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03. April 2003Joseph Schimmer
ORF.at

Fest feiern

Das Gespräch mit der „Turn On“-Organisatorin Margit Ulama führte Joseph Schimmer.

Das Gespräch mit der „Turn On“-Organisatorin Margit Ulama führte Joseph Schimmer.

Frage: Das Symposion ist der Auftakt zu einer Reihe. Welches Profil wünschen Sie sich dafür - auch in Abgrenzung zu anderen Kongressen, wie dem des Az W?

Ulama: Zunächst will die Veranstaltung kein Symposion sein, sondern ein Festival. Es soll eigentlich eine Feier der österreichischen Architektur werden. Es geht darum, guter, ambitionierter und anspruchsvoller österreichischer Architektur eine Plattform zu bieten. Meistens werden ja nur die Probleme diskutiert.

Frage: Was zeichnet „gute Gegenwartsarchitektur“ aus?

Ulama: Gute Architektur lässt sich detailliert nur auf der Projektebene selbst besprechen. Ganz allgemein geht es mir aber darum, die Vielfalt der österreichischen Architektur darzustellen. Den intellektuellen Hintergrund der Programmauswahl bildet mein letztes Buch Architektur als Anatomie. Im Vergleich zur Schweiz etwa, wo die Architekten mit ihren Architekturhaltungen und -sprachen viel näher beisammen liegen, zeichnet die österreichische Architekturszene ein wesentlich breiteres Spektrum aus. Das reicht von Coop Himmel(b)lau und nextENTERprise auf der einen Seite, bis hin zu extrem reduziert arbeitenden Büros wie Jabornegg&Palffy auf der anderen Seite. Diese Vielfalt in der Aneinanderreihung der Präsentationen darzustellen war eine grundlegende Idee der Veranstaltung. Darüber hinaus geht es mir auch darum, nicht nur die Architektur selbst, sondern auch die Geschichten zu den Bauten zu erzählen.

Frage: Bemerkenswert an Ihrer Auswahl ist die Dichte an öffentlichen und privaten Nutzbauten, also Schulen, Bühnen, Wohn- und Einfamilienhäusern. Die viel diskutierten Erlebniswelten, vom Museum bis zu Entertainmentcentern, stehen im Hintergrund. Zufall oder Programm?

Ulama: Wohnen betrifft wirklich jeden. Es ist wichtig, auf diese elementaren Aufgaben den Fokus zu legen, zu zeigen, wie heute gewohnt werden kann, von den luxuriösen Villen à la Pichler&Traupmann bis zum geförderten Wohnbau. Gerade auf diesem Gebiet hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Noch vor zehn Jahren waren im Wohnbau qualitätsvolle Projekte die rare Ausnahme. Heute sind die Leistungen im geförderten Wohnbau wirklich ein relevantes Thema.

Frage: Was hat diesen Wandel im geförderten Wohnbau motiviert?

Ulama: Das ist einerseits auf das Engagement der Architekten zurückzuführen, auf der anderen Seite liegt es am Baumarkt selbst. Der Markt ist gesättigt und Wohnungen, die heute angeboten werden, müssen einen gewissen Standard aufweisen, wenn sie verkaufbar sein sollen. Qualität wird von den Käufern und Mietern einfach gefordert. Eine Reaktion auf dieses Bedürfnis sind auch die zahlreichen Themensiedlungen.

Frage: Um doch noch ein Beispiel der glamourösen Erlebniswelten herauszugreifen: Im Zusammenhang mit dem UFA-Palast in Dresden von Coop Himmelb(l)au thematisieren Sie im Programm die Auslagerung der Gestaltung öffentlicher Plätze an private Investoren, weil den Kommunen das Geld fehle. So gerühmt der Coop-Entwurf war, haben doch Bauten wie diese, bzw die Expansionspolitik, die dahinter gestanden ist, letztlich zum Konkurs der Ufa geführt. Heißt das, polemisch gefragt, dass sich die Gestaltung des öffentlichen Raums - auch als „Abfallprodukt“ privater Investitionen - dann niemand mehr leisten kann?

Ulama: Naja, das würde ich nicht so sagen. Ich denke mir aber, dass es ein öffentliches Bewusstsein für Architektur braucht. Auf politischer, wie auf privater Seite, bei Unternehmen, wie der Öffentlichkeit. Dazu dienen Veranstaltungen wie „Turn On“. Ich bin so optimistisch, zu glauben, dass das auch gelingt.

Frage: Obwohl wir ein Land der Häuslbauer sind?

Ulama: Ja. Es gibt ja eine grundsätzliche Offenheit, diese Erfahrung mache ich immer wieder, auch in der Vorbereitung gerade auf diese Veranstaltung. Aber leider wissen die Menschen wenig über Architektur. Es gibt ja auch in der Schule keinerlei Vermittlung in diese Richtung. Deshalb glaube ich, dass es wirklich auf die Vermittlung ankommt. Man muss zeigen, was gute Architektur alles bringen kann.

Frage: Bei Defiziten aller Art wird gerne nach verstärktem Engagement der Schulen verlangt. Was können im konkreten Fall aber die Architekten selbst machen, um ihre eigene Arbeit einer breiteren Öffentlichkeit, als ihren konkreten Auftraggebern zu vermitteln?

Ulama: Da hat sich schon viel geändert. Die heutigen jungen Architekten sind, was Fragen der Präsentation und Selbstvermarktung betrifft, viel besser als die „Künstlerarchitekten“ früherer Generationen. Für die Künstler der 68er-Gerneration war Vermarktung geradezu ein Fremdwort. Da hat sich einiges geändert. Dennoch ist es so, dass die Architekten primär mit der Abwicklung ihrer Projekte beschäftigt sind. Da braucht es einfach Veranstaltungen wie diese, die die nötige Öffentlichkeit herstellen. Das müssen andere machen, als die Architekten selbst.

ORF.at, Do., 2003.04.03

08. Mai 2001Joseph Schimmer
ORF.at

Räume statt Flächen

Erstmals können Jugendliche ihre Stadt planen.

Erstmals können Jugendliche ihre Stadt planen.

Hartberg und Eferding haben abgewunken. Linz war der Vorschlag nicht einmal eine Antwort wert. Bruck an der Mur hingegen bewies Mut zum Risiko. Seit März erarbeitet ein Team von LandschaftsplanerInnen mit Jugendlichen an einem Konzept zur besseren Nutzung der Freiflächen der Stadt. teens_open_space heißt das Projekt, das öde Parks, Straßen und Plätze in Aufenthalts-, Kommunikations-, Spiel- und Rückzugsräumen verwandeln soll, die Jugendliche gerne benützen.

Freiraumgestaltung ist das Stiefkind der heimischen Raumplanung. Freiraum ist, was übrig bleibt, wenn alle Häuser, Straßen und Plätze gebaut sind, der ungeliebte Rest, der zu nichts nütze ist.


Modellfall Bruck?

Die steirischen Schul- und Industriestadt Bruck an der Mur könnte zum österreichischen Modellfall werden. Das Wissenschaftsministerium hat das Projekt initiiert und erwartet sich Impulse für die angewandte Forschung ebenso, wie für die Planungssituation selbst. Das Projektteam um Karin Standler erwartet sich eine Lösung, die auch auf andere Räume übertragbar ist und will in den Köpfen der Verantwortlichen die Idee festsetzen, dass Freiräume nicht eine willkürliche Anordnung von nicht genützten Flächen sind, sondern soziale Orte, deren Nutzung verhandelt werden muss. Da das Ministerium 80 Prozent der Kosten trägt, kommt die Gemeinde um wenig Geld zu einem Nutzungskonzept, dessen Notwendigkeit sich bislang niemand so recht eingestanden hat. Und die Jugendlichen selbst?

„Ich möchte mit der Gemeinde über den Schillerplatz verhandeln“, meint etwa Martin Prügger recht selbstbewusst in der Talkline des Projekts. Ihm geht es um die Erneuerung des Fußballplatzes. „Das ist ganz typisch“, meint dazu Projektleiterin Karin Standler. Während die Mädchen recht differenzierte Vorstellungen in das Projekt eingebracht haben, wollen die Buben in erster Linie dem runden Leder Raum geben.


Aufwendige Startphase

Standler und ihre KollegInnen sind in Schulen, Betriebe und Jugendzentren gegangen, um für das Projekt zu werben. Übrig geblieben ist eine Gruppe von 25 bis 40 Jugendlichen, die den Ist-Zustand erheben, ihre Wünsche artikulieren, an Lösungen arbeiten, und schließlich sogar mit der Gemeinde über die Umsetzung ihrer Ideen verhandeln werden. Mehrheitlich sind es Mädchen, die mitarbeiten, überwiegend SchülerInnen, es gibt aber auch einige Lehrlinge und sogar einige Sozialfälle, die eher die Aussicht auf eine warme Mahlzeit als ein neuer Park interessiert hat.


Selbstbewusstes Auftreten

Am überraschendsten war für das Planungsteam die Deutlichkeit, mit der die Brucker Jugend ihren Platz im öffentlichen Raum eingefordert hat. Keine verschwiegenen Winkel stehen auf der Wunschliste an die Politik, sondern frei zugängliche, öffentliche Orte. Es geht damit um Anerkennung, Präsenz, aber auch um soziale Kontrolle, wie sie vor allem Mädchen wünschen.


Alles ist möglich

Wie Bruck an der Mur in einigen Jahren aussehen wird, ist noch völlig offen. Nicht nur, weil sich die Gemeinde bisher nicht festlegen wollte, wie viel Geld ihr das Projekt in der Umsetzungsphase letztlich wert sein will. Das Planungsteam selbst ist noch ganz offen, welche Schlüsse es aus den ersten Erhebungen ziehen will.

Ein zentraler Ort, etwa der umgebaute Stadtpark oder ein neu zu errichtender Park sind ebenso denkbar, wie die Idee, die ganze Stadt zur Erlebniszone für Jugendliche zu machen. Dahinter steht der aktuelle Paradigmenwechsel der Raumplanung wie auch der Architektur, keine hoch spezialisierten, funktionalen Lösungen zu entwickeln, sondern variable Bespielungen und Mehrfachnutzungen zu ermöglichen. Die Möglichkeit, unbehelligt Party machen zu können, wird jedenfalls ebenso Thema werden wie die Überbrückung schlechter Witterung im Freien. Sabine etwa fordert in der Talkline überdachte Sitzgelegenheiten (wie sie kaum in einem heimischen Park vorhanden sind).

