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10. September 1999Thomas Haunschmid
ORF.at

Ein Stück Kulturgeschichte

1990 war der Wettbewerbsentscheid, 2001 soll es eröffnet werden: das Museumsquartier. Das Architektur Zentrum Wien präsentiert ab 15.9. erstmalig das gesamte Projekt der Öffentlichkeit. Die Ausstellung lässt zehn Jahre des Kampfes, der Resignation, der Ablehnung, der Wiederaufnahme und der Zustimmung Revue passieren. Die Planungsphasen und die Rekonstruktion der politischen Diskussionen - begleitet und geleitet von den Medien - sollen die BesucherInnen in ein „Stück Kulturgeschichte eintauchen lassen“.

1990 war der Wettbewerbsentscheid, 2001 soll es eröffnet werden: das Museumsquartier. Das Architektur Zentrum Wien präsentiert ab 15.9. erstmalig das gesamte Projekt der Öffentlichkeit. Die Ausstellung lässt zehn Jahre des Kampfes, der Resignation, der Ablehnung, der Wiederaufnahme und der Zustimmung Revue passieren. Die Planungsphasen und die Rekonstruktion der politischen Diskussionen - begleitet und geleitet von den Medien - sollen die BesucherInnen in ein „Stück Kulturgeschichte eintauchen lassen“.

Am 15. 9. wird das Museumsquartier erstmals in seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit vorgestellt. In einer Ausstellung des Architektur Zentrums Wien soll aufgezeigt werden, welche Schwierigkeiten bei der Errichtung von Kulturbauten zu überwinden sind, bzw. welche medialen und politischen Kontroversen und Verantwortungen dann doch zu einer Realisierung führen.


Internationaler Kontext

„Ausgangspunkt war eine Präsentation des Museumsquartiers und zwar in einem internationalen Kontext“, erläutert Sasha Pirker, die gemeinsam mit Katharina Ritter die Schau kuratiert. „Wie werden Kulturbauten ähnlicher Größe generell gebaut, wobei es nicht nur um die architektonische, sondern auch um die politische, mediale Frage geht. Das ist das Ziel der Ausstellung.“


Von den Hofstallungen zum „Messepalast“

Am mühevollen Weg von den Hofstallungen über den Wiener Messepalast zum Museumsquartier lagen zahlreiche Stolpersteine. Das 1723 von den beiden Fischer von Erlachs geplante Gebäude wurde nach der Vergrößerung um die Winterreithalle (1850-54) 1921 schließlich der Wiener Messe AG zugeschlagen.


Die verblasste Jahrhundertchance

1977, als mit der Ausstellung „Art Around 70“ mit Exponaten der Sammlung Ludwig im Künstlerhaus sich die Möglichkeit der Gründung eines Modernen Museums/Stiftung Ludwig eröffnet hat, war der „Messepalast“ schon im Gespräch als Ausstellungsraum. Da der Bestandsvertrag mit der Wiener Messe jedoch erst 1986 kündbar wird, wird das Museum im Palais Liechtenstein eingerichtet. Was geblieben ist, war zunächst die „Jahrhundertchance Messepalast“.

Nach dem zweistufigen Wettbewerb, den schließlich Ortner und Ortner gewonnen haben, nach Boulevard-Attacken, Bürgerinitiativen, endlosen Debatten, zahllosen Untergriffen und einem weitgehend veränderten Entwurf (Leseturm!), nach zwei verschlissenen MUQUA-Geschäftsführern (Dieter Bogner und Günter Bischof) nähert sich das Projekt nun doch seiner Endphase und wird, seiner Baugeschichte entsprechend, nach wie vor von Querelen begleitet.


Gestaltungsfragen und Bestandssicherung

Die Frage, welches Gebäude dem Komplex vorgelagert werden soll, ist ebenso umstritten, wie die Gestaltung des Vorplatzes insgesamt, für dessen Überquerung man zu Fuß immerhin drei bis fünf Minuten braucht. Beide Projekte fallen übrigens in die Zuständigkeit der Gemeinde.

