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23. November 2018Dania Genini
anthos

Grosse Vielfalt auf kleiner Fläche

Mit dem Postauto nur eine gute Viertelstunde von Zürich entfernt, liegt das Dorf Oberwil-Lieli idyllisch eingebettet in die hügelige Landschaft östlich des Reusstals. Hier leistet ein Landwirtschaftsbetrieb Pionierarbeit: Der Birchhof der Familie Gündel betreibt auf einem Drittel der Betriebsfläche Permakultur.

Mit dem Postauto nur eine gute Viertelstunde von Zürich entfernt, liegt das Dorf Oberwil-Lieli idyllisch eingebettet in die hügelige Landschaft östlich des Reusstals. Hier leistet ein Landwirtschaftsbetrieb Pionierarbeit: Der Birchhof der Familie Gündel betreibt auf einem Drittel der Betriebsfläche Permakultur.

Alles begann mit einer Vision. Vor gut fünf Jahren konnte der Bio-Birchhof ein Stück Land erwerben, welches nach und nach in einen Permakulturgarten verwandelt wurde. Heute sind die Permakulturelemente ein fester Bestandteil des Betriebes. Auf einer Fläche von insgesamt rund fünf Hektaren (2,7 Hektaren in eigenem Besitz) wachsen Kräuter, Gemüse, Obst und Weihnachtsbäume in Mischkulturen.

Förderpflanzen helfen Nutzpflanzen

Das Prinzip der Permakultur vereint die verschiedenen Funktionen der Pflanzen in drei Vegetationsschichten (Bäume, Sträucher, Wildkräuter). Neben den eigentlichen Nutzpflanzen (Obst, Nuss, Gemüse, Getreide, Holz) wachsen Förderpflanzen für die Stickstoffbindung (Lupinen, Bohnen, Erbsen), die Förderung von Mineralsalzen aus tiefen Schichten (Beinwell) oder die Gründüngung. Ergänzt werden diese artenreichen Biotope mit Tümpeln, Ast- und Steinhaufen. Mit dieser gezielten Nützlingsförderung werden das gesamte Ökosystem stabilisiert und die einzelnen Elemente und Flächen vernetzt.

Nachhaltigkeit braucht Zeit

Damit die Massnahmen nachhaltig greifen können, braucht es Zeit. Im Gegensatz zu den Monokulturen der industrialisierten Landwirtschaft werden hier beispielsweise Bäume gepflanzt, die erst einmal ein paar Jahre benötigen, um sich auf der Fläche zu etablieren.

Die Nachhaltigkeit ist neben der Diversität der Kulturen ein weiterer Grundgedanke. Und wenn der Bewirtschafter einer Fläche nicht auch Eigentümer derselben Fläche ist, muss er Überzeugungsarbeit leisten: Tümpel oder Hochstammobstbäume sind langfristige Investitionen. Dies ist laut Birchhof-Betreiber Roger Gündel eine der grossen Schwierigkeiten der Permakultur und wohl ein Grund, weshalb nicht viele Betriebe so wirtschaften. Nur wenige Grundeigentümer lassen sich auf langfristige Verträge ein, welche mit einer Umgestaltung der Fläche in einen Permakulturgarten einhergehen.

Betrachtet man die Vorteile, wie sie Gündel ausführt, klingt eine Umstellung zukunftsweisend. Mit den Techniken der industrialisierten Landwirtschaft schreitet der Humusabbau unaufhaltsam voran (ein Zentimeter Humusaufbau benötigt 100 Jahre!) und es werden unverhältnismässig viele Ressourcen verbraucht. Die überall initiierten Bodenverbesserungsprojekte stellen eher eine Symptombekämpfung dar, denn solange an der Bewirtschaftung nichts geändert wird, bleibt auch das Problem bestehen.

Gegen Humusabbau

Mit den Methoden der Permakultur kann die Ursache des Humusabbaus beseitigt werden. Neben Bodenverbesserung kann auch eine -vermehrung erreicht werden. Dass die Massnahmen auf dem Birchhof bereits erste positive Auswirkungen haben, zeigen Messungen der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL: Für landwirtschaftliche Nutzflächen weist der Boden eine unüblich hohe Anzahl an Mykorrhizapilzen auf. Dies bedeutet für die Pflanzen Nährstoffe und Wasser, aber auch Schutz vor Schädlingen, Infektionen und Trockenheit.