ORF.at, Di., 2001.05.08

29. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Immer mittwochs

Die neue Diskussionsreihe des Architektur Zentrum Wien geht in die Sommerpause. Ein Abschlussbericht.

Die neue Diskussionsreihe des Architektur Zentrum Wien geht in die Sommerpause. Ein Abschlussbericht.

Wenn Architekten über ihre Homepages sprechen ist gleich einschlägiges Vokabular zur Hand. Das Portal (!) ist dann die Fassade, die Untermenüs sind Zimmer, die sich abschreiten lassen. Nicht von ungefähr heißt Österreichs beste Architekturdatenbank nextroom.


Entdeckerfreuden

Hanns Kastner vom Büro Schluder-Kastner gerät ins Schwärmen, wenn er von den Möglichkeiten des Netzes nicht nur für sein Büro, sondern für die Architektur insgesamt spricht. Was vorderhand nur eine mehr oder weniger vollständige Präsentation seiner Projekte ist, könnte sich in fünf bis zehn Jahren, so Kastner, zu einem vollständig neuen Kommunikationsmedium gewandelt haben, getreu dem Motto:


Von der Website zur Werkhalle

Architekt Hanns Kastner denkt dabei an eine Vereinfachung der Planung und Abwicklung von Projekten. Besonders bei größeren Bauaufgaben sei es schwierig und vor allem aufwendig, alle Beteiligten, vom Baupolier bis zum kleinen Installationsbetrieb etwa, stets am gleichen Informationsstand zu halten. Die kontinuierliche Abwicklung und Dokumentation des Baufortschritts und der noch zu unternehmenden Schritte könnte da eine enorme Erleichterung darstellen.

Aber auch in der für die Büros extrem aufwendigen Wettbewerbsphase erwartet Hanns Kastner durch das Netz bedingte Veränderungen. Warum Modelle bauen? Warum nicht einfach eine Homepage als Projektbeschreibung einreichen?


Neue Aufgaben

Erstellung, Bespielung, und vielleicht sogar Nachbetreung von projektbezogenen Websites wird laut Kastner bald zum Alltag von Architekten gehören. Bei einem Wohnbauprojekt, spekuliert er, könnten die neuen Bewohner und Bewohnerinnen die Seite schließlich übernehmen und zu ihrem hausinternen Kommunikationsmedium machen.

Für sein Büro hat sich der Gang ins Netz jedenfalls bereits ausgezahlt, ist doch aus der Zusammenarbeit mit dem Grafiker ein Projekt einer Interaktiven Medienwand für Berlin geworden.

Hanns Kastner erweist sich als Mann mit Weitblick, das zeigt schon ein kleiner Seitenblick auf den Domain-Namen seines Büros. Die URL www.architecture.at hat bei der mittwochs-Diskussion einige Begehrlichkeiten geweckt. Sollte das Büro bedauerlicherweise Pleite machen, könnte sich der hochtrabende Name ja noch als Retter in der Not herausstellen.


Die Datenbanker

Ganz andere Wege beschreiten die Betreiber des experimentellen Architekturservers xarch. Nicht Dokumentation von Architektur im Netz will xarch sein, sondern eigentliche Architektur im Netz - die Strukturierung von Information als virtuelle Bauaufgabe.

36.000 Hompages und eine Million Zugriffe im Monat lautet die beeindruckende Bilanz des Projekts, das aus studentischem Engagement entstanden ist und von den mittlerweile fertigen Architekten weiter betrieben wird, weil der Nachwuchs sich nur spärlich einstellen will. Lediglich ein Drittel der Zugriffe stammt laut Server-Statistik übrigens aus Österreich.

Das kaum mehr überblickbare Angebot hat die Betreiber rund um Wolfgang Reinisch übrigens zu einem witzigen Kunstkniff greifen lassen, dem random selector. Alle acht Sekunden wird den orientierungslosen, aber informationswilligen Usern ein neues, aktuelles Angebot aus den Tiefen der Datenbank an die Oberfläche gereicht.


Selektion und Integration

Der Altmeister der konsequenten Szenebeobachtung im Netz, Jürg Meister von nextroom, meldet freilich Bedenken an. Er habe sich schon längst von der Illusion verabschiedet, dass man per Hyperlink die ganze Welt umarmen könne.

Immerhin 1100 Gebäude, 1900 Texte und 3000 Bilder, die alle untereinander in Beziehung stehen, verwaltet Meister auf seinem Server. Interessant an dem Projekt ist vor allem, dass es nur über aktive Vernetzung mit den so genannten Sammlungsgebern, Printmedien etwa, oder dem Architekturzentrum funktioniert. Diese liefern in Eigenverantwortung Material an nextroom, um so ihre Informationen zu bündeln.

Es gibt aber auch den umgekehrten Fall. Das Architektur Zentrum Wien, das derzeit heftig an einem neuen, verbesserten Webauftritt arbeitet, wird im Zuge dieses Relaunches etwa die Informationen über die neue Handbibliothek im AZW bei nextroom ablegen.


Mehrdimensionale Räume

Ein weiterer Player im nationalen Architekturnetzwerk ist Christian Kühn von aneta. Dieser Zusammenschluss mehrerer Architekturhäuser und -stiftungen gibt einen umfassenden Überblick über das Geschehen in den Bundesländern. Bei der mittwochs-Veranstaltung hat Christian Kühn sein Augenmerk vor allem auf Präsentations- und Vermittlungsformen im Netz gelegt.

Auch wenn das Beispiel, die Hans Beneder-Schau Zugänge im MAK, bereits drei Jahre auf dem digitalen Buckel hat, und auch, wenn der Raumbegriff der VR-Installation eher konventionell ist, zeigt dieser Versuch doch sehr gut mögliche Entwicklungen der Ausstellungs- und damit auch Architekturpräsentation.


Epilog

Die mittwochs-Veranstaltung hat übrigens versucht, das übliche laue Diskussionsklima dadurch anzuheizen, dass die Diskutanten nicht am Podium, sondern im Raum verteilt gesessen sind. Bei der Präsentation der einzelnen Homepages hat sich freilich gezeigt, dass die Macht der Bilder allemal stärker ist als die Macht der Worte, und alle Beteiligten, inklusive der Vortragenden, gebannt auf die Leinwand blicken ließ, quasi als Einstimmung auf das erste Halbfinal-Spiel der Fußball-EM, das als Digestiv per Videobeamer gereicht wurde. mittwochs findet im September seine Fortsetzung.

ORF.at, Do., 2000.06.29

29. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Geschenk des Himmels

Am Donnerstag präsentierte MAK-Direktor Peter Noever in New York Pläne für den Umbau des Flakturms, dem MAK-Depot für Gegenwartskunst, in ein Kunstzentrum.

Am Donnerstag präsentierte MAK-Direktor Peter Noever in New York Pläne für den Umbau des Flakturms, dem MAK-Depot für Gegenwartskunst, in ein Kunstzentrum.

In ein „Geschenk des Himmels“ könnte sich einer der beiden Flaktürme im Wiener Arenbergpark verwandeln, wenn jenes Projekt realisiert wird, das MAK-Direktor Peter Noever zusammen mit den Architekten Sepp Müller und Michael Embacher entwickelt hat. Am Donnerstag wurde das Projekt in New York erstmals öffentlich präsentiert.

Modelle und Pläne zur Umwandlung des Gefechtsturmes im Wiener Arenbergpark in ein Kunstzentrum sind derzeit in der renommierten Max Protetch Gallery in New York zu sehen. „Heaven's Gift - A New Programmatic Strategy for the Presentation of Contemporary Art“ nennt sich die Ausstellung, die die Metamorphose des zwischen 1942 und 1943 erbauten Gefechtsturmes im dritten Wiener Gemeindebezirk in einen „Contemporary Art Tower“ (CAT), einen Turm für zeitgenössische Kunst mit seitlichem Media- und Serviceturm, veranschaulicht.


Größer als das Muqua

Mit einer Gesamtfläche von 12.900 Quadratmeter, verteilt auf neun Stockwerke, verfügt der CAT über mehr Fläche als der Fischer-von-Erlach-Trakt im Wiener Museumsquartier mit seinen rund 11.000 Quadratmetern. Für künstlerische Eingriffe an und in der Haut des geschichtsträchtigen Baukörpers konnten Jenny Holzer und James Turrell gewonnen werden.


Ein Wiener in New York

„Ich wollte das Projekt frei von Emotionen und in einem anderen Kontext präsentieren und zur Diskussion stellen“, begründet Peter Noever, warum ein Wiener Vorhaben in New York vorgestellt wird. Dass die Wahl auf die für ihren Einsatz von Text bekannte Holzer und den Lichtkünstler Turrell fiel - „Für das Projekt kamen einige Künstler in Frage.“ (Noever) - liege an der Beschaffenheit des sperrigen Baukörpers, dessen „rauhe, abweisende Ästhetik“ erhalten bleiben soll. „Die Dinge sollen nicht dekoriert und verschönert werden und diese Künstler können mit diesen Substanzen umgehen.“


Text und Licht

Holzers CAT-Projekt ist von Wladimir Tatlins Entwurf für das „Denkmal der III. Internationale“ (1920/21) inspiriert und besteht aus zwei Teilen, aus Text-Projektionen (mit Xenon-Technik oder/und elektronisch) auf den Turm und um ihn herum sowie einem Suchlicht. Dieses soll von der Spitze des rund 90 Meter hohen Mediaturmes strahlen, der an der Südseite in einigen Metern Abstand neben dem Flakturm geplant ist und dessen Gerüst Platz für Service- und Bürocontainer bietet.


Skyspace von James Turrell

Turrell hat eine Skyspace Bar für eine der vier Plattformen auf dem Turm entworfen. Ein vier Meter (im Durchmesser) großes Loch in der Decke soll den Besuchern einen Blick in den Himmel über Wien bieten und „den Raum zwischen Himmel und Erde als materialisiertes Farbfeld wahrnehmen“ lassen. Daneben will Turrell die fensterartigen Öffnungen in den Außenwänden mit blauen Lichtarbeiten füllen. Auch der Durchgang zur Landstraßer Hauptstraße soll in blauem Licht erstrahlen. Beide Interventionen werden nur in der Nacht sichtbar sein.


