Übersicht

Texte

31. Juli 2015Peter Grubmüller
OÖNachrichten

Ein Unipalast am Rande der Stadt

Prächtig und so gut wie fertig steht er da, der jüngste Kulturbau des Landes Oberösterreich – „und der vorerst letzte“, sagt Landeshauptmann Josef Pühringer, weil die Bautätigkeiten nach Landesbibliothek, Ursulinenhof, Landesmuseum-Südflügel und Musiktheater abgeschlossen seien.

Prächtig und so gut wie fertig steht er da, der jüngste Kulturbau des Landes Oberösterreich – „und der vorerst letzte“, sagt Landeshauptmann Josef Pühringer, weil die Bautätigkeiten nach Landesbibliothek, Ursulinenhof, Landesmuseum-Südflügel und Musiktheater abgeschlossen seien.

Mit Oktober startet in der neuen „Anton Bruckner Privatuniversität“ in der Hagenstraße auf dem Pöstlingberg nach vierjähriger Bauzeit der Lehr- und Forschungsbetrieb. Die offizielle Eröffnung findet am 27. November statt. „Und das trotz der Landtagswahlen im September“, sagt Pühringer. Warum so spät? „Weil wir eröffnen wollen, wenn das Haus in voller Funktionsfähigkeit erlebbar ist.“

42,9 Millionen Euro hat der Neubau exklusive Umsatzsteuer gekostet. Finanzierungsdauer: 30 Jahre. Bisher zahlte das Land für den Bruckneruni-Betrieb 14 Millionen Euro pro Jahr. Ab Herbst 2015 werden die Zuschüsse um fünf Prozent (700.000 Euro) steigen.

Das Linzer „Architekturbüro 1“ zitiert mit diesem Gebäude dessen inhaltliche Bestimmung. Die Lamellenfassade erinnert an ein Akkordeon, von oben betrachtet assoziiert man die Saitenbespannung einer Harfe. Bruckneruni-Rektorin Ursula Brandstätter will den gesamten Innenraum als Resonanzkörper verstanden wissen.

Hell und Lichtdurchflutet ist jeder der knapp 100 Unterrichts- und Vortragsräume. Die Akustik ist jeweils individuell regulierbar. Dass die Außenlamellen beweglich geplant, aber starr gebaut wurden, habe bürokratische Gründe gehabt. „Bei beweglichen Lamellen hätten wir eine behördliche Zulassung für Maschinen gebraucht. Heute sind wir froh darüber, weil der Bau schlichter wirkt“, sagt Matthias Seyfert vom „Architekturbüro 1“. Anstelle einer zweigeschoßigen Tiefgarage gibt es nun aus Kostengründen nur eine Parkebene mit 131 Stellplätzen – bei einer Kapazität von 600 Zuschauerplätzen, 850 Studierenden und 220 Lehrenden. Obendrein existiert nur eine öffentliche Verkehrsmöglichkeit bis zur Uni: Die Pöstlingbergbahn, die im Sommer ihren Betrieb um 22 Uhr, im Winter um 20 Uhr einstellt (Fahrten im 30-Minuten-Intervall).

„Einzig möglicher Standort“

Pühringer spricht nicht vom besten, sondern vom „einzig möglichen Standort, es gab sonst nichts in Zentrallage“.

Universitätsdirektorin und Projektleiterin Brigitte Mössenböck erläutert im OÖN-Gespräch, dass der Weg zu Fuß vom Hauptplatz lediglich 1,7 Kilometer lang sei. Für große Konzerte will die Uni auf eigene Kosten Shuttle-Busse zur Verfügung stellen. Die LinzAG werde die Pöstlingbergbahn-Betriebszeiten im Winter bis zur Haltestelle Hagen auf den Sommerfahrplan erweitern. Zusammen mit drei geplanten Einschubbahnen und der Zusage des Verkehrsverbundes (Post- und Bahnbusse), vor dem Haupteingang eine Haltestelle zu bauen, soll in Zukunft alle 15 Minuten ein öffentliches Verkehrsmittel zur Uni fahren.

Die neue Bruckneruni

Am 4. Mai 2001 fand der Spatenstich für die neue Bruckner-Privatuniversität statt. Damit war der Umzug vom Gebäude in der Wildbergstraße trotz Widerstands der Pöstlingberg-Anrainer besiegelt. Die Bauplatzfläche (mit öffentlich zugänglichem Park) beträgt 16.786 Quadratmeter. Funktionsfläche des Gebäudes: 8600 Quadratmeter.

