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04. Juni 2025Klaus-Jürgen Bauer
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Perfekte Neugestaltung: Ein Hof der Ruhe für Sankt Pölten

Wenn ein Architekt mit besonderem Gestaltungswillen auf einen Bauherrn mit hohem Qualitätsbewusstsein, trifft, entsteht Gutes: Der neu gestaltete Brunnenhof des Bistumsgebäudes in St. Pölten lädt nun zum Verweilen ein.

Wenn ein Architekt mit besonderem Gestaltungswillen auf einen Bauherrn mit hohem Qualitätsbewusstsein, trifft, entsteht Gutes: Der neu gestaltete Brunnenhof des Bistumsgebäudes in St. Pölten lädt nun zum Verweilen ein.

Die Innenstadt von St. Pölten ist vermutlich das am besten erforschte Flächendenkmal Österreichs. Einen großen Teil machen die Bistumsgebäude und seine Leerräume, die Höfe, aus. Seit 1785 Bischofssitz, fand der Bischof damals Platz in einem von Joseph II. gerade aufgelassenen Augustiner-Chorherrenstift aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Dieses Kloster hatte einen bedeutenden mittelalterlichen Vorgänger, nämlich das Hippolyt-Kloster aus dem 8. Jahrhundert (St. Hippolyt wurde zu St. Polyt und zu St. Pölten). Vom alten Kloster aus entwickelte sich der mittelalterliche Siedlungskern der Stadt. Zum Zeitpunkt der Klostergründung war die Gegend nicht besiedelt, obwohl dort vor der Völkerwanderung eine durchaus bedeutende römische Stadt namens Aelium Cetium bestanden hatte. Das exakte Gründungsjahr des Hippolyt-Klosters liegt bis heute im Dunkeln. Erstmals urkundlich erwähnt wird ein Stift an der Traisen im Jahr 976, das Kloster hat aber wohl bereits einige Zeit davor existiert. Obwohl schriftliche Quellen fehlen, wird eine Gründung um das Jahr 800 angenommen.

Das Gebiet befand sich im 8. Jahrhundert an der Schnittstelle des Karolingerreiches im Westen mit dem byzantinischen Reich im Osten. Herrscher der östlichen Provinzen entlang der Donau waren damals die Awaren, ein zentralasiatisches Steppenvolk mit einem Kaghan als Fürsten. Die Awaren hatten sich aus dem großen Heeresverband der Hunnen herausgelöst und siedelten in der ungarischen Tiefebene. Karl der Große startete im Jahr 791 den Awarenfeldzug und drängte dabei die Awaren tief nach Osten zurück. Damit wurde der heutige niederösterreichische Zentralraum ein Teil des christlichen Frankenreiches. In diesem neu dazugewonnenen Gebiet gründete das baierische Kloster Tegernsee das spätere Stift St. Pölten. Die Tegernseer Mönche und ihre adeligen fränkischen Äbte brachten auch die Reliquien des hl. Hippolyt direkt aus Rom an die Traisen. Später ging das Hyppolit-Kloster an den Bischof von Passau über.

Drei große Klosterhöfe

Zahlreiche archäologische Grabungen bestätigten durch Lage und Größe des mittelalterlichen Klosters diese Dokumente. Die Kirche war eine dreischiffige flachgedeckte romanische Kirche mit dreiteiligem Apsidenchor. Ein Querschiff gab es nicht, jedoch eine Doppelturmfassade mit Westwerk und Trichterportal.

Ab 1209 fanden an der in die Jahre gekommenen romanischen Kirche und dem Kloster umfangreiche Baumaßnahmen statt. Der heutige Hauptchor der Kirche entstand, das Innere der Stiftskirche wurde frühgotisch überarbeitet. Die mittelalterliche Klosteranlage befand sich nördlich der Kirche. Der Kreuzgang aus der Barockzeit, den man heute noch durchschreiten kann, war kleiner als der mittelalterliche Kreuzgang. Neben dem Nordschiff der Kirche befand sich die Heilig-Geist-Kapelle, anschließend kamen der Kapitelsaal und das Calefactorium, die Wärmestube des Klosters, damals der einzige beheizte Raum des Komplexes. Dort durften sich neben den Mönchen und den Familiaren – also nicht geweihte Laienmitglieder von Ordensgemeinschaften, die außerhalb des Klosters wohnten – auch Bedürftige wie Wohnungslose während des Tages aufhalten. Das Refektorium schloss direkt an. Beim verheerenden Stadtbrand von 1621 wurde die mittelalterliche Klosteranlage stark zerstört, nur die Kirche blieb weitestgehend verschont. Das Kloster wurde in seiner heutigen Pracht im Barockstil wiederaufgebaut.

Der rechteckige Brunnenhof ist einer von drei großen ehemaligen Klosterhöfen, aus de­nen die Kernstadt entstand, und hat drei große, rundbogige Durchfahrten, die zur Bischofsallee, zum Binderhof und Domplatz führen. In der Mitte des Brunnenhofs steht auf einem zweistufigen Podest ein Brunnen aus Wachauer Marmor, in dessen Mitte sich eine Steinsäule mit vier wasserspeienden Engelsköpfen befindet. Gebaut wurde er zwischen 1653 und 1672. Bis vor Kurzem war die Gestaltung des Hofs nichtssagend; Letzterer diente als Durchgangsachse und vorrangig als Parkplatz.

Das Büro X Architekten ist ein Zusammenschluss mehrerer Partner mit Sitz in einigen Landeshauptstädten und Hauptsitz in Linz. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Sakralbau, Projekte werden über Wettbewerbe requiriert. Der Brunnenhof war eine indirekte Folge eines gewonnenen Wettbewerbs für die Wallfahrtkirche Kirche Mank. In St. Pölten geschah dann das, was immer geschieht, wenn gute Architektur entsteht: Ein Architekt mit besonderem Gestaltungswillen, nämlich Lorenz Promegger von X Architekten, traf auf einen Bauherrn mit hohem Qualitätsbewusstsein, nämlich Philipp Orange, Bauamtsleiter der Diözese Linz.

Längste Sitzbank des Landes

Die zentrale Idee von X Architekten lässt sich mit einer altgriechischen Metapher beschreiben: Das Wort Pneuma oder Geist, Hauch, Luft, Atem bezeichnet ein mit der Atemluft aufnehmbares Lebensprinzip. Aus den zwei Elementen Einatmen und Ausatmen entsteht ein Prinzip der Verwandlung. Etwas – Architektur – ist da und wird durch architektonische Interventionen im Umfang entweder reduziert oder erweitert. Der namensgebende Brunnen etwa wurde als Bodenkreis aus Wachauer Marmor in die Hoffläche hinein ausgedehnt und zieht sich dadurch optisch stärker in den Hofraum hinein. Auch der Farbton der Fassade dehnt sich über den Hofboden aus. Damit diese Flächen wachsen konnten, mussten andere Flächen, etwa der Asphaltbelag, bis hin zum Verschwinden schrumpfen.

Durch die Mauer der bischöflichen Gebäude geschützt, sitzt man im Brunnenhof auf der vermutlich längsten Bank des Landes. Man hört dem Wasser beim Plätschern zu und kann seinen Gedanken nachhängen. Eine weitere subtile Intervention der Architekten bestand darin, zwei Stufen einzuschütten. Durch diese Höhenreduzierung gibt es jetzt wieder die Möglichkeit, in den Brunnen hineinzuschauen: Das fließende Wasser als hör- und sehbares Element ist in die labyrinthhafte Anlage der Stadt zurückgekehrt. Der Brunnenhof wurde solcherart ein Gegenpol zum von Events überfluteten Getümmel des großen Hauptplatzes.

Die Gestaltung des Bodens im historischen Umfeld ist immer eine große Herausforderung. Die Flächen müssen lange haltbar sein, mit der barocken Umgebung harmonieren und dennoch bezahlbar bleiben. Vor Beginn der Umbauarbeiten war der Hof asphaltiert, der neue Belag aus aufgestreutem Sand wurde mit einem Zwei-Komponenten-Harz an den Untergrund gebunden. Die Brunnenerweiterung erfolgte als versickerungsoffene, wassergebundene Decke mit Wachauer Marmor, der Ring um den Brunnenkreis ist ein unbehandelter Stahlring. Obwohl der neue Brunnenhof ein Ort der Ruhe und der vielen Optionen wurde, bleibt er ein Durchzugsraum, und Autos dürfen hie und da auch weiterhin parken – warum auch nicht? Es ist diese mediterrane Gelassenheit, die den Brunnenhof zu einem ganz besonderen Ort macht: einem Ort der Besinnung auf die Tradition, zugleich sehr heutig und zeitgemäß, ein alter neuer Hof in der Stadt.

Spectrum, Mi., 2025.06.04

25. Februar 2025Klaus-Jürgen Bauer
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Fußgängerzone Eisenstadt: Auch Altbauten haben spezielle Bedürfnisse

Der Apotheker Robert Müntz will dazu beitragen, dass die Fußgängerzone von Eisenstadt wieder gesund wird. Daher kauft und saniert er alte Häuser in seiner Nachbarschaft und macht sie teilweise öffentlich zugänglich.

Der Apotheker Robert Müntz will dazu beitragen, dass die Fußgängerzone von Eisenstadt wieder gesund wird. Daher kauft und saniert er alte Häuser in seiner Nachbarschaft und macht sie teilweise öffentlich zugänglich.

Der Eisenstädter Apotheker Robert Müntz ist Naturwissenschaftler, Musiker und baut seltene historische Musikinstrumente. Er unternimmt lange beschwerliche Fahrten in den Amazonas, um dort neue Pflanzen zu entdecken oder Giftschlangen zu melken. Und dann gibt es da noch eine weitere Leidenschaft, die vor langer Zeit durch einen Dachbodenfund ausgelöst wurde. Müntz wuchs in der städtischen Apotheke auf, einem geräumigen Eisenstädter Barockbau, in dem ständig umgebaut und erweitert wurde, und bewohnte im Laufe der Zeit alle Räume des Hauses. Der Dachboden mit seinen Schätzen war ein weiteres Refugium des entdeckungslustigen Jugendlichen. Dort fand Müntz ein seltsam schweres Ding aus Messing, sorgfältig eingewickelt in Seidenpapier: ein Missing Link wie in Stanley Kubricks berühmtem Film „2001 – Odyssee im Weltraum“. Es stellte sich heraus, dass dies der Türbeschlag vom alten Haustor des Anwesens gewesen war. Für den Sohn wurde dieser Fund lebensverändernd. Er sorgte dafür, dass der alte Beschlag wieder am Haustor angebracht wurde, weil er fand, dass damit eine Wunde, die diesem Haus zugefügt worden war, geheilt werden konnte.