Kunst und Kommerz

Das CAT-Projekt sieht die Nutzung der ersten drei Ebenen für kommerzielle Zwecke vor - etwa Kunstmessen, Clubbings, Performances und Konzerte. Die Stockwerke drei bis acht - mit Raumhöhen zwischen 2,5 und 6 Meter - sind reserviert für das CAT-Programm. In die turmartigen Plattformen auf dem Dach sollen neben Turrells Skyspace Bar zwei Restaurants und ein Café einziehen.


„Kein neues Museum“

„Die Idee von CAT ist nicht, ein Museum zu wiederholen, was bei den meisten Museumsneubauten nicht gelungen ist“, betont Noever. Es sei darum gegangen, „einen bestehenden Ort mit all seinen Konnotationen zu transformieren“. Diese Umwandlung von etwas Negativem könne nur Kunst leisten. „Nur Kunst kann negative Stimmung mit positiven Energien besetzen“, meint Peter Noever.


Vom Provisorium zum CAT?

Entwickelt hat sich das CAT-Projekt aus einem Provisorium. Das MAK adaptierte zwei der insgesamt neun Geschoße als Depot für seine Gegenwartskunstsammlung. Seit 1995 sind Teile aus dieser Kollektion auf einer Etage (1.400 Quadratmeter) an jedem ersten Donnerstag im Monat sowie am Nationalfeiertag öffentlich zugänglich.

Zu sehen sind dort neben Architekturmodellen und Stücken aus der Sammlung auch Multiples aus der „Edition Parkett“. Vor allem für größere Sammlungsobjekte sind die Räumlichkeiten ideal. So steht dort beispielsweise eine raumgreifende Arbeit Bruno Gironcolis aus den frühen 70er Jahren, eine speziell für den Ort entstandene, mit Schrift bedruckte Glasschiebetüre von Eva Schlegel, und Ilya Kabakovs aus seiner Installation „Der rote Waggon“ (für die MAK-Ausstellung „Tyrannei des Schönen“) entstandene Arbeit „No Water“. Und Chris Burdens „Pizza City“ hat genug Platz, sich weiter zu entwickeln.


Der Luxus des Übervolumens

Die Räume - so Noever - „funktionieren“ und der Turm biete den „Luxus des Übervolumens“. Von den Räumen, die so nie für ein Museum gebaut würden, hätten sich bisher auch viele Künstler angetan gezeigt. Angetan war auch Thomas Krens, Direktor der Guggenheim Foundation, der an der Bespielung der sechsten Etage mit Wechselausstellungen aus der Guggenheim-Sammlung interessiert ist.


Internationale Berater

Krens gehört auch dem „CAT International Advisory Board“ an, einem Team internationaler Experten, das als Berater in programmatischen und finanziellen Dingen fungieren soll. Weitere Mitglieder sind die Kuratorin und document-X-Leiterin Catherine David, der Kunstsammler Georg Geyer, der Philosoph und Kunsttheoretiker Boris Groys, der Industrielle und Kunstsammler Cornelius Grupp, der Museumsdirektor und Kurator Jan Hoet, Erste-Bank-Chef Andreas Treichl sowie der Urbanist und Essayist Paul Virilio.


Knackpunkt Geld

Im vorigen Jahr wurde eine Machbarkeitsstudie zu diesem Projekt dem damaligen Bundeskanzler Viktor Klima und Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer übergeben. Seither gab es Gespräche mit Vertretern des Bezirks. So sei die Höhe des Medienturms nach Gesprächen mit dem Bezirksvorsteher gesenkt worden. Die Nettokosten für den von Noever auf zwei Jahre projektierten Umbau inklusive Einrichtung betragen rund 260 Millionen Schilling. Der Betrieb - so Noever - könne mit den Einnahmen aus Gastronomie und Vermietungen etwa zu zwei Drittel finanziert werden. Vollständig selbst finanzieren werde sich das Projekt nicht können. „Es gibt keine Kunstinstitution, die sich selbst rechnet“, betont Noever.


Tipp:

Die Ausstellung „heaven's gift - CAT Contemporary Art Tower - A New Programmatic Strategy for the Presentation of Contemporary Art“ Ausstellung in der Max Protetch Gallery in New York ist vom 30. Juni bis 28. Juli zu sehen. Zur Schau erscheint ein 72-seitiges Katalogbuch (Hatje Verlag Ostfildern) mit Beiträgen von Catherine David, Boris Groys, Paul Virilio, Lebbeus Woods und Thomas Krens.

ORF.at, Do., 2000.06.29

29. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Weil Berlin größer ist

Das Vitra Design Museum bekommt eine Dependence in der deutschen Hauptstadt

Das Vitra Design Museum bekommt eine Dependence in der deutschen Hauptstadt

Die Feuerwache von Zaha Hadid ist eine Ikone der Architekturgeschichte geworden. Und auch Frank O. Gehrys eindrucksvoller Museumsneubau in Weil am Rhein unterstrich eindrucksvoll, dass Vitra nicht nur bei seinen Möbeln künstlerische Kompetenz signalisieriert, sondern auch bei der begleitenden Imagepflege.

Weil in Deutschland derzeit aber alle Augen auf Berlin gerichtet sind, hat auch das Vitra Design Museum in Weil am Rhein künftig einen Zweitsitz in der deutschen Hauptstadt.


Neues Design in alten Mauern

Als Standort steht ein eindrucksvolles Denkmal der Industriearchitektur zur Verfügung, das 1925 von Hans Heinrich Müller erbaute Abspannwerk Humboldt im Stadtbezirk Prenzlauer Berg. Zu den in Berlin geplanten Vorhaben des Museums gehören unter anderem Retrospektiven über das Schaffen von Luis Barragan, Isamu Noguchi, Ludwig Mies van der Rohe und Frank Lloyd Wright.

Dass für die Eröffnungsausstellung ab 1. Juli die Verner-Panton-Retrospektive übernommen wird, die seit Anfang Februar in Weil zu sehen ist, kann allerdings nicht unbedingt als innovativ bezeichnet werden.

Die Gründung der Berliner Dependance und weiterer geplanter Niederlassungen in Italien, Frankreich, Spanien und den USA sind jedenfalls die logische Weiterentwicklung der bisherigen Bemühungen. In den vergangenen 10 Jahren trug das Vitra Design Museum wesentlich zur Popularisierung der Themen Design und Architektur bei. In guter Erinnerung ist zum Beispiel die Schau „100 Masterpieces“, die einen guten Überblick über die Geschichte des industriellen Möbelbaus aus der Sicht des Unternehmens gab. Der Katalog ist mittlerweile ein Taschenbuch-Klassiker.

ORF.at, Do., 2000.06.29

14. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Hoch hinaus...

Mars macht nicht nur mobil. Mars beflügelt auch die Fantasie. Zum Beispiel die der ArchitektInnen.

Mars macht nicht nur mobil. Mars beflügelt auch die Fantasie. Zum Beispiel die der ArchitektInnen.

„Institut für Hochbau“ steht an einer der Eingangstüren der Technischen Universität Wien und dahinter will man tatsächlich hoch hinaus. Seit zwei Semestern schweben die Studenten des Architekturprofessors Helmut Richter in höheren Spären. Gemeinsam mit der TU München planen die angehenden ArchitektInnen das Leben am Mars.

Das sei weit hergeholt, meinen Sie? Bereits im Juli beginnt die Mars Society auf der kanadischen Arktis-Insel Devon eine Station zu errichten, mit der simuliert werden soll, wie man es sich am Mars bequem machen könnte.


Cosmic Wellness

Gefragt sind dabei nicht nur Techniker, sondern auch Gestalter und Gestalterinnen. „Eine der wichtigsten Fragen bei solchen Langzeitmissionen ist das Wohlbefinden der Besatzung“, sagt Barbara Imhof, Assistentin bei Helmut Richter.

Es geht also nicht nur darum, die Marsstation so kompakt wie möglich zu machen, sondern der Crew ein Mindestmaß an Intimität, Bequemlichkeit und Vertrautheit zu vermitteln, etwa indem man den Marsbewohnern Ausblick auf den Horizont gewährt. „Wir wollen weg von der Dose“, spielt Barbara Imhof auf das klassische Space-Design à la „Mir“ oder „Freedom“ an.


Flexibilität und Intimität

Die Entwürfe beschäftigen sich deshalb mit dem gezielten Einsatz von Pflanzen und Farben. Es geht darum, die Räume variabel und multifunktional zu halten, Rückzugsräume für alle Besatzungsmitglieder zu schaffen und gleichzeitig die Rekombination von Räumen zu gewährleisten. Es sei nicht wirklich vorauszusehen, welchen Bedürfnissen Lebensräume unter solch extremen Bedingungen tatsächlich Genüge tun müssen.

Am Mars geht es alsoum ganz genau die gleichen Fragen, wie auf der Erde auch. Ist doch in den letzten Jahren die Mehrfachnutzung von Flächen und Räumen, das Offenhalten von Perspektiven immer mehr zum Thema der Architektur geworden. Nicht mehr das rigide Durchgestalten eines Gesamtkunstwerks, sondern die Kreation von Möglichkeiten steht im Vordergrund.


Realistische Perspektiven

In der täglichen Praxis der angehenden Architekten und Architektinnen werden die Ausflüge zum Mars vermutlich keinen direkten Niederschlag finden, das Projekt könnte dennoch mehr als eine Fingerübung werden, hofft Projektleiterin Barbara Imhof. Die Chancen, dass die eine oder andere Idee Eingang in das konkrete Marsprojekt finden wird, schätzt sie als durchaus realistisch ein. Zumal die Mars Society auf Devon erst die Hülle baut, in der die Simulationsstation errichtet werden soll. Die pläne dafür stehen noch nicht endgültig fest.


Mehr über die Pläne zur bemannten Marsmission erfahren Interessierte übrigens bei einem parallel zum Entwurfsworkshop abgehaltenen Symposion im Wiener Museum für angewandte Kunst am 15. Juni.


Links:


Alle Entwürfe
Institut für Hochbau

ORF.at, Mi., 2000.06.14

02. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Die Arbeit am Gesamtkunstwerk

Vom Speise-Service bis zum Gebäude spannt sich das Werk Oswald Haerdtls. Jetzt in einer Ausstellung im Wiener Ringturm.

Vom Speise-Service bis zum Gebäude spannt sich das Werk Oswald Haerdtls. Jetzt in einer Ausstellung im Wiener Ringturm.