Die kleineren Institutionen, wie „depot“, „public netbase“ oder „basis wien“ fürchteten oder fürchten um ihren Verbleib in den Räumlichkeiten. Die Nonkonformisten fürchten mit ihnen, weil sie eine hochkulturelle Monokultur heraufziehen sehen. Und immer mehr Stimmen fordern - jetzt eben vom neuen MUQUA-Geschäftsführer Wolfgang Waldner - doch endlich für die Bespielung Konzepte auf den Tisch zu legen und vor allem das Projekt zu vermarkten.

Aber bereits mit seinem Vorschlag, mit einer Lichtfackel, die den ehrwürdigen Fischer-von-Erlach-Trakt überragen sollte, ein weithin sichtbares Logo zu errichten, trat der vielgeprügelte Laurids Ortner Boulevard-Proteste los, die an die Auseinandersetzungen um den Leseturm erinnerten.


Das unsichtbare Museum

Auf das Problem, „ein Ding herzuzeigen“, das man aber nicht sehen kann, weil es hinter der Fassade von Fischer von Erlachs Hofstallungen nicht sichtbar werden durfte, verwies auch der Direktor des Museums Moderner Kunst, Lorand Hegyi. Ohne spektakulärer zeitgenössischer Architektur wie das Guggenheim-Museum Bilbao oder das Centre Pompidou wird das Museumsquartier schwer die internationalen Gäste anlocken können, meinte Hegyi. Dennoch ist er heilfroh, dass er selbst nicht in eine solche spektakuläre, aber für den Museumsbetrieb nicht unbedingt brauchbare Architektur einziehen muss.

Auch Kunsthallenleiter Gerald Matt sowie Dietmar Steiner zollten der Qualität und vor allem Funktionalität der Architektur ihr Lob. „Ich glaube, dass die Architektur besser geworden ist“, erklärte Steiner.


Goldgräberstimmung im Umfeld

Das Projekt hat zwar erst die Dachgleiche gefeiert, aber im angrenzenden Bezirk, Neubau, hat sich mittlerweile eine Entwicklung vollzogen, die Dietmar Steiner, der Leiter des Architektur Zentrums, am Beispiel großer kultureller „Attraktoren“ in Metropolen wie Paris, New York, London oder Barcelona beschreibt: Der Aufwertung der Quartiere, dem Zuzug der Galerien und vor allem der Gastronomie als Hauptprofiteur folgt bald auch wieder der Exodus der Galerien, die im steigenden Mietenniveau nicht mithalten können.


Abbildung: Das Museumsquartier in der Modellphase / ©Bild: Gerald Zugmann

ORF.at, Fr., 1999.09.10



verknüpfte Bauwerke
MuseumsQuartier Wien - MQ

10. September 1999Thomas Haunschmid
ORF.at

Architektur - a spannende G'schicht

„Große Architektur“ oder besser „große Namen“ haben derzeit Konjunktur. Große Kulturbauten renommierter und im Moment auch in Österreich ziemlich populärer Stararchitekten werden im Wiener Architektur Zentrum neben dem Museumsquartier als „andere spannende Geschichten“ ausführlich präsentiert.

„Große Architektur“ oder besser „große Namen“ haben derzeit Konjunktur. Große Kulturbauten renommierter und im Moment auch in Österreich ziemlich populärer Stararchitekten werden im Wiener Architektur Zentrum neben dem Museumsquartier als „andere spannende Geschichten“ ausführlich präsentiert.

Architektur ist zur Zeit in. Die Liste der weltbesten Architekten macht seit einigen Tagen hier zu Lande medial die Runde und patriotisch veranlagte Menschen können sich hier, anders als am Rasen, über Punkte heimischer Vertreter freuen: Platz 13 für Coop Himmelb(l)au, Platz 16 für Ortner und Ortner, Platz 24 für Baumschlager und Eberle und Rang 34 für Klaus Kada in Graz.

Das Architektur Zentrum Wien bringt Geschichten um Gebäude von Norman Foster (Platz 2!) und Jean Nouvel (8) in seine Ausstellung „Das Museumsquartier und andere spannende Geschichten“ ab 15.9. nach Wien.