Wie gesetzlich verankert, wurden 1,5 Prozent der Baukosten für die künstlerische Gestaltung („Kunst am Bau“) verwendet. Den Zuschlag erhielten Iris Andraschek, Hubert Lobnig, Anneliese Schrenk, hainAG, Peter Hauenschild und Georg Ritter. Der von Hellmuth Gsöllpointner entworfene Brunnen aus der Wildbergstraße wurde nach Plänen des Künstlers erweitert und vor der Südfassade neu errichtet.

Zahlen und Fakten

3525 Umzugskartons werden von der Wildbergstraße ins neue Gebäude in die Hagenstraße bis Semesterbeginn Anfang Oktober übersiedelt. Außerdem noch 1093 Möbelstücke und 547 Instrumente (darunter unter anderem 54 Flügel und 35 Pianos).

850 Studierende werden von 220 Lehrenden unterrichtet werden (etwa so viel wie bisher). Knapp 100 Unterrichtsräume und sechs Ensemblezimmer sind dafür vorgesehen, außerdem zehn Säle (drei für den Schauspielunterricht, vier für Tanz und drei weitere für elementare Musikpädagogik).

325 Sitzplätze für Publikum stehen im großen Konzertsaal der neuen Bruckneruni zur Verfügung, in den drei weiteren, kleineren Sälen (Orgel- und Kammermusiksaal, Studio für Schauspiel und Tanz) zwischen 70 und 140 Plätze. Insgesamt: rund 600 Plätze.

OÖNachrichten, Fr., 2015.07.31



verknüpfte Bauwerke
Anton Bruckner Privatuniversität - Neubau

22. Mai 2015Peter Grubmüller
OÖNachrichten

Architektur als Brotberuf, Literatur zur Erholung

Der bedeutende Architekturkritiker und Sprachkünstler Friedrich Achleitner wird am Samstag 85.

Der bedeutende Architekturkritiker und Sprachkünstler Friedrich Achleitner wird am Samstag 85.

Gespräche mit Friedrich Achleitner sind immer zu kurz. Er ist ein Universalgescheiter, dessen Klugheit in einfachen, geschliffenen Sätzen den Nebel akademischer Analysen aufklart. Mit seiner mehrbändigen Dokumentation „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“ hat er ein einzigartiges Nachschlagwerk heimischer Baugeschichte geschrieben. Als Mitbegründer der „Wiener Gruppe“ (1957) zettelte er zusammen mit H. C. Artmann Gerhard Rühm, Oswald Wiener und Konrad Bayer eine sprach-experimentelle Revolution an. „Zumindest dachten wir ,dass die Konkrete Kunst auch in der Poesie anwendbar ist. Wahrscheinlich haben wir uns geirrt“, sagte Achleitner im OÖN-Gespräch anlässlich der Mostdipf-Verleihung 2011. Am Samstag wird Friedrich Achleitner 85 Jahre alt.

Ein Jahr lang kämpfte Achleitner zuletzt gegen eine Viruserkrankung. Das Gehen fiel ihm schwer, er vergaß Namen, er konnte nicht mehr lesen und schreiben. Jetzt hat er sich erholt, trotzdem – so sagt er – könnte sein jüngstes Buch „wortgesindel“ (Verlag Zsonlay), in dem er sein 60-jähriges Maturatreffen beschreibt, sein letztes gewesen sein. Aber sicher sei das nicht.
Flucht nach Wien

Achleitner wurde 1930 in Schalchen im Innviertel geboren. Er spürte bald, dass er weg wollte aus dieser Umgebung: „Ich erinnere mich, dass wir im Krieg bei Luftangriffen die Fenster verdunkeln mussten und mit neun Jahren hab’ ich zu meinem siebenjährigen Bruder gesagt: ,Du verdunkelst, dir gehört die Bude!‘.“ Nach der Gewerbeschule in Salzburg flüchtete er zum Architekturstudium nach Wien. Gebaut hat er dennoch nichts, „weil ich dafür zu weich war“. Der notwendigen Härte gegenüber Bauherrn und sich selbst („weil die Handwerker schon um sechs Uhr anrufen“) fühlte er sich nicht gewachsen. In den späten 50er-Jahren überlegte er, für immer in Finnland, diesem Wunderland der Architektur, zu bleiben. „Damals erschien unser Dialektband ,hosn rosn baa‘. Rühm rief mich an, dass ich kommen muss, weil es jetzt losgeht. Aber es ist eh nix losgegangen.“ Was die „Wiener Gruppe“ damals an Sprachkunst und Montagetechniken ausgeheckt hatte, sickerte bald in die Werbung ein. „Akutelle Fernsehspots“, sagt Achleitner, „sind unsere damaligen Ideen mit der Technologie von heute“.