Dieses Initialerlebnis machte ihm klar, dass bei alten Häusern generell alles seinen richtigen Platz finden müsse. So wie pharmazeutische Heilmittel mithelfen, eine Krankheit zu heilen, so können eben auch alte Häuser mit den richtigen Materialien wieder gesund gemacht werden. Damals entstand in Robert Müntz neben der Biologie, der Musik und den wilden Reisen eine weitere Leidenschaft: Er wollte dazu beitragen, dass seine unmittelbare Umgebung, nämlich die obere Fußgängerzone seiner Heimatstadt Eisenstadt, wieder gesund wird. Seitdem kauft und saniert der Apothekersohn alte Häuser in seiner Nachbarschaft.

Reibebaum zwischen Modernität und Altbestand

Nach dem Studium übernahm Müntz die elterliche Apotheke mit fünf Mitarbeitern. Heute, nach der Gründung einer homöopathischen Manufaktur vor Ort, hat der Betrieb 85 Mitarbeiter. Müntz nützt seine materielle und persönliche Handlungsfreiheit für die Heilung barocker Stadthäuser in seiner Nachbarschaft. Er lernte recht schnell, dass Altbauten spezielle Bedürfnisse hatten: Sie verlangten etwa nach Materialien wie dem Sumpfkalk, je älter, desto besser. Damals lag der Mainstream der Architektur aber nicht beim Reparieren von Altbeständen. Ganz im Gegenteil: Modernistische Prinzipien und Materialien bestimmten die Disziplin. Müntz merkte rasch, dass die Moderne ideologiegetrieben war, während die Altbauten Ergebnisse alten empirischen Wissens in sich trugen. Der früh verstorbene Eisenstädter Architekt Fritz Brandlhofer wurde für Robert Müntz zum planerischen Begleiter und gleichzeitig zum Reibebaum zwischen Modernität und Altbestand. Da die Kenntnis des alten Bauens weitgehend verloren war, musste Robert Müntz ein anderes Prinzip entwickeln, um Altbestände vernünftig reparieren zu können.

Ein alter Torbogen ist vorhanden, aber vermauert. Erst die Freilegung und Wiederherstellung bringen ein Ergebnis, bei dem das Gefühl Ja oder Nein sagt. Vieles wurde und wird daher selbst gemacht. Im Internet werden Kastenfenster ersteigert und in der hauseigenen Werkstatt repariert. Auf dem Dachboden lagern heute Unmengen alter Beschläge, Türen, Laternen, auch Kleinigkeiten wie Schlitzschrauben, wenn die Handwerker diese einmal vergessen haben. Bauherr und Handwerker befinden sich in einer Situation ständiger gegenseitiger Ausbildung. Mit der Zeit und mit gelungenen Fertigstellungen wächst bei allen Beteiligten das Gefühl für gute Proportionen und Raumqualitäten. Dieses Prinzip betrifft nicht nur die Oberflächen der Häuser, sondern auch die sorgfältige Bepflanzung der Erdgeschoßzonen. Müntz sammelt seltene bodenständige Pflanzen und gibt ihnen neuen Raum, arrangiert Findlinge dazu, sorgt dafür, dass all diese grünen Elemente als Schwämme Wasser speichern können.

Das Gefühl von Robert Müntz für das richtige Artefakt am richtigen Ort ist seit dem Fund des Türdrückers vor 50 Jahren immer noch das Leitmotiv aller Entscheidungen. Mittlerweile ist das Bundesdenkmalamt ein wichtiger Partner geworden, ein stabilisierender Faktor für Altbestände, dessen Schutzfunktion es übernimmt. Wissenschaftliche Erkenntnisse auf Basis qualifizierter Befunde sind heute wichtige Impulse für den Bau-Empiriker. Man lernt voneinander, man nähert sich an. Diese Art des integralen Bauens und Reparierens ist übrigens eine ziemlich kostengünstige Angelegenheit, weil der Druck durch Institutionen, Fristen etc. wegfällt und man die Zeit der Qualitätsentwicklung widmen kann.

Vorbild: die Hüxstraße in Lübeck

Es gibt in Österreich viele Menschen, deren Leidenschaft der richtige Umgang mit Altbeständen ist. Robert Müntz geht es jedoch nicht um einzelne Gebäude, sondern um die Heilung eines ganzen Quartiers, der oberen Hauptstraße von Eisenstadt: eine Zielvorstellung, die normalerweise Kommunen beschäftigt und nicht einzelne Investoren. Die architektonischen Diskurse über solche Formen von Innenstadtbelebungen füllen seit Jahrzehnten viele städtebauliche Bibliotheken. Umgesetzt konnte im Vergleich dazu immer nur recht wenig werden. Auch dafür hat Robert Müntz eine verblüffend einfache Erklärung: Die öffentliche Hand könne das seiner Meinung nach nicht leisten, weil sie keinen Eigentümerstatus habe. So etwas können nur Private, und seine persönlichen Umstände machen so ein Vorhaben eben möglich.

Sein Vorbild fand er in der Hüxstraße in Lübeck, wo Buchbinder, Uhrmacher etc. für ein reges Leben sorgen. In seiner Straße siedelt Müntz daher bewusst vor allem Handwerker und Kunsthandwerker an. Es gibt bereits zwei Schneiderinnen, einen Kürschner, einen Goldschmied, Hersteller von Holzspielzeug etc. Noch einige weitere Handwerksläden sollen in Zukunft die Straße besiedeln. Kürzlich wurde der alte Apothekenkeller, wo früher Baldrian und anderes lagerten, als kleines Stadtlokal namens „Aspirin“ wiedereröffnet: ein weiterer Schritt hin zum Richtigen.

Im sogenannten Orgelbauerhaus – einem von vier historischen Häusern, die Robert Müntz in seinem Quartier bereits im Portfolio hat – befand sich eine alte Manufaktur. Anstatt diese ehemalige Manufaktur als Wohnloft für sich selbst zu nützen, erschien es ihm wichtiger, diesen besonderen Raum mit der Bevölkerung für Konzerte etc. zu teilen. Hierin liegt nun vielleicht das Geheimnis eines guten Investors: Man teilt seinen Profit. Von der Schönheit zehren schließlich alle, und ein positives Echo ist ein schöner Nebeneffekt. Es gibt also passende und profitable Heilmittel für alte Städte, aber man braucht auch das richtige Rezept dafür. Robert Müntz hat es wohl gefunden.

Spectrum, Di., 2025.02.25

20. September 2024Klaus-Jürgen Bauer
Spectrum

Wer dieses slowenische Kloster betrat, verließ es nie wieder

Seiz bei Seitzdorf in Slowenien: Geniale und sparsame Interventionen machten aus den 860 Jahre alten Überresten eines romanischen Kartäuserklosters einen spektakulären Ort.

Seiz bei Seitzdorf in Slowenien: Geniale und sparsame Interventionen machten aus den 860 Jahre alten Überresten eines romanischen Kartäuserklosters einen spektakulären Ort.

Die Kartäuser sind der wohl geheimnisvollste Orden der katholischen Kirche. Sie sind neben den Zisterziensern strengerer Observanz der einzige Männerorden, der sich bis heute das hochmittelalterliche Ideal eines strikt kontemplativen Lebens erhalten hat.

Der Ordo Cartusiensis verfolgt die eremitische, aber besonders auch die koinobitische Lebensweise: Dabei leben besitzlose Mönche gemeinsam unter einem Dach und bleiben ein Leben lang durch eine Mauer von der Außenwelt getrennt. Die einzige Verbindung zur Außenwelt ist der Abt, der ein oder mehrere Gemeinschaftshäuser betreut. In den Statuten des Ordens steht geschrieben: „Unser Bemühen und unsere Berufung bestehen vornehmlich darin, im Schweigen und in der Einsamkeit Gott zu finden.“

La Grande Chartreuse – die Große Kartause

Gegründet wurde der Orden vom heiligen Bruno von Köln im Jahr 1084. Damals zog sich Bruno gemeinsam mit sechs Gefährten in die Chartreuse zurück, eine einsame Gebirgs­gegend in Frankreich. Sie bauten sich in der Einöde kleine Eremitagen, klösterliche Gemeinschaftsräume und eine Kirche und verbanden dann alles mit einem Kreuzgang. La Grande Chartreuse, die Große Kartause, gab dem strengen Orden seinen Namen.

60 Jahre später schlossen sich auch Frauen in der Lebensweise der Kartäuser zusammen. Die Gemeinschaft wuchs trotz der strengen Lebensweise erstaunlich schnell. Im 15. Jahrhundert – der Blütezeit der spätmittelalterlichen Mystik – gab es in ganz Europa bereits 220 Kartausen, die immer in möglichst abgelegenen Gegenden gegründet wurden. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die meisten Kartäuserklöster aufgehoben.

Durch ein menschenleeres Waldtal

Im Jahr 2004 hatte der Orden in Europa, Amerika und Asien nur noch 18 Mönchs- und vier Nonnenklöster mit 335 Brüdern und 48 Nonnen. Der bedeutende englische Reiseschriftsteller Patrick Leigh Fermor lebte Ende der 1950er-Jahre mehrere Monate in der absoluten Stille von La Grande Trappe, dem Gründungsort des Ordens der Trappisten oder Zisterzienser von der strengen Observanz. Sein Buch „Eine Zeit der Stille. Zu Gast in Klöstern“ (Dörlemann) gibt einen seltenen Einblick in diese besondere Lebensform.

Das ehemalige Kartäuserkloster Seiz bei Seitzdorf – heute Kartuzijanski samostan Žiče – ist nur noch in Ruinen erhalten. Lange fährt man durch ein weitgehend menschenleeres Waldtal. Irgendwann taucht dann unvermutet eine gotische Kirche mit ein paar Häusern auf. Es stellt sich heraus, dass dies das ­Unterkloster mit Schule, Spital und Spitalskirche war.