Genießer sind mit seinen Arbeiten wohl vertraut. Das Café Imperial und das Café Prückel, beide an der Wiener Ringstraße, die Confiserie Altmann & Kühne am Graben, der Volksgartenpavillon in Blickweite der Hofburg, oder das Arabia Espresso am Wiener Kohlmarkt - sie alle sind Entwürfe des Architekten und Designers Oswald Haerdtl.


Nüchterne Sprache

Der langjährige Mitarbeiter Joseph Hoffmanns hat im Nachkriegs- Österreich einen nüchtern Tonfall angeschlagen und der modernistischen Geschäftigkeit eine adäquate Formensprache entgegengesetzt. Sein Messepavillon der Firma Felten & Guilleaume ist eine der Ikonen des Wiederaufbaus. Das mittlerweile abgetragene Gebäude zählt neben dem ehemaligen Schalterlokal der Pan Am in der Wiener Kärtner Straße, den großen Cafés und dem Historischen Museum der Stadt Wien zu den Hauptwerken Haerdtls.


Alles aus einer Hand

Von seinem früheren Partner, Hoffmann, hat der umtriebige Entwerfer nicht nur die klare Formensprache übernommen, sondern auch dessen umfassenden Gestaltungsanspruch. Haerdtl widmete sich mit der gleichen Intensität sowohl seinen Bauaufgaben, wie auch dem Design von Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen. Der Bogen seiner Werke spannt sich vom Gebäude, seinen Möbeln (samt den dazugehörigen Bezugsstoffen), Lampen und Spiegeln bis hin zum Besteck und Glasservice.

Darüber hinaus umfasst sein Werk auch Gebrauchsgrafik und Industrial Design.


Mittler zwischen den Zeiten

Bereits seine Entwürfe der Zwischenkriegszeit, wie die Österreich-Pavillons auf den Expos in Brüssel (1935) und Paris (1937) sprachen jene klare Sprache, die für seine Entwürfe nach dem Krieg so bezeichnend waren. Sein Werk steht für eine Kontinuität der Moderne über den Zweiten Weltkrieg hinaus.

Während der Herrschaft der Nationalsozialisten war Haerdtl nach Ableistung eines kurzen Wehrdienstes ebenfalls als Architekt tätig und hatte außerdem eine Professorenstelle an der Wiener Kunstgewerbeschule inne. Er versuchte sowohl zu den Machthabern Distanz zu wahren als auch seiner Formensprache treu zu bleiben.


Umfassende Dokumentation

Die Ausstellung im Rahmen der Reihe Architektur im Ringturm versucht mit zahlreichen Originalen aus dem Nachlass und bisher nicht publizierten Dokumenten einen Einblick in das Schaffen Oswald Haerdtls zu geben. Unterstützt werden die BesucherInnen dabei von einer digitalen Bilddatenbank, die rund 2.000 Elemente umfasst. Für Hardware-Fanatiker gibt es ein Katalogbuch von Adolph Stiller (Anton Pustet Verlag, 1999).

ORF.at, Fr., 2000.06.02

07. April 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Alles wird gut

In den 60er Jahren wollte Peter Cook und seine Gruppe „Archigram“ den Städten noch Beine machen - wortwörtlich. Vierzig Jahre später macht Peter Cook noch immer spektakuläre Architektur. In Graz baut er nun das Kunsthaus, wie die Jury am Freitag bekannt gegeben hat.

In den 60er Jahren wollte Peter Cook und seine Gruppe „Archigram“ den Städten noch Beine machen - wortwörtlich. Vierzig Jahre später macht Peter Cook noch immer spektakuläre Architektur. In Graz baut er nun das Kunsthaus, wie die Jury am Freitag bekannt gegeben hat.

Nach mehr als zehnjährigen Diskussionen, nach finanziellen Querelen in letzter Sekunde wendet sich nun doch alles zum Guten. Graz bekommt rechtzeitig zum Kulturhauptstadt-Jahr, 2003, qualitativ hochwertige Architektur und der Bund zahlt doch noch mit.

ORF.at, Fr., 2000.04.07



verknüpfte Bauwerke
Kunsthaus Graz

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Presseschau 12

03. April 2003Joseph Schimmer
ORF.at

Fest feiern

Das Gespräch mit der „Turn On“-Organisatorin Margit Ulama führte Joseph Schimmer.

Das Gespräch mit der „Turn On“-Organisatorin Margit Ulama führte Joseph Schimmer.

Frage: Das Symposion ist der Auftakt zu einer Reihe. Welches Profil wünschen Sie sich dafür - auch in Abgrenzung zu anderen Kongressen, wie dem des Az W?

Ulama: Zunächst will die Veranstaltung kein Symposion sein, sondern ein Festival. Es soll eigentlich eine Feier der österreichischen Architektur werden. Es geht darum, guter, ambitionierter und anspruchsvoller österreichischer Architektur eine Plattform zu bieten. Meistens werden ja nur die Probleme diskutiert.

Frage: Was zeichnet „gute Gegenwartsarchitektur“ aus?

Ulama: Gute Architektur lässt sich detailliert nur auf der Projektebene selbst besprechen. Ganz allgemein geht es mir aber darum, die Vielfalt der österreichischen Architektur darzustellen. Den intellektuellen Hintergrund der Programmauswahl bildet mein letztes Buch Architektur als Anatomie. Im Vergleich zur Schweiz etwa, wo die Architekten mit ihren Architekturhaltungen und -sprachen viel näher beisammen liegen, zeichnet die österreichische Architekturszene ein wesentlich breiteres Spektrum aus. Das reicht von Coop Himmel(b)lau und nextENTERprise auf der einen Seite, bis hin zu extrem reduziert arbeitenden Büros wie Jabornegg&Palffy auf der anderen Seite. Diese Vielfalt in der Aneinanderreihung der Präsentationen darzustellen war eine grundlegende Idee der Veranstaltung. Darüber hinaus geht es mir auch darum, nicht nur die Architektur selbst, sondern auch die Geschichten zu den Bauten zu erzählen.

Frage: Bemerkenswert an Ihrer Auswahl ist die Dichte an öffentlichen und privaten Nutzbauten, also Schulen, Bühnen, Wohn- und Einfamilienhäusern. Die viel diskutierten Erlebniswelten, vom Museum bis zu Entertainmentcentern, stehen im Hintergrund. Zufall oder Programm?

Ulama: Wohnen betrifft wirklich jeden. Es ist wichtig, auf diese elementaren Aufgaben den Fokus zu legen, zu zeigen, wie heute gewohnt werden kann, von den luxuriösen Villen à la Pichler&Traupmann bis zum geförderten Wohnbau. Gerade auf diesem Gebiet hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Noch vor zehn Jahren waren im Wohnbau qualitätsvolle Projekte die rare Ausnahme. Heute sind die Leistungen im geförderten Wohnbau wirklich ein relevantes Thema.

Frage: Was hat diesen Wandel im geförderten Wohnbau motiviert?

Ulama: Das ist einerseits auf das Engagement der Architekten zurückzuführen, auf der anderen Seite liegt es am Baumarkt selbst. Der Markt ist gesättigt und Wohnungen, die heute angeboten werden, müssen einen gewissen Standard aufweisen, wenn sie verkaufbar sein sollen. Qualität wird von den Käufern und Mietern einfach gefordert. Eine Reaktion auf dieses Bedürfnis sind auch die zahlreichen Themensiedlungen.

Frage: Um doch noch ein Beispiel der glamourösen Erlebniswelten herauszugreifen: Im Zusammenhang mit dem UFA-Palast in Dresden von Coop Himmelb(l)au thematisieren Sie im Programm die Auslagerung der Gestaltung öffentlicher Plätze an private Investoren, weil den Kommunen das Geld fehle. So gerühmt der Coop-Entwurf war, haben doch Bauten wie diese, bzw die Expansionspolitik, die dahinter gestanden ist, letztlich zum Konkurs der Ufa geführt. Heißt das, polemisch gefragt, dass sich die Gestaltung des öffentlichen Raums - auch als „Abfallprodukt“ privater Investitionen - dann niemand mehr leisten kann?

Ulama: Naja, das würde ich nicht so sagen. Ich denke mir aber, dass es ein öffentliches Bewusstsein für Architektur braucht. Auf politischer, wie auf privater Seite, bei Unternehmen, wie der Öffentlichkeit. Dazu dienen Veranstaltungen wie „Turn On“. Ich bin so optimistisch, zu glauben, dass das auch gelingt.

Frage: Obwohl wir ein Land der Häuslbauer sind?

Ulama: Ja. Es gibt ja eine grundsätzliche Offenheit, diese Erfahrung mache ich immer wieder, auch in der Vorbereitung gerade auf diese Veranstaltung. Aber leider wissen die Menschen wenig über Architektur. Es gibt ja auch in der Schule keinerlei Vermittlung in diese Richtung. Deshalb glaube ich, dass es wirklich auf die Vermittlung ankommt. Man muss zeigen, was gute Architektur alles bringen kann.

Frage: Bei Defiziten aller Art wird gerne nach verstärktem Engagement der Schulen verlangt. Was können im konkreten Fall aber die Architekten selbst machen, um ihre eigene Arbeit einer breiteren Öffentlichkeit, als ihren konkreten Auftraggebern zu vermitteln?

Ulama: Da hat sich schon viel geändert. Die heutigen jungen Architekten sind, was Fragen der Präsentation und Selbstvermarktung betrifft, viel besser als die „Künstlerarchitekten“ früherer Generationen. Für die Künstler der 68er-Gerneration war Vermarktung geradezu ein Fremdwort. Da hat sich einiges geändert. Dennoch ist es so, dass die Architekten primär mit der Abwicklung ihrer Projekte beschäftigt sind. Da braucht es einfach Veranstaltungen wie diese, die die nötige Öffentlichkeit herstellen. Das müssen andere machen, als die Architekten selbst.

ORF.at, Do., 2003.04.03

08. Mai 2001Joseph Schimmer
ORF.at

Räume statt Flächen

Erstmals können Jugendliche ihre Stadt planen.

Erstmals können Jugendliche ihre Stadt planen.

Hartberg und Eferding haben abgewunken. Linz war der Vorschlag nicht einmal eine Antwort wert. Bruck an der Mur hingegen bewies Mut zum Risiko. Seit März erarbeitet ein Team von LandschaftsplanerInnen mit Jugendlichen an einem Konzept zur besseren Nutzung der Freiflächen der Stadt. teens_open_space heißt das Projekt, das öde Parks, Straßen und Plätze in Aufenthalts-, Kommunikations-, Spiel- und Rückzugsräumen verwandeln soll, die Jugendliche gerne benützen.