Permakultur-Massnahmen werden auf dem Birchhof kombiniert mit einer reduzierten Bodenbearbeitung. Damit spricht Gündel gleich auch den grossen Nachteil an: Der Arbeitsaufwand für eine Produktion von nachhaltigen Gemüsekulturen bedeutet einen grossen Mehraufwand, es kommen kleinere Maschinen zum Einsatz und es wird mehr von Hand gearbeitet. Daraus resultieren für die Produkte höhere Preise.

Vertrieb

Der Birchhof experimentiert auf den neuen Flächen mit Arten und Sorten. Neben den bekannten Produkten wird das unentdeckte Obst und Gemüse mit Gemüseabos – aktuell an rund 100 KundInnen – vertrieben. Neben den Abonnements werden die Produkte im Hofladen und auf drei Wochenmärkten verkauft. Der Birchhof ist momentan auf Spenden angewiesen, um wachsen zu können. Zusätzlich arbeiten viele Helfer ehrenamtlich auf dem Hof mit. Der Ertrag aus der Produktion deckt den Aufwand, aber grössere Investitionen können nicht gemacht werden.

Die zukünftige Entwicklung der Landwirtschaft ist mit der abgelehnten schweizweiten Abstimmung zur Volksinitiative am 23. September «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» wieder offener. Egal, wie lokal also gewirtschaftet wird: Die Politik – und damit wir KonsumentInnen! – hat einen grossen Einfluss auf die Zukunft unserer Landwirtschaft und unserer Ernährung.

anthos, Fr., 2018.11.23



verknüpfte Zeitschriften
anthos 2018/04 Landwirtschaft & Nahrung

03. März 2017Dania Genini
anthos

Frühes Teamwork ist gefragt

Damit eine Pflanzung für alle Beteiligten zufriedenstellend wird, braucht es weit mehr als nur die Pflanze selbst. anthos hat das ideale Vorgehen, Sorgen und Nöte mit drei Vertretern ihrer Berufsstände diskutiert: dem Landschaftsarchitekten Christoph Kohler (Kohler Landschaftsarchitektur), dem Lieferanten Hans Giger (Roth Baumschulen) sowie dem Unternehmer Beat Schär (Matter Garten).

Damit eine Pflanzung für alle Beteiligten zufriedenstellend wird, braucht es weit mehr als nur die Pflanze selbst. anthos hat das ideale Vorgehen, Sorgen und Nöte mit drei Vertretern ihrer Berufsstände diskutiert: dem Landschaftsarchitekten Christoph Kohler (Kohler Landschaftsarchitektur), dem Lieferanten Hans Giger (Roth Baumschulen) sowie dem Unternehmer Beat Schär (Matter Garten).

anthos: Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Landschaftsarchitekt, Unternehmer und Lieferant am besten?
Christoph Kohler: Eine gute Zusammenarbeit ist nur möglich, wenn alle drei Seiten sehr nahe und intensiv zusammenarbeiten und Verständnis für die Herausforderungen aller Akteure aufbringen können. Häufig treten Probleme auf, wenn die Kommunikation nicht richtig funktioniert und wenn die Kernziele nicht klar formuliert worden sind. Es muss von Anfang an klar sein, welche Parameter in der Planung diskutierbar sind und welche nicht.