Architektur sei stets sein Brotberuf gewesen, Literatur seine Erholung. Früh versuchte er, als Literat zu leben, „aber das war mit Konkreter Poesie nie möglich. Damals meldete sich die Abendzeitung mit dem Angebot, Architektur-Kritiken zu schreiben, damit war das Radl in Bewegung.“

Bis 1998 hatte Achleitner den Lehrstuhl für „Geschichte und Theorie der Architektur“ an der Wiener Universität für angewandte Kunst inne, 2009 wurde er siebentes Ehrenmitglied der Wiener Secession, 2010 Ehrendoktor der Linzer Kunstuni, 2011 erhielt er den Watzlawik-Ehrenring. Nicht als Architekturpapst oder Sprachkünstler möchte er beschrieben sein, sondern als jemand, „der Mauern des Unverständnisses niederreißen will“. Alle drei Beschreibungen stimmen.

OÖNachrichten, Fr., 2015.05.22



verknüpfte Akteure
Achleitner Friedrich

19. März 2015Peter Grubmüller
OÖNachrichten

Wolf D. Prix: Der Architektur-Stratege

Was der gestern eröffnete Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt tatsächlich gekostet hat, wird man erst Ende 2015 wissen.

Was der gestern eröffnete Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt tatsächlich gekostet hat, wird man erst Ende 2015 wissen.

Es dürften aber nicht weniger als 1,3 Milliarden Euro sein, die der 185 bzw. 163 Meter hohe Doppelbüroturm verschlang. Ursprünglich waren 850 Millionen Euro veranschlagt gewesen. Die Planung des EZB-Kolosses stammt von dem Wiener Architekturstar Wolf D. Prix (72) und seiner 1968 zusammen mit Helmut Swiczinsky und Michael Holzer gegründeten Architekturkooperative Coop Himmelb(l)au.

„Coop Himmelblau ist keine Farbe, sondern die Idee, Architektur mit Phantasie leicht und veränderbar wie Wolken zu machen“, sagte Prix damals. Der Architektensohn studierte in Wien, London und Los Angeles und führte obendrein den Begriff „Baustoff Luft“ ein. 1988 erregte der rasch für Euphorie und durchsetzungskräftigen Zorn Entflammbare mit dem Dachausbau Falkestraße in Wien erstes internationales Aufsehen. Für ihn und seine bis dahin vor allem architekturtheoretisch bemerkenswerte Truppe begann nun die Zeit des Bauens. Mit Projekten wie dem Ostpavillon des Groninger Museums (1994), dem UFA Kinopalast in Dresden (1998), der BMW-Welt in München (2007), dem Akron Museum in Ohio (2007) oder dem Busan Cinema Complex in Südkorea (2012) erarbeitete sich Prix Weltgeltung. In seinen Büros in Wien, Los Angeles, Frankfurt, Paris und Hongkong beschäftigt er 170 Mitarbeiter. 2012 legte er die Leitung des Instituts für Architektur an der Wiener Uni für angewandte Kunst nach neun Jahren zurück, weil er die Übersiedelung in die Räumlichkeiten der Wirtschaftsuni nicht mittragen wollte. Als Gastprofessor lehrt er nach wie vor in London, Los Angeles und New York.

Prix verehrt die Spielweise der Kicker vom FC Barcelona, weil sie strategisch ausgefeilt sei. Beim Fliegenfischen versuche er seit geraumer Zeit selbst, strategisches Denken zu üben. Man darf davon ausgehen, dass er es schon vorher beherrscht hat.

OÖNachrichten, Do., 2015.03.19



verknüpfte Akteure
Prix Wolf D.

25. April 2014Peter Grubmüller
OÖNachrichten

Hans Hollein: Österreichs Weltstar der Architektur

Er war alles in einem: Architekt, Künstler, Ausstellungsgestalter, Designer. „Alles ist Architektur“, bestimmte Hans Hollein 1966. Der Weltstar unter den...

Er war alles in einem: Architekt, Künstler, Ausstellungsgestalter, Designer. „Alles ist Architektur“, bestimmte Hans Hollein 1966. Der Weltstar unter den...

Er war alles in einem: Architekt, Künstler, Ausstellungsgestalter, Designer. „Alles ist Architektur“, bestimmte Hans Hollein 1966. Der Weltstar unter den Raumkünstlern und Österreichs einziger Pritzker-Preisträger (die weltweit wichtigste Auszeichnung für Architekten) starb gestern nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 80 Jahren in Wien.