Freiraumgestaltung ist das Stiefkind der heimischen Raumplanung. Freiraum ist, was übrig bleibt, wenn alle Häuser, Straßen und Plätze gebaut sind, der ungeliebte Rest, der zu nichts nütze ist.


Modellfall Bruck?

Die steirischen Schul- und Industriestadt Bruck an der Mur könnte zum österreichischen Modellfall werden. Das Wissenschaftsministerium hat das Projekt initiiert und erwartet sich Impulse für die angewandte Forschung ebenso, wie für die Planungssituation selbst. Das Projektteam um Karin Standler erwartet sich eine Lösung, die auch auf andere Räume übertragbar ist und will in den Köpfen der Verantwortlichen die Idee festsetzen, dass Freiräume nicht eine willkürliche Anordnung von nicht genützten Flächen sind, sondern soziale Orte, deren Nutzung verhandelt werden muss. Da das Ministerium 80 Prozent der Kosten trägt, kommt die Gemeinde um wenig Geld zu einem Nutzungskonzept, dessen Notwendigkeit sich bislang niemand so recht eingestanden hat. Und die Jugendlichen selbst?

„Ich möchte mit der Gemeinde über den Schillerplatz verhandeln“, meint etwa Martin Prügger recht selbstbewusst in der Talkline des Projekts. Ihm geht es um die Erneuerung des Fußballplatzes. „Das ist ganz typisch“, meint dazu Projektleiterin Karin Standler. Während die Mädchen recht differenzierte Vorstellungen in das Projekt eingebracht haben, wollen die Buben in erster Linie dem runden Leder Raum geben.


Aufwendige Startphase

Standler und ihre KollegInnen sind in Schulen, Betriebe und Jugendzentren gegangen, um für das Projekt zu werben. Übrig geblieben ist eine Gruppe von 25 bis 40 Jugendlichen, die den Ist-Zustand erheben, ihre Wünsche artikulieren, an Lösungen arbeiten, und schließlich sogar mit der Gemeinde über die Umsetzung ihrer Ideen verhandeln werden. Mehrheitlich sind es Mädchen, die mitarbeiten, überwiegend SchülerInnen, es gibt aber auch einige Lehrlinge und sogar einige Sozialfälle, die eher die Aussicht auf eine warme Mahlzeit als ein neuer Park interessiert hat.


Selbstbewusstes Auftreten

Am überraschendsten war für das Planungsteam die Deutlichkeit, mit der die Brucker Jugend ihren Platz im öffentlichen Raum eingefordert hat. Keine verschwiegenen Winkel stehen auf der Wunschliste an die Politik, sondern frei zugängliche, öffentliche Orte. Es geht damit um Anerkennung, Präsenz, aber auch um soziale Kontrolle, wie sie vor allem Mädchen wünschen.


Alles ist möglich

Wie Bruck an der Mur in einigen Jahren aussehen wird, ist noch völlig offen. Nicht nur, weil sich die Gemeinde bisher nicht festlegen wollte, wie viel Geld ihr das Projekt in der Umsetzungsphase letztlich wert sein will. Das Planungsteam selbst ist noch ganz offen, welche Schlüsse es aus den ersten Erhebungen ziehen will.

Ein zentraler Ort, etwa der umgebaute Stadtpark oder ein neu zu errichtender Park sind ebenso denkbar, wie die Idee, die ganze Stadt zur Erlebniszone für Jugendliche zu machen. Dahinter steht der aktuelle Paradigmenwechsel der Raumplanung wie auch der Architektur, keine hoch spezialisierten, funktionalen Lösungen zu entwickeln, sondern variable Bespielungen und Mehrfachnutzungen zu ermöglichen. Die Möglichkeit, unbehelligt Party machen zu können, wird jedenfalls ebenso Thema werden wie die Überbrückung schlechter Witterung im Freien. Sabine etwa fordert in der Talkline überdachte Sitzgelegenheiten (wie sie kaum in einem heimischen Park vorhanden sind).

ORF.at, Di., 2001.05.08

29. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Immer mittwochs

Die neue Diskussionsreihe des Architektur Zentrum Wien geht in die Sommerpause. Ein Abschlussbericht.

Die neue Diskussionsreihe des Architektur Zentrum Wien geht in die Sommerpause. Ein Abschlussbericht.

Wenn Architekten über ihre Homepages sprechen ist gleich einschlägiges Vokabular zur Hand. Das Portal (!) ist dann die Fassade, die Untermenüs sind Zimmer, die sich abschreiten lassen. Nicht von ungefähr heißt Österreichs beste Architekturdatenbank nextroom.


Entdeckerfreuden

Hanns Kastner vom Büro Schluder-Kastner gerät ins Schwärmen, wenn er von den Möglichkeiten des Netzes nicht nur für sein Büro, sondern für die Architektur insgesamt spricht. Was vorderhand nur eine mehr oder weniger vollständige Präsentation seiner Projekte ist, könnte sich in fünf bis zehn Jahren, so Kastner, zu einem vollständig neuen Kommunikationsmedium gewandelt haben, getreu dem Motto:


Von der Website zur Werkhalle

Architekt Hanns Kastner denkt dabei an eine Vereinfachung der Planung und Abwicklung von Projekten. Besonders bei größeren Bauaufgaben sei es schwierig und vor allem aufwendig, alle Beteiligten, vom Baupolier bis zum kleinen Installationsbetrieb etwa, stets am gleichen Informationsstand zu halten. Die kontinuierliche Abwicklung und Dokumentation des Baufortschritts und der noch zu unternehmenden Schritte könnte da eine enorme Erleichterung darstellen.

Aber auch in der für die Büros extrem aufwendigen Wettbewerbsphase erwartet Hanns Kastner durch das Netz bedingte Veränderungen. Warum Modelle bauen? Warum nicht einfach eine Homepage als Projektbeschreibung einreichen?


Neue Aufgaben

Erstellung, Bespielung, und vielleicht sogar Nachbetreung von projektbezogenen Websites wird laut Kastner bald zum Alltag von Architekten gehören. Bei einem Wohnbauprojekt, spekuliert er, könnten die neuen Bewohner und Bewohnerinnen die Seite schließlich übernehmen und zu ihrem hausinternen Kommunikationsmedium machen.

Für sein Büro hat sich der Gang ins Netz jedenfalls bereits ausgezahlt, ist doch aus der Zusammenarbeit mit dem Grafiker ein Projekt einer Interaktiven Medienwand für Berlin geworden.

Hanns Kastner erweist sich als Mann mit Weitblick, das zeigt schon ein kleiner Seitenblick auf den Domain-Namen seines Büros. Die URL www.architecture.at hat bei der mittwochs-Diskussion einige Begehrlichkeiten geweckt. Sollte das Büro bedauerlicherweise Pleite machen, könnte sich der hochtrabende Name ja noch als Retter in der Not herausstellen.


Die Datenbanker

Ganz andere Wege beschreiten die Betreiber des experimentellen Architekturservers xarch. Nicht Dokumentation von Architektur im Netz will xarch sein, sondern eigentliche Architektur im Netz - die Strukturierung von Information als virtuelle Bauaufgabe.

36.000 Hompages und eine Million Zugriffe im Monat lautet die beeindruckende Bilanz des Projekts, das aus studentischem Engagement entstanden ist und von den mittlerweile fertigen Architekten weiter betrieben wird, weil der Nachwuchs sich nur spärlich einstellen will. Lediglich ein Drittel der Zugriffe stammt laut Server-Statistik übrigens aus Österreich.

Das kaum mehr überblickbare Angebot hat die Betreiber rund um Wolfgang Reinisch übrigens zu einem witzigen Kunstkniff greifen lassen, dem random selector. Alle acht Sekunden wird den orientierungslosen, aber informationswilligen Usern ein neues, aktuelles Angebot aus den Tiefen der Datenbank an die Oberfläche gereicht.


Selektion und Integration

Der Altmeister der konsequenten Szenebeobachtung im Netz, Jürg Meister von nextroom, meldet freilich Bedenken an. Er habe sich schon längst von der Illusion verabschiedet, dass man per Hyperlink die ganze Welt umarmen könne.

Immerhin 1100 Gebäude, 1900 Texte und 3000 Bilder, die alle untereinander in Beziehung stehen, verwaltet Meister auf seinem Server. Interessant an dem Projekt ist vor allem, dass es nur über aktive Vernetzung mit den so genannten Sammlungsgebern, Printmedien etwa, oder dem Architekturzentrum funktioniert. Diese liefern in Eigenverantwortung Material an nextroom, um so ihre Informationen zu bündeln.

Es gibt aber auch den umgekehrten Fall. Das Architektur Zentrum Wien, das derzeit heftig an einem neuen, verbesserten Webauftritt arbeitet, wird im Zuge dieses Relaunches etwa die Informationen über die neue Handbibliothek im AZW bei nextroom ablegen.


Mehrdimensionale Räume

Ein weiterer Player im nationalen Architekturnetzwerk ist Christian Kühn von aneta. Dieser Zusammenschluss mehrerer Architekturhäuser und -stiftungen gibt einen umfassenden Überblick über das Geschehen in den Bundesländern. Bei der mittwochs-Veranstaltung hat Christian Kühn sein Augenmerk vor allem auf Präsentations- und Vermittlungsformen im Netz gelegt.

Auch wenn das Beispiel, die Hans Beneder-Schau Zugänge im MAK, bereits drei Jahre auf dem digitalen Buckel hat, und auch, wenn der Raumbegriff der VR-Installation eher konventionell ist, zeigt dieser Versuch doch sehr gut mögliche Entwicklungen der Ausstellungs- und damit auch Architekturpräsentation.


Epilog

Die mittwochs-Veranstaltung hat übrigens versucht, das übliche laue Diskussionsklima dadurch anzuheizen, dass die Diskutanten nicht am Podium, sondern im Raum verteilt gesessen sind. Bei der Präsentation der einzelnen Homepages hat sich freilich gezeigt, dass die Macht der Bilder allemal stärker ist als die Macht der Worte, und alle Beteiligten, inklusive der Vortragenden, gebannt auf die Leinwand blicken ließ, quasi als Einstimmung auf das erste Halbfinal-Spiel der Fußball-EM, das als Digestiv per Videobeamer gereicht wurde. mittwochs findet im September seine Fortsetzung.