anthos: Ist es einfacher, mit festen Kooperations­partnern zusammenzuarbeiten?
Hans Giger: Wir müssen erkennen, dass der Erfolg im Team liegt, nicht beim Einzelkämpfer. Ein bewusst gebildetes Team funktioniert meist besser als eine «Schicksalsgemeinschaft». Und wenn man doch zusammengewürfelt wird, dann ist die Kommunikation umso wichtiger. Ganz zentral ist auch, das Team möglichst früh in der Planungsphase zu bilden, und den Bauherrn miteinzubeziehen. Ziel ist in jedem Fall das Erreichen einer grösstmöglichen Sicherheit für das vorliegende Projekt. Wenn wir als Lieferanten erst ins Team kommen, wenn die Pflanzlöcher schon bereit sind, ist es zu spät.
Beat Schär: Wenn alle dasselbe Ziel haben, nämlich am Ende ein schönes, nachhaltiges Projekt abzuschliessen, dann funktioniert die Zusammenarbeit. Wenn aber die Lieferung bauseits geregelt ist, was immer häufiger vorkommt, sind Probleme fast vorprogrammiert, vor allem wenn die Themen wie Gewährleistung und Garantieschnittstelle in der Ausschreibung nicht klar geregelt sind. Hier wird der Unternehmer oft im Stich gelassen, er muss Verantwortung übernehmen, wo er gar nicht verantwortlich gemacht werden dürfte. Mit einem starken Partner an der Seite, einem Lieferanten, der auch Verantwortung während der Pflege mitübernimmt, arbeiten wir lieber zusammen als mit einem Anbieter aus dem Ausland, der nach dem Ablad keine Garantie mehr bieten will.
CK: Die Pflanze ist ein Produkt, das Emotionen auslöst. Der Bauherr, der die Pflanzen bezahlt, muss bereits in der Planungsphase abgeholt werden, denn gerade für Bäume wird viel Geld ausgegeben. Man muss als Planer aber auch ehrlich sein. Und der Auftraggeber muss wissen, dass er ein Lebewesen kauft. Wir Planer machen zwar gelegentlich Experimente, aber wir sollten nicht eine gesamte Pflanzplanung aus Experimenten aufbauen, sonst ist das Risiko von Ausfällen zu gross.

anthos: Fachwissen ist für die richtige Pflanzenverwendung unerlässlich. Wie verbreitet sind Boden- und Pflanzenkenntnisse bei Planern?
HG: Gerade junge Landschaftsarchitekten haben noch nicht dieselben Erfahrungen in der Pflanzenverwendung wie ein Baumschulist oder Gärtner, der schon sein ganzes Leben lang mit Pflanzen arbeitet. Auch deshalb ist der möglichst frühe Zeitpunkt der Teambildung so wichtig. Und die Landschafts­architekten dürfen und sollen auf das Fachwissen der Baumschulisten schon bei der Planung zurückgreifen.
CK: Neben Pflanzenkenntnissen wird auch Themen wie der standortgerechten Verwendung und der entsprechenden Vorbereitung des Bodens viel zu wenig Beachtung geschenkt. Nicht unterschätzt werden darf das lokale Mikroklima. Dies kann selbst innerhalb des Bauobjekts variieren.
BS: Die Landschaftsarchitekten sollten auch bereit sein, Projektänderungen in Kauf zu nehmen, wenn Lieferant oder Unternehmer von einer bestimmten Pflanzenwahl abraten. Der Unternehmer ist natürlich bei der Pflanzenwahl konservativer, weil er das ­Risiko trägt. In sumpfigen, undurchlässigen Böden ­Koelreuteria setzen zu wollen, kann einfach nicht funktionieren.

anthos: Was muss man schon bei der Ausschreibung beachten?
CK: Bei Kooperationen mit Totalunternehmern muss die Pflanzenlieferung sehr früh und präzise bestimmt werden; dies bedingt die Zusammenstellung einer klaren und sauberen Pflanzenliste. Die Garantieschnittstelle muss vor allem beim Ablad klar definiert sein. Die Pflanze kann ja erst anschliessend ausgepackt und begutachtet werden. Wenn der Landschaftsarchitekt die Bauleitung übernimmt, gehört zu seinen Aufgaben auch, die Qualität beim Ablad zusammen mit dem Fachbegleiter Baumschule oder dem Gärtner zu beurteilen, und die Pflanze schlimmstenfalls abzulehnen. Dazu bedarf es einer Regelung, was mit der Pflanze dann passiert und wer die Kosten trägt. Die Ausschreibung der Pflege muss detailliert erfolgen: Düngung, Wässern, Pflanzenschutz, Heckenschnitt, detaillierte Staudenpflege, Beikrautbekämpfung. Nur so kann der Gärtner die Garantie übernehmen! Weitere Positionen, die nicht fehlen dürfen, sind das Ausbinden und die Qualitätskontrolle vor Ort in der Baumschule. Für Restrisiken wie spezielle Schädlinge, beispielsweise den Asiatischen Laubholzbockkäfer, sollte der Bauherr haften, auch das müsste in der Ausschreibung vermerkt werden.
BS: Für uns ist es problematisch, wenn die Baumschule in den Ausschreibungsunterlagen bereits vorgegeben ist. Häufig hat dann der Unternehmer keine Möglichkeiten mehr, auf die Qualität Einfluss zu nehmen, weil die Bäume hier meist schon bestellt sind.
CK: Bei grösseren Lieferungen mit einer detaillierten Pflanzplanung inklusive vollständigen Pflanzlisten kann die Pflanzenlieferung bauseits gerechtfertigt sein. Der Gärtner erhält dann nur noch den Pflanzlohn. Wo liegt der Mehrwert für den Bauherrn, wenn er die Pflanzen bestellt? Er muss ja nicht mehr tun, als eine bestehende Liste an die Baumschulen zu versenden, um die Preise zu erhalten.
BS: Das ist richtig. Aber wenn wir als Unternehmer während der Garantiezeit haften sollen, müssen wir auch den Lieferanten mitbestimmen können, dem wir vertrauen. Das ist die Dienstleistung, die wir erbringen, um dann auch für die Pflanzenlieferung haften zu können.
CK: Der Punkt der Übernahme der Gewährleistung ist sehr wichtig und muss in der Ausschreibung als eigene Position klar ausgeschrieben werden. Auch muss der Unternehmer die Pflanzenannahme bei Qualitätsmängeln während der Entgegennahme (Ablad) ablehnen können.