Es braucht weitere Kilometer Fahrt durch das Nichts, um endlich beim Hauptkloster anzukommen. Vor dem Kloster befindet sich der eindrucksvolle Bau einer mittelalterlichen Gaststätte, die immer noch in Betrieb ist; das Kloster erscheint von außen wie eine Burg: Mauern, Wachtürme, geheimnisvolle Abgeschlossenheit. Besucher gab es hier nie. Wer dieses Kloster betrat, verließ es nie wieder. Seiz war eine sehr frühe Gründung durch Markgraf Ottokar III. im Jahr 1165. Das strenge und abgelegene Kloster war als Grablege für ihn und seine Familie bestimmt.

Seinen Höhepunkt erlebte das Kloster während des großen abendländischen Schismas, als Papst Urban VI. den Sitz des Generalkapitels des Kartäuserordens für fast zwei Jahrzehnte nach Žiče verlegte. Das Kloster besaß damals mit mehr als 2000 Manuskripten eine der reichsten Bibliotheken Europas; heute ist davon fast nichts mehr erhalten. Seine dunkelsten Stunden erlebte das Kloster vermutlich 1531. Damals wurde der Prior von Seiz von türkischen Streifschaaren gefangen genommen, gefoltert und auf schreckliche Weise massakriert. 1782 wurde das Kloster von Kaiser Josef II. aufgelöst, seitdem war die Kartause dem Verfall preisgegeben. 1826 kamen die Ruinen gemeinsam mit den Ländereien des ehemaligen Klosters zur Herrschaft von Fürst Windisch-Graetz, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde alles verstaatlicht.

Zu einer entscheidenden Wende für die Ruinen kam es im Jahr 2022, als das slowenische Architekturkollektiv Medprostor (Jerneja Fischer Knap, Rok Žnidaršič und Samo Mlakar) mit der Sicherung und touristischen Aufbereitung der romanischen Ruinen betraut wurde: ein echter Glücksgriff, wie sich bald herausstellen sollte. Ihre Interventionen in der Kartause Žiče kamen zu Recht in die engere Auswahl für den Europäischen Mies van der Rohe Preis 2024, die höchste Auszeichnung für Architekten in der EU.

Spiritualität bleibt erhalten

Die Architekten haben als Erstes – unter den Argusaugen des Denkmalschutzes – die Mauern der ehemaligen Kirche ergänzt. Die Charta von Venedig legt fest, dass Maßnahmen an einem Denkmal vor allem reversibel sein müssen, die Architekten gingen mit dieser Regel sehr kreativ um. Eine fehlende Wand wurde wiederhergestellt, in das Kirchenschiff wurden ein neuer Fußboden sowie Wendeltreppen in bestehende vertikale Schächte eingebaut. Die Besucher haben durch diesen Aussichtspunkt die einmalige Möglichkeit, die Klosteranlage mit ihrem Ruinencharakter auch von oben zu betrachten.

Auf die wiederhergestellte und nun wieder tragfähige Mauerkrone wurde als Höhepunkt eine extrem pfiffige Dachkonstruktion aufgesetzt. Auf der Südseite sieht man nun wieder das historische Kirchendach, aber die Nordseite blieb einfach offen. Den Kirchenraum kann man aber bei Bedarf trotzdem schließen, dazu wird einfach eine an Seilen hängende Decke auf die Mauern herabgelassen. Es entstand solcherart eine Art Faltdach, ein Raum zwischen Ruine und Rekonstruktion, wie Medprostor das nannten. Ein weniger invasiver Eingriff als die Überdachung des Bestandsgebäudes mit einem halb beweglichen Faltdach ist wohl kaum vorstellbar.

Durch diese Intervention sollte nach Angaben des Studios aber nicht nur die Funktionalität für Tourismus und Veranstaltungen verbessert werden; der gewählte Umgang mit den physischen Überresten der romanischen Kirche durch diese subtilen Maßnahmen bewahrt auch auf sehr überzeugende Art und Weise die Spiritualität dieses Ortes. Der 900 Jahre alte Sakralraum wird als solcher – gerade durch die extreme Schlichtheit der Maßnahmen – wieder erlebbar. Die gewählten Lowtech-Materialien wie schwarzer Stahl, geschwärztes Holz und dunkle Schieferziegel unterstützen durch ihre formale Zurückhaltung diese Lesart gut.

Die ästhetische Sprache von Medprostor mit ihren zurückhaltenden und geradlinigen Geometrien unterscheidet sich einerseits gut vom romanischen Mauerwerk – eine Vorgabe der Denkmalpflege –, aber schafft gleichzeitig eine harmonische Verbindung von Alt und Neu. Ein architektonisches Kleinod, nur 100 Kilometer von Graz entfernt und immer einen Ausflug wert.

Spectrum, Fr., 2024.09.20

07. Juni 2024Klaus-Jürgen Bauer
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Bei dem See braucht’s kein Meer – Eröffnung des neuen Strandbads in Breitenbrunn

Das Seebad Breitenbrunn am Neusiedler See wurde behutsam und naturnah umgestaltet: Der Freiraum rund um das Marina-Becken bietet Platz für viele Sportarten, üppige Baum- und Strauchbepflanzungen säumen die öffentliche Liegefläche.

Das Seebad Breitenbrunn am Neusiedler See wurde behutsam und naturnah umgestaltet: Der Freiraum rund um das Marina-Becken bietet Platz für viele Sportarten, üppige Baum- und Strauchbepflanzungen säumen die öffentliche Liegefläche.

Den Neusiedler See gibt es, wie neue Forschungserkenntnisse zeigen, bereits seit ungefähr 25.000 Jahren. Die stetige Verkleinerung der Wasserflächen im Laufe der Zeit sorgt allerdings dafür, dass die wenigen offenen Zugänge zum Wasser einem gewaltigen Nutzungsdruck unterliegen. Die raren freien Flächen begehren viele Nutzer: solvente Waterkant-Bewohner, Badegäste, Segler und Surfer, Schilfhüttenbewohner, die Gastronomie, Camper, Jäger und Fischer, Vogelbeobachter und so weiter. Diese extreme Verdichtung der wenigen Bereiche am offenen Wasser führt jedenfalls zu anhaltenden Diskussionen über die bauliche Zukunft am See.

Nicht nur die sich überlagernden Interessen der unterschiedlichen Nutzer gilt es abzuwägen: Der etwa 320 km² große Neusiedler See – die größte Seefläche der Republik – ist auch ein Unesco-geschütztes Naturjuwel, also ein Ort mit ausgewiesenem universellem Wert für die Menschheit. Er ist der westlichste Steppensee Europas, eine hydrologische Typologie, die hier beginnt und sich über ganz Eurasien bis China hinzieht. Etwa die Hälfte des Sees ist heute mit Schilf bewachsen und ein Vogelparadies. Wie also umgehen im Spannungsfeld zwischen Natur- und Kulturschutz auf der einen Seite und den vielfältigen Freizeit- und Wohnwünschen, sportlichen und kommerziellen Interessen auf der anderen Seite?

Fischreicher See

Wenn es um den Neusiedler See geht, kommt man nicht am wesentlichen Eigentümer des Sees vorbei. Seit dem 17. Jahrhundert gehört der See nämlich fast vollständig dem Fürstengeschlecht Esterházy. Damals stand der Fischreichtum im Vordergrund. Fisch wurde in der Barockzeit wagenweise nach Eisenstadt zur fürstlichen Tafel geführt. An diesem Punkt kommt nun auch die Architektur ins Spiel, die für Esterházy immer schon eine wesentliche Rolle einnahm. Kunsthistoriker schwärmen bis heute von der hohen Qualität der Esterházy’schen Architektur, die um 1800 unter dem Bauherrn Nikolaus II. Esterházy und dem französischen Architekten Charles Moreau einen landschaftsprägenden Höhepunkt erfuhr. Durch Napoleon wurde die Baulust der Esterházy jedoch abrupt unterbrochen. Es folgte ein fast 150-jähriger Dornröschenschlaf: eine Zeit, in der baulich wenig geschah.

Ende der 1980er-Jahre änderte sich alles. Fürst Paul V. Esterházy übertrug seine gesamten Besitzungen testamentarisch seiner Frau Melinda Esterházy, geborene Ottrubay. Der letzte Fürst unterbrach damit die jahrhundertelange aristokratische Tradition der Erbfolge durch sogenannte Fideikommisse. Melinda Esterházy gründete ab 1994 drei Stiftungen, welche die Esterhazy’schen Besitzungen heute nach modernen privatwirtschaftlichen Agenden verwalten. Im Jahr 2000 betraute die Fürstin ihren Neffen Stefan Ottrubay mit der Leitung der Stiftungen. Bis 2023 blieb Ottrubay Generaldirektor der Esterhazy Betriebe GmbH, seit der Umwandlung zu einer AG agiert er als deren Aufsichtsratsvorsitzender. Was Stefan Ottrubay unter anderem nach Eisenstadt mitbrachte, war sein unbedingter Wille zu einer hochwertigen zeitgenössischen Architekturgestaltung im Esterházy-Imperium.

Offener Architekturwettbewerb

Neben der Sanierung der historischen Objekte entstanden in den vergangenen 25 Jahren im Burgenland auch viele neue Bauwerke. Deren Liste ist lang und beeindruckend: das Weingut Esterhazy und das Kalandahaus in Trausdorf, das Steinbruchgelände in St. Margarethen, der Seehof Donnerskirchen, das Boutique-Hotel Zum Oberjäger im Schloss Lackenbach, das Restaurant Henrici, die Selektion Vinothek Burgenland, die Markthalle Kulinarium Burgenland sowie das Ende 2022 eröffnete Hotel Galántha in Eisenstadt.

Das neue Seebad in Breitenbrunn mit dem Namen Neuer Strand Neusiedler See reiht sich nahtlos in diese Liste ein. An diesem Ort, der durch einen endlosen Kanal mit dem Festland verbunden ist, standen in die Jahre gekommene Vorgängerbauten. Der pannonische Brutalist Herwig Udo Graf errichtete dort im Jahr 1969 ein Seebad mit Seerestaurant nach skandinavischem Vorbild und dreieckigen schilfgedeckten Spitzhütten, wie sie damals als Ferienarchitektur in ganz Europa üblich waren. Im neuen Seebad ging es in erster Linie nicht um neue Gebäude, sondern um das grundsätzliche Nachdenken darüber, wie man sehr unterschiedliche Nutzer und die damit verbundenen Volumen möglichst schonend und naturnah vereinbaren kann. Esterházy versteht sich in diesem Sinne sicherlich als Vorreiter und Impulsgeber für das zukünftige Bauen am See.

