Hitzeinseln leiten soll, sei eine Idee.

Beim Hofburg-Areal handelt es sich freilich auch um ein hochsensibles denkmalgeschütztes, historisches Areal mitten in der Unesco-Welterbezone. „Hier muss man bei jedem Nagel überlegen, den man einschlagen will“, sagt Hans-Peter Hutter. Der Umweltmediziner und Public-Health-Experte begleitete die Mikroklimastudie. Trotz der Einschränkungen müsse es aber möglich sein, in Zeiten der Klimakrise Maßnahmen zu setzen. Von der Hitze seien vulnerable Personen besonders betroffen – die aber ebenfalls als Touristen oder Besucherinnen die Sehenswürdigkeiten und Kulturzentren auf dem Areal ansteuern würden. Schon bei Sommertagen über 25 Grad und intensiver Sonnenstrahlung werde etwa das Leistungsvermögen massiv eingeschränkt. Für Stadtklimatologin Auer geschehen die Anpassungen an die Hitze in Wien grundsätzlich viel zu langsam. Sie empfiehlt: „Machen, was nötig ist, nicht nur das, was machbar ist.“

Viele Autos am Heldenplatz

Forderungen nach einer Umgestaltung des Heldenplatzes wurden schon in den vergangenen Jahren geäußert. So befindet sich hier in bester Lage ein großer Parkplatz mit rund 280 Stellplätzen. Auf der anderen Seite des Heldenplatzes gibt es beim Volksgarten-Parkplatz mehr als hundert Abstellflächen.

Gemacht wird etwas beim Michaelerplatz: Bis November 2024 wird der Platz verkehrsberuhigt und zur Fußgänger- und Begegnungszone. Über den Platz verteilt sollen neun große Bäume gepflanzt werden, dazu kommen kleinere Bäume sowie Pflanzen. Auch ein Wasserspiel sowie Trinkhydranten sind Teil der Umgestaltungsmaßnahmen.

Der Standard, Fr., 2023.07.21

17. Januar 2023David Krutzler
Der Standard

Halle auf Halde Der lange Weg zur neuen Multifunktionsarena

Mit der Wien-Holding-Arena plant die Stadt ein Aushängeschild für Konzerte und Sportevents mit bis zu 20.000 Besuchern. Das Prestigeprojekt kämpft aber mit erheblichen Verzögerungen: Mit einer Fertigstellung wird nicht vor 2029 gerechnet.

Mit der Wien-Holding-Arena plant die Stadt ein Aushängeschild für Konzerte und Sportevents mit bis zu 20.000 Besuchern. Das Prestigeprojekt kämpft aber mit erheblichen Verzögerungen: Mit einer Fertigstellung wird nicht vor 2029 gerechnet.

Eine „Landmark“ für Wien soll sie werden – und ein „Leuchtturmprojekt in Europa“, mit dem man „international für Furore“ sorgen wolle. Mit diesen Worten umriss Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) vor fast genau vier Jahren die vorgestellten Pläne für eine Eventhalle in der Hauptstadt mit einem Fassungsvermögen von bis zu 20.000 Besuchern. Zu diesem Zeitpunkt Ende Jänner 2019 wurde öffentlich bekannt, dass die Halle auf einem Areal in Neu Marx nahe der Tangente entstehen soll.

Mit der modernen Arena, die alle Stückerln spielt, sollen auch Topstars aus der Eventbranche nach Wien gelockt werden, die bisher bei ihrer Hallentournee einen Bogen um die Hauptstadt machten. Gründe dafür waren etwa, dass die Kapazität der Wiener Stadthalle als bisheriges Flaggschiff nicht ausreichte – oder die technischen Voraussetzungen für die aufwendige Produktion zu hoch waren. Wien-Holding-Geschäftsführer Kurt Gollowitzer nannte in der Vergangenheit etwa U2, Adele, Eminem oder Billy Joel als große Acts, die man mit dem Bau einer neuen Halle nach Wien bringen könne.

Entwurf steht seit Ende 2020 fest

Der Entwurf für das Millionenbauvorhaben steht seit Ende 2020 fest: Das Wiener Architektenteam Christian Kronaus, Peter Mitterer und Reinhardt Gallister setzte sich beim EU-weiten Realisierungswettbewerb durch, eingereicht wurden 48 Vorschläge. Allerdings ist weiterhin offen, wann der Baustart erfolgen, wie viel das Prestigeprojekt kosten und wann die Halle eröffnet wird. Die vor vier Jahren ventilierten Zahlen sind jedenfalls nicht zu halten: Damals ist man von einem Baubeginn im Jahr 2021, einer Fertigstellung bis 2024 und einem Kostenrahmen von bis zu 250 Millionen Euro ausgegangen. Das Projekt wird von der städtischen Wien Holding abgewickelt, die Arena firmiert auch vorerst unter diesem Namen.

Für erhebliche Verzögerungen sorgt neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie auch die Entscheidung der Stadt, einen privaten Partner für Investition, Bau und Betrieb der Halle zu suchen. Wie dieser heißt, steht noch immer nicht fest. Dabei wollte die Wien Holding den Partner bis Ende 2022 präsentieren, wie es noch im Mai des Vorjahres hieß.

Verhandlungen laufen

Laut dem städtischen Konzern verlaufe das Vergabeverfahren aber „planmäßig“, wie ein Sprecher auf STANDARD-Anfrage mitteilte. Die Vorstellungen und Vorgaben seien „voll erfüllt“. Die Verhandlungsphase sei bald abgeschlossen, danach folge die Letztangebotsphase. Weitere Fragen zu den geplanten Gesamtkosten oder zum Zeitplan für Baubeginn und Fertigstellung werden vorerst nicht beantwortet – mit Verweis auf die „wichtige Phase des Vergabeverfahrens“. Auch aus dem Büro von Hanke gab es keine weiteren Angaben.

Dabei zeichnen sich gröbere Probleme ab. In einem Prüfbericht des Wiener Stadtrechnungshofs, der Ende November 2021 erschien, ist vermerkt, dass das Hallenprojekt im „real case“ erst im März 2029 abgeschlossen werden könnte. Weil das Projekt in seiner Umsetzung deutlich länger als geplant dauert, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die Kosten.

Die Prüfer des Stadtrechnungshofs verweisen in dem Bericht auf ein „Konzept zum Kostenrahmen“ der begleitenden Kontrolle des Projekts: Dort wurden die Gesamtkosten mit 742 Millionen Euro ausgewiesen – mit einer Schwankungsbreite plus/minus 30 Prozent. Die Gesamtsumme ist nur bis ins Jahr 2026 valorisiert: Das hat den Hintergrund, dass die Wien Holding im Jänner 2020, als das „Konzept zum Kostenrahmen“ erstellt wurde, von der Fertigstellung bis 2026 ausgegangen war.