anthos: Wie international ist das Netzwerk? Wissen Sie, an welchem Ort welche Pflanzen verschult wurden? Wie wählen Sie Ihre Produzenten aus?
HG: Wir entscheiden, welcher Produktionsbetrieb für das jeweilige Projekt der optimale ist. Das ist nicht immer der günstigste. Und wir können auch nicht alle Pflanzen in der Schweiz beziehen. Im Normalfall binden wir aber immer alle Pflanzen selber aus, und wir nehmen bei Wunsch immer den Landschaftsarchitekten und wenn möglich auch den Bauherrn mit. Wichtig ist, dass die Pflanzen den Vorstellungen der Planer und Bauherren entsprechen, sodass bei der Lieferung auf die Baustelle keine negativen Überraschungen entstehen.

anthos: Bis zu welchem Zeitpunkt haften Sie mit?
HG: Wenn wir einen Vertrag über die fachliche Begleitung einer Bepflanzung haben, dann betreuen wir das Gewerk eine bis zwei Vegetationsperioden über die Pflanzung hinaus. Wir gehen sogar noch weiter und versuchen die Leute, welche die Pflege zukünftig übernehmen, am Objekt zu schulen. Die Garantie für das Gewerk liegt immer bei der pflegenden Firma.

anthos: Wie wichtig ist der Faktor Zeit in Planung und Ausführung?
HG: Für eine qualitativ anspruchsvolle Bepflanzung ist es immer besser, wenn man einen gewissen Vorlauf hat. Man muss darauf achten, wann die bestellten Bäume ausgegraben werden, wann sie geliefert werden, wie sie auf der Baustelle abgeladen und gelagert werden und wann und wie sie schliesslich gepflanzt werden.
CK: Und es ist eine Frage des Preises. Wenn man eine kurzfristige Planung machen muss, dann muss man auch bei der Pflanzung mit Mehrkosten rechnen, zum Beispiel für Pflanzungen ausserhalb der Vegetationsruhe. Von vielen Seiten ist das Verständnis nicht da, dass Pflanzen eben nicht so viel zulassen wie beispielsweise Betonwerke, wo man Chemie einsetzen kann.
BS: Diese Kurzfristigkeit ist eine Zeiterscheinung. Man will alles kurzfristig planen und bestellen können. Man will sich möglichst viele Optionen bis zum Schluss bewahren. Das kann man aber nicht mit den Vorgaben der Natur vereinbaren und muss akzeptieren, dass uns Grenzen gesetzt sind. Es darf nicht sein, dass der Unternehmer dabei das ganze Risiko und die Kosten für den Mehraufwand trägt.
HG: Man ist sich inzwischen wohl allseits einig, dass die Positionen im Normpositionen-Katalog NPK angepasst werden müssten, um die Pflanzungen präziser ausschreiben zu können. Ausserdem muss sich die ausschreibende Stelle entscheiden, nach welchen Qualitätsbestimmungen ausgeschrieben werden soll, nach den Standards von Jardin Suisse oder jenen ­der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau FLL – die beiden Listen weichen voneinander ab.
CK: Unbedingt! Eine Überarbeitung insbesondere des NPK 181 «Garten- und Landschaftsbau» wäre für alle Beteiligten sinnvoll. Bis dahin müssen wir uns mit Reservepositionen behelfen.

anthos, Fr., 2017.03.03



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anthos 2017/01 Baustellen

Presseschau 12

23. November 2018Dania Genini
anthos

Grosse Vielfalt auf kleiner Fläche

Mit dem Postauto nur eine gute Viertelstunde von Zürich entfernt, liegt das Dorf Oberwil-Lieli idyllisch eingebettet in die hügelige Landschaft östlich des Reusstals. Hier leistet ein Landwirtschaftsbetrieb Pionierarbeit: Der Birchhof der Familie Gündel betreibt auf einem Drittel der Betriebsfläche Permakultur.