Für ein Projekt dieser Größe kam für die Esterhazy Betriebe GmbH natürlich nur die Auslobung eines offenen Architekturwettbewerbs infrage. Es bewarben sich 48 Teams von Landschaftsplanern und Architekten aus Deutschland, Italien, der Schweiz, Österreich und Costa Rica. Das Wiener Team Studio Hoffelner Schmid und Korbwurf Landschaftsarchitektur ging 2016 als Sieger hervor. Ausschlaggebend war für die Jury, dass die Architekten das zukünftige Marina-Gebäude nicht unmittelbar am See positionierten, sondern einen aufgelockerten Neubau als Rahmen für die prächtige Naturkulisse entwickelten.

Es entstand ein verglaster und zugleich durchgehend mit Vorsprüngen und Holzlatten verschatteter, zweigeschoßiger Bau. Dieser ist mehrfach in sich abgeknickt, wird unterbrochen, ist mit Balkonen an weitere Bauteile angebunden: ein permanentes Auf und Ab. Diese organische Abwicklung der Baukörper nimmt einerseits die sich immer wieder verändernde amorphe Küstenlinie auf und sorgt andererseits für Durchblicke auf das Wasser aus dem Hinterland.

Keine Eingriffe in den Schilfgürtel

Vor dem Gebäude entwickelt sich rund um das neu gestaltete Marina-Becken ein Freiraum mit hoher räumlicher Qualität. Neben Kies- und Besenstrich-Flächen sorgen großzügige Baumbepflanzungen für ein attraktives Ambiente. Auch die öffentliche Liege- und Grünfläche wurde mit neuen Baum- und Strauchgruppen aufgewertet und stark erweitert, aber ohne dass man Eingriffe in den Schilfgürtel vornehmen musste. Ein Gefühl von Enge und Dichte kommt in diesem Seebad vermutlich nicht so schnell auf. Das Interior Design der Marina stammt von Destilat Design Studio. Es wurde vorwiegend mit nachhaltigen Werkstoffen wie Holz und Naturtextilien in Nuancen aus Erd- und Naturtönen sowie mit der Betonung horizontaler Linien gearbeitet.

Die Zeiten ändern sich. Noch im 19. Jahrhundert etwa betrieb die k. u. k. Kriegsmarine in Neusiedl am See eine Kadettenschule, wo junge Seeleute das Segeln lernten. Im neuen Seebad Breitenbrunn, das jüngst eröffnet wurde, ist viel mehr möglich: Gastronomie in mehreren Restaurants mit jeweils 120 Innen- und Außensitzplätzen und weiteren 100 Plätzen für Veranstaltungen aller Art. Außerdem gibt es nun viel Platz für alle üblichen Sportarten an diesem sehr besonderen See.

Die Anlage entstand trotz ihres großen Volumens aus der Natur des Neusiedler See heraus. „Österreichs seltsamer Gast“, wie Franz Werfel den Neusiedler See einmal bezeichnet hatte, wurde hier mit Respekt behandelt.

Spectrum, Fr., 2024.06.07

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Perfekte Neugestaltung: Ein Hof der Ruhe für Sankt Pölten

Wenn ein Architekt mit besonderem Gestaltungswillen auf einen Bauherrn mit hohem Qualitätsbewusstsein, trifft, entsteht Gutes: Der neu gestaltete Brunnenhof des Bistumsgebäudes in St. Pölten lädt nun zum Verweilen ein.

Wenn ein Architekt mit besonderem Gestaltungswillen auf einen Bauherrn mit hohem Qualitätsbewusstsein, trifft, entsteht Gutes: Der neu gestaltete Brunnenhof des Bistumsgebäudes in St. Pölten lädt nun zum Verweilen ein.

Die Innenstadt von St. Pölten ist vermutlich das am besten erforschte Flächendenkmal Österreichs. Einen großen Teil machen die Bistumsgebäude und seine Leerräume, die Höfe, aus. Seit 1785 Bischofssitz, fand der Bischof damals Platz in einem von Joseph II. gerade aufgelassenen Augustiner-Chorherrenstift aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Dieses Kloster hatte einen bedeutenden mittelalterlichen Vorgänger, nämlich das Hippolyt-Kloster aus dem 8. Jahrhundert (St. Hippolyt wurde zu St. Polyt und zu St. Pölten). Vom alten Kloster aus entwickelte sich der mittelalterliche Siedlungskern der Stadt. Zum Zeitpunkt der Klostergründung war die Gegend nicht besiedelt, obwohl dort vor der Völkerwanderung eine durchaus bedeutende römische Stadt namens Aelium Cetium bestanden hatte. Das exakte Gründungsjahr des Hippolyt-Klosters liegt bis heute im Dunkeln. Erstmals urkundlich erwähnt wird ein Stift an der Traisen im Jahr 976, das Kloster hat aber wohl bereits einige Zeit davor existiert. Obwohl schriftliche Quellen fehlen, wird eine Gründung um das Jahr 800 angenommen.

Das Gebiet befand sich im 8. Jahrhundert an der Schnittstelle des Karolingerreiches im Westen mit dem byzantinischen Reich im Osten. Herrscher der östlichen Provinzen entlang der Donau waren damals die Awaren, ein zentralasiatisches Steppenvolk mit einem Kaghan als Fürsten. Die Awaren hatten sich aus dem großen Heeresverband der Hunnen herausgelöst und siedelten in der ungarischen Tiefebene. Karl der Große startete im Jahr 791 den Awarenfeldzug und drängte dabei die Awaren tief nach Osten zurück. Damit wurde der heutige niederösterreichische Zentralraum ein Teil des christlichen Frankenreiches. In diesem neu dazugewonnenen Gebiet gründete das baierische Kloster Tegernsee das spätere Stift St. Pölten. Die Tegernseer Mönche und ihre adeligen fränkischen Äbte brachten auch die Reliquien des hl. Hippolyt direkt aus Rom an die Traisen. Später ging das Hyppolit-Kloster an den Bischof von Passau über.

Drei große Klosterhöfe

Zahlreiche archäologische Grabungen bestätigten durch Lage und Größe des mittelalterlichen Klosters diese Dokumente. Die Kirche war eine dreischiffige flachgedeckte romanische Kirche mit dreiteiligem Apsidenchor. Ein Querschiff gab es nicht, jedoch eine Doppelturmfassade mit Westwerk und Trichterportal.

Ab 1209 fanden an der in die Jahre gekommenen romanischen Kirche und dem Kloster umfangreiche Baumaßnahmen statt. Der heutige Hauptchor der Kirche entstand, das Innere der Stiftskirche wurde frühgotisch überarbeitet. Die mittelalterliche Klosteranlage befand sich nördlich der Kirche. Der Kreuzgang aus der Barockzeit, den man heute noch durchschreiten kann, war kleiner als der mittelalterliche Kreuzgang. Neben dem Nordschiff der Kirche befand sich die Heilig-Geist-Kapelle, anschließend kamen der Kapitelsaal und das Calefactorium, die Wärmestube des Klosters, damals der einzige beheizte Raum des Komplexes. Dort durften sich neben den Mönchen und den Familiaren – also nicht geweihte Laienmitglieder von Ordensgemeinschaften, die außerhalb des Klosters wohnten – auch Bedürftige wie Wohnungslose während des Tages aufhalten. Das Refektorium schloss direkt an. Beim verheerenden Stadtbrand von 1621 wurde die mittelalterliche Klosteranlage stark zerstört, nur die Kirche blieb weitestgehend verschont. Das Kloster wurde in seiner heutigen Pracht im Barockstil wiederaufgebaut.

Der rechteckige Brunnenhof ist einer von drei großen ehemaligen Klosterhöfen, aus de­nen die Kernstadt entstand, und hat drei große, rundbogige Durchfahrten, die zur Bischofsallee, zum Binderhof und Domplatz führen. In der Mitte des Brunnenhofs steht auf einem zweistufigen Podest ein Brunnen aus Wachauer Marmor, in dessen Mitte sich eine Steinsäule mit vier wasserspeienden Engelsköpfen befindet. Gebaut wurde er zwischen 1653 und 1672. Bis vor Kurzem war die Gestaltung des Hofs nichtssagend; Letzterer diente als Durchgangsachse und vorrangig als Parkplatz.

Das Büro X Architekten ist ein Zusammenschluss mehrerer Partner mit Sitz in einigen Landeshauptstädten und Hauptsitz in Linz. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Sakralbau, Projekte werden über Wettbewerbe requiriert. Der Brunnenhof war eine indirekte Folge eines gewonnenen Wettbewerbs für die Wallfahrtkirche Kirche Mank. In St. Pölten geschah dann das, was immer geschieht, wenn gute Architektur entsteht: Ein Architekt mit besonderem Gestaltungswillen, nämlich Lorenz Promegger von X Architekten, traf auf einen Bauherrn mit hohem Qualitätsbewusstsein, nämlich Philipp Orange, Bauamtsleiter der Diözese Linz.

Längste Sitzbank des Landes

Die zentrale Idee von X Architekten lässt sich mit einer altgriechischen Metapher beschreiben: Das Wort Pneuma oder Geist, Hauch, Luft, Atem bezeichnet ein mit der Atemluft aufnehmbares Lebensprinzip. Aus den zwei Elementen Einatmen und Ausatmen entsteht ein Prinzip der Verwandlung. Etwas – Architektur – ist da und wird durch architektonische Interventionen im Umfang entweder reduziert oder erweitert. Der namensgebende Brunnen etwa wurde als Bodenkreis aus Wachauer Marmor in die Hoffläche hinein ausgedehnt und zieht sich dadurch optisch stärker in den Hofraum hinein. Auch der Farbton der Fassade dehnt sich über den Hofboden aus. Damit diese Flächen wachsen konnten, mussten andere Flächen, etwa der Asphaltbelag, bis hin zum Verschwinden schrumpfen.

Durch die Mauer der bischöflichen Gebäude geschützt, sitzt man im Brunnenhof auf der vermutlich längsten Bank des Landes. Man hört dem Wasser beim Plätschern zu und kann seinen Gedanken nachhängen. Eine weitere subtile Intervention der Architekten bestand darin, zwei Stufen einzuschütten. Durch diese Höhenreduzierung gibt es jetzt wieder die Möglichkeit, in den Brunnen hineinzuschauen: Das fließende Wasser als hör- und sehbares Element ist in die labyrinthhafte Anlage der Stadt zurückgekehrt. Der Brunnenhof wurde solcherart ein Gegenpol zum von Events überfluteten Getümmel des großen Hauptplatzes.