ORF.at, Do., 2000.06.29

29. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Geschenk des Himmels

Am Donnerstag präsentierte MAK-Direktor Peter Noever in New York Pläne für den Umbau des Flakturms, dem MAK-Depot für Gegenwartskunst, in ein Kunstzentrum.

Am Donnerstag präsentierte MAK-Direktor Peter Noever in New York Pläne für den Umbau des Flakturms, dem MAK-Depot für Gegenwartskunst, in ein Kunstzentrum.

In ein „Geschenk des Himmels“ könnte sich einer der beiden Flaktürme im Wiener Arenbergpark verwandeln, wenn jenes Projekt realisiert wird, das MAK-Direktor Peter Noever zusammen mit den Architekten Sepp Müller und Michael Embacher entwickelt hat. Am Donnerstag wurde das Projekt in New York erstmals öffentlich präsentiert.

Modelle und Pläne zur Umwandlung des Gefechtsturmes im Wiener Arenbergpark in ein Kunstzentrum sind derzeit in der renommierten Max Protetch Gallery in New York zu sehen. „Heaven's Gift - A New Programmatic Strategy for the Presentation of Contemporary Art“ nennt sich die Ausstellung, die die Metamorphose des zwischen 1942 und 1943 erbauten Gefechtsturmes im dritten Wiener Gemeindebezirk in einen „Contemporary Art Tower“ (CAT), einen Turm für zeitgenössische Kunst mit seitlichem Media- und Serviceturm, veranschaulicht.


Größer als das Muqua

Mit einer Gesamtfläche von 12.900 Quadratmeter, verteilt auf neun Stockwerke, verfügt der CAT über mehr Fläche als der Fischer-von-Erlach-Trakt im Wiener Museumsquartier mit seinen rund 11.000 Quadratmetern. Für künstlerische Eingriffe an und in der Haut des geschichtsträchtigen Baukörpers konnten Jenny Holzer und James Turrell gewonnen werden.


Ein Wiener in New York

„Ich wollte das Projekt frei von Emotionen und in einem anderen Kontext präsentieren und zur Diskussion stellen“, begründet Peter Noever, warum ein Wiener Vorhaben in New York vorgestellt wird. Dass die Wahl auf die für ihren Einsatz von Text bekannte Holzer und den Lichtkünstler Turrell fiel - „Für das Projekt kamen einige Künstler in Frage.“ (Noever) - liege an der Beschaffenheit des sperrigen Baukörpers, dessen „rauhe, abweisende Ästhetik“ erhalten bleiben soll. „Die Dinge sollen nicht dekoriert und verschönert werden und diese Künstler können mit diesen Substanzen umgehen.“


Text und Licht

Holzers CAT-Projekt ist von Wladimir Tatlins Entwurf für das „Denkmal der III. Internationale“ (1920/21) inspiriert und besteht aus zwei Teilen, aus Text-Projektionen (mit Xenon-Technik oder/und elektronisch) auf den Turm und um ihn herum sowie einem Suchlicht. Dieses soll von der Spitze des rund 90 Meter hohen Mediaturmes strahlen, der an der Südseite in einigen Metern Abstand neben dem Flakturm geplant ist und dessen Gerüst Platz für Service- und Bürocontainer bietet.


Skyspace von James Turrell

Turrell hat eine Skyspace Bar für eine der vier Plattformen auf dem Turm entworfen. Ein vier Meter (im Durchmesser) großes Loch in der Decke soll den Besuchern einen Blick in den Himmel über Wien bieten und „den Raum zwischen Himmel und Erde als materialisiertes Farbfeld wahrnehmen“ lassen. Daneben will Turrell die fensterartigen Öffnungen in den Außenwänden mit blauen Lichtarbeiten füllen. Auch der Durchgang zur Landstraßer Hauptstraße soll in blauem Licht erstrahlen. Beide Interventionen werden nur in der Nacht sichtbar sein.


Kunst und Kommerz

Das CAT-Projekt sieht die Nutzung der ersten drei Ebenen für kommerzielle Zwecke vor - etwa Kunstmessen, Clubbings, Performances und Konzerte. Die Stockwerke drei bis acht - mit Raumhöhen zwischen 2,5 und 6 Meter - sind reserviert für das CAT-Programm. In die turmartigen Plattformen auf dem Dach sollen neben Turrells Skyspace Bar zwei Restaurants und ein Café einziehen.


„Kein neues Museum“

„Die Idee von CAT ist nicht, ein Museum zu wiederholen, was bei den meisten Museumsneubauten nicht gelungen ist“, betont Noever. Es sei darum gegangen, „einen bestehenden Ort mit all seinen Konnotationen zu transformieren“. Diese Umwandlung von etwas Negativem könne nur Kunst leisten. „Nur Kunst kann negative Stimmung mit positiven Energien besetzen“, meint Peter Noever.


Vom Provisorium zum CAT?

Entwickelt hat sich das CAT-Projekt aus einem Provisorium. Das MAK adaptierte zwei der insgesamt neun Geschoße als Depot für seine Gegenwartskunstsammlung. Seit 1995 sind Teile aus dieser Kollektion auf einer Etage (1.400 Quadratmeter) an jedem ersten Donnerstag im Monat sowie am Nationalfeiertag öffentlich zugänglich.

Zu sehen sind dort neben Architekturmodellen und Stücken aus der Sammlung auch Multiples aus der „Edition Parkett“. Vor allem für größere Sammlungsobjekte sind die Räumlichkeiten ideal. So steht dort beispielsweise eine raumgreifende Arbeit Bruno Gironcolis aus den frühen 70er Jahren, eine speziell für den Ort entstandene, mit Schrift bedruckte Glasschiebetüre von Eva Schlegel, und Ilya Kabakovs aus seiner Installation „Der rote Waggon“ (für die MAK-Ausstellung „Tyrannei des Schönen“) entstandene Arbeit „No Water“. Und Chris Burdens „Pizza City“ hat genug Platz, sich weiter zu entwickeln.


Der Luxus des Übervolumens

Die Räume - so Noever - „funktionieren“ und der Turm biete den „Luxus des Übervolumens“. Von den Räumen, die so nie für ein Museum gebaut würden, hätten sich bisher auch viele Künstler angetan gezeigt. Angetan war auch Thomas Krens, Direktor der Guggenheim Foundation, der an der Bespielung der sechsten Etage mit Wechselausstellungen aus der Guggenheim-Sammlung interessiert ist.


Internationale Berater

Krens gehört auch dem „CAT International Advisory Board“ an, einem Team internationaler Experten, das als Berater in programmatischen und finanziellen Dingen fungieren soll. Weitere Mitglieder sind die Kuratorin und document-X-Leiterin Catherine David, der Kunstsammler Georg Geyer, der Philosoph und Kunsttheoretiker Boris Groys, der Industrielle und Kunstsammler Cornelius Grupp, der Museumsdirektor und Kurator Jan Hoet, Erste-Bank-Chef Andreas Treichl sowie der Urbanist und Essayist Paul Virilio.


Knackpunkt Geld

Im vorigen Jahr wurde eine Machbarkeitsstudie zu diesem Projekt dem damaligen Bundeskanzler Viktor Klima und Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer übergeben. Seither gab es Gespräche mit Vertretern des Bezirks. So sei die Höhe des Medienturms nach Gesprächen mit dem Bezirksvorsteher gesenkt worden. Die Nettokosten für den von Noever auf zwei Jahre projektierten Umbau inklusive Einrichtung betragen rund 260 Millionen Schilling. Der Betrieb - so Noever - könne mit den Einnahmen aus Gastronomie und Vermietungen etwa zu zwei Drittel finanziert werden. Vollständig selbst finanzieren werde sich das Projekt nicht können. „Es gibt keine Kunstinstitution, die sich selbst rechnet“, betont Noever.


Tipp:

Die Ausstellung „heaven's gift - CAT Contemporary Art Tower - A New Programmatic Strategy for the Presentation of Contemporary Art“ Ausstellung in der Max Protetch Gallery in New York ist vom 30. Juni bis 28. Juli zu sehen. Zur Schau erscheint ein 72-seitiges Katalogbuch (Hatje Verlag Ostfildern) mit Beiträgen von Catherine David, Boris Groys, Paul Virilio, Lebbeus Woods und Thomas Krens.

ORF.at, Do., 2000.06.29

29. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Weil Berlin größer ist

Das Vitra Design Museum bekommt eine Dependence in der deutschen Hauptstadt

Das Vitra Design Museum bekommt eine Dependence in der deutschen Hauptstadt

Die Feuerwache von Zaha Hadid ist eine Ikone der Architekturgeschichte geworden. Und auch Frank O. Gehrys eindrucksvoller Museumsneubau in Weil am Rhein unterstrich eindrucksvoll, dass Vitra nicht nur bei seinen Möbeln künstlerische Kompetenz signalisieriert, sondern auch bei der begleitenden Imagepflege.

Weil in Deutschland derzeit aber alle Augen auf Berlin gerichtet sind, hat auch das Vitra Design Museum in Weil am Rhein künftig einen Zweitsitz in der deutschen Hauptstadt.


Neues Design in alten Mauern

Als Standort steht ein eindrucksvolles Denkmal der Industriearchitektur zur Verfügung, das 1925 von Hans Heinrich Müller erbaute Abspannwerk Humboldt im Stadtbezirk Prenzlauer Berg. Zu den in Berlin geplanten Vorhaben des Museums gehören unter anderem Retrospektiven über das Schaffen von Luis Barragan, Isamu Noguchi, Ludwig Mies van der Rohe und Frank Lloyd Wright.

Dass für die Eröffnungsausstellung ab 1. Juli die Verner-Panton-Retrospektive übernommen wird, die seit Anfang Februar in Weil zu sehen ist, kann allerdings nicht unbedingt als innovativ bezeichnet werden.

Die Gründung der Berliner Dependance und weiterer geplanter Niederlassungen in Italien, Frankreich, Spanien und den USA sind jedenfalls die logische Weiterentwicklung der bisherigen Bemühungen. In den vergangenen 10 Jahren trug das Vitra Design Museum wesentlich zur Popularisierung der Themen Design und Architektur bei. In guter Erinnerung ist zum Beispiel die Schau „100 Masterpieces“, die einen guten Überblick über die Geschichte des industriellen Möbelbaus aus der Sicht des Unternehmens gab. Der Katalog ist mittlerweile ein Taschenbuch-Klassiker.