Mit dem Postauto nur eine gute Viertelstunde von Zürich entfernt, liegt das Dorf Oberwil-Lieli idyllisch eingebettet in die hügelige Landschaft östlich des Reusstals. Hier leistet ein Landwirtschaftsbetrieb Pionierarbeit: Der Birchhof der Familie Gündel betreibt auf einem Drittel der Betriebsfläche Permakultur.

Alles begann mit einer Vision. Vor gut fünf Jahren konnte der Bio-Birchhof ein Stück Land erwerben, welches nach und nach in einen Permakulturgarten verwandelt wurde. Heute sind die Permakulturelemente ein fester Bestandteil des Betriebes. Auf einer Fläche von insgesamt rund fünf Hektaren (2,7 Hektaren in eigenem Besitz) wachsen Kräuter, Gemüse, Obst und Weihnachtsbäume in Mischkulturen.

Förderpflanzen helfen Nutzpflanzen

Das Prinzip der Permakultur vereint die verschiedenen Funktionen der Pflanzen in drei Vegetationsschichten (Bäume, Sträucher, Wildkräuter). Neben den eigentlichen Nutzpflanzen (Obst, Nuss, Gemüse, Getreide, Holz) wachsen Förderpflanzen für die Stickstoffbindung (Lupinen, Bohnen, Erbsen), die Förderung von Mineralsalzen aus tiefen Schichten (Beinwell) oder die Gründüngung. Ergänzt werden diese artenreichen Biotope mit Tümpeln, Ast- und Steinhaufen. Mit dieser gezielten Nützlingsförderung werden das gesamte Ökosystem stabilisiert und die einzelnen Elemente und Flächen vernetzt.

Nachhaltigkeit braucht Zeit

Damit die Massnahmen nachhaltig greifen können, braucht es Zeit. Im Gegensatz zu den Monokulturen der industrialisierten Landwirtschaft werden hier beispielsweise Bäume gepflanzt, die erst einmal ein paar Jahre benötigen, um sich auf der Fläche zu etablieren.

Die Nachhaltigkeit ist neben der Diversität der Kulturen ein weiterer Grundgedanke. Und wenn der Bewirtschafter einer Fläche nicht auch Eigentümer derselben Fläche ist, muss er Überzeugungsarbeit leisten: Tümpel oder Hochstammobstbäume sind langfristige Investitionen. Dies ist laut Birchhof-Betreiber Roger Gündel eine der grossen Schwierigkeiten der Permakultur und wohl ein Grund, weshalb nicht viele Betriebe so wirtschaften. Nur wenige Grundeigentümer lassen sich auf langfristige Verträge ein, welche mit einer Umgestaltung der Fläche in einen Permakulturgarten einhergehen.

Betrachtet man die Vorteile, wie sie Gündel ausführt, klingt eine Umstellung zukunftsweisend. Mit den Techniken der industrialisierten Landwirtschaft schreitet der Humusabbau unaufhaltsam voran (ein Zentimeter Humusaufbau benötigt 100 Jahre!) und es werden unverhältnismässig viele Ressourcen verbraucht. Die überall initiierten Bodenverbesserungsprojekte stellen eher eine Symptombekämpfung dar, denn solange an der Bewirtschaftung nichts geändert wird, bleibt auch das Problem bestehen.

Gegen Humusabbau

Mit den Methoden der Permakultur kann die Ursache des Humusabbaus beseitigt werden. Neben Bodenverbesserung kann auch eine -vermehrung erreicht werden. Dass die Massnahmen auf dem Birchhof bereits erste positive Auswirkungen haben, zeigen Messungen der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL: Für landwirtschaftliche Nutzflächen weist der Boden eine unüblich hohe Anzahl an Mykorrhizapilzen auf. Dies bedeutet für die Pflanzen Nährstoffe und Wasser, aber auch Schutz vor Schädlingen, Infektionen und Trockenheit.