Die Gestaltung des Bodens im historischen Umfeld ist immer eine große Herausforderung. Die Flächen müssen lange haltbar sein, mit der barocken Umgebung harmonieren und dennoch bezahlbar bleiben. Vor Beginn der Umbauarbeiten war der Hof asphaltiert, der neue Belag aus aufgestreutem Sand wurde mit einem Zwei-Komponenten-Harz an den Untergrund gebunden. Die Brunnenerweiterung erfolgte als versickerungsoffene, wassergebundene Decke mit Wachauer Marmor, der Ring um den Brunnenkreis ist ein unbehandelter Stahlring. Obwohl der neue Brunnenhof ein Ort der Ruhe und der vielen Optionen wurde, bleibt er ein Durchzugsraum, und Autos dürfen hie und da auch weiterhin parken – warum auch nicht? Es ist diese mediterrane Gelassenheit, die den Brunnenhof zu einem ganz besonderen Ort macht: einem Ort der Besinnung auf die Tradition, zugleich sehr heutig und zeitgemäß, ein alter neuer Hof in der Stadt.

Spectrum, Mi., 2025.06.04

25. Februar 2025Klaus-Jürgen Bauer
Spectrum

Fußgängerzone Eisenstadt: Auch Altbauten haben spezielle Bedürfnisse

Der Apotheker Robert Müntz will dazu beitragen, dass die Fußgängerzone von Eisenstadt wieder gesund wird. Daher kauft und saniert er alte Häuser in seiner Nachbarschaft und macht sie teilweise öffentlich zugänglich.

Der Apotheker Robert Müntz will dazu beitragen, dass die Fußgängerzone von Eisenstadt wieder gesund wird. Daher kauft und saniert er alte Häuser in seiner Nachbarschaft und macht sie teilweise öffentlich zugänglich.

Der Eisenstädter Apotheker Robert Müntz ist Naturwissenschaftler, Musiker und baut seltene historische Musikinstrumente. Er unternimmt lange beschwerliche Fahrten in den Amazonas, um dort neue Pflanzen zu entdecken oder Giftschlangen zu melken. Und dann gibt es da noch eine weitere Leidenschaft, die vor langer Zeit durch einen Dachbodenfund ausgelöst wurde. Müntz wuchs in der städtischen Apotheke auf, einem geräumigen Eisenstädter Barockbau, in dem ständig umgebaut und erweitert wurde, und bewohnte im Laufe der Zeit alle Räume des Hauses. Der Dachboden mit seinen Schätzen war ein weiteres Refugium des entdeckungslustigen Jugendlichen. Dort fand Müntz ein seltsam schweres Ding aus Messing, sorgfältig eingewickelt in Seidenpapier: ein Missing Link wie in Stanley Kubricks berühmtem Film „2001 – Odyssee im Weltraum“. Es stellte sich heraus, dass dies der Türbeschlag vom alten Haustor des Anwesens gewesen war. Für den Sohn wurde dieser Fund lebensverändernd. Er sorgte dafür, dass der alte Beschlag wieder am Haustor angebracht wurde, weil er fand, dass damit eine Wunde, die diesem Haus zugefügt worden war, geheilt werden konnte.

Dieses Initialerlebnis machte ihm klar, dass bei alten Häusern generell alles seinen richtigen Platz finden müsse. So wie pharmazeutische Heilmittel mithelfen, eine Krankheit zu heilen, so können eben auch alte Häuser mit den richtigen Materialien wieder gesund gemacht werden. Damals entstand in Robert Müntz neben der Biologie, der Musik und den wilden Reisen eine weitere Leidenschaft: Er wollte dazu beitragen, dass seine unmittelbare Umgebung, nämlich die obere Fußgängerzone seiner Heimatstadt Eisenstadt, wieder gesund wird. Seitdem kauft und saniert der Apothekersohn alte Häuser in seiner Nachbarschaft.

Reibebaum zwischen Modernität und Altbestand

Nach dem Studium übernahm Müntz die elterliche Apotheke mit fünf Mitarbeitern. Heute, nach der Gründung einer homöopathischen Manufaktur vor Ort, hat der Betrieb 85 Mitarbeiter. Müntz nützt seine materielle und persönliche Handlungsfreiheit für die Heilung barocker Stadthäuser in seiner Nachbarschaft. Er lernte recht schnell, dass Altbauten spezielle Bedürfnisse hatten: Sie verlangten etwa nach Materialien wie dem Sumpfkalk, je älter, desto besser. Damals lag der Mainstream der Architektur aber nicht beim Reparieren von Altbeständen. Ganz im Gegenteil: Modernistische Prinzipien und Materialien bestimmten die Disziplin. Müntz merkte rasch, dass die Moderne ideologiegetrieben war, während die Altbauten Ergebnisse alten empirischen Wissens in sich trugen. Der früh verstorbene Eisenstädter Architekt Fritz Brandlhofer wurde für Robert Müntz zum planerischen Begleiter und gleichzeitig zum Reibebaum zwischen Modernität und Altbestand. Da die Kenntnis des alten Bauens weitgehend verloren war, musste Robert Müntz ein anderes Prinzip entwickeln, um Altbestände vernünftig reparieren zu können.

Ein alter Torbogen ist vorhanden, aber vermauert. Erst die Freilegung und Wiederherstellung bringen ein Ergebnis, bei dem das Gefühl Ja oder Nein sagt. Vieles wurde und wird daher selbst gemacht. Im Internet werden Kastenfenster ersteigert und in der hauseigenen Werkstatt repariert. Auf dem Dachboden lagern heute Unmengen alter Beschläge, Türen, Laternen, auch Kleinigkeiten wie Schlitzschrauben, wenn die Handwerker diese einmal vergessen haben. Bauherr und Handwerker befinden sich in einer Situation ständiger gegenseitiger Ausbildung. Mit der Zeit und mit gelungenen Fertigstellungen wächst bei allen Beteiligten das Gefühl für gute Proportionen und Raumqualitäten. Dieses Prinzip betrifft nicht nur die Oberflächen der Häuser, sondern auch die sorgfältige Bepflanzung der Erdgeschoßzonen. Müntz sammelt seltene bodenständige Pflanzen und gibt ihnen neuen Raum, arrangiert Findlinge dazu, sorgt dafür, dass all diese grünen Elemente als Schwämme Wasser speichern können.

Das Gefühl von Robert Müntz für das richtige Artefakt am richtigen Ort ist seit dem Fund des Türdrückers vor 50 Jahren immer noch das Leitmotiv aller Entscheidungen. Mittlerweile ist das Bundesdenkmalamt ein wichtiger Partner geworden, ein stabilisierender Faktor für Altbestände, dessen Schutzfunktion es übernimmt. Wissenschaftliche Erkenntnisse auf Basis qualifizierter Befunde sind heute wichtige Impulse für den Bau-Empiriker. Man lernt voneinander, man nähert sich an. Diese Art des integralen Bauens und Reparierens ist übrigens eine ziemlich kostengünstige Angelegenheit, weil der Druck durch Institutionen, Fristen etc. wegfällt und man die Zeit der Qualitätsentwicklung widmen kann.

Vorbild: die Hüxstraße in Lübeck

Es gibt in Österreich viele Menschen, deren Leidenschaft der richtige Umgang mit Altbeständen ist. Robert Müntz geht es jedoch nicht um einzelne Gebäude, sondern um die Heilung eines ganzen Quartiers, der oberen Hauptstraße von Eisenstadt: eine Zielvorstellung, die normalerweise Kommunen beschäftigt und nicht einzelne Investoren. Die architektonischen Diskurse über solche Formen von Innenstadtbelebungen füllen seit Jahrzehnten viele städtebauliche Bibliotheken. Umgesetzt konnte im Vergleich dazu immer nur recht wenig werden. Auch dafür hat Robert Müntz eine verblüffend einfache Erklärung: Die öffentliche Hand könne das seiner Meinung nach nicht leisten, weil sie keinen Eigentümerstatus habe. So etwas können nur Private, und seine persönlichen Umstände machen so ein Vorhaben eben möglich.

Sein Vorbild fand er in der Hüxstraße in Lübeck, wo Buchbinder, Uhrmacher etc. für ein reges Leben sorgen. In seiner Straße siedelt Müntz daher bewusst vor allem Handwerker und Kunsthandwerker an. Es gibt bereits zwei Schneiderinnen, einen Kürschner, einen Goldschmied, Hersteller von Holzspielzeug etc. Noch einige weitere Handwerksläden sollen in Zukunft die Straße besiedeln. Kürzlich wurde der alte Apothekenkeller, wo früher Baldrian und anderes lagerten, als kleines Stadtlokal namens „Aspirin“ wiedereröffnet: ein weiterer Schritt hin zum Richtigen.

Im sogenannten Orgelbauerhaus – einem von vier historischen Häusern, die Robert Müntz in seinem Quartier bereits im Portfolio hat – befand sich eine alte Manufaktur. Anstatt diese ehemalige Manufaktur als Wohnloft für sich selbst zu nützen, erschien es ihm wichtiger, diesen besonderen Raum mit der Bevölkerung für Konzerte etc. zu teilen. Hierin liegt nun vielleicht das Geheimnis eines guten Investors: Man teilt seinen Profit. Von der Schönheit zehren schließlich alle, und ein positives Echo ist ein schöner Nebeneffekt. Es gibt also passende und profitable Heilmittel für alte Städte, aber man braucht auch das richtige Rezept dafür. Robert Müntz hat es wohl gefunden.

Spectrum, Di., 2025.02.25

20. September 2024Klaus-Jürgen Bauer
Spectrum

Wer dieses slowenische Kloster betrat, verließ es nie wieder

Seiz bei Seitzdorf in Slowenien: Geniale und sparsame Interventionen machten aus den 860 Jahre alten Überresten eines romanischen Kartäuserklosters einen spektakulären Ort.

Seiz bei Seitzdorf in Slowenien: Geniale und sparsame Interventionen machten aus den 860 Jahre alten Überresten eines romanischen Kartäuserklosters einen spektakulären Ort.

Die Kartäuser sind der wohl geheimnisvollste Orden der katholischen Kirche. Sie sind neben den Zisterziensern strengerer Observanz der einzige Männerorden, der sich bis heute das hochmittelalterliche Ideal eines strikt kontemplativen Lebens erhalten hat.