Nouvels Cuisine

Jean Nouvel, im Nachrichtenmagazin „Profil“ neben anderen Architekten nicht unzutreffend als „kapitaler Hirsch“ bezeichnet, ist momentan der Star im Lande. Soeben wurde die von ihm gestaltete Landesdirektion der Interunfall in der Bregenzer Brielgasse mit folgenden Features eröffnet: ein von Pflanzen überwuchertes Atrium, energiebewusste Wohnungen und Büros und eine Cafeteria mit Aussicht. Im Architektur Zentrum wird sein Kultur- und Kongresszentrum in Luzern anhand ausführlicher Dokumentationen (Infomappe, Internet etc.) präsentiert.


K. u. K. Luzern

„Das Kultur- und Kongresszentrum wird das Stadtbild Luzerns verändern. Zweifellos. Der Bau ist Ausdruck einer Epoche, er legt Zeugnis ab vom Ende dieses Jahrhunderts. Ohne einen solchen Anspruch ist ein derartiges Projekt nicht zu realisieren, und da ist es eigentlich ganz normal, dass man dem Bau diesen Anspruch auch anmerkt“, erklärt ein selbstbewußter Monsieur Nouvel im Interview. „Die ersten zwanzig Jahre sind für ein Gebäude besonders heikel. Man sieht in ihm noch keinen Zeugen einer vergangenen Zeit, bringt ihm folglich nicht den gleichen Respekt entgegen. Natürlich verfolge ich diese weitere Entwicklung mit. [...] Der Architekt hängt immer an seinen Bauten - sie sind seine Kinder.“


Sydney-Paris-Luzern

Die vom Architektur Zentrum Wien im Spannungsfeld von Politik, Gesellschaft und Medien vorgestellten Kulturbauten umfassen ausführlich das Sydney Opera House (Jörn Utzon) - wird am 21.9. in einem Film porträtiert -, das Kiasma Museum für moderne Kunst in Helsinki (Steven Holl), das Musée du Louvre in Paris (I.M.Pei), das Groninger Museum (Alessandro Mendini, Coop Himmelb(l)au, Michele de Lucchi und Philippe Starck sowie das Kultur- und Kongresszentrum in Luzern (Jean Nouvel).



Das Groninger Museum

Daneben werden noch vier weitere Gebäude in kürzerer Form präsentiert: das Caritat in Nimes (Norman Foster), die Bibliothèque Nationale de France (Dominique Perault), das Museum Mönchengladbach (Hans Hollein) und das Gran Teátro de Liceo in Barcelona, das dieser Tage eröffnet wurde.


Schnelle Ebene

Die Ebene der zügigen Erschließung - die schnelle, wie sie die KuratorInnen nennen -, befindet sich auf einem Steg und behandelt die Geschichte des Museumsquartiers. „Von dort kann man dann zu den einzelnen Kulturbauten hinabsteigen“, erklärt Pirker die optische Zweiteilung der wegen des Umbaus des AZW auf einen Raum beschränkten Präsentation. Am Schluss wird der bauliche Status quo des Museumsquartiers dann anhand von Plänen und Modellen noch ausführlich gezeigt.


Mehrschichtige Informationsebenen

Als wichtigen Bestandteil will die Kuratorin die langsame Ebene der Information über Einzelgeschichten verstanden wissen. „Wir bieten zu den einzelnen realisierten Kulturbauten - ein uns sehr wichtiger Punkt - ausführliche Pressemappen und den BesucherInnen dadurch die Möglichkeit, in die Tiefe zu gehen.“ Dazu kommen Dias, Videos und mittels Internetzugang Links zu den Homepages der gezeigten Institutionen. Wer Lust und Energie hat, kann also eine beträchtliche Zeit mit Schmökern und auch Schmunzeln verbringen. „Wir präsentieren eigentlich nur die Fakten. Wie haben sich die Kampagnen in den Medien und in der Bevölkerung entwickelt?“, sagt Sasha Pirker, „Und wenn man diese Geschichten liest, sind die dann im Nachhinein schon ganz lustig.“

ORF.at, Fr., 1999.09.10



verknüpfte Bauwerke
Guggenheim-Museum

10. September 1999Thomas Haunschmid
ORF.at

Was Bau alles kann

Von Um-, Zu- und Neubau ist im Museumsquartier dauernd die Rede. Dass da auch „Bau-Stellen-Kunst“ gemacht wird, liegt auf der Hand. Wie erbaulich! Nicht-Wiener können übrigens beruhigt sein: Die Homepage des Architektur Zentrums lädt zum Surfen ein.