Als Hollein Mitte der sechziger Jahre in Wien das Kerzengeschäft „Retti“ baute, wurde er eher als Zaubermeister denn als Architekt gefeiert. Architektur für die Sinne wollte er kreieren. Daher schuf er ein halbes Jahrzehnt später das Juweliergeschäft Schullin mit glitzerndem Interieur, das illusionäre Räumlichkeit, Irritationen und kultische Verführungskraft der Warenwelt erzeugte.

Im Österreichischen Verkehrsbüro am Opernring (1978) trieb er seinen Hang zur Bildhaftigkeit an die Spitze. Wenn der abgedroschene Begriff von der „Erlebnisarchitektur“ irgendwann Sinn hatte, dann bei Hollein: Die Gruppe der Palmbäume aus Metall, die mit der Gefahr des Kitsches spielen, sollte Assoziationen mit Exotik wecken. Danach bog Hollein in eine andere Richtung ab: In Mönchengladbach errichtete er auf dem Abteiberg ein Kunstmuseum als Architekturlandschaft – mit einer turmartigen Stadtkrone für die Verwaltung und einer Gruppe quadratischer Hallen, die er in die Mulde des Hangs hineinsetzte. Diese Auseinandersetzung mit Container-Architektur trug Hollein 1985 – auf dem Höhepunkt seines Schaffens – den Pritzker-Preis ein.

Unnachahmliche Handschrift

„Er war international bedeutsamer als in Österreich“, sagt Roland Gnaiger, Leiter des Architektur-Instituts der Linzer Kunstuni. Holleins Handschrift sei nicht nachzuahmen gewesen, „ohne in ein billiges Epigonentum abzugleiten“, sagt Gnaiger. Zusammen mit Wilhelm Holzbauer und Gustav Peichl habe er eine Art Starprinzip in der heimischen Architektur eingeführt.

Als Hollein im März 80 wurde, hielt Medienkünstler Peter Weibel die Laudatio, die beiden waren über Jahrzehnte befreundet. „Er hat von Andy Warhol bis Otto Mühl alles mit Architektur in Verbindung gesetzt“, sagt Weibel im Gespräch mit den OÖNachrichten. Selbst Joseph Beuys habe Ende der 60er Jahre versucht, Hollein zu einer Professur in Düsseldorf zu überreden. Weibel: „Das ist damals an den anderen Professoren gescheitert, die ihn nicht als Künstler, sondern nur als Architekten gesehen haben – was für ein Unsinn.“ Allerdings bescherte ihm das Beuys-Zertifikat „Hollein ist ein Künstler“ andere Funktionen. Er vertrat Österreich bei der Kunstbiennale 1972 in Venedig, ebendort wurde er Direktor der Architektur-Biennale und Kunstbiennale-Kommissär für Österreich. „Es war das einzige Mal, dass wir uns für zwei, drei Minuten nicht gut verstanden haben – als er erfuhr, dass 1993 ich Österreich-Kommissär wurde“, sagt Weibel.

Seine Studenten piesackte Hollein mit legendärer Detailverliebtheit. „Er war zweifellos der wichtigste österreichische Architekt der Nachkriegszeit, durch ihn hat Architektur gesellschaftliche und politische Bedeutung bekommen, aber er strotzte auch vor Arroganz und Selbstbewusstsein“, sagt Dietmar Steiner, Direktor des Wiener Architekturzentrums. Ein von Arbeit Besessener war er obendrein. Steiner: „Als er ein Bankgebäude in Lima gebaut hat, ist er sicher 25 Mal hingeflogen, um alles zu kontrollieren. Er hat sich auf dieser Baustelle sogar das Bein gebrochen, aber er ist immer wieder hin.“

Hans Hollein

Hollein kam am 30. März 1934 in Wien zur Welt. Er studierte bei Clemens Holzmeister. Nach dem Diplom 1956 an der Wiener Akademie der bildenden Künste studierte er in den USA, ab 1964 betrieb er ein Architekturbüro. Er baute unter anderem in New York (Richard L. Feigen Gallery 1969), in Mönchengladbach (Städtisches Museum, 1970–1972), in Teheran (Museum für Glas und Keramik, 1977/78), in Frankfurt (Museum für Moderne Kunst, 1991) und in Clermont-Ferrand („Vulcania“-Museum, 2002). Holleins Sohn Max ist Museumsdirektor in Frankfurt, seine Tochter Lilli ist Leiterin der Vienna Design Week.