Der Ordo Cartusiensis verfolgt die eremitische, aber besonders auch die koinobitische Lebensweise: Dabei leben besitzlose Mönche gemeinsam unter einem Dach und bleiben ein Leben lang durch eine Mauer von der Außenwelt getrennt. Die einzige Verbindung zur Außenwelt ist der Abt, der ein oder mehrere Gemeinschaftshäuser betreut. In den Statuten des Ordens steht geschrieben: „Unser Bemühen und unsere Berufung bestehen vornehmlich darin, im Schweigen und in der Einsamkeit Gott zu finden.“

La Grande Chartreuse – die Große Kartause

Gegründet wurde der Orden vom heiligen Bruno von Köln im Jahr 1084. Damals zog sich Bruno gemeinsam mit sechs Gefährten in die Chartreuse zurück, eine einsame Gebirgs­gegend in Frankreich. Sie bauten sich in der Einöde kleine Eremitagen, klösterliche Gemeinschaftsräume und eine Kirche und verbanden dann alles mit einem Kreuzgang. La Grande Chartreuse, die Große Kartause, gab dem strengen Orden seinen Namen.

60 Jahre später schlossen sich auch Frauen in der Lebensweise der Kartäuser zusammen. Die Gemeinschaft wuchs trotz der strengen Lebensweise erstaunlich schnell. Im 15. Jahrhundert – der Blütezeit der spätmittelalterlichen Mystik – gab es in ganz Europa bereits 220 Kartausen, die immer in möglichst abgelegenen Gegenden gegründet wurden. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die meisten Kartäuserklöster aufgehoben.

Durch ein menschenleeres Waldtal

Im Jahr 2004 hatte der Orden in Europa, Amerika und Asien nur noch 18 Mönchs- und vier Nonnenklöster mit 335 Brüdern und 48 Nonnen. Der bedeutende englische Reiseschriftsteller Patrick Leigh Fermor lebte Ende der 1950er-Jahre mehrere Monate in der absoluten Stille von La Grande Trappe, dem Gründungsort des Ordens der Trappisten oder Zisterzienser von der strengen Observanz. Sein Buch „Eine Zeit der Stille. Zu Gast in Klöstern“ (Dörlemann) gibt einen seltenen Einblick in diese besondere Lebensform.

Das ehemalige Kartäuserkloster Seiz bei Seitzdorf – heute Kartuzijanski samostan Žiče – ist nur noch in Ruinen erhalten. Lange fährt man durch ein weitgehend menschenleeres Waldtal. Irgendwann taucht dann unvermutet eine gotische Kirche mit ein paar Häusern auf. Es stellt sich heraus, dass dies das ­Unterkloster mit Schule, Spital und Spitalskirche war.

Es braucht weitere Kilometer Fahrt durch das Nichts, um endlich beim Hauptkloster anzukommen. Vor dem Kloster befindet sich der eindrucksvolle Bau einer mittelalterlichen Gaststätte, die immer noch in Betrieb ist; das Kloster erscheint von außen wie eine Burg: Mauern, Wachtürme, geheimnisvolle Abgeschlossenheit. Besucher gab es hier nie. Wer dieses Kloster betrat, verließ es nie wieder. Seiz war eine sehr frühe Gründung durch Markgraf Ottokar III. im Jahr 1165. Das strenge und abgelegene Kloster war als Grablege für ihn und seine Familie bestimmt.

Seinen Höhepunkt erlebte das Kloster während des großen abendländischen Schismas, als Papst Urban VI. den Sitz des Generalkapitels des Kartäuserordens für fast zwei Jahrzehnte nach Žiče verlegte. Das Kloster besaß damals mit mehr als 2000 Manuskripten eine der reichsten Bibliotheken Europas; heute ist davon fast nichts mehr erhalten. Seine dunkelsten Stunden erlebte das Kloster vermutlich 1531. Damals wurde der Prior von Seiz von türkischen Streifschaaren gefangen genommen, gefoltert und auf schreckliche Weise massakriert. 1782 wurde das Kloster von Kaiser Josef II. aufgelöst, seitdem war die Kartause dem Verfall preisgegeben. 1826 kamen die Ruinen gemeinsam mit den Ländereien des ehemaligen Klosters zur Herrschaft von Fürst Windisch-Graetz, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde alles verstaatlicht.

Zu einer entscheidenden Wende für die Ruinen kam es im Jahr 2022, als das slowenische Architekturkollektiv Medprostor (Jerneja Fischer Knap, Rok Žnidaršič und Samo Mlakar) mit der Sicherung und touristischen Aufbereitung der romanischen Ruinen betraut wurde: ein echter Glücksgriff, wie sich bald herausstellen sollte. Ihre Interventionen in der Kartause Žiče kamen zu Recht in die engere Auswahl für den Europäischen Mies van der Rohe Preis 2024, die höchste Auszeichnung für Architekten in der EU.

Spiritualität bleibt erhalten

Die Architekten haben als Erstes – unter den Argusaugen des Denkmalschutzes – die Mauern der ehemaligen Kirche ergänzt. Die Charta von Venedig legt fest, dass Maßnahmen an einem Denkmal vor allem reversibel sein müssen, die Architekten gingen mit dieser Regel sehr kreativ um. Eine fehlende Wand wurde wiederhergestellt, in das Kirchenschiff wurden ein neuer Fußboden sowie Wendeltreppen in bestehende vertikale Schächte eingebaut. Die Besucher haben durch diesen Aussichtspunkt die einmalige Möglichkeit, die Klosteranlage mit ihrem Ruinencharakter auch von oben zu betrachten.

Auf die wiederhergestellte und nun wieder tragfähige Mauerkrone wurde als Höhepunkt eine extrem pfiffige Dachkonstruktion aufgesetzt. Auf der Südseite sieht man nun wieder das historische Kirchendach, aber die Nordseite blieb einfach offen. Den Kirchenraum kann man aber bei Bedarf trotzdem schließen, dazu wird einfach eine an Seilen hängende Decke auf die Mauern herabgelassen. Es entstand solcherart eine Art Faltdach, ein Raum zwischen Ruine und Rekonstruktion, wie Medprostor das nannten. Ein weniger invasiver Eingriff als die Überdachung des Bestandsgebäudes mit einem halb beweglichen Faltdach ist wohl kaum vorstellbar.

Durch diese Intervention sollte nach Angaben des Studios aber nicht nur die Funktionalität für Tourismus und Veranstaltungen verbessert werden; der gewählte Umgang mit den physischen Überresten der romanischen Kirche durch diese subtilen Maßnahmen bewahrt auch auf sehr überzeugende Art und Weise die Spiritualität dieses Ortes. Der 900 Jahre alte Sakralraum wird als solcher – gerade durch die extreme Schlichtheit der Maßnahmen – wieder erlebbar. Die gewählten Lowtech-Materialien wie schwarzer Stahl, geschwärztes Holz und dunkle Schieferziegel unterstützen durch ihre formale Zurückhaltung diese Lesart gut.

Die ästhetische Sprache von Medprostor mit ihren zurückhaltenden und geradlinigen Geometrien unterscheidet sich einerseits gut vom romanischen Mauerwerk – eine Vorgabe der Denkmalpflege –, aber schafft gleichzeitig eine harmonische Verbindung von Alt und Neu. Ein architektonisches Kleinod, nur 100 Kilometer von Graz entfernt und immer einen Ausflug wert.

Spectrum, Fr., 2024.09.20

07. Juni 2024Klaus-Jürgen Bauer
Spectrum

Bei dem See braucht’s kein Meer – Eröffnung des neuen Strandbads in Breitenbrunn

Das Seebad Breitenbrunn am Neusiedler See wurde behutsam und naturnah umgestaltet: Der Freiraum rund um das Marina-Becken bietet Platz für viele Sportarten, üppige Baum- und Strauchbepflanzungen säumen die öffentliche Liegefläche.

Das Seebad Breitenbrunn am Neusiedler See wurde behutsam und naturnah umgestaltet: Der Freiraum rund um das Marina-Becken bietet Platz für viele Sportarten, üppige Baum- und Strauchbepflanzungen säumen die öffentliche Liegefläche.

Den Neusiedler See gibt es, wie neue Forschungserkenntnisse zeigen, bereits seit ungefähr 25.000 Jahren. Die stetige Verkleinerung der Wasserflächen im Laufe der Zeit sorgt allerdings dafür, dass die wenigen offenen Zugänge zum Wasser einem gewaltigen Nutzungsdruck unterliegen. Die raren freien Flächen begehren viele Nutzer: solvente Waterkant-Bewohner, Badegäste, Segler und Surfer, Schilfhüttenbewohner, die Gastronomie, Camper, Jäger und Fischer, Vogelbeobachter und so weiter. Diese extreme Verdichtung der wenigen Bereiche am offenen Wasser führt jedenfalls zu anhaltenden Diskussionen über die bauliche Zukunft am See.

Nicht nur die sich überlagernden Interessen der unterschiedlichen Nutzer gilt es abzuwägen: Der etwa 320 km² große Neusiedler See – die größte Seefläche der Republik – ist auch ein Unesco-geschütztes Naturjuwel, also ein Ort mit ausgewiesenem universellem Wert für die Menschheit. Er ist der westlichste Steppensee Europas, eine hydrologische Typologie, die hier beginnt und sich über ganz Eurasien bis China hinzieht. Etwa die Hälfte des Sees ist heute mit Schilf bewachsen und ein Vogelparadies. Wie also umgehen im Spannungsfeld zwischen Natur- und Kulturschutz auf der einen Seite und den vielfältigen Freizeit- und Wohnwünschen, sportlichen und kommerziellen Interessen auf der anderen Seite?

Fischreicher See

Wenn es um den Neusiedler See geht, kommt man nicht am wesentlichen Eigentümer des Sees vorbei. Seit dem 17. Jahrhundert gehört der See nämlich fast vollständig dem Fürstengeschlecht Esterházy. Damals stand der Fischreichtum im Vordergrund. Fisch wurde in der Barockzeit wagenweise nach Eisenstadt zur fürstlichen Tafel geführt. An diesem Punkt kommt nun auch die Architektur ins Spiel, die für Esterházy immer schon eine wesentliche Rolle einnahm. Kunsthistoriker schwärmen bis heute von der hohen Qualität der Esterházy’schen Architektur, die um 1800 unter dem Bauherrn Nikolaus II. Esterházy und dem französischen Architekten Charles Moreau einen landschaftsprägenden Höhepunkt erfuhr. Durch Napoleon wurde die Baulust der Esterházy jedoch abrupt unterbrochen. Es folgte ein fast 150-jähriger Dornröschenschlaf: eine Zeit, in der baulich wenig geschah.