Von Um-, Zu- und Neubau ist im Museumsquartier dauernd die Rede. Dass da auch „Bau-Stellen-Kunst“ gemacht wird, liegt auf der Hand. Wie erbaulich! Nicht-Wiener können übrigens beruhigt sein: Die Homepage des Architektur Zentrums lädt zum Surfen ein.

Die größte Kulturbaustelle der Welt, wie sich das Museumsquartier selbst bezeichnet, will mehr sein als nur ein Ort der Konstruktion eines riesigen Kulturtempels. Die Baustelle wird von Kunstschaffenden regelrecht in Beschlag genommen, also selbst zum Kunstobjekt oder zur Location. Das Etikett „Baustelle“ wird viel und gut vermarktet. Dementsprechend oft wird „Bau“ in allen erdenklichen Wortschöpfungen angeboten, also ganz bewusst auch hier.


Vollanbieter AZW

Das Architektur Zentrum Wien gehört zu den Pionieren im Museumsquartier. Nach dem Umbau wird es eine der größten Stätten für Architektur in Europa sein. „Wir sind ein Vollanbieter. Wir wollen sowohl die innerarchitektonische Debatte vorwärts bringen, als auch die klassischen Vermittlungsaufgaben eines Architekturmuseums übernehmen. In der Sammeltätigkeit konzentrieren wir uns auf einzelne wichtige Bauprojekte, deren Baugeschichte mit allen wirtschaftlichen, bürokratischen Implikationen bis zur Realisierung nachvollziehbar gemacht werden“, umreißt AZW-Leiter Dietmar Steiner sein Konzept in der Quartierpostille „Museumsquartier in Betrieb“. Wichtig ist ihm der Internetausbau. Es sollen also die kolportierten 100.000 Zugriffe auf die Homepage noch erhöht werden.


Helmpflicht auf der Multikulti-Baustelle

Slowakisch, Tschechisch, Englisch, Türkisch, Kroatisch, Serbisch, Rumänisch, Polnisch und natürlich Deutsch sind die Sprachen, die am Quartierbau gesprochen werden. Ebenso viele Informationsmappen über die Gefahren und die Unfallprävention am Bau gibt es daher. Wer sich als Privatperson über das Schild „Betreten der Baustelle erfolgt auf eigene Gefahr“ hinwegsetzt, gilt als eigenverantwortlich. Wer sich verletzt, trägt selbst die Schuld. Damit so etwas nicht passiert, gibt es Führungen, und zwar jeden letzten Donnerstag im Monat (i.e. 30.9.). Treffpunkt ist am Haupteingang um 17 Uhr.


Grüße von der Baustelle

Als einen wichtigen Katalysator für die anhaltende Vitalität des Quartiers - trotz und/oder gerade wegen des Baugeschehens bezeichnet sich die Kunst-am-Bau-Initiative der Museumsquartier Errichtungs- und Betriebsges.m.b.H. Kunst auf der Baustelle. Sie zeichnete für die Performancereihe der Wiener Elektronikkünstler „construction sounds“ verantwortlich und ließ auch etwas bauen: Eine 300 m lange Gebüschwand am Vorplatz wurde entfernt, das Quartier schlagartig wieder sichtbar. Die Architektengruppe querkraft bedruckte die Staubnetzbahnen mit den Namenszügen aller ansässigen Institutionen und rollte der Kultur gleichsam einen orangen Teppich aus.