ORF.at, Do., 2000.06.29

14. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Hoch hinaus...

Mars macht nicht nur mobil. Mars beflügelt auch die Fantasie. Zum Beispiel die der ArchitektInnen.

Mars macht nicht nur mobil. Mars beflügelt auch die Fantasie. Zum Beispiel die der ArchitektInnen.

„Institut für Hochbau“ steht an einer der Eingangstüren der Technischen Universität Wien und dahinter will man tatsächlich hoch hinaus. Seit zwei Semestern schweben die Studenten des Architekturprofessors Helmut Richter in höheren Spären. Gemeinsam mit der TU München planen die angehenden ArchitektInnen das Leben am Mars.

Das sei weit hergeholt, meinen Sie? Bereits im Juli beginnt die Mars Society auf der kanadischen Arktis-Insel Devon eine Station zu errichten, mit der simuliert werden soll, wie man es sich am Mars bequem machen könnte.


Cosmic Wellness

Gefragt sind dabei nicht nur Techniker, sondern auch Gestalter und Gestalterinnen. „Eine der wichtigsten Fragen bei solchen Langzeitmissionen ist das Wohlbefinden der Besatzung“, sagt Barbara Imhof, Assistentin bei Helmut Richter.

Es geht also nicht nur darum, die Marsstation so kompakt wie möglich zu machen, sondern der Crew ein Mindestmaß an Intimität, Bequemlichkeit und Vertrautheit zu vermitteln, etwa indem man den Marsbewohnern Ausblick auf den Horizont gewährt. „Wir wollen weg von der Dose“, spielt Barbara Imhof auf das klassische Space-Design à la „Mir“ oder „Freedom“ an.


Flexibilität und Intimität

Die Entwürfe beschäftigen sich deshalb mit dem gezielten Einsatz von Pflanzen und Farben. Es geht darum, die Räume variabel und multifunktional zu halten, Rückzugsräume für alle Besatzungsmitglieder zu schaffen und gleichzeitig die Rekombination von Räumen zu gewährleisten. Es sei nicht wirklich vorauszusehen, welchen Bedürfnissen Lebensräume unter solch extremen Bedingungen tatsächlich Genüge tun müssen.

Am Mars geht es alsoum ganz genau die gleichen Fragen, wie auf der Erde auch. Ist doch in den letzten Jahren die Mehrfachnutzung von Flächen und Räumen, das Offenhalten von Perspektiven immer mehr zum Thema der Architektur geworden. Nicht mehr das rigide Durchgestalten eines Gesamtkunstwerks, sondern die Kreation von Möglichkeiten steht im Vordergrund.


Realistische Perspektiven

In der täglichen Praxis der angehenden Architekten und Architektinnen werden die Ausflüge zum Mars vermutlich keinen direkten Niederschlag finden, das Projekt könnte dennoch mehr als eine Fingerübung werden, hofft Projektleiterin Barbara Imhof. Die Chancen, dass die eine oder andere Idee Eingang in das konkrete Marsprojekt finden wird, schätzt sie als durchaus realistisch ein. Zumal die Mars Society auf Devon erst die Hülle baut, in der die Simulationsstation errichtet werden soll. Die pläne dafür stehen noch nicht endgültig fest.


Mehr über die Pläne zur bemannten Marsmission erfahren Interessierte übrigens bei einem parallel zum Entwurfsworkshop abgehaltenen Symposion im Wiener Museum für angewandte Kunst am 15. Juni.


Links:


Alle Entwürfe
Institut für Hochbau

ORF.at, Mi., 2000.06.14

02. Juni 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Die Arbeit am Gesamtkunstwerk

Vom Speise-Service bis zum Gebäude spannt sich das Werk Oswald Haerdtls. Jetzt in einer Ausstellung im Wiener Ringturm.

Vom Speise-Service bis zum Gebäude spannt sich das Werk Oswald Haerdtls. Jetzt in einer Ausstellung im Wiener Ringturm.

Genießer sind mit seinen Arbeiten wohl vertraut. Das Café Imperial und das Café Prückel, beide an der Wiener Ringstraße, die Confiserie Altmann & Kühne am Graben, der Volksgartenpavillon in Blickweite der Hofburg, oder das Arabia Espresso am Wiener Kohlmarkt - sie alle sind Entwürfe des Architekten und Designers Oswald Haerdtl.


Nüchterne Sprache

Der langjährige Mitarbeiter Joseph Hoffmanns hat im Nachkriegs- Österreich einen nüchtern Tonfall angeschlagen und der modernistischen Geschäftigkeit eine adäquate Formensprache entgegengesetzt. Sein Messepavillon der Firma Felten & Guilleaume ist eine der Ikonen des Wiederaufbaus. Das mittlerweile abgetragene Gebäude zählt neben dem ehemaligen Schalterlokal der Pan Am in der Wiener Kärtner Straße, den großen Cafés und dem Historischen Museum der Stadt Wien zu den Hauptwerken Haerdtls.


Alles aus einer Hand

Von seinem früheren Partner, Hoffmann, hat der umtriebige Entwerfer nicht nur die klare Formensprache übernommen, sondern auch dessen umfassenden Gestaltungsanspruch. Haerdtl widmete sich mit der gleichen Intensität sowohl seinen Bauaufgaben, wie auch dem Design von Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen. Der Bogen seiner Werke spannt sich vom Gebäude, seinen Möbeln (samt den dazugehörigen Bezugsstoffen), Lampen und Spiegeln bis hin zum Besteck und Glasservice.

Darüber hinaus umfasst sein Werk auch Gebrauchsgrafik und Industrial Design.


Mittler zwischen den Zeiten

Bereits seine Entwürfe der Zwischenkriegszeit, wie die Österreich-Pavillons auf den Expos in Brüssel (1935) und Paris (1937) sprachen jene klare Sprache, die für seine Entwürfe nach dem Krieg so bezeichnend waren. Sein Werk steht für eine Kontinuität der Moderne über den Zweiten Weltkrieg hinaus.

Während der Herrschaft der Nationalsozialisten war Haerdtl nach Ableistung eines kurzen Wehrdienstes ebenfalls als Architekt tätig und hatte außerdem eine Professorenstelle an der Wiener Kunstgewerbeschule inne. Er versuchte sowohl zu den Machthabern Distanz zu wahren als auch seiner Formensprache treu zu bleiben.


Umfassende Dokumentation

Die Ausstellung im Rahmen der Reihe Architektur im Ringturm versucht mit zahlreichen Originalen aus dem Nachlass und bisher nicht publizierten Dokumenten einen Einblick in das Schaffen Oswald Haerdtls zu geben. Unterstützt werden die BesucherInnen dabei von einer digitalen Bilddatenbank, die rund 2.000 Elemente umfasst. Für Hardware-Fanatiker gibt es ein Katalogbuch von Adolph Stiller (Anton Pustet Verlag, 1999).

ORF.at, Fr., 2000.06.02

07. April 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Alles wird gut

In den 60er Jahren wollte Peter Cook und seine Gruppe „Archigram“ den Städten noch Beine machen - wortwörtlich. Vierzig Jahre später macht Peter Cook noch immer spektakuläre Architektur. In Graz baut er nun das Kunsthaus, wie die Jury am Freitag bekannt gegeben hat.

In den 60er Jahren wollte Peter Cook und seine Gruppe „Archigram“ den Städten noch Beine machen - wortwörtlich. Vierzig Jahre später macht Peter Cook noch immer spektakuläre Architektur. In Graz baut er nun das Kunsthaus, wie die Jury am Freitag bekannt gegeben hat.

Nach mehr als zehnjährigen Diskussionen, nach finanziellen Querelen in letzter Sekunde wendet sich nun doch alles zum Guten. Graz bekommt rechtzeitig zum Kulturhauptstadt-Jahr, 2003, qualitativ hochwertige Architektur und der Bund zahlt doch noch mit.

ORF.at, Fr., 2000.04.07



verknüpfte Bauwerke
Kunsthaus Graz

18. Februar 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Der andere Blick auf Österreich

Das Feilen am heimischen EXPO-Motto begann als Gesamtkonzept und ist schließlich den österreichischen Weg gegangen.

Das Feilen am heimischen EXPO-Motto begann als Gesamtkonzept und ist schließlich den österreichischen Weg gegangen.

In diesem Jahr wird es keinen eigens für die EXPO errichteten Österreich-Pavillon geben. Ähnlich wie andere Länder und ähnlich wie auch schon in Lissabon hat man sich dazu entschieden, eine der Hallen auf dem Messeglände von Hannover anzumieten. Grundfläche: 6.500 Quadratmeter.

Schwieriger Wettbewerb

Für die Präsentation dort hat das EXPO-Komitee - wie in solchen Fällen üblich - einen zweistufigen Wettbewerb ausgeschrieben; allerdings mit zwei Besonderheiten: Die Architekten sollten auch ein Konzept für die inhaltliche Präsentation unter dem Motto „der andere Blick auf Österreich“ einbeziehen, und: Es gab keine Budgetvorgaben.

Eine außergewöhnliche Herausforderung also für die Planungsarbeit. Verbunden mit der Gefahr, Ideen zu entwickeln, die sich letztlich als finanziell undurchführbar herausstellen, wird auf diese Weise jedem innovativem Entwurf extrem ökonomisches Denken abverlangt.

Das Siegerprojekt ist ungewöhnlich und naheliegend gleichzeitig. Denn jetzt wird Österreich den diesjährigen EXPO-Besuchern eine Entspannungszone zur Verfügung stellen.

Landschaft im Raum im Raum

Nach dem Vorbild von Chill-Out-Zonen, wie sie in den Hinterzimmern von Clubs oder Dancefloor-Locations eingerichtet sind, erhalten gestresste EXPO-Besucher das Dienstleistungsangebot, sich niederzulassen, wenn nicht sogar im wahrsten Sinne des Wortes herumzukugeln, und zwar auf einer Fläche von mehr als 3000 Quadratmetern.

An den diese Landschaft umgebenden Wänden werden bewegte Bilder österreichischer Landschaftmotive projiziert und wie in den Chill-Out-Zonen von Clubs werden auch ruhige, liquide Ambient-Sounds aus dem Hintergrund erklingen.