Sorgen um Budget

Wird die Eventhalle, wie bereits absehbar ist, frühestens 2029 oder sogar noch später fertig, schraubt das allerdings auch die prognostizierten Gesamtkosten weiter nach oben. Dazu kommt, dass die Suche nach einem privaten Partner erst nach dem Architektenwettbewerb gestartet wurde. Das dürfte zusätzliche Kosten nach sich ziehen. Außerdem steht es dem privaten Partner offen, auch in planerischer oder baulicher Hinsicht die eigenen Ideen in die Verhandlungen mit der Wien Holding einzubringen. Die Pläne könnten also auch noch adaptiert werden. Hinter vorgehaltener Hand werden im Rathaus Sorgen bezüglich des Zeitplanes und des Budgets mittlerweile eingestanden.

Wie aber kam die Wien Holding auf einen Kostenrahmen von nur 250 Millionen Euro? Dieser bezog sich laut dem städtischen Konzern immer auf die Vorgaben für den Architektenwettbewerb und umfasste nur die Bereiche Rohbau, Technik, Ausbau und Außenanlagen. „Dieser Kostendeckel wurde vom Siegerprojekt eingehalten“, heißt es dazu von der Wien Holding. Die Preisbasis: Dezember 2019.

In der Veranstaltungsbranche ist die geplante neue Arena bereits ein Thema. Diese „ist nicht unwichtig für uns“, sagte Konzertveranstalter Ewald Tatar von Barracuda Music. Er bestätigte dem STANDARD, dass er in den vergangenen Jahren zwei Show-Acts aufgrund technischer Voraussetzungen nicht in die Stadthalle bekam. Welche, wollte er aus vertraglichen Gründen nicht verraten.

Nachnutzung der Stadthalle

Durch die Verzögerungen wird die 1958 fertiggestellte Stadthalle also noch ein paar Jahre länger Österreichs größte Veranstaltungshalle bleiben und Gastgeber von Großkonzerten und Sportveranstaltungen sein. Dass sich der 70er ausgeht, bevor die neue Arena eröffnet wird, ist nach heutigem Stand durchaus realistisch. Wie es dann weitergeht, ist offen, die Nachnutzungspläne bezüglich der Stadthalle sind noch nicht bekannt: Parallel zur Planung der neuen Halle sollte ein Konzept ausgearbeitet werden, Ergebnisse wurden noch nicht präsentiert. Hanke kann sich vorstellen, die Halle vermehrt für den Breitensport zu adaptieren. Auch kleinere Konzerte und Shows sollen weiterhin im Komplex stattfinden.

■ März 2018 Michael Ludwig stellt das konkrete Projekt einer neuen Mehrzweckhalle für die Hauptstadt erstmals vor. Ludwig war zu diesem Zeitpunkt bereits neuer Chef der Wiener SPÖ und designierter Bürgermeister. Im September 2018 sagt Ludwig, dass die Halle Platz für bis zu 20.000 Besucherinnen und Besucher bieten soll.

■ Jänner 2019 Neu Marx wird als Standort der neuen Arena bekanntgegeben. Das städtische Areal in Wien-Landstraße wurde zuvor für den ORF als Ort einer möglichen Konzernzentrale reserviert. Die Fertigstellung ist für 2024 geplant.

■ Dezember 2020 Christian Kronaus, Peter Mitterer und Reinhardt Gallister setzen sich mit ihrem Entwurf beim EU-weiten Architektenwettbewerb unter 48 Vorschlägen durch.

■ November 2021 Die Stadt gibt bekannt, einen privaten Partner für Investition, Bau und Betrieb der Halle an Bord holen zu wollen. Das Vergabeverfahren startet im Jänner 2022.

■ Jänner 2023 Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Den adaptierten Zeitplan und die Kosten für das Prestigeprojekt will die Stadt erst danach bekanntgeben.

Der Standard, Di., 2023.01.17

02. September 2021David Krutzler
Der Standard

Großparkplatz wird zum neuen Stadtteil

Wo früher bis zu 400 Autos kostenlos abgestellt werden konnten, werden aktuell in Wien-Kagran sechs Gebäude, darunter zwei Hochhäuser, errichtet. Das Projekt umfasst auch 650 nicht gerade günstige Wohnungen – und 500 Tiefgaragenstellplätze.

Wo früher bis zu 400 Autos kostenlos abgestellt werden konnten, werden aktuell in Wien-Kagran sechs Gebäude, darunter zwei Hochhäuser, errichtet. Das Projekt umfasst auch 650 nicht gerade günstige Wohnungen – und 500 Tiefgaragenstellplätze.

Was Stadtentwicklung und den Umgang mit wertvollem Boden betrifft, ist das grundsätzlich nicht die schlechteste Idee: Eine Asphaltfläche direkt bei der U1-Station Kagran, die bis Anfang 2018 als kostenloser Parkplatz für bis zu 400 Autos verwendet wurde, wird aktuell zu einem neuen Stadtteil umgestaltet. Auf fast derselben Fläche befinden sich künftig gleich sechs Gebäude – darunter zwei Hochhäuser mit 110 und 153 Meter Höhe.

Der geplante Nutzungsmix reicht von Wohnungen, Büros, Hotel und Gastronomie bis zu Nahversorgern. Dazu kommt eine Tiefgarage auf drei Untergeschoßen mit rund 500 Stellplätzen – die aber nicht mehr kostenlos sind. Sozialwohnungen, das sollte auch dazugesagt werden, gibt es hier nicht. Gebaut wird seit Anfang 2019.

Umgesetzt wird das Twentytwo genannte Projekt im 22. auf rund 15.000 Quadratmeter Grundfläche von Austrian Real Estate (ARE) und René Benkos Signa. Die Eishockey-Arena der Vienna Capitals sowie das Donau Zentrum befinden sich in unmittelbarer Nähe. Das erste Hochhaus bei der Siebeckstraße, das bereits weithin sichtbar ist, hat mit 110 Metern die geplante Höhe schon erreicht. Die Fertigstellung dieses Wohnturms mit 34 Obergeschoßen ist für Mitte des kommenden Jahres geplant. Der Zugang soll über einen mit Bäumen begrünten Vorplatz führen.

300 Eigentumswohnungen werden umgesetzt, auf dem Dach wird sich ein Pool samt Terrassenlandschaft befinden. Die Kaufpreise sind freilich kein Lercherl, wie ein Blick auf die Homepage des Projekts verrät: Ganz oben ist eine 72 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung mit 786.000 Euro angeführt. Im 19. Stock sind noch 50 Quadratmeter um knapp 400.000 Euro zu haben.

Ebenfalls Mitte kommenden Jahres soll das Drei-Sterne-Hotel der Austria-Trend-Hotels-Marke Bassena mit 200 Zimmern eröffnet werden. Dazu kommt ein weiterer Bauteil mit 223 sogenannten Serviced Apartments inklusive Concierge im Eingangsbereich: Dieses 43 Meter hohe Gebäude wird auch Mitte 2022 fertiggestellt.