ORF.at, Fr., 1999.09.10

Presseschau 12

10. September 1999Thomas Haunschmid
ORF.at

Ein Stück Kulturgeschichte

1990 war der Wettbewerbsentscheid, 2001 soll es eröffnet werden: das Museumsquartier. Das Architektur Zentrum Wien präsentiert ab 15.9. erstmalig das gesamte Projekt der Öffentlichkeit. Die Ausstellung lässt zehn Jahre des Kampfes, der Resignation, der Ablehnung, der Wiederaufnahme und der Zustimmung Revue passieren. Die Planungsphasen und die Rekonstruktion der politischen Diskussionen - begleitet und geleitet von den Medien - sollen die BesucherInnen in ein „Stück Kulturgeschichte eintauchen lassen“.

1990 war der Wettbewerbsentscheid, 2001 soll es eröffnet werden: das Museumsquartier. Das Architektur Zentrum Wien präsentiert ab 15.9. erstmalig das gesamte Projekt der Öffentlichkeit. Die Ausstellung lässt zehn Jahre des Kampfes, der Resignation, der Ablehnung, der Wiederaufnahme und der Zustimmung Revue passieren. Die Planungsphasen und die Rekonstruktion der politischen Diskussionen - begleitet und geleitet von den Medien - sollen die BesucherInnen in ein „Stück Kulturgeschichte eintauchen lassen“.

Am 15. 9. wird das Museumsquartier erstmals in seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit vorgestellt. In einer Ausstellung des Architektur Zentrums Wien soll aufgezeigt werden, welche Schwierigkeiten bei der Errichtung von Kulturbauten zu überwinden sind, bzw. welche medialen und politischen Kontroversen und Verantwortungen dann doch zu einer Realisierung führen.


Internationaler Kontext

„Ausgangspunkt war eine Präsentation des Museumsquartiers und zwar in einem internationalen Kontext“, erläutert Sasha Pirker, die gemeinsam mit Katharina Ritter die Schau kuratiert. „Wie werden Kulturbauten ähnlicher Größe generell gebaut, wobei es nicht nur um die architektonische, sondern auch um die politische, mediale Frage geht. Das ist das Ziel der Ausstellung.“


Von den Hofstallungen zum „Messepalast“

Am mühevollen Weg von den Hofstallungen über den Wiener Messepalast zum Museumsquartier lagen zahlreiche Stolpersteine. Das 1723 von den beiden Fischer von Erlachs geplante Gebäude wurde nach der Vergrößerung um die Winterreithalle (1850-54) 1921 schließlich der Wiener Messe AG zugeschlagen.


Die verblasste Jahrhundertchance

1977, als mit der Ausstellung „Art Around 70“ mit Exponaten der Sammlung Ludwig im Künstlerhaus sich die Möglichkeit der Gründung eines Modernen Museums/Stiftung Ludwig eröffnet hat, war der „Messepalast“ schon im Gespräch als Ausstellungsraum. Da der Bestandsvertrag mit der Wiener Messe jedoch erst 1986 kündbar wird, wird das Museum im Palais Liechtenstein eingerichtet. Was geblieben ist, war zunächst die „Jahrhundertchance Messepalast“.

Nach dem zweistufigen Wettbewerb, den schließlich Ortner und Ortner gewonnen haben, nach Boulevard-Attacken, Bürgerinitiativen, endlosen Debatten, zahllosen Untergriffen und einem weitgehend veränderten Entwurf (Leseturm!), nach zwei verschlissenen MUQUA-Geschäftsführern (Dieter Bogner und Günter Bischof) nähert sich das Projekt nun doch seiner Endphase und wird, seiner Baugeschichte entsprechend, nach wie vor von Querelen begleitet.


Gestaltungsfragen und Bestandssicherung

Die Frage, welches Gebäude dem Komplex vorgelagert werden soll, ist ebenso umstritten, wie die Gestaltung des Vorplatzes insgesamt, für dessen Überquerung man zu Fuß immerhin drei bis fünf Minuten braucht. Beide Projekte fallen übrigens in die Zuständigkeit der Gemeinde.