Ende der 1980er-Jahre änderte sich alles. Fürst Paul V. Esterházy übertrug seine gesamten Besitzungen testamentarisch seiner Frau Melinda Esterházy, geborene Ottrubay. Der letzte Fürst unterbrach damit die jahrhundertelange aristokratische Tradition der Erbfolge durch sogenannte Fideikommisse. Melinda Esterházy gründete ab 1994 drei Stiftungen, welche die Esterhazy’schen Besitzungen heute nach modernen privatwirtschaftlichen Agenden verwalten. Im Jahr 2000 betraute die Fürstin ihren Neffen Stefan Ottrubay mit der Leitung der Stiftungen. Bis 2023 blieb Ottrubay Generaldirektor der Esterhazy Betriebe GmbH, seit der Umwandlung zu einer AG agiert er als deren Aufsichtsratsvorsitzender. Was Stefan Ottrubay unter anderem nach Eisenstadt mitbrachte, war sein unbedingter Wille zu einer hochwertigen zeitgenössischen Architekturgestaltung im Esterházy-Imperium.

Offener Architekturwettbewerb

Neben der Sanierung der historischen Objekte entstanden in den vergangenen 25 Jahren im Burgenland auch viele neue Bauwerke. Deren Liste ist lang und beeindruckend: das Weingut Esterhazy und das Kalandahaus in Trausdorf, das Steinbruchgelände in St. Margarethen, der Seehof Donnerskirchen, das Boutique-Hotel Zum Oberjäger im Schloss Lackenbach, das Restaurant Henrici, die Selektion Vinothek Burgenland, die Markthalle Kulinarium Burgenland sowie das Ende 2022 eröffnete Hotel Galántha in Eisenstadt.

Das neue Seebad in Breitenbrunn mit dem Namen Neuer Strand Neusiedler See reiht sich nahtlos in diese Liste ein. An diesem Ort, der durch einen endlosen Kanal mit dem Festland verbunden ist, standen in die Jahre gekommene Vorgängerbauten. Der pannonische Brutalist Herwig Udo Graf errichtete dort im Jahr 1969 ein Seebad mit Seerestaurant nach skandinavischem Vorbild und dreieckigen schilfgedeckten Spitzhütten, wie sie damals als Ferienarchitektur in ganz Europa üblich waren. Im neuen Seebad ging es in erster Linie nicht um neue Gebäude, sondern um das grundsätzliche Nachdenken darüber, wie man sehr unterschiedliche Nutzer und die damit verbundenen Volumen möglichst schonend und naturnah vereinbaren kann. Esterházy versteht sich in diesem Sinne sicherlich als Vorreiter und Impulsgeber für das zukünftige Bauen am See.

Für ein Projekt dieser Größe kam für die Esterhazy Betriebe GmbH natürlich nur die Auslobung eines offenen Architekturwettbewerbs infrage. Es bewarben sich 48 Teams von Landschaftsplanern und Architekten aus Deutschland, Italien, der Schweiz, Österreich und Costa Rica. Das Wiener Team Studio Hoffelner Schmid und Korbwurf Landschaftsarchitektur ging 2016 als Sieger hervor. Ausschlaggebend war für die Jury, dass die Architekten das zukünftige Marina-Gebäude nicht unmittelbar am See positionierten, sondern einen aufgelockerten Neubau als Rahmen für die prächtige Naturkulisse entwickelten.

Es entstand ein verglaster und zugleich durchgehend mit Vorsprüngen und Holzlatten verschatteter, zweigeschoßiger Bau. Dieser ist mehrfach in sich abgeknickt, wird unterbrochen, ist mit Balkonen an weitere Bauteile angebunden: ein permanentes Auf und Ab. Diese organische Abwicklung der Baukörper nimmt einerseits die sich immer wieder verändernde amorphe Küstenlinie auf und sorgt andererseits für Durchblicke auf das Wasser aus dem Hinterland.

Keine Eingriffe in den Schilfgürtel

Vor dem Gebäude entwickelt sich rund um das neu gestaltete Marina-Becken ein Freiraum mit hoher räumlicher Qualität. Neben Kies- und Besenstrich-Flächen sorgen großzügige Baumbepflanzungen für ein attraktives Ambiente. Auch die öffentliche Liege- und Grünfläche wurde mit neuen Baum- und Strauchgruppen aufgewertet und stark erweitert, aber ohne dass man Eingriffe in den Schilfgürtel vornehmen musste. Ein Gefühl von Enge und Dichte kommt in diesem Seebad vermutlich nicht so schnell auf. Das Interior Design der Marina stammt von Destilat Design Studio. Es wurde vorwiegend mit nachhaltigen Werkstoffen wie Holz und Naturtextilien in Nuancen aus Erd- und Naturtönen sowie mit der Betonung horizontaler Linien gearbeitet.

Die Zeiten ändern sich. Noch im 19. Jahrhundert etwa betrieb die k. u. k. Kriegsmarine in Neusiedl am See eine Kadettenschule, wo junge Seeleute das Segeln lernten. Im neuen Seebad Breitenbrunn, das jüngst eröffnet wurde, ist viel mehr möglich: Gastronomie in mehreren Restaurants mit jeweils 120 Innen- und Außensitzplätzen und weiteren 100 Plätzen für Veranstaltungen aller Art. Außerdem gibt es nun viel Platz für alle üblichen Sportarten an diesem sehr besonderen See.

Die Anlage entstand trotz ihres großen Volumens aus der Natur des Neusiedler See heraus. „Österreichs seltsamer Gast“, wie Franz Werfel den Neusiedler See einmal bezeichnet hatte, wurde hier mit Respekt behandelt.

Spectrum, Fr., 2024.06.07

19. April 2024Klaus-Jürgen Bauer
Spectrum

Einst fanden hier Techno Raves statt – heute ist es hier schick: Das Bergson Kunstkraftwerk in München

Ein Architekturprinzip lautet: Wenn sich die Zeiten ändern, soll sich ein Gebäude an das neue Zeitgefühl anpassen. Entsprechend wurde nun ein verfallenes historisches Gebäude in München zu einem Ort der Kunst umgestaltet: zum Bergson Kunstkraftwerk.

Ein Architekturprinzip lautet: Wenn sich die Zeiten ändern, soll sich ein Gebäude an das neue Zeitgefühl anpassen. Entsprechend wurde nun ein verfallenes historisches Gebäude in München zu einem Ort der Kunst umgestaltet: zum Bergson Kunstkraftwerk.

Der heurige Architektur-Jahresregent Johann Bernhard Fischer von Erlach, dessen 300. Todestages wir gedenken, formulierte einmal eine faszinierende Idee. Er meinte, dass die Tat der Gegenwart – also das zeitgenössische Bauwerk – einen Ewigkeitswert hinterlassen solle. Das bedeutet, dass Gebäude nach der jeweiligen Wesensart der Auftraggeber entstehen sollen. In der etwa 11.000-jährigen Geschichte des menschlichen Bauens hat man tatsächlich immer wieder nach architektonischen Ausdrücken der jeweiligen Zeitatmosphäre gesucht, aber sie nur selten gefunden.

Ein zweites, gewissermaßen anderes Prinzip der Architektur stand dem nämlich sehr oft entgegen: die Transformation. Eine solche bedeutet, dass immer dann, wenn sich die Zeiten änderten, der Wunsch bestand, den jeweiligen Gebäudeausdruck an das neue Zeitgefühl anzupassen. Schmucklose Renaissance-Kastelle baute man zu heiteren Barockpavillons um, und historistische Fassaden des späten 19. Jahrhunderts wurden nach dem Ersten Weltkrieg entstuckt, weil man ihre Ornamentalzierde nicht mehr als angemessen empfand.

Heute steht die Architektur nach einer langen Phase des Neubaus wiederum im Zeichen der Transformation. Besonders die jüngere Architektengeneration empfindet Abrisse und Neubauten in Bezug auf Klimaveränderungen, Teuerung, Materialverschwendung oder Flächenverbrauch als nicht mehr angemessen. Man denkt vielmehr darüber nach, wie man bestehende Volumen in die Gegenwart überführen kann.

Im Münchner Westend kann man nun solch einen architektonischen Transformationsprozess gut nachvollziehen. Hier stand lange Zeit eine große Bauruine ohne Verwendung inmitten einer Industriebrache. Eine umfassende Analyse des Bauwerks und seines Standorts legte eine faszinierende Planungsgeschichte frei. Um das Jahr 1920 herum entwarf ein heute unbekannter Architekt dort ein Heizkraftwerk, einen spätklassizistischen Stahlbetonbau mit Ziegelausfachungen und klassizistischem Schmuck. Dieser Bau wurde jedoch nicht umgesetzt. Erst 17 Jahre später beschloss die Reichsbahndirektion München die Realisierung dieses Heizkraftwerkes.

Tanzen auf illegalen Techno Raves

Der große Industriebau wurde notwendig, weil damals der Münchner Hauptbahnhof als Teil der gigantischen Münchner Ost-West-Achse in den Westen der Stadt verlegt werden sollte. Im Jahr 1940 wurde daher der alte Plan umgesetzt, konnte aber wegen des Krieges nur zur Hälfte vollendet werden. Erst um 1955 herum benutzte die Deutsche Bahn das Bauwerk dann auch wirklich als Heizwerk, das jedoch in den frühen 1980er-Jahren schon wieder stillgelegt wurde.

2005 erwarb das Münchner Familienunternehmen Allguth – erfolgreiche Betreiber einer Tankstellengruppe – 20.000 Quadratmeter Grund, auf dem das damals bereits weitgehend verfallene Gebäude stand: ein wildromantischer, klassischer Lost Place, voll mit Graffitis. Das leer stehende Kraftwerk war inzwischen eine wichtige Location für illegale Techno Raves geworden. Im Keller stand immer Wasser, sodass dort im Sommer Schlauchboot und im Winter Schlittschuh gefahren werden konnte.

Die erste Idee der neuen Eigentümer war, an der äußersten Pheripherie der Stadt ihre neue Firmenzentrale zu bauen. Dann setzte jedoch ein dynamischer Prozess ein, der auch andere Denkrichtungen ermöglichte. Inzwischen war das Fragment des ehemaligen Heizwerks nämlich unter Denkmalschutz gestellt worden. Die nun folgende Transformation nahm Fahrt auf, als im Jahr 2015 von den programmflexiblen Eigentümern – durchaus keine Selbstverständlichkeit! – das Münchner Architekturbüro Stenger2, bestehend aus dem Architektenpaar Annette und Markus Stenger sowie Jörg Siegert, ins Boot geholt wurde.