Bezirksamt übersiedelt

Zur ersten Bauphase gehört als viertes Objekt zudem ein achtstöckiges Bürogebäude: Hierher wird das Magistratische Bezirksamt der Donaustadt als Mieter übersiedeln, geplant ist der Umzug 2022. Vorerst ist der Vertrag auf 15 Jahre befristet. Auch das Melde- und das Standesamt werden hier untergebracht sein.

Zum Projekt, das von Delugan Meissl Associated Architects geplant wurde, kommen dann noch zwei weitere Gebäude. Die Fertigstellung des zweiten Bauteils ist für Ende 2024 oder Anfang 2025 geplant. Der mit 24 Metern kleinste Bau beherbergt vor allem Büros, darüber hinaus sind Flächen für Handel und Dienstleistungen vorgesehen.

Vor der Erste Bank Arena wird dann der 155-Meter-Turm errichtet. Hier ist eine Mischnutzung vorgesehen: 13 Geschoße für Büros, die oberen 25 Geschoße für insgesamt 350 Wohneinheiten. Dazwischen sind Frei- und Gemeinschaftsflächen geplant, etwa ein Jugendspielraum samt kleinem Spielplatz im Freien. In den ersten drei Geschoßen könnte zudem noch ein Bankinstitut unterkommen, eine Gewerbefläche ist für Gastronomie vorgesehen.

Neben Vienna Twentytwo schießen in Wien derzeit nach Jahren der Entwicklung auffällig viele Wohnhochhäuser aus dem Boden wie Schwammerln, sie werden zum Großteil Apartments der gehobenen oder der Luxuskategorie beherbergen: Von der Tangente aus gut zu sehen sind die drei rund 100 Meter hohen Triiiple-Türme am Donaukanal. Neben 500 Wohnungen gibt es im dritten Hochhaus 670 weitere kleine Apartments. Der in Bau befindliche Marina Tower bei der Praterbrücke im Zweiten hat mit 140 Metern bereits seine volle Höhe erreicht: 511 Eigentumswohnungen werden errichtet.

Höchster Wohnturm

Übertroffen wird der Marina Tower künftig vom Projekt Danube Flats bei der Reichsbrücke: Dieses Hochhaus wird 180 Meter hoch und wäre nach seiner Fertigstellung der höchste Wohnturm Österreichs. Die Hochbauarbeiten haben bereits begonnen, die Fertigstellung der rund 500 Eigentumswohnungen ist derzeit für 2024 geplant. Im nahen 110 Meter hohen DC Tower 3 entstehen bis zum kommenden Jahr 832 Zimmer für Studierende. Auch das Projekt Taborama im Nordbahnhofareal (213 Wohneinheiten) wird 2022 fertig.

Der Standard, Do., 2021.09.02

12. Dezember 2019David Krutzler
Der Standard

Der Platz in der Neubaugasse wird neu aufgeteilt

Die Neubaugasse wird von 13. Jänner bis September 2020 zur Begegnungszone umgebaut. 87 Parkplätze fallen weg, Fußgänger und Radfahrer erhalten mehr Fläche. Während des Umbaus wird die Buslinie 13A geteilt. David Krutzler

Die Neubaugasse wird von 13. Jänner bis September 2020 zur Begegnungszone umgebaut. 87 Parkplätze fallen weg, Fußgänger und Radfahrer erhalten mehr Fläche. Während des Umbaus wird die Buslinie 13A geteilt. David Krutzler

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23. März 2019David Krutzler
Der Standard

Das Catchen um den Turm am Heumarkt

Das Bauvorhaben am Heumarkt zeigt das Unvermögen der Wiener Stadtregierung, Entscheidungen zu treffen und zu diesen zu stehen. Bund und Unesco nützen die Unentschlossenheit von Rot-Grün aus.

Das Bauvorhaben am Heumarkt zeigt das Unvermögen der Wiener Stadtregierung, Entscheidungen zu treffen und zu diesen zu stehen. Bund und Unesco nützen die Unentschlossenheit von Rot-Grün aus.

N ie und nimmer.“ Diese Worte sprach der frühere Stadtrat Rudolf Schicker von der Wiener SPÖ am 4. Juni 2008 im Gemeinderat aus. Das Thema, schon damals: der mögliche Bau eines Hochhauses am Heumarkt. Schicker sagte, „dass die Stadt Wien nie und nimmer beabsichtigt, diesen Platz für Hochbauten irgendwelcher Natur freizugeben“. Die Roten verhängten für das Areal eine dreijährige Bausperre. Die Grünen, damals in Opposition, nahmen die Ankündigung mit Wohlwollen auf.

Nur ein paar Jahre später waren die Worte Schickers Makulatur. Heute verteidigt die Wiener SPÖ vehement die geplante Neugestaltung des Areals, die auch die Errichtung eines 66 Meter hohen Wohnturms in der Unesco-Welterbezone vorsieht. Und auch die Spitzenvertreter der Grünen sind Fürsprecher des privaten Projekts von Investor Michael Tojner mit seiner Firma Wertinvest.

Wann genau sich die Haltung von SPÖ und Grünen gewendet hat, lässt sich heute nicht mehr transparent nachvollziehen. Am Projekt Heumarkt zeigt sich aber für Kritiker die Unfähigkeit der Stadtpolitik, mutige Entscheidungen zu treffen und stadtplanerische Rahmenbedingungen für Investoren vorzugeben, die auch Bestand haben. Stattdessen setzt die Stadt auf den Faktor Zeit – und hat das Projekt vorerst erneut für zwei Jahre auf Eis gelegt.

Die Unesco ist in ihren Vorgaben klar: Wird der 66-Meter-Wohnturm in der Schutzzone gebaut, ist die Wiener Innenstadt das Welterbe-Prädikat los. Auf der Roten Liste steht Wien aufgrund des Heumarkt-Projekts seit zwei Jahren.

Will Wien sowohl eine Neugestaltung des Heumarkts als auch die Beibehaltung des Unesco-Welterbestatus, ist von der Unesco eine maximale Gebäudehöhe von 43 Metern erlaubt. Diese Zahl ist nicht willkürlich gewählt, sondern richtet sich nach der Höhe des bestehenden Hotels Intercontinental am Heumarkt. Das habe die Unesco seit 2012 klar kommuniziert, sagt Eva Trötzmüller, Sprecherin der österreichischen Unesco-Kommission. Da war das genaue Bauvorhaben noch gar nicht bekannt.

Stadt machte Turm möglich

Als sich Experten, Investor und Stadt im Juni 2012 daranmachten, einen Rahmenplan für die Neuentwicklung des in privater Hand befindlichen Areals festzulegen, verzichtete die grüne Stadträtin Maria Vassilakou darauf, eine Höhenbeschränkung festzulegen. Im Februar 2013 wurde der städtebauliche Rahmenplan präsentiert, der einen 73-Meter-Turm neben dem Hotel empfahl – und damit den Turmbau am Heumarkt erst ermöglichte. Vassilakou kündigte überdies jedoch an, erst dann einen Architekturwettbewerb auszuschreiben, wenn es eine Einigung mit der Unesco gebe.