Die kleineren Institutionen, wie „depot“, „public netbase“ oder „basis wien“ fürchteten oder fürchten um ihren Verbleib in den Räumlichkeiten. Die Nonkonformisten fürchten mit ihnen, weil sie eine hochkulturelle Monokultur heraufziehen sehen. Und immer mehr Stimmen fordern - jetzt eben vom neuen MUQUA-Geschäftsführer Wolfgang Waldner - doch endlich für die Bespielung Konzepte auf den Tisch zu legen und vor allem das Projekt zu vermarkten.

Aber bereits mit seinem Vorschlag, mit einer Lichtfackel, die den ehrwürdigen Fischer-von-Erlach-Trakt überragen sollte, ein weithin sichtbares Logo zu errichten, trat der vielgeprügelte Laurids Ortner Boulevard-Proteste los, die an die Auseinandersetzungen um den Leseturm erinnerten.


Das unsichtbare Museum

Auf das Problem, „ein Ding herzuzeigen“, das man aber nicht sehen kann, weil es hinter der Fassade von Fischer von Erlachs Hofstallungen nicht sichtbar werden durfte, verwies auch der Direktor des Museums Moderner Kunst, Lorand Hegyi. Ohne spektakulärer zeitgenössischer Architektur wie das Guggenheim-Museum Bilbao oder das Centre Pompidou wird das Museumsquartier schwer die internationalen Gäste anlocken können, meinte Hegyi. Dennoch ist er heilfroh, dass er selbst nicht in eine solche spektakuläre, aber für den Museumsbetrieb nicht unbedingt brauchbare Architektur einziehen muss.

Auch Kunsthallenleiter Gerald Matt sowie Dietmar Steiner zollten der Qualität und vor allem Funktionalität der Architektur ihr Lob. „Ich glaube, dass die Architektur besser geworden ist“, erklärte Steiner.


Goldgräberstimmung im Umfeld

Das Projekt hat zwar erst die Dachgleiche gefeiert, aber im angrenzenden Bezirk, Neubau, hat sich mittlerweile eine Entwicklung vollzogen, die Dietmar Steiner, der Leiter des Architektur Zentrums, am Beispiel großer kultureller „Attraktoren“ in Metropolen wie Paris, New York, London oder Barcelona beschreibt: Der Aufwertung der Quartiere, dem Zuzug der Galerien und vor allem der Gastronomie als Hauptprofiteur folgt bald auch wieder der Exodus der Galerien, die im steigenden Mietenniveau nicht mithalten können.


Abbildung: Das Museumsquartier in der Modellphase / ©Bild: Gerald Zugmann

ORF.at, Fr., 1999.09.10



verknüpfte Bauwerke
MuseumsQuartier Wien - MQ

10. September 1999Thomas Haunschmid
ORF.at

Architektur - a spannende G'schicht

„Große Architektur“ oder besser „große Namen“ haben derzeit Konjunktur. Große Kulturbauten renommierter und im Moment auch in Österreich ziemlich populärer Stararchitekten werden im Wiener Architektur Zentrum neben dem Museumsquartier als „andere spannende Geschichten“ ausführlich präsentiert.

„Große Architektur“ oder besser „große Namen“ haben derzeit Konjunktur. Große Kulturbauten renommierter und im Moment auch in Österreich ziemlich populärer Stararchitekten werden im Wiener Architektur Zentrum neben dem Museumsquartier als „andere spannende Geschichten“ ausführlich präsentiert.

Architektur ist zur Zeit in. Die Liste der weltbesten Architekten macht seit einigen Tagen hier zu Lande medial die Runde und patriotisch veranlagte Menschen können sich hier, anders als am Rasen, über Punkte heimischer Vertreter freuen: Platz 13 für Coop Himmelb(l)au, Platz 16 für Ortner und Ortner, Platz 24 für Baumschlager und Eberle und Rang 34 für Klaus Kada in Graz.

Das Architektur Zentrum Wien bringt Geschichten um Gebäude von Norman Foster (Platz 2!) und Jean Nouvel (8) in seine Ausstellung „Das Museumsquartier und andere spannende Geschichten“ ab 15.9. nach Wien.