OÖNachrichten, Fr., 2014.04.25



verknüpfte Akteure
Hollein Hans

Presseschau 12

31. Juli 2015Peter Grubmüller
OÖNachrichten

Ein Unipalast am Rande der Stadt

Prächtig und so gut wie fertig steht er da, der jüngste Kulturbau des Landes Oberösterreich – „und der vorerst letzte“, sagt Landeshauptmann Josef Pühringer, weil die Bautätigkeiten nach Landesbibliothek, Ursulinenhof, Landesmuseum-Südflügel und Musiktheater abgeschlossen seien.

Prächtig und so gut wie fertig steht er da, der jüngste Kulturbau des Landes Oberösterreich – „und der vorerst letzte“, sagt Landeshauptmann Josef Pühringer, weil die Bautätigkeiten nach Landesbibliothek, Ursulinenhof, Landesmuseum-Südflügel und Musiktheater abgeschlossen seien.

Mit Oktober startet in der neuen „Anton Bruckner Privatuniversität“ in der Hagenstraße auf dem Pöstlingberg nach vierjähriger Bauzeit der Lehr- und Forschungsbetrieb. Die offizielle Eröffnung findet am 27. November statt. „Und das trotz der Landtagswahlen im September“, sagt Pühringer. Warum so spät? „Weil wir eröffnen wollen, wenn das Haus in voller Funktionsfähigkeit erlebbar ist.“

42,9 Millionen Euro hat der Neubau exklusive Umsatzsteuer gekostet. Finanzierungsdauer: 30 Jahre. Bisher zahlte das Land für den Bruckneruni-Betrieb 14 Millionen Euro pro Jahr. Ab Herbst 2015 werden die Zuschüsse um fünf Prozent (700.000 Euro) steigen.

Das Linzer „Architekturbüro 1“ zitiert mit diesem Gebäude dessen inhaltliche Bestimmung. Die Lamellenfassade erinnert an ein Akkordeon, von oben betrachtet assoziiert man die Saitenbespannung einer Harfe. Bruckneruni-Rektorin Ursula Brandstätter will den gesamten Innenraum als Resonanzkörper verstanden wissen.

Hell und Lichtdurchflutet ist jeder der knapp 100 Unterrichts- und Vortragsräume. Die Akustik ist jeweils individuell regulierbar. Dass die Außenlamellen beweglich geplant, aber starr gebaut wurden, habe bürokratische Gründe gehabt. „Bei beweglichen Lamellen hätten wir eine behördliche Zulassung für Maschinen gebraucht. Heute sind wir froh darüber, weil der Bau schlichter wirkt“, sagt Matthias Seyfert vom „Architekturbüro 1“. Anstelle einer zweigeschoßigen Tiefgarage gibt es nun aus Kostengründen nur eine Parkebene mit 131 Stellplätzen – bei einer Kapazität von 600 Zuschauerplätzen, 850 Studierenden und 220 Lehrenden. Obendrein existiert nur eine öffentliche Verkehrsmöglichkeit bis zur Uni: Die Pöstlingbergbahn, die im Sommer ihren Betrieb um 22 Uhr, im Winter um 20 Uhr einstellt (Fahrten im 30-Minuten-Intervall).

„Einzig möglicher Standort“

Pühringer spricht nicht vom besten, sondern vom „einzig möglichen Standort, es gab sonst nichts in Zentrallage“.

Universitätsdirektorin und Projektleiterin Brigitte Mössenböck erläutert im OÖN-Gespräch, dass der Weg zu Fuß vom Hauptplatz lediglich 1,7 Kilometer lang sei. Für große Konzerte will die Uni auf eigene Kosten Shuttle-Busse zur Verfügung stellen. Die LinzAG werde die Pöstlingbergbahn-Betriebszeiten im Winter bis zur Haltestelle Hagen auf den Sommerfahrplan erweitern. Zusammen mit drei geplanten Einschubbahnen und der Zusage des Verkehrsverbundes (Post- und Bahnbusse), vor dem Haupteingang eine Haltestelle zu bauen, soll in Zukunft alle 15 Minuten ein öffentliches Verkehrsmittel zur Uni fahren.

Die neue Bruckneruni

Am 4. Mai 2001 fand der Spatenstich für die neue Bruckner-Privatuniversität statt. Damit war der Umzug vom Gebäude in der Wildbergstraße trotz Widerstands der Pöstlingberg-Anrainer besiegelt. Die Bauplatzfläche (mit öffentlich zugänglichem Park) beträgt 16.786 Quadratmeter. Funktionsfläche des Gebäudes: 8600 Quadratmeter.