Auf Letztere wurde aber dann doch verzichtet – aus welchen Gründen, ist bis heute unklar. Im Februar 2014 stand, ohne Einigung mit der Unesco, das Siegerprojekt des brasilianischen Architekten Isay Weinfeld fest. Dieses sah unter anderem einen genau 73 Meter hohen Wohnturm vor. Nach massiver Kritik von Unesco, Architekten und Bürgerinitiativen einigten sich Rot-Grün und Tojner Ende 2016 auf eine Reduzierung auf 66 Meter.

„Wenn jetzt gesagt wird, dass sich die Unesco nie genau festgelegt hat, was sie jetzt haben will oder nicht, dann ist das lächerlich“, sagt Trötzmüller dem STANDARD. Die für die Unesco maximale Höhe des Turms sei „nicht verhandelbar“.

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) will sich trotz der kompromisslosen Vorgabe nicht festlegen, ob die Stadt sich beugen wird – oder eben nicht. Er möchte ein „sinnvolles Projekt am Standort“ entwickeln und gleichzeitig das Unesco-Welterbe erhalten, sagte er diese Woche.

Das Zaudern von Rot-Grün ermöglicht es der Bundesregierung jedenfalls, einen weiteren politischen Angriff auf die Bundeshauptstadt zu lancieren. Türkis-Blau kann sich einmischen, weil der Bund Vertragspartner der Unesco ist – obwohl es 2001 die Stadt Wien war, die um die Aufnahme in die Welterbeliste ansuchte.

Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) fordern von Ludwig bis 8. April ein schriftliches Bekenntnis, das Projekt in der vorliegenden Form nicht mehr weiterzuverfolgen. Kommt der Stadtchef der Aufforderung nicht nach, werde der Bund eine – noch nicht näher ausgeführte – Weisung erteilen. Blümel und Strache sind auch die Wien-Chefs ihrer jeweiligen Parteien: Für sie ist die Causa Heumarkt ein willkommenes Thema für einen langen Wahlkampf vor den Wien-Wahlen 2020.

Weshalb Ludwig am Unesco-Prädikat unbedingt festhalten will, ist unklar. Sein Vorgänger Michael Häupl betrachtete die Unesco samt Denkmalbeirat Icomos zuletzt eher als Verhinderer moderner Stadtentwicklung.

Dem STANDARD sagte Häupl im Februar 2017: „Dass ein Hochhaus von 66 Metern absolut verwerflich sein soll und der nahegelegene Justizturm mit 83 Metern nicht, das kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin dafür, dass wir Herr in unserem eigenen Haus bleiben. Sonst soll sich der Chef von Icomos auf meinen Sessel setzen und die Stadt führen.“

WEV als Leidtragender

Leidtragender des Stillstands und des politischen Hickhacks ist der am Heumarkt befindliche Wiener Eislaufverein (WEV). Die traditionsreiche private Institution sieht sich aufgrund der erneuten Verzögerungen in seiner Existenz bedroht. Weil notwendige Investitionen verschoben wurden, verkommt das Areal, auf dem seit 1901 eisgelaufen wird, mehr und mehr zum Schandfleck.

Tojners Wertinvest hat sich – im Gegenzug für die bereits erfolgte Umwidmung der Fläche, die den Turmbau ermöglicht – vertraglich dazu verpflichtet, Leistungen im öffentlichen Interesse zu erbringen. So muss Tojner etwa für die Sanierung der Flächen aufkommen, die vom WEV gepachtet werden. Die Kosten einer Modernisierung samt Bau einer unterirdischen Halle werden von Wertinvest mit rund 30 Millionen Euro beziffert. Um diese und andere Leistungen erbringen zu können, braucht es eben den Luxuswohnturm, argumentierte der Projektwerber.

„Die Stadt muss uns sagen, wie es weitergeht“, sagt WEV-Sprecher Peter Menasse. Die Verzögerungen bedeuteten nämlich auch, dass der WEV viel länger als geplant mit dem Status quo leben müsse. Notwendige Verbesserungen müssten dann doch noch durchgeführt werden. „Das wird nicht ohne finanzielle Unterstützung durch die Stadt gehen.“ Hinzu kommt die Planungsunsicherheit durch die Nichtentscheidung der Politik – nicht gerade ein Bonuspunkt für den Wirtschaftsstandort Wien.

In der derzeit festgefahrenen Situation zeigt sich Tojner zwar kompromissbereit – darunter versteht er aber nicht nur eine Reduktion der Turmhöhe, sondern eine „architektonische Lösung“. Das heißt übersetzt: Die Flächenverluste durch einen niedrigeren Turm müssen aus Tojners Sicht wohl ausgeglichen werden.

Viele Lösungsvarianten bleiben nicht mehr übrig. Eine ist, dass es die Stadt auf die Aberkennung des Welterbes anlegt. Oder Tojner erklärt sich zu neuerlichen Zugeständnissen bei der Turmhöhe bereit, wenn er das Hotel und andere Gebäude auf dem Areal noch breiter als geplant neu errichten kann. Worst Case wäre ein Neustart des Projekts nach fast sieben Jahren und die Fortsetzung des tristen Zustands am Heumarkt.

Privatisiert hat der Bund

So oder so wird die Bundesregierung das Thema Heumarkt nutzen, um Rot-Grün in Wien weiter zu attackieren. Dabei war es der Bund, der das Heumarkt-Areal 2008 privatisiert hat. Der Wiener Stadterweiterungsfonds unter Ex-Innenminister Günther Platter (ÖVP) verkaufte die Immobilie um 4,2 Millionen Euro an eine Tochter der Buntes Wohnen – Gemeinnützige WohnbauGmbH, ehe diese wenig später bei Tojner landete. Tojner kaufte im Jahr 2012 um 50 Millionen Euro auch das Hotel Intercontinental.

Der Verkauf des Heumarkt-Areals 2008 durch den Bund an die WohnbauGmbH war laut Rechnungshof viel zu billig, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelte. Der Vorhabensbericht liegt bis heute im Justizministerium.

Wolfgang Zinggl von der Liste Jetzt kritisierte in diesem Zusammenhang, dass 2016 der damalige Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) um die neuerliche Einvernahme der Beschuldigten gebeten und damit eine bevorstehende Entscheidung, ob es zu einem Prozess komme oder nicht, verzögert habe. Brandstetter sei laut Zinggl vor und nach seiner Amtszeit Anwalt von Tojner gewesen.