Dieses Architekturteam war damals gerade intensiv mit der Transformation eines anderen Münchner Kraftwerks zu einem großen Möbelhaus mit Gastronomie und Büros beschäftigt. Gemeinsam entwickelten nun Eigentümer und Architekten die Potenziale des alten Heizwerks im Westen. Schon die überraschende Namensgebung des neuen Projekts – das Bergson Kunstkraftwerk – verweist auf einen langen und intensiven Denkprozess hinter dem eigentlichen Umbau; hierbei spielten die Denkstrukturen der Architekten eine wichtige Rolle.

Ausgebildet wurden beide Partner unmittelbar nach der Wende an der Bauhausuniversität Weimar, einer Einrichtung, die zwar auf eine große historische Vergangenheit verweist, aber in ihrer Neugründungsphase nach der Wende vor allem durch experimentelle Zugänge und Lehrende aus unterschiedlichen europäischen Ländern geprägt war.

Namensgeber Henri Bergson

Nach dem Diplom absolvierten Annette und Markus Stenger ein einjähriges Postdoc-Studium in den USA. Besonders intensiv wurde damals an der renommierten Ohio State University der intellektuelle Diskurs rund um Jeffrey Kipnis und Peter Eisenman geführt. Man diskutierte vor allem Ideen der französischen Poststrukturalisten in Bezug auf die zeitgenössische Architektur. Denker wie Jacques Derrida und eben auch der Namensgeber des Münchner Kunstkraftwerks, der französische Philosoph und Literaturnobelpreisträger Henri Bergson, standen damals im Mittelpunkt vieler theoretischer Überlegungen. Abstrakte Ideen konnten nun in München in einen anspruchsvollen Umbau einfließen. Man könnte vielleicht auch sagen, dass hier poststrukturelle Theorien in reale Architektur transformiert wurden.

Langsam ordneten sich die Dinge. Im Jahr 2021 begannen die Umbauarbeiten des alten Kraftwerks zu einem multifunktionalen Kulturort für Events, Konzerte und Kulinarik. Das Gestaltungsziel der Architekten war, das schlichte spätklassizistische Ziegelkleid des Bestands durch einen reduzierten Materialkanon – durch weißen Sichtbeton, Schwarzstahl und Gussasphalt – subtil zu ergänzen: edle Anmutung trotz geringer Basispreise. Das Konzept ging auf. Die Sprayer hörten auf, alles zu besprühen, und aus einem Lost Place wurde durch Transformation eine schicke Adresse: das Bergson Kunstkraftwerk. Integriert wird demnächst auch eine große Galerie des Berliner Galeristen Johann König. Ein 450 Quadratmeter großer, hochmoderner Konzertsaal wurde neu dazugebaut, außerdem gibt es ein Restaurant, Bars und – in München nicht anders vorstellbar – einen großen Biergarten.

Kürzlich wurde die Eröffnung gefeiert, und die Münchner kamen in Scharen, um den neuen Kunstort an der westlichen Peripherie in Besitz zu nehmen. Vermutlich sind sie gekommen, um zu bleiben. Und der Jahresregent Johann Bernhard Fischer von Erlach wäre mit diesem Gebäude nach der Wesensart der Auftraggeber sicher auch zufrieden gewesen.

Spectrum, Fr., 2024.04.19

29. März 2024Klaus-Jürgen Bauer
Spectrum

Bad Fischau-Brunn macht’s vor: So gelingt die Umgestaltung eines Ortes

Die Neugestaltung des Ortszentrums von Bad Fischau-Brunn zeigt, was im ländlichen Raum bei integraler Planung alles möglich ist. Nun entwickeln sich hier öffentlich nutzbare Außen- und Grünräume.

Die Neugestaltung des Ortszentrums von Bad Fischau-Brunn zeigt, was im ländlichen Raum bei integraler Planung alles möglich ist. Nun entwickeln sich hier öffentlich nutzbare Außen- und Grünräume.

Ein städtischer Platz ist im Wesentlichen durch zwei Eigenschaften charakterisiert: seine Oberflächen und die Einfassung mit umgebender Bebauung. Das ist mit ein Grund, dass so viele Platzgestaltungen im ländlichen Raum formal danebengehen – es fehlen oft solche Begrenzungen. Ein zweiter Grund besteht darin, dass Platzgestaltungen im ländlichen Raum fast immer nur Begleitprojekte von Straßenbauprojekten sind, obwohl viel Geld in die Gemeinden fließt.

Gemeinsam mit unüberschaubaren Strömen dubioser sonstiger Förderungen entstehen dann – ganz oft durch Direktaufträge an lokale Planer – meist Unsäglichkeiten, die man nur mittels Fremdschämen rezipieren kann, die aber auch die örtliche Bevölkerung nicht nützt: ganz einfach deshalb, weil die dort anzutreffenden Gestaltungsattitüden oftmals unbrauchbar sind.

Einen ganz anderen Weg wählte die Gemeinde Bad Fischau-Brunn. Der Ort gilt als eine Art Grinzing der nahe gelegenen Stadt Wiener Neustadt – eine Villenkolonie, in der es sich gut leben lässt. Bad Fischau-Brunn ist sehr alt, bereits im Jahr 865 gab es zu „Fiscere“ an einer Stelle, an der drei regionale Verbindungswege t-förmig aufeinandertreffen, ein für Ostösterreich typisches Mehrstraßendorf, eine Taufkirche und ein Weghospiz. Entlang der Hauptstraßen entstanden Winzerhöfe und im 16. Jahrhundert sogar ein Kastell, das Fürst Esterházy zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu einem Barockschloss ausbauen ließ.

Überregional ist der Ort jedoch vor allem durch seine Thermalquelle bekannt, die seit der Römerzeit bestehen. Auch im Mittelalter gab es hier Bäder, und im Jahr 1771 entstand über den glasklaren Quellen ein barockes Badehaus. Erzherzog Rainer, ein populärer Förderer von Kunst und Wissenschaften, kaufte im Jahr 1898 das barocke Fischauer Thermalbad und ließ es zu einer fantastischen Badeanlage ausbauen, zweifelsohne einer der schönsten ihrer Gattung. Damals entstanden der historistische Eingang mit dem Kolonnadenmotiv, das Herren- und das Damenbecken, die hölzernen gelb-grünen Kabinenreihen in der typischen Laubsägeoptik der Jahrhundertwende sowie eine wildromantische Felsengrotte mit efeubewachsenem Wasserfall.

Eine ziemlich radikale Idee

Auch die Bänke und Sessel aus Gusseisen mit Astwerk-Imitation stammen noch aus der Jahrhundertwende. Die Anlage blieb bis 1992 im Besitz der Habsburger, danach kaufte die Gemeinde dieses Kleinod. Bad Fischau hat also eine komplexe Geschichte und bedeutende historische Baulichkeiten wie das gut erhaltene, durch die Gemeinde engagiert geführte Thermalbad.

Das, was der Ort bisher nicht hatte, war eine Mitte, ein zentraler Platz. Im Jahr 2014 wurde deshalb ein städtebaulicher Wettbewerb für ein neues Ortszentrum ausgelobt – im ländlichen Raum durchaus ungewöhnlich. Man suchte nach Ideen für die Schaffung eines zentralen Bereichs, der die wichtigsten öffentlichen Orte der Gemeinde – das Thermalbad, das Gemeindeamt, das ehemalige Schloss sowie den Schlossgarten – in einer Platzabfolge miteinander verbinden sollte. Das Siegerteam Van der Donk ZT-GmbH/Kaminsky & Partner/TRAFFIX Verkehrsplanung GmbH/Carla Lo Landschaftsarchitektur/Bau- und Umwelttechnik GmbH schlug damals vor, entlang der Warmen Fischa eine ganze Häuserzeile abzubrechen, wodurch der überbaute Flusslauf wieder freigelegt werden konnte: eine ziemlich radikale Idee.

Die Komplexität der Aufgabe erforderte einen langen Atem aller Beteiligten. Vom Wettbewerbsgewinn bis zur Übergabe des neuen Platzgefüges an die Bevölkerung dauerte es fast zehn Jahre – gut Ding braucht eben Weile, gerade im ländlichen Bereich. Auf einer Fläche von rund 1,5 Hektar entwickeln sich heute im Ortszentrum öffentlich nutzbare Außen- und Grünräume. Damit diese nicht ausrinnen, war die Fassung dieser Räume durch die das Ortsbild wesentlich prägenden historischen Gebäude notwendig.

Im Süden des neuen Platzes entstand daher eine erforderliche Platzkante. Das bedeutete jedoch, dass neben der städtebaulichen Restrukturierung auch die bauliche Revitalisierung von drei klar abgegrenzten, aber räumlich ineinander verschränkten und teilweise denkmalgeschützten Bauprojekten erfolgen musste: vom Schloss und seinen Fassaden, von den ehemaligen Garten- und Parkbereichen des Schlosses, zudem der Umbau eines weiteren historischen Gebäudes zum Gemeindeamt und natürlich die Neugestaltung der öffentlichen Flächen.

Als wäre er schon immer da gewesen

Im Schloss wurden die Fassaden mit ihren historischen Putz- und Fassungsschichten und den historischen Holzkastenfenstern instandgesetzt, wobei die jahrhundertelang verschwundene renaissancezeitliche Gliederung wieder zum Vorschein kam. Die zum Garten hin ausgerichtete barocke Sala terrena wurde wieder zugänglich. Auch das sogenannte Gräftnerhaus wurde als neues Gemeindeamt revitalisiert – eigentlich kein Denkmal im rechtlichen Sinn – und als historischer Baubestand im Geist des Ortsbildes erhalten und ertüchtigt. Angesichts vieler seltsamer Gemeinde-Neubauten im ländlichen Raum erscheint dies als besonders bemerkenswerte Leistung.

Die Außenräume werden vor allem durch das Entfernen der Überbauungen des Bachlaufes definiert. Carla Lo schuf ein lang gestrecktes naturräumliches Band zwischen Thermalbad und Schloss mit bekiest und abgetreppt gestalteten Uferzonen. Der gepflasterte, durch Beete strukturierte und mit Sitzmöglichkeiten versehene Platz wurde in diese Gestaltung