Nouvels Cuisine

Jean Nouvel, im Nachrichtenmagazin „Profil“ neben anderen Architekten nicht unzutreffend als „kapitaler Hirsch“ bezeichnet, ist momentan der Star im Lande. Soeben wurde die von ihm gestaltete Landesdirektion der Interunfall in der Bregenzer Brielgasse mit folgenden Features eröffnet: ein von Pflanzen überwuchertes Atrium, energiebewusste Wohnungen und Büros und eine Cafeteria mit Aussicht. Im Architektur Zentrum wird sein Kultur- und Kongresszentrum in Luzern anhand ausführlicher Dokumentationen (Infomappe, Internet etc.) präsentiert.


K. u. K. Luzern

„Das Kultur- und Kongresszentrum wird das Stadtbild Luzerns verändern. Zweifellos. Der Bau ist Ausdruck einer Epoche, er legt Zeugnis ab vom Ende dieses Jahrhunderts. Ohne einen solchen Anspruch ist ein derartiges Projekt nicht zu realisieren, und da ist es eigentlich ganz normal, dass man dem Bau diesen Anspruch auch anmerkt“, erklärt ein selbstbewußter Monsieur Nouvel im Interview. „Die ersten zwanzig Jahre sind für ein Gebäude besonders heikel. Man sieht in ihm noch keinen Zeugen einer vergangenen Zeit, bringt ihm folglich nicht den gleichen Respekt entgegen. Natürlich verfolge ich diese weitere Entwicklung mit. [...] Der Architekt hängt immer an seinen Bauten - sie sind seine Kinder.“


Sydney-Paris-Luzern

Die vom Architektur Zentrum Wien im Spannungsfeld von Politik, Gesellschaft und Medien vorgestellten Kulturbauten umfassen ausführlich das Sydney Opera House (Jörn Utzon) - wird am 21.9. in einem Film porträtiert -, das Kiasma Museum für moderne Kunst in Helsinki (Steven Holl), das Musée du Louvre in Paris (I.M.Pei), das Groninger Museum (Alessandro Mendini, Coop Himmelb(l)au, Michele de Lucchi und Philippe Starck sowie das Kultur- und Kongresszentrum in Luzern (Jean Nouvel).



Das Groninger Museum

Daneben werden noch vier weitere Gebäude in kürzerer Form präsentiert: das Caritat in Nimes (Norman Foster), die Bibliothèque Nationale de France (Dominique Perault), das Museum Mönchengladbach (Hans Hollein) und das Gran Teátro de Liceo in Barcelona, das dieser Tage eröffnet wurde.


Schnelle Ebene

Die Ebene der zügigen Erschließung - die schnelle, wie sie die KuratorInnen nennen -, befindet sich auf einem Steg und behandelt die Geschichte des Museumsquartiers. „Von dort kann man dann zu den einzelnen Kulturbauten hinabsteigen“, erklärt Pirker die optische Zweiteilung der wegen des Umbaus des AZW auf einen Raum beschränkten Präsentation. Am Schluss wird der bauliche Status quo des Museumsquartiers dann anhand von Plänen und Modellen noch ausführlich gezeigt.


Mehrschichtige Informationsebenen

Als wichtigen Bestandteil will die Kuratorin die langsame Ebene der Information über Einzelgeschichten verstanden wissen. „Wir bieten zu den einzelnen realisierten Kulturbauten - ein uns sehr wichtiger Punkt - ausführliche Pressemappen und den BesucherInnen dadurch die Möglichkeit, in die Tiefe zu gehen.“ Dazu kommen Dias, Videos und mittels Internetzugang Links zu den Homepages der gezeigten Institutionen. Wer Lust und Energie hat, kann also eine beträchtliche Zeit mit Schmökern und auch Schmunzeln verbringen. „Wir präsentieren eigentlich nur die Fakten. Wie haben sich die Kampagnen in den Medien und in der Bevölkerung entwickelt?“, sagt Sasha Pirker, „Und wenn man diese Geschichten liest, sind die dann im Nachhinein schon ganz lustig.“