Permakultur-Massnahmen werden auf dem Birchhof kombiniert mit einer reduzierten Bodenbearbeitung. Damit spricht Gündel gleich auch den grossen Nachteil an: Der Arbeitsaufwand für eine Produktion von nachhaltigen Gemüsekulturen bedeutet einen grossen Mehraufwand, es kommen kleinere Maschinen zum Einsatz und es wird mehr von Hand gearbeitet. Daraus resultieren für die Produkte höhere Preise.

Vertrieb

Der Birchhof experimentiert auf den neuen Flächen mit Arten und Sorten. Neben den bekannten Produkten wird das unentdeckte Obst und Gemüse mit Gemüseabos – aktuell an rund 100 KundInnen – vertrieben. Neben den Abonnements werden die Produkte im Hofladen und auf drei Wochenmärkten verkauft. Der Birchhof ist momentan auf Spenden angewiesen, um wachsen zu können. Zusätzlich arbeiten viele Helfer ehrenamtlich auf dem Hof mit. Der Ertrag aus der Produktion deckt den Aufwand, aber grössere Investitionen können nicht gemacht werden.

Die zukünftige Entwicklung der Landwirtschaft ist mit der abgelehnten schweizweiten Abstimmung zur Volksinitiative am 23. September «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» wieder offener. Egal, wie lokal also gewirtschaftet wird: Die Politik – und damit wir KonsumentInnen! – hat einen grossen Einfluss auf die Zukunft unserer Landwirtschaft und unserer Ernährung.

anthos, Fr., 2018.11.23



verknüpfte Zeitschriften
anthos 2018/04 Landwirtschaft & Nahrung

03. März 2017Dania Genini
anthos

Frühes Teamwork ist gefragt

Damit eine Pflanzung für alle Beteiligten zufriedenstellend wird, braucht es weit mehr als nur die Pflanze selbst. anthos hat das ideale Vorgehen, Sorgen und Nöte mit drei Vertretern ihrer Berufsstände diskutiert: dem Landschaftsarchitekten Christoph Kohler (Kohler Landschaftsarchitektur), dem Lieferanten Hans Giger (Roth Baumschulen) sowie dem Unternehmer Beat Schär (Matter Garten).

Damit eine Pflanzung für alle Beteiligten zufriedenstellend wird, braucht es weit mehr als nur die Pflanze selbst. anthos hat das ideale Vorgehen, Sorgen und Nöte mit drei Vertretern ihrer Berufsstände diskutiert: dem Landschaftsarchitekten Christoph Kohler (Kohler Landschaftsarchitektur), dem Lieferanten Hans Giger (Roth Baumschulen) sowie dem Unternehmer Beat Schär (Matter Garten).

anthos: Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Landschaftsarchitekt, Unternehmer und Lieferant am besten?
Christoph Kohler: Eine gute Zusammenarbeit ist nur möglich, wenn alle drei Seiten sehr nahe und intensiv zusammenarbeiten und Verständnis für die Herausforderungen aller Akteure aufbringen können. Häufig treten Probleme auf, wenn die Kommunikation nicht richtig funktioniert und wenn die Kernziele nicht klar formuliert worden sind. Es muss von Anfang an klar sein, welche Parameter in der Planung diskutierbar sind und welche nicht.