Der Standard, Sa., 2019.03.23

23. Februar 2019David Krutzler
Der Standard

Bund hält fertige Heumarkt-Studie zurück

Die Heumarkt-Studie zu Auswirkungen auf den Welterbestatus Wiens liegt dem Bund seit Oktober vor. Veröffentlicht werden soll sie erst mit einem Unesco-Bericht. David Krutzler

Die Heumarkt-Studie zu Auswirkungen auf den Welterbestatus Wiens liegt dem Bund seit Oktober vor. Veröffentlicht werden soll sie erst mit einem Unesco-Bericht. David Krutzler

Vor einem Jahr hat die türkis-blaue Bundesregierung bekanntgegeben, sich der umstrittenen Umwidmung des Wiener Heumarkt-Areals anzunehmen und das bedrohte Unesco-Welterbeprädikat für Wien zu sichern. Wien droht vor allem wegen eines geplanten 66 Meter hohen Wohnturms die Aberkennung. Projektwerber ist Immobilieninvestor Michael Tojner mit seiner Wertinvest. Mitte 2017 wurde Wien von der Unesco auf die Rote Liste gefährdeter Welterbestätten gesetzt. Strache hatte einen Gang vor den Verfassungsgerichtshof angekündigt, sollte Wien weiter auf dem 66-Meter-Turm beharren. Noch blieb es bei der Drohung.

Anfang Februar 2018 präsentierten Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) einen Drei-Punkte-Plan zur Rettung des Welterbes: Dieser sah einen Expertenworkshop, einen „Heritage Impact Assessment Report“ und einen Besuch führender Vertreter der Unesco Mitte November 2018 in Wien vor.

Die Ergebnisse des Workshops liegen seit April 2018 vor. Die beauftragten Experten Vittorio Magnago Lampugnani, Christa Reicher und Brigitta Ringbeck sprachen in ihren Gutachten durchweg von negativen Auswirkungen für das Welterbe – vor allem durch den Bau des Turms. Ringbeck etwa sieht „die Welterbestätte insgesamt in Bestand und Wertigkeit gefährdet“. Die Gutachten sind auch auf der Homepage des Bundeskanzleramts abrufbar.

Seit Oktober 2018 ist auch die vom Bundeskanzleramt in Auftrag gegebene umfassende Studie von Welterbeexperte Michael Kloos fertig und liegt Minister Blümel sowie der Unesco vor. Allein: Veröffentlicht wurde sie bis dato nicht.

Zeitgleiche Veröffentlichung

Aus dem Büro des Ministers heißt es auf STANDARD-Anfrage, dass die Studie erst zeitgleich mit dem in Auftrag gegebenen Unesco-Bericht auf Basis der „Monitoring Mission“ im November publik gemacht wird – „um einen objektiven und qualitativ hochwertigen Bericht“ der Unesco „ohne Einflussnahme von außen gewährleisten zu können“, wie es heißt.

Der Unesco-Bericht ist laut der österreichischen Unesco-Kommission aber noch nicht fertig und soll erst im März an Minister Blümel übermittelt werden. Dieser entscheide dann über den Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Die Zeit drängt jedenfalls: Bis Mitte April müssen die konkreten Maßnahmen, die der Bund zum Schutz des Welterbes bereits getroffen hat oder noch plant, der Unesco in Paris vorgelegt werden. Der Bund ist deshalb am Zug, weil nicht die Stadt Wien, sondern die Republik Österreich Vertragspartner der Unesco ist. Die nächste jährliche Sitzung des Welterbekomitees findet von 30. Juni bis 10. Juli in Baku, Aserbaidschan, statt. Hier könnte entschieden werden, ob Wien der Unesco-Welterbestatus aberkannt wird.

Hoffen auf Baustart 2021

Bei der Wertinvest, die die Umgestaltung des Heumarkts durchführen wird, hofft man auf Anfrage weiter auf einen Baustart 2021. „Die Behördenverfahren laufen“, heißt es. An den Planungen für den 66-Meter-Wohnturm oder den Abriss und leicht erhöhten Neubau des Hotel Intercontinental hat sich nichts geändert. Die Neugestaltung betrifft eine Fläche von insgesamt 15.400 Quadratmetern. Einen freiwilligen Antrag auf Feststellung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hat Investor Tojner erst vor kurzem zurückgezogen.

Der Standard, Sa., 2019.02.23

13. September 2018David Krutzler
Der Standard

Vier neue Hochhäuser auf der Donauplatte

Die Skyline bei der Wiener Reichsbrücke verändert sich rasant: In den nächsten Jahren entstehen zwischen Neuer und Alter Donau gleich vier neue Hochhäuser. Entwickelt werden alle von der S+B Gruppe.

Die Skyline bei der Wiener Reichsbrücke verändert sich rasant: In den nächsten Jahren entstehen zwischen Neuer und Alter Donau gleich vier neue Hochhäuser. Entwickelt werden alle von der S+B Gruppe.

Der Blick von der Reichsbrücke auf die Skyline von Wien, wo mit dem DC Tower 1 das mit einer Höhe von 250 Metern (vom Boden bis zur Antennenspitze) höchste Gebäude Österreichs herausragt, wird sich in den nächsten Jahren signifikant wandeln. Gleich fünf mehrstöckige Bauprojekte werden in der sogenannten Donaucity (DC) zwischen Neuer und Alter Donau entstehen, vier davon sind Hochhäuser. Diese Bauvorhaben auf der Donauplatte – DC Tower 2 und 3, DC Flats, Danube Flats und DC Residential – werden allesamt vom österreichischen Projektentwickler S+B Gruppe umgesetzt.

Vorarbeiten gestartet

Weitgehend unbemerkt haben etwa bereits die Vorarbeiten zum umstrittenen, knapp 170 Meter hohen Wohnturm Danube Flats begonnen. Vorarbeiten deshalb, weil auf dem Areal aktuell noch ein Gebäude steht, das vor Jahren unter anderem als Kino genutzt wurde. „Die Abbrucharbeiten sind bereits im Gange“, sagt Reinhard Bösenkopf von der S+B Gruppe, die gemeinsam mit der Soravia Group das Projekt umsetzt, dem STANDARD . Das Gebäude wurde schon ausgehöhlt, der vollständige Abriss könnte noch heuer über die Bühne gehen.

Auf dem bisher betrieblich genutzten Gelände war bis vor der Umwidmung 2015 eine Bebauungshöhe von 26 Metern zulässig. Dank der massiven Aufwertung des Grundstücks in bester Lage können auf 47 Geschoßen 550 freifinanzierte Wohnungen, 70 Serviced Apartments sowie 40 Sozialwohnungen entstehen. Wird das Bauprojekt umgesetzt, wäre es mit 660 Wohneinheiten verteilt auf 167 Metern das höchste Wohnhochhaus Österreichs.