Wie gesetzlich verankert, wurden 1,5 Prozent der Baukosten für die künstlerische Gestaltung („Kunst am Bau“) verwendet. Den Zuschlag erhielten Iris Andraschek, Hubert Lobnig, Anneliese Schrenk, hainAG, Peter Hauenschild und Georg Ritter. Der von Hellmuth Gsöllpointner entworfene Brunnen aus der Wildbergstraße wurde nach Plänen des Künstlers erweitert und vor der Südfassade neu errichtet.

Zahlen und Fakten

3525 Umzugskartons werden von der Wildbergstraße ins neue Gebäude in die Hagenstraße bis Semesterbeginn Anfang Oktober übersiedelt. Außerdem noch 1093 Möbelstücke und 547 Instrumente (darunter unter anderem 54 Flügel und 35 Pianos).

850 Studierende werden von 220 Lehrenden unterrichtet werden (etwa so viel wie bisher). Knapp 100 Unterrichtsräume und sechs Ensemblezimmer sind dafür vorgesehen, außerdem zehn Säle (drei für den Schauspielunterricht, vier für Tanz und drei weitere für elementare Musikpädagogik).

325 Sitzplätze für Publikum stehen im großen Konzertsaal der neuen Bruckneruni zur Verfügung, in den drei weiteren, kleineren Sälen (Orgel- und Kammermusiksaal, Studio für Schauspiel und Tanz) zwischen 70 und 140 Plätze. Insgesamt: rund 600 Plätze.

OÖNachrichten, Fr., 2015.07.31



verknüpfte Bauwerke
Anton Bruckner Privatuniversität - Neubau

22. Mai 2015Peter Grubmüller
OÖNachrichten

Architektur als Brotberuf, Literatur zur Erholung

Der bedeutende Architekturkritiker und Sprachkünstler Friedrich Achleitner wird am Samstag 85.

Der bedeutende Architekturkritiker und Sprachkünstler Friedrich Achleitner wird am Samstag 85.

Gespräche mit Friedrich Achleitner sind immer zu kurz. Er ist ein Universalgescheiter, dessen Klugheit in einfachen, geschliffenen Sätzen den Nebel akademischer Analysen aufklart. Mit seiner mehrbändigen Dokumentation „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“ hat er ein einzigartiges Nachschlagwerk heimischer Baugeschichte geschrieben. Als Mitbegründer der „Wiener Gruppe“ (1957) zettelte er zusammen mit H. C. Artmann Gerhard Rühm, Oswald Wiener und Konrad Bayer eine sprach-experimentelle Revolution an. „Zumindest dachten wir ,dass die Konkrete Kunst auch in der Poesie anwendbar ist. Wahrscheinlich haben wir uns geirrt“, sagte Achleitner im OÖN-Gespräch anlässlich der Mostdipf-Verleihung 2011. Am Samstag wird Friedrich Achleitner 85 Jahre alt.

Ein Jahr lang kämpfte Achleitner zuletzt gegen eine Viruserkrankung. Das Gehen fiel ihm schwer, er vergaß Namen, er konnte nicht mehr lesen und schreiben. Jetzt hat er sich erholt, trotzdem – so sagt er – könnte sein jüngstes Buch „wortgesindel“ (Verlag Zsonlay), in dem er sein 60-jähriges Maturatreffen beschreibt, sein letztes gewesen sein. Aber sicher sei das nicht.
Flucht nach Wien

Achleitner wurde 1930 in Schalchen im Innviertel geboren. Er spürte bald, dass er weg wollte aus dieser Umgebung: „Ich erinnere mich, dass wir im Krieg bei Luftangriffen die Fenster verdunkeln mussten und mit neun Jahren hab’ ich zu meinem siebenjährigen Bruder gesagt: ,Du verdunkelst, dir gehört die Bude!‘.“ Nach der Gewerbeschule in Salzburg flüchtete er zum Architekturstudium nach Wien. Gebaut hat er dennoch nichts, „weil ich dafür zu weich war“. Der notwendigen Härte gegenüber Bauherrn und sich selbst („weil die Handwerker schon um sechs Uhr anrufen“) fühlte er sich nicht gewachsen. In den späten 50er-Jahren überlegte er, für immer in Finnland, diesem Wunderland der Architektur, zu bleiben. „Damals erschien unser Dialektband ,hosn rosn baa‘. Rühm rief mich an, dass ich kommen muss, weil es jetzt losgeht. Aber es ist eh nix losgegangen.“ Was die „Wiener Gruppe“ damals an Sprachkunst und Montagetechniken ausgeheckt hatte, sickerte bald in die Werbung ein. „Akutelle Fernsehspots“, sagt Achleitner, „sind unsere damaligen Ideen mit der Technologie von heute“.