anthos: Ist es einfacher, mit festen Kooperations­partnern zusammenzuarbeiten?
Hans Giger: Wir müssen erkennen, dass der Erfolg im Team liegt, nicht beim Einzelkämpfer. Ein bewusst gebildetes Team funktioniert meist besser als eine «Schicksalsgemeinschaft». Und wenn man doch zusammengewürfelt wird, dann ist die Kommunikation umso wichtiger. Ganz zentral ist auch, das Team möglichst früh in der Planungsphase zu bilden, und den Bauherrn miteinzubeziehen. Ziel ist in jedem Fall das Erreichen einer grösstmöglichen Sicherheit für das vorliegende Projekt. Wenn wir als Lieferanten erst ins Team kommen, wenn die Pflanzlöcher schon bereit sind, ist es zu spät.
Beat Schär: Wenn alle dasselbe Ziel haben, nämlich am Ende ein schönes, nachhaltiges Projekt abzuschliessen, dann funktioniert die Zusammenarbeit. Wenn aber die Lieferung bauseits geregelt ist, was immer häufiger vorkommt, sind Probleme fast vorprogrammiert, vor allem wenn die Themen wie Gewährleistung und Garantieschnittstelle in der Ausschreibung nicht klar geregelt sind. Hier wird der Unternehmer oft im Stich gelassen, er muss Verantwortung übernehmen, wo er gar nicht verantwortlich gemacht werden dürfte. Mit einem starken Partner an der Seite, einem Lieferanten, der auch Verantwortung während der Pflege mitübernimmt, arbeiten wir lieber zusammen als mit einem Anbieter aus dem Ausland, der nach dem Ablad keine Garantie mehr bieten will.
CK: Die Pflanze ist ein Produkt, das Emotionen auslöst. Der Bauherr, der die Pflanzen bezahlt, muss bereits in der Planungsphase abgeholt werden, denn gerade für Bäume wird viel Geld ausgegeben. Man muss als Planer aber auch ehrlich sein. Und der Auftraggeber muss wissen, dass er ein Lebewesen kauft. Wir Planer machen zwar gelegentlich Experimente, aber wir sollten nicht eine gesamte Pflanzplanung aus Experimenten aufbauen, sonst ist das Risiko von Ausfällen zu gross.

anthos: Fachwissen ist für die richtige Pflanzenverwendung unerlässlich. Wie verbreitet sind Boden- und Pflanzenkenntnisse bei Planern?
HG: Gerade junge Landschaftsarchitekten haben noch nicht dieselben Erfahrungen in der Pflanzenverwendung wie ein Baumschulist oder Gärtner, der schon sein ganzes Leben lang mit Pflanzen arbeitet. Auch deshalb ist der möglichst frühe Zeitpunkt der Teambildung so wichtig. Und die Landschafts­architekten dürfen und sollen auf das Fachwissen der Baumschulisten schon bei der Planung zurückgreifen.
CK: Neben Pflanzenkenntnissen wird auch Themen wie der standortgerechten Verwendung und der entsprechenden Vorbereitung des Bodens viel zu wenig Beachtung geschenkt. Nicht unterschätzt werden darf das lokale Mikroklima. Dies kann selbst innerhalb des Bauobjekts variieren.
BS: Die Landschaftsarchitekten sollten auch bereit sein, Projektänderungen in Kauf zu nehmen, wenn Lieferant oder Unternehmer von einer bestimmten Pflanzenwahl abraten. Der Unternehmer ist natürlich bei der Pflanzenwahl konservativer, weil er das ­Risiko trägt. In sumpfigen, undurchlässigen Böden ­Koelreuteria setzen zu wollen, kann einfach nicht funktionieren.

anthos: Was muss man schon bei der Ausschreibung beachten?
CK: Bei Kooperationen mit Totalunternehmern muss die Pflanzenlieferung sehr früh und präzise bestimmt werden; dies bedingt die Zusammenstellung einer klaren und sauberen Pflanzenliste. Die Garantieschnittstelle muss vor allem beim Ablad klar definiert sein. Die Pflanze kann ja erst anschliessend ausgepackt und begutachtet werden. Wenn der Landschaftsarchitekt die Bauleitung übernimmt, gehört zu seinen Aufgaben auch, die Qualität beim Ablad zusammen mit dem Fachbegleiter Baumschule oder dem Gärtner zu beurteilen, und die Pflanze schlimmstenfalls abzulehnen. Dazu bedarf es einer Regelung, was mit der Pflanze dann passiert und wer die Kosten trägt. Die Ausschreibung der Pflege muss detailliert erfolgen: Düngung, Wässern, Pflanzenschutz, Heckenschnitt, detaillierte Staudenpflege, Beikrautbekämpfung. Nur so kann der Gärtner die Garantie übernehmen! Weitere Positionen, die nicht fehlen dürfen, sind das Ausbinden und die Qualitätskontrolle vor Ort in der Baumschule. Für Restrisiken wie spezielle Schädlinge, beispielsweise den Asiatischen Laubholzbockkäfer, sollte der Bauherr haften, auch das müsste in der Ausschreibung vermerkt werden.
BS: Für uns ist es problematisch, wenn die Baumschule in den Ausschreibungsunterlagen bereits vorgegeben ist. Häufig hat dann der Unternehmer keine Möglichkeiten mehr, auf die Qualität Einfluss zu nehmen, weil die Bäume hier meist schon bestellt sind.
CK: Bei grösseren Lieferungen mit einer detaillierten Pflanzplanung inklusive vollständigen Pflanzlisten kann die Pflanzenlieferung bauseits gerechtfertigt sein. Der Gärtner erhält dann nur noch den Pflanzlohn. Wo liegt der Mehrwert für den Bauherrn, wenn er die Pflanzen bestellt? Er muss ja nicht mehr tun, als eine bestehende Liste an die Baumschulen zu versenden, um die Preise zu erhalten.
BS: Das ist richtig. Aber wenn wir als Unternehmer während der Garantiezeit haften sollen, müssen wir auch den Lieferanten mitbestimmen können, dem wir vertrauen. Das ist die Dienstleistung, die wir erbringen, um dann auch für die Pflanzenlieferung haften zu können.
CK: Der Punkt der Übernahme der Gewährleistung ist sehr wichtig und muss in der Ausschreibung als eigene Position klar ausgeschrieben werden. Auch muss der Unternehmer die Pflanzenannahme bei Qualitätsmängeln während der Entgegennahme (Ablad) ablehnen können.