Dabei hätte der Wohnturm nach ursprünglichen Plänen bereits bis 2016 umgesetzt sein sollen. Nach zahlreichen Verzögerungen gibt es mittlerweile zwar einen Baubescheid. Dieser ist aber noch nicht rechtskräftig, weil nach zahlreichen Anrainerbeschwerden der Akt beim Verwaltungsgericht Wien liegt. Vor allem Bewohner des Harry-Seidler-Turms sprechen sich gegen die Danube Flats aus. Das Gerichtsverfahren ist laut Bösenkopf „in den Endzügen“. Mit einer Entscheidung wird noch heuer oder bis Anfang 2019 gerechnet. Nach dem Abschluss des Verfahrens wird mit den Tiefbauarbeiten begonnen.

Neben den Danube Flats werden auf der gegenüberliegenden Seite der Wagramer Straße die Türme DC Tower 2 und 3 entstehen. DC Tower 2 wird direkt neben seinem großen Bruder DC Tower 1 realisiert und würde mit 53 Stockwerken und rund 175 Meter Höhe die Danube Flats noch überragen. Im Turm sollen Büros und 470 Mietwohnungen untergebracht werden, dazu kommen Geschäfte und Lokale.

DC Tower 3 wird auf einem Grundstück zwischen Wagramer Straße und U1 errichtet. Im 100-Meter-Bau soll ein Studentenwohnheim entstehen, es wäre das größte in Österreich. Die Vorarbeiten auf dem Grundstück haben bereits begonnen, der Baustart erfolgt laut Bösenkopf in Kürze. „Mitte 2019 werden Tiefbauarbeiten für die Verbindungsstraße zwischen DC Tower 2 und DC Tower 3 aufgenommen.“

Fünftes Bauprojekt am Start

Der Turm DC Flats, nicht zu verwechseln mit den Danube Flats, soll 50 Meter hoch werden. Hier sind 299 Wohnungen vorgesehen. Neu und noch ohne offizielle Projektdetails ist das fünfte Bauvorhaben DC Residential: Hier sollen nach Informationen des STANDARD mehrere Wohneinheiten nahe am Wasser schräg hinter dem Freizeitareal Copa Beach entstehen. Laut Andrea Jarisch von der S+B Gruppe sollen es aber keine Hochhäuser werden.

Apropos Copa Beach: Nach der Umgestaltung des Areals zugunsten von viel Grünraum werden auf dem Gelände bis zum Jahr 2021 noch zwei mehrstöckige Gebäude (Beach Tower und Sport Tower) errichtet.

Der Standard, Do., 2018.09.13

10. März 2017David Krutzler
Der Standard

Otto-Wagner-Spital: Nachnutzung noch völlig unklar

Der Baustart für neue Wohnungen auf dem Areal des Otto-Wagner-Spitals am Steinhof in Wien soll demnächst erfolgen. Wie das gesamte Gebiet mit den denkmalgeschützten Pavillons nachgenutzt wird, bleibt aber ungewiss.

Der Baustart für neue Wohnungen auf dem Areal des Otto-Wagner-Spitals am Steinhof in Wien soll demnächst erfolgen. Wie das gesamte Gebiet mit den denkmalgeschützten Pavillons nachgenutzt wird, bleibt aber ungewiss.

Wien – Es tut sich was auf dem Steinhof-Areal in Wien-Penzing. Mitte Februar fielen im östlichen Teil dutzende Bäume, um den Bau von zunächst 65 Wohneinheiten zu ermöglichen. Der Baustart erfolgt laut dem Bauträger Gesiba Anfang April. Insgesamt sollen auf dem Areal 160 neue Wohneinheiten bis 2019 entstehen, 98 Bäume müssen dafür gerodet werden. Die Gesiba, zu 99,97 Prozent im Besitz der Stadt Wien, betont, dass es sich um sozialen Wohnbau handelt.

Das von SPÖ und Grünen abgesegnete Projekt am Steinhof ist umstritten: Bürgerinitiativen hatten seit Jahren gegen die Verbauung mobilgemacht. Die Oppositionsparteien FPÖ, ÖVP und Neos sprachen sich geschlossen gegen die jüngsten Abholzungen auf dem geschichtsträchtigen Areal des Otto-Wagner-Spitals aus.

Dabei beschloss die Stadt 2006 – mit den Stimmen der SPÖ und der FPÖ – eine Widmung, die den Bau von 600 Wohnungen ermöglicht hätte. 2011 ließ Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) die Pläne nach massiver Kritik stoppen. Ein Mediationsverfahren wurde eingerichtet, eine Expertenkommission tätig. Das Ergebnis sah eine deutliche Reduktion der Pläne vor. Die Initiative „Steinhof erhalten“ verweist aber darauf, dass es im Mediationsverfahren „keine Übereinstimmung in der Frage einer Neuverbauung gegeben hat“ – und protestiert weiterhin.

Spital wird abgesiedelt

Während in der Causa Neuverbauung Fakten geschaffen wurden, bleibt die Zukunft des Otto-Wagner-Spitals mit seinen denkmalgeschützten Jugendstil-Pavillons völlig offen. Denn wie berichtet sollen die Abteilungen stückweise in andere Krankenhäuser übersiedelt werden.

2012 wurde angekündigt, dass der medizinische Betrieb bis 2020 abgesiedelt wird. Einen Zeitplan gibt es laut Krankenanstaltenverbund (KAV) aber noch nicht. „Durch vom KAV nicht verursachte zeitliche Verzögerung beim Krankenhaus Nord“ sowie Arbeiten am Medizinischen Masterplan „ist der Zeitplan jetzt noch nicht fix“, teilt der KAV auf STANDARD -Anfrage mit. Der Plan soll Ende 2017 stehen. Übersiedlungen von Abteilungen in das Krankenhaus Hietzing, ins Wilhelminenspital und ins Kaiser-Franz-Josef-Spital werden „entsprechend der Umsetzung der baulichen Maßnahmen an den Standorten erfolgen“.

Fix ist das Aus der Abteilung für Forensische Akutpsychiatrie, das ist Wiens einzige Häftlingspsychiatrie: Der Pavillon wird Ende 2017 an die Gesiba übergeben, laut KAV ist das vertraglich fixiert. Die Gesiba plant, auch in anderen Pavillons Wohnungen zu errichten. Zunächst hieß es, dass so 60 bis 80 Wohneinheiten – zusätzlich zum Neubau der 160 Wohnungen – geschaffen werden könnten. „Da kann aber noch etwas dazukommen“, sagte ein Gesiba-Sprecher.

Gesamtkonzept nicht bekannt

Ein Gesamtkonzept für die Nachnutzung des riesigen Areals ist aber weiterhin nicht öffentlich bekannt. Die Wiener Standortentwicklung GmbH (WSE) hat in zweijähriger Arbeit ein Gesamtnutzungskonzept erstellt. Man habe es fristgerecht vor Weihnachten übergeben, hieß es von der WSE. Seither wird es von der Magistratsdirektion geprüft, wie aus dem Büro von Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) verlautet wird. Die Veröffentlichung sei noch nicht vorgesehen. „Das wird eine Zeitlang dauern“, sagte ein Sprecher.

Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) hat das Schriftstück schon erhalten – und es im Interview mit dem STANDARD quasi in der Luft zerrissen. „Die Studie, die mir vorliegt, ist kein Konzept“, sagte sie. „Es ist ein Bericht, der Kostenkalkulationen enthält, was vermeintlich zu investieren ist, damit das Areal überhaupt nachgenutzt werden kann.“

Häupl sprach sich dafür aus, das Areal für wissenschaftliche Zwecke zu nutzen – etwa für Kongresse und Symposien. Die Zeit dränge, die Nachnutzung müsse festgelegt werden. „Mit Jahresende müssen wir das abschließen.“

Der Standard, Fr., 2017.03.10

14. Februar 2017David Krutzler
Der Standard

Rot-grüner Streit um Ausbauprojekt auf Karlsplatz

Die geplante Aufstockung des Winterthur-Gebäudes neben der Karlskirche in Wien ist umstritten. Laut Bürgermeister Michael Häupl soll die Stadt das Gebäude kaufen. Maria Vassilakou kritisiert den Zeitpunkt des Vorstoßes.

Die geplante Aufstockung des Winterthur-Gebäudes neben der Karlskirche in Wien ist umstritten. Laut Bürgermeister Michael Häupl soll die Stadt das Gebäude kaufen. Maria Vassilakou kritisiert den Zeitpunkt des Vorstoßes.

Wien – Der Vorstoß von Michael Häupl (SPÖ) ist brisant. Der Wiener Bürgermeister schlägt vor, dass die Stadt das Winterthur-Gebäude auf dem Karlsplatz kaufen soll. Es soll dann dem benachbarten Wien Museum zur Verfügung gestellt werden, sagte er der Tageszeitung Österreich.

Die prominent gelegene Immobilie gleich neben der Karlskirche ist seit 2002 im Besitz der Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft (Zurich). Wie berichtet, plant aber der Konzern seit längerem, das Gebäude für eigene Zwecke zu sanieren und um zwei Etagen sowie ein zurückgesetztes Staffelgeschoß aufzustocken. Der Ausbau geschehe mit „enger Einbeziehung der Stadt Wien“, hieß es im April 2016 vonseiten des Unternehmens.

Der Hintergrund: Das benachbarte Wien Museum plant ebenfalls einen Ausbau. Bereits Ende November 2015 wurde hier das Siegerprojekt des österreichischen Architektenteams Winkler+Ruck (Klagenfurt) sowie Certov (Graz) präsentiert, das sich im internationalen Wettbewerb durchsetzen konnte. Im April 2016 verkündete Zurich mit dem Wiener Architekturbüro Henke Schreieck den Sieger ihres Wettbewerbes.

Die rot-grüne Stadtregierung stand hinter dem Projekt. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) merkte damals an: „Ich begrüße den vorliegenden Entwurf der Architekten Henke Schreieck am Karlsplatz. Dieser ergänzt den sensiblen Raum auf harmonische Weise und in höchster architektonischer Qualität zwischen dem Neubau des Wien Museums und der Karlskirche.“ Seither laufen die konkreten Vorarbeiten zur Umsetzung der beiden Ausbauprojekte. Der Vorstoß Häupls könnte das aber obsolet machen. Eine Versicherung wie die Zurich „kann ihr Gebäude überall in Wien aufstellen. Das muss nicht auf dem Karlsplatz sein“, sagte er im Interview. „Würde die Stadt der Versicherung den Grund ablösen, könnte man in einem völlig neuen Projekt das Wien Museum so erweitern, wie es ohnehin eigentlich notwendig wäre.“

Die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou kritisiert hingegen vor allem den Zeitpunkt des Häupl-Vorschlags. „Wäre dieser Vorstoß zum richtigen Zeitpunkt gekommen – zu Beginn des Vorhabens –, hätten diese Spielräume genutzt werden können“, sagte sie. Es seien aber bereits umfangreiche Wettbewerbs- und Planungskosten angefallen – sowohl bei der Stadt als auch bei der Versicherung.

Laut dem grünen Planungssprecher Christoph Chorherr wurden noch im Herbst des Vorjahres die Gewinner des Architektenwettbewerbs für das Wien Museum Neu mit weiteren Planungen beauftragt. Im September wurde dafür im Kulturausschuss des Gemeinderats ein Gesamtbetrag von 3,5 Millionen Euro einstimmig beschlossen. Dieser Betrag soll bis zur Erwirkung des Baubescheids reichen. Nicht inbegriffen sind laut Chorherr die Ausgaben für die vorhergehende Durchführung des Architektenwettbewerbs.

„Es gibt eine akkordierte Vorgangsweise mit aufrechten Beschlüssen“, sagte Chorherr. Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, müsste man das den Grünen „bitte mitteilen“. Vassilakou ging davon aus, dass der Vorstoß Häupls auch mit der Zurich-Versicherung abgestimmt sei.

Bisher kein Kaufangebot

Beim Unternehmen zeigte man sich aber überrascht. „Es hat bis dato weder Gespräche über ein Kaufangebot der Stadt Wien noch ein Kaufangebot der Stadt Wien selbst an die Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft bezüglich des Winterthur-Gebäudes gegeben“, hieß es in einer Stellungnahme an den STANDARD . „Wir stehen zu dem Ergebnis des Architekturwettbewerbes, der darauf basierenden Planung und dem bereits laufenden behördlichen Verfahren, dessen Verlauf und Ergebnisse für uns maßgebend sind und wovon auch der Baubeginn abhängt.“ Das Flächenwidmungsverfahren läuft bereits.

Gegen die Aufstockung des Winterthur-Gebäudes macht die Initiative „Rettet die Karlskirche“ mobil. Die Karlskirche würde „bedrängt“, sagte etwa Architekt Friedmund Hueber. Unterstützer sind auch Ex-Kunsthallen-Direktor Gerald Matt oder Künstler Erwin Wurm. Rund 6500 Personen haben bisher unter www.rettetdiekarlskirche.at unterschrieben.

Der Standard, Di., 2017.02.14

02. Februar 2017David Krutzler
Der Standard

Heumarkt-Areal: „Brauchen keinen Trump Tower im Herzen Wiens“

Vorsitzender des Senats der Uni Wien übt massive Kritik am Turmbau. Die Unesco erhält in den kommenden Tagen etwas verspätet Post aus Wien Wien

Vorsitzender des Senats der Uni Wien übt massive Kritik am Turmbau. Die Unesco erhält in den kommenden Tagen etwas verspätet Post aus Wien Wien

Der geplante Luxuswohnturm des Investors Michael Tojner auf dem Wiener Heumarkt-Areal hat wie berichtet die Unesco aufgebracht. Schließlich soll das 66 Meter hohe Gebäude mitten in der Weltkulturerbe-Zone der Wiener Innenstadt errichtet werden. Die Unesco-Auszeichnung wackelt gehörig: Denn der Beirat Icomos, der die Unesco berät, hat die mit dem Welterbe verträgliche Bauhöhe auf 43 Meter festgelegt.