Architektur sei stets sein Brotberuf gewesen, Literatur seine Erholung. Früh versuchte er, als Literat zu leben, „aber das war mit Konkreter Poesie nie möglich. Damals meldete sich die Abendzeitung mit dem Angebot, Architektur-Kritiken zu schreiben, damit war das Radl in Bewegung.“

Bis 1998 hatte Achleitner den Lehrstuhl für „Geschichte und Theorie der Architektur“ an der Wiener Universität für angewandte Kunst inne, 2009 wurde er siebentes Ehrenmitglied der Wiener Secession, 2010 Ehrendoktor der Linzer Kunstuni, 2011 erhielt er den Watzlawik-Ehrenring. Nicht als Architekturpapst oder Sprachkünstler möchte er beschrieben sein, sondern als jemand, „der Mauern des Unverständnisses niederreißen will“. Alle drei Beschreibungen stimmen.

OÖNachrichten, Fr., 2015.05.22



verknüpfte Akteure
Achleitner Friedrich

19. März 2015Peter Grubmüller
OÖNachrichten

Wolf D. Prix: Der Architektur-Stratege

Was der gestern eröffnete Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt tatsächlich gekostet hat, wird man erst Ende 2015 wissen.

Was der gestern eröffnete Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt tatsächlich gekostet hat, wird man erst Ende 2015 wissen.

Es dürften aber nicht weniger als 1,3 Milliarden Euro sein, die der 185 bzw. 163 Meter hohe Doppelbüroturm verschlang. Ursprünglich waren 850 Millionen Euro veranschlagt gewesen. Die Planung des EZB-Kolosses stammt von dem Wiener Architekturstar Wolf D. Prix (72) und seiner 1968 zusammen mit Helmut Swiczinsky und Michael Holzer gegründeten Architekturkooperative Coop Himmelb(l)au.

„Coop Himmelblau ist keine Farbe, sondern die Idee, Architektur mit Phantasie leicht und veränderbar wie Wolken zu machen“, sagte Prix damals. Der Architektensohn studierte in Wien, London und Los Angeles und führte obendrein den Begriff „Baustoff Luft“ ein. 1988 erregte der rasch für Euphorie und durchsetzungskräftigen Zorn Entflammbare mit dem Dachausbau Falkestraße in Wien erstes internationales Aufsehen. Für ihn und seine bis dahin vor allem architekturtheoretisch bemerkenswerte Truppe begann nun die Zeit des Bauens. Mit Projekten wie dem Ostpavillon des Groninger Museums (1994), dem UFA Kinopalast in Dresden (1998), der BMW-Welt in München (2007), dem Akron Museum in Ohio (2007) oder dem Busan Cinema Complex in Südkorea (2012) erarbeitete sich Prix Weltgeltung. In seinen Büros in Wien, Los Angeles, Frankfurt, Paris und Hongkong beschäftigt er 170 Mitarbeiter. 2012 legte er die Leitung des Instituts für Architektur an der Wiener Uni für angewandte Kunst nach neun Jahren zurück, weil er die Übersiedelung in die Räumlichkeiten der Wirtschaftsuni nicht mittragen wollte. Als Gastprofessor lehrt er nach wie vor in London, Los Angeles und New York.

Prix verehrt die Spielweise der Kicker vom FC Barcelona, weil sie strategisch ausgefeilt sei. Beim Fliegenfischen versuche er seit geraumer Zeit selbst, strategisches Denken zu üben. Man darf davon ausgehen, dass er es schon vorher beherrscht hat.

OÖNachrichten, Do., 2015.03.19



verknüpfte Akteure
Prix Wolf D.

25. April 2014Peter Grubmüller
OÖNachrichten

Hans Hollein: Österreichs Weltstar der Architektur

Er war alles in einem: Architekt, Künstler, Ausstellungsgestalter, Designer. „Alles ist Architektur“, bestimmte Hans Hollein 1966. Der Weltstar unter den...

Er war alles in einem: Architekt, Künstler, Ausstellungsgestalter, Designer. „Alles ist Architektur“, bestimmte Hans Hollein 1966. Der Weltstar unter den...

Er war alles in einem: Architekt, Künstler, Ausstellungsgestalter, Designer. „Alles ist Architektur“, bestimmte Hans Hollein 1966. Der Weltstar unter den Raumkünstlern und Österreichs einziger Pritzker-Preisträger (die weltweit wichtigste Auszeichnung für Architekten) starb gestern nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 80 Jahren in Wien.