anthos: Wie international ist das Netzwerk? Wissen Sie, an welchem Ort welche Pflanzen verschult wurden? Wie wählen Sie Ihre Produzenten aus?
HG: Wir entscheiden, welcher Produktionsbetrieb für das jeweilige Projekt der optimale ist. Das ist nicht immer der günstigste. Und wir können auch nicht alle Pflanzen in der Schweiz beziehen. Im Normalfall binden wir aber immer alle Pflanzen selber aus, und wir nehmen bei Wunsch immer den Landschaftsarchitekten und wenn möglich auch den Bauherrn mit. Wichtig ist, dass die Pflanzen den Vorstellungen der Planer und Bauherren entsprechen, sodass bei der Lieferung auf die Baustelle keine negativen Überraschungen entstehen.

anthos: Bis zu welchem Zeitpunkt haften Sie mit?
HG: Wenn wir einen Vertrag über die fachliche Begleitung einer Bepflanzung haben, dann betreuen wir das Gewerk eine bis zwei Vegetationsperioden über die Pflanzung hinaus. Wir gehen sogar noch weiter und versuchen die Leute, welche die Pflege zukünftig übernehmen, am Objekt zu schulen. Die Garantie für das Gewerk liegt immer bei der pflegenden Firma.

anthos: Wie wichtig ist der Faktor Zeit in Planung und Ausführung?
HG: Für eine qualitativ anspruchsvolle Bepflanzung ist es immer besser, wenn man einen gewissen Vorlauf hat. Man muss darauf achten, wann die bestellten Bäume ausgegraben werden, wann sie geliefert werden, wie sie auf der Baustelle abgeladen und gelagert werden und wann und wie sie schliesslich gepflanzt werden.
CK: Und es ist eine Frage des Preises. Wenn man eine kurzfristige Planung machen muss, dann muss man auch bei der Pflanzung mit Mehrkosten rechnen, zum Beispiel für Pflanzungen ausserhalb der Vegetationsruhe. Von vielen Seiten ist das Verständnis nicht da, dass Pflanzen eben nicht so viel zulassen wie beispielsweise Betonwerke, wo man Chemie einsetzen kann.
BS: Diese Kurzfristigkeit ist eine Zeiterscheinung. Man will alles kurzfristig planen und bestellen können. Man will sich möglichst viele Optionen bis zum Schluss bewahren. Das kann man aber nicht mit den Vorgaben der Natur vereinbaren und muss akzeptieren, dass uns Grenzen gesetzt sind. Es darf nicht sein, dass der Unternehmer dabei das ganze Risiko und die Kosten für den Mehraufwand trägt.
HG: Man ist sich inzwischen wohl allseits einig, dass die Positionen im Normpositionen-Katalog NPK angepasst werden müssten, um die Pflanzungen präziser ausschreiben zu können. Ausserdem muss sich die ausschreibende Stelle entscheiden, nach welchen Qualitätsbestimmungen ausgeschrieben werden soll, nach den Standards von Jardin Suisse oder jenen ­der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau FLL – die beiden Listen weichen voneinander ab.
CK: Unbedingt! Eine Überarbeitung insbesondere des NPK 181 «Garten- und Landschaftsbau» wäre für alle Beteiligten sinnvoll. Bis dahin müssen wir uns mit Reservepositionen behelfen.

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