Um Klarheit zu erlangen, forderte die internationale Unesco-Kommission bei ihrer jährlichen Sitzung in Istanbul im vergangenen Sommer einen aktualisierten Bericht vom Bund an. Dieser ist Vertragspartner der Unesco in Sachen Weltkulturerbe. Die Stellungnahme sollte bis zum 1. Februar 2017 bei der Unesco in Paris einlangen.

Nächste Unesco-Sitzung im Juli

Das ist bis dato noch nicht geschehen. Die Unterlagen sollen aber in den nächsten Tagen an die Unesco weitergeleitet werden, wie eine Sprecherin des Kulturministeriums am Donnerstag sagte. Im Juli findet die nächste Sitzung der internationalen Unesco-Kommission im polnischen Krakau statt.

Stuft die Unesco in Paris die aktuellen Unterlagen aus Österreich als Gefahr für das Welterbe Wiens ein, könnte Wien schon im Sommer auf die Rote Liste gesetzt werden – und bei Baubeginn des Luxuswohnturm-Projekts das Welterbeprädikat verlieren.

Heftige Kritik von Kunsthistoriker Schwarz

Kunsthistoriker Michael Viktor Schwarz, der aktuelle Vorsitzende des Senats der Universität Wien, bezeichnete das Bauvorhaben am Heumarkt im Gespräch mit dem STANDARD als „Sündenfall“. Der Turm würde „das einzigartige Stadtbild in katastrophaler Weise sprengen. Wien braucht keinen Trump Tower im Herzen der Stadt“, sagte Schwarz.

Seine heftige Kritik teile man am kunsthistorischen Institut der Universität Wien, wo die Besonderheiten der Wiener Architekturgeschichte seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Forschungsthemen gehörten.

Besonderheit durch raffinierte Stadtplanung

Die Besonderheit Wiens sei durch raffinierte Stadtplanung im 18., 19. und 20. Jahrhundert entstanden – „und durch ein glückliches Funktionieren von Straßen, Plätzen, Parks und Gebäuden“. Mit dem Turmbau werde aber „das Stadtsystem an einer systemrelevanten Stelle verändert“. Die Stadt sollte „in innerstädtischen Bereichen nichts bauen lassen, was man woanders besser bauen kann“ – also außerhalb der Unesco-Welterbezone.

Das Vorhaben könne einen Dammbruch zur Folge haben und weitere Hochhäuser im innerstädtischen Bereich ermöglichen. Man dürfe nichts Einmaliges durch Dinge, die es überall geben kann, zerstören, sagte Schwarz, der im deutschen Heilbronn geboren und seit 1998 in Wien tätig ist. Der Turm mache Wien zu einer „Durchschnittsstadt, in der man nicht gewesen sein muss“.

Abriss und Hotelneubau

Die rot-grüne Stadtregierung hält an dem Bauprojekt fest. Neben dem 66-Meter-Turm soll auch das bestehende Hotel Intercontinental abgerissen und neu errichtet werden. Der Hotelneubau soll knapp 48 Meter hoch werden – um rund fünf Meter höher als der aktuelle Bestand. Der Eislaufverein auf dem Areal soll zudem saniert werden und eine eigene Halle bekommen. Auch ein Turnsaal für Schulen ist geplant.

Am Donnerstag begann die Frist zur öffentlichen Auflage des Änderungsentwurfs für die Flächenwidmung. Einsicht ist bis Mitte März möglich.

Der Standard, Do., 2017.02.02

15. Dezember 2016David Krutzler
Der Standard

Heumarkt-Turm: Ringen um Welterbe

Für die Stadt Wien sind die neuen Pläne für den Heumarkt mit dem Welterbe vereinbar. Die Unesco müsse ihre Standpunkte hinterfragen. Die gewichtige Meinung eines Fachbeirats wurde aber nicht abgewartet.

Für die Stadt Wien sind die neuen Pläne für den Heumarkt mit dem Welterbe vereinbar. Die Unesco müsse ihre Standpunkte hinterfragen. Die gewichtige Meinung eines Fachbeirats wurde aber nicht abgewartet.

Die Präsentation der adaptierten Pläne für die Neugestaltung des Wiener Heumarkts samt 66-Meter-Turm am Dienstag hat die österreichische Unesco-Kommission, Grünen-Politiker wie Bundeskultursprecher Wolfgang Zinggl und Vertreter aus dem ersten Bezirk sowie Denkmalschützer verstört. Aber auch ausgewiesene Experten für Stadtplanung waren verärgert: Denn die Veröffentlichung der Pläne fand just einen Tag vor der Sitzung des Wiener Fachbeirats für Stadtplanung und Stadtgestaltung statt.

Das ist jenes Expertengremium, das sich seit 2014 bereits fünf Mal mit dem ursprünglichen Projekt am Heumarkt beschäftigt hat. In seiner jüngsten Stellungnahme vom Juni wurde vor allem der Turmbau kritisiert. Die Proportion des Turms, damals waren noch 73 Meter geplant, wurde als „problematisch“ erachtet. Dessen gedrungene Massivität würde sich „der Einfügung in den Kontext entziehen“. Am Mittwoch diskutierten die Experten das neue Konzept mit dem 66-Meter-Turm. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) wollten das Ergebnis der Sitzung aber nicht abwarten. Wegen des laufenden Verfahrens wollte Rüdiger Lainer, der Vorsitzende des Fachbeirats, keine Stellungnahme abgeben.

Im Büro von Vassilakou wurden am Mittwoch die neuen Detailpläne für den Heumarkt verteidigt und vor allem auf den Mehrwert für die Öffentlichkeit verwiesen. So soll etwa neben dem Turm das neu gestaltete Areal des Wiener Eislaufvereins (WEV) außerhalb der Saison geöffnet werden. Der WEV erhalte eine Ganzjahreseishalle, die umliegenden Schulen einen neuen Turnsaal.

Bedenken der österreichischen Unesco-Kommission, wonach die Aberkennung des Weltkulturerbes drohe, wollte man nicht teilen. Man werde der Unesco spätestens im Februar einen Bericht mit den neuen Plänen vorlegen, hieß es. Die Unesco müsse ihre Standpunkte hinterfragen, wenn diese weiterhin auf eine maximale Bebauungshöhe von 43 Metern in der Kernzone des Welterbes bestehe. Im Rathaus meint man dazu, dass man Stadtplanung „nicht mit dem Zentimetermaß betreiben könne“.

Ganz anders sieht das die Initiative Denkmalschutz: Mit dem Turm sei Wien „zielsicher auf dem Weg zur Aberkennung des Unesco-Welterbetitels“. Die Initiative sieht Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) gefordert, da die Republik Vertragspartner der Unesco ist. Eine Stellungnahme Drozdas war trotz mehrmaliger Anfragen vorerst nicht zu erhalten

Der Standard, Do., 2016.12.15

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