Als Hollein Mitte der sechziger Jahre in Wien das Kerzengeschäft „Retti“ baute, wurde er eher als Zaubermeister denn als Architekt gefeiert. Architektur für die Sinne wollte er kreieren. Daher schuf er ein halbes Jahrzehnt später das Juweliergeschäft Schullin mit glitzerndem Interieur, das illusionäre Räumlichkeit, Irritationen und kultische Verführungskraft der Warenwelt erzeugte.

Im Österreichischen Verkehrsbüro am Opernring (1978) trieb er seinen Hang zur Bildhaftigkeit an die Spitze. Wenn der abgedroschene Begriff von der „Erlebnisarchitektur“ irgendwann Sinn hatte, dann bei Hollein: Die Gruppe der Palmbäume aus Metall, die mit der Gefahr des Kitsches spielen, sollte Assoziationen mit Exotik wecken. Danach bog Hollein in eine andere Richtung ab: In Mönchengladbach errichtete er auf dem Abteiberg ein Kunstmuseum als Architekturlandschaft – mit einer turmartigen Stadtkrone für die Verwaltung und einer Gruppe quadratischer Hallen, die er in die Mulde des Hangs hineinsetzte. Diese Auseinandersetzung mit Container-Architektur trug Hollein 1985 – auf dem Höhepunkt seines Schaffens – den Pritzker-Preis ein.

Unnachahmliche Handschrift

„Er war international bedeutsamer als in Österreich“, sagt Roland Gnaiger, Leiter des Architektur-Instituts der Linzer Kunstuni. Holleins Handschrift sei nicht nachzuahmen gewesen, „ohne in ein billiges Epigonentum abzugleiten“, sagt Gnaiger. Zusammen mit Wilhelm Holzbauer und Gustav Peichl habe er eine Art Starprinzip in der heimischen Architektur eingeführt.

Als Hollein im März 80 wurde, hielt Medienkünstler Peter Weibel die Laudatio, die beiden waren über Jahrzehnte befreundet. „Er hat von Andy Warhol bis Otto Mühl alles mit Architektur in Verbindung gesetzt“, sagt Weibel im Gespräch mit den OÖNachrichten. Selbst Joseph Beuys habe Ende der 60er Jahre versucht, Hollein zu einer Professur in Düsseldorf zu überreden. Weibel: „Das ist damals an den anderen Professoren gescheitert, die ihn nicht als Künstler, sondern nur als Architekten gesehen haben – was für ein Unsinn.“ Allerdings bescherte ihm das Beuys-Zertifikat „Hollein ist ein Künstler“ andere Funktionen. Er vertrat Österreich bei der Kunstbiennale 1972 in Venedig, ebendort wurde er Direktor der Architektur-Biennale und Kunstbiennale-Kommissär für Österreich. „Es war das einzige Mal, dass wir uns für zwei, drei Minuten nicht gut verstanden haben – als er erfuhr, dass 1993 ich Österreich-Kommissär wurde“, sagt Weibel.

Seine Studenten piesackte Hollein mit legendärer Detailverliebtheit. „Er war zweifellos der wichtigste österreichische Architekt der Nachkriegszeit, durch ihn hat Architektur gesellschaftliche und politische Bedeutung bekommen, aber er strotzte auch vor Arroganz und Selbstbewusstsein“, sagt Dietmar Steiner, Direktor des Wiener Architekturzentrums. Ein von Arbeit Besessener war er obendrein. Steiner: „Als er ein Bankgebäude in Lima gebaut hat, ist er sicher 25 Mal hingeflogen, um alles zu kontrollieren. Er hat sich auf dieser Baustelle sogar das Bein gebrochen, aber er ist immer wieder hin.“

Hans Hollein

Hollein kam am 30. März 1934 in Wien zur Welt. Er studierte bei Clemens Holzmeister. Nach dem Diplom 1956 an der Wiener Akademie der bildenden Künste studierte er in den USA, ab 1964 betrieb er ein Architekturbüro. Er baute unter anderem in New York (Richard L. Feigen Gallery 1969), in Mönchengladbach (Städtisches Museum, 1970–1972), in Teheran (Museum für Glas und Keramik, 1977/78), in Frankfurt (Museum für Moderne Kunst, 1991) und in Clermont-Ferrand („Vulcania“-Museum, 2002). Holleins Sohn Max ist Museumsdirektor in Frankfurt, seine Tochter Lilli ist Leiterin der Vienna Design Week.

OÖNachrichten, Fr., 2014.04.25



verknüpfte Akteure
Hollein Hans

Profil

7 | 6 | 5 | 4 | 3 | 2 | 1