Rechtsstreit

Von wem das Siegerprojekt allerdings tatsächlich stammt, ist derzeit Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Die ursprünglichen Aussendungen zur Projektpräsentation im November '98 sprachen noch von einer „Arbeitsgemeinschaft Eichinger oder Knechtl/virtual real-estate“. Das Architektenteam sollte die „intelligente Landschaft“ planen, virtual real-estate die mediale Bespielung. Letztlich wurde aber nicht virtual real-estate mit der Durchführung des Medienkonzeptes beauftragt, sondern das Unternehmen „1“. Und das, obwohl „1“ in der ersten Stufe des Wettbewerbes ausgeschieden war.

Christian Dögl, Geschäftsführer von virtual real-estate (seit Jahresbeginn: „uma holding gmbh“), versucht nun die Rolle seiner Firma gerichtlich klären zu lassen. Eine vermeintlich normale Präsentation des Medienkonzepts im April des vergangenen Jahres sei nämlich plötzlich als neuerliche Wettbewerbspräsentation definiert worden, in der sich eben „1“ und nicht virtual real-estate durchgesetzt hat.

Entspannung

Wie der Streit tatsächlich auch ausgehen mag und womit die Wände letztendlich bespielt werden, wenn die EXPO am 1. Juni ihre Tore öffnet, die Besucher werden auf alle Fälle im österreichischen Pavillon in EoKs „intelligenter Landschaft“ Erholung finden können.

Betritt man das Gebäude, wird man zunächst vielleicht an die nach oben hin auskragende Form eines Flugzeugträgers erinnert. Die Ruhezone, die von einer Computerarbeit von Peter Kogler umgeben sein wird, soll auf geschwungenen, ellipsenförmigen Konstruktionen aufliegen, die zugleich Vitrine für die Produktpräsentation sein wird. Die Form könnte man mit einer riesigen Erdnuss vergleichen und bietet die Möglichkeit, möglichst viele der ausgestellten Dinge gleichzeitig zu betrachten, sodass die Besucher nicht von Einzelvitrine zu Einzelvitrine hasten müssen.

Revidiertes Konzept

Diese umfassende Präsentation von österreichischen Identitätsmerkmalen, wie sie Eichinger oder Knechtl anvisiert haben, wird es auf der kommenden EXPO allerdings nur in modifizierter Form geben. Während die beiden von der ursprünglichen Idee eines Gesamtkonzeptes für die Darstellung österreichischer Images ausgegangen sind, hat das Expo-Komittee im Laufe der Entwicklungsphase den Beschluss für eine Mischform in der Zusammenstellung der Produkte gefasst. Denn wie auch schon bei vergangenen EXPO-Präsentationen wollten auch diesmal wieder Interessengruppen wie Wirtschaftsbund, die Bundesländer oder die Tourismusverbände mitentscheiden.

Die jetzt gewählte Lösung für die Österreichpräsentation auf der EXPO 2000 in Hannover bedeutet keineswegs eine komplette Revision des Gesamtkonzepts, das das Duo vorgeschlagen hat, ist aber dennoch eine Art Niederlage.


[ Tipp: Die Ö1-Sendung „Diagonal“ bringt am Samstag, den 19.2., um 17.05 Uhr ein EoK-Porträt. ]

Links:
EoK im Nextroom
EXPO 2000
EXPO 2000: Österreich

ORF.at, Fr., 2000.02.18

18. Februar 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Wir fahren mit dem Auto...

EoK begreifen Architektur als das Gestalten von Benutzeroberflächen. Sie sprechen von der Autobahn als dem Internet, Hinweisschilder sind wie Hyperlinks und eine Fahrt von Wien nach Baden ist wie surfen.

EoK begreifen Architektur als das Gestalten von Benutzeroberflächen. Sie sprechen von der Autobahn als dem Internet, Hinweisschilder sind wie Hyperlinks und eine Fahrt von Wien nach Baden ist wie surfen.

...alles geht so schnell. Rechts der Berg und links der Fluss und über mir der Himmel so blau, blau, blau.

Nichts davon sieht man. Es sind nicht „Minisex“, die da singen. Es regnet, die Sicht ist getrübt, das Wiener Becken wolkenverhangen. Aber Christian Knechtl beschreibt alles sehr eindringlich und plastisch, in glühenden Farben. „Wenn du das jetzt nicht so erzählt hättest“, lobt Partner Gregor Eichinger mit verschmitztem Lachen, „dann hätt' ich das alles gar nicht gesehen“.

Das innere Auge

Macht nichts. Ist nicht geflunkert. Auch wenn man das alles jetzt nicht sehen kann, so ist es doch so. Dort vorne sind die Windräder links der Shopping City - kinetische Skulpturen nennt sie Christian Knechtl - und nach der Brücke kommt das Palmers-Hochhaus. „Wenn man den Raum versucht zu erfassen, dann gilt genau das, was man sieht und spürt. Und das muss gar nicht mit der aktuellen Realität übereinstimmen“. Gregor Eichinger sieht diese intuitive, assoziative Herangehensweise an gebaute Umwelt als den Ausgangspunkt jeder Analyse.

„Architektur lesen“

So nennt es Gregor Eichinger und betreibt das ganz professionell mit seinen Studenten an der „Angewandten“. Wie immer gibt es verschiedene Lesarten, man kann zum Beispiel ein Haus als eine Abfolge von Entscheidungen lesen und dann in der Betrachtung, im Lesen die zu Grunde liegende Kausalkette rekonstruieren. Fertig wird ein Haus ja fast immer, aber auf das Wie kommt es an und wer sich durchsetzt. Ein geschultes Auge kann die daraus folgenden Fehler, die Unstimmigkeiten, erkennen und an der Architektur ablesen.

Freunde der Technik

Die Grundstimmung dieser Autofahrt mit „Eichinger oder Knechtl“ ist ein romantischer Technizismus, der leicht in Sarkasmus umschlägt. Die Schlote, Kräne, Laternen und Handymasten, der Schwung einer gut angelegten Linkskurve, kurz das Zweckmäßige erweckt beider Begeisterung.

Die erste Raststation hingegen sticht förmlich ins Architektenauge und lässt sich auch nicht so leicht wieder herausziehen. „Es ist zum Beispiel faszinierend, wie alles ganz scharf artikuliert wurde, Dachfläche, Fassade, Sockelzone, aber jede Proportion außer Acht gelassen wurde“, erregt sich Gregor Eichinger mit vergnügtem Zorn. „Hier sieht man einen Weg, sich mit Architektur und Proportion auseinanderzusetzen, der entweder extrem unbekümmert ist, oder einen völlig neuen Zugang gefunden hat, den es erst zu entdecken gilt.“


Simulation der Gemütlichkeit

Bei näherer Betrachtung des schreiend gelben Gebäudes wird der Rauchfang im Burgenland-Stil als Zeichen der Gemütlichkeit, die grüne Holzveranda - Eingangssituation heißt das im Architektensprech - als Metapher für Wald gelesen: Lodenträger, Achtung, hier seid ihr willkommen, und das schmiedeeiserne Geländer lässt sich als Anspielung auf Märchen und Kinderbücher lesen: so sieht ein Haus aus, das einladende Freundlichkeit simuliert.


Im Verkehrskindergarten

Während Gregor Eichinger doziert, chauffiert Christian Knechtl den geräumigen Space Wagon über den Autobahnparkplatz, registriert belustigt, dass sämtliche Verkehrsformen, vom Kreisverkehr bis zu Unterführung hier angelegt sind - „Wie in Minimundus“ - droht kurz die falsche Ausfahrt erwischt zu haben - „Christian, warum hupen die alle???“ - und fährt schließlich wieder Richtung Wien zurück. Ende der Exkursion.

ORF.at, Fr., 2000.02.18

14. Januar 2000Joseph Schimmer
ORF.at

Die Sprache der Architektur

Buchstaben und Bausteine, Wohnung und Gewohntheit, Ereignis und Enteignung, mit solchen Wortpaaren wollen das Litararische Quartier Alte Schmiede und die Wiener Planungswerkstatt auf eine Veranstaltungsreihe hinweisen, die ihresgleichen sucht.

Buchstaben und Bausteine, Wohnung und Gewohntheit, Ereignis und Enteignung, mit solchen Wortpaaren wollen das Litararische Quartier Alte Schmiede und die Wiener Planungswerkstatt auf eine Veranstaltungsreihe hinweisen, die ihresgleichen sucht.

Ein Monat lang gehen Architekten und Literaten und einige Pendler zwischen beiden Welten der Frage nach, welche Gemeinsamkeiten zwischen beiden Feldern bestehen. Immerhin, beide erschaffen ihre Welt aus der Vorstellungskraft, beide folgen einer Grammatik, haben eine bestimmte Sprache und können mehr oder weniger wohnliche Räume errichten.

ORF.at, Fr., 2000.01.14

02. August 1999Joseph Schimmer
ORF.at

Endlich zu Hause

Gebaut wird noch lange nicht, aber endlich will man definitiv wissen, wo es gebaut werden soll, das Grazer Kunsthaus. Zehn Jahre haben Stadt völlig unterschiedliche Projekte wurden bis zur Baureife getrieben und sind dann doch im letzten Moment gescheitert. Ein Überblick.

Gebaut wird noch lange nicht, aber endlich will man definitiv wissen, wo es gebaut werden soll, das Grazer Kunsthaus. Zehn Jahre haben Stadt völlig unterschiedliche Projekte wurden bis zur Baureife getrieben und sind dann doch im letzten Moment gescheitert. Ein Überblick.



verknüpfte Bauwerke
Kunsthaus Graz

16. Juni 1999Joseph Schimmer
ORF.at

„ausgesprochen - Reden zur Architektur“

„Ein Buch über Architektur ist immer ein Reden über Unsagbares - als wollte man Gemaltes in Tönen wiedergeben“ (O.K.)

„Ein Buch über Architektur ist immer ein Reden über Unsagbares - als wollte man Gemaltes in Tönen wiedergeben“ (O.K.)

16. Februar 1999Joseph Schimmer
ORF.at

Zwischen Werden und Vergehen

Architektur ist ja immer schon ihre eigene Ausstellung. Wofür sie darüberhinaus noch stehen kann, läßt sich am besten im Museum aufbereiten. Drei ganz unterschiedliche Zugänge gibt es derzeit in Wien zu sehen.

Architektur ist ja immer schon ihre eigene Ausstellung. Wofür sie darüberhinaus noch stehen kann, läßt sich am besten im Museum aufbereiten. Drei ganz unterschiedliche Zugänge gibt es derzeit in Wien zu sehen.

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Leitender Redakteur bei oe1.ORF.at

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