ORF.at, Fr., 1999.09.10



verknüpfte Bauwerke
Guggenheim-Museum

10. September 1999Thomas Haunschmid
ORF.at

Was Bau alles kann

Von Um-, Zu- und Neubau ist im Museumsquartier dauernd die Rede. Dass da auch „Bau-Stellen-Kunst“ gemacht wird, liegt auf der Hand. Wie erbaulich! Nicht-Wiener können übrigens beruhigt sein: Die Homepage des Architektur Zentrums lädt zum Surfen ein.

Von Um-, Zu- und Neubau ist im Museumsquartier dauernd die Rede. Dass da auch „Bau-Stellen-Kunst“ gemacht wird, liegt auf der Hand. Wie erbaulich! Nicht-Wiener können übrigens beruhigt sein: Die Homepage des Architektur Zentrums lädt zum Surfen ein.

Die größte Kulturbaustelle der Welt, wie sich das Museumsquartier selbst bezeichnet, will mehr sein als nur ein Ort der Konstruktion eines riesigen Kulturtempels. Die Baustelle wird von Kunstschaffenden regelrecht in Beschlag genommen, also selbst zum Kunstobjekt oder zur Location. Das Etikett „Baustelle“ wird viel und gut vermarktet. Dementsprechend oft wird „Bau“ in allen erdenklichen Wortschöpfungen angeboten, also ganz bewusst auch hier.


Vollanbieter AZW

Das Architektur Zentrum Wien gehört zu den Pionieren im Museumsquartier. Nach dem Umbau wird es eine der größten Stätten für Architektur in Europa sein. „Wir sind ein Vollanbieter. Wir wollen sowohl die innerarchitektonische Debatte vorwärts bringen, als auch die klassischen Vermittlungsaufgaben eines Architekturmuseums übernehmen. In der Sammeltätigkeit konzentrieren wir uns auf einzelne wichtige Bauprojekte, deren Baugeschichte mit allen wirtschaftlichen, bürokratischen Implikationen bis zur Realisierung nachvollziehbar gemacht werden“, umreißt AZW-Leiter Dietmar Steiner sein Konzept in der Quartierpostille „Museumsquartier in Betrieb“. Wichtig ist ihm der Internetausbau. Es sollen also die kolportierten 100.000 Zugriffe auf die Homepage noch erhöht werden.


Helmpflicht auf der Multikulti-Baustelle

Slowakisch, Tschechisch, Englisch, Türkisch, Kroatisch, Serbisch, Rumänisch, Polnisch und natürlich Deutsch sind die Sprachen, die am Quartierbau gesprochen werden. Ebenso viele Informationsmappen über die Gefahren und die Unfallprävention am Bau gibt es daher. Wer sich als Privatperson über das Schild „Betreten der Baustelle erfolgt auf eigene Gefahr“ hinwegsetzt, gilt als eigenverantwortlich. Wer sich verletzt, trägt selbst die Schuld. Damit so etwas nicht passiert, gibt es Führungen, und zwar jeden letzten Donnerstag im Monat (i.e. 30.9.). Treffpunkt ist am Haupteingang um 17 Uhr.


Grüße von der Baustelle

Als einen wichtigen Katalysator für die anhaltende Vitalität des Quartiers - trotz und/oder gerade wegen des Baugeschehens bezeichnet sich die Kunst-am-Bau-Initiative der Museumsquartier Errichtungs- und Betriebsges.m.b.H. Kunst auf der Baustelle. Sie zeichnete für die Performancereihe der Wiener Elektronikkünstler „construction sounds“ verantwortlich und ließ auch etwas bauen: Eine 300 m lange Gebüschwand am Vorplatz wurde entfernt, das Quartier schlagartig wieder sichtbar. Die Architektengruppe querkraft bedruckte die Staubnetzbahnen mit den Namenszügen aller ansässigen Institutionen und rollte der Kultur gleichsam einen orangen Teppich aus.

ORF.at, Fr., 1999.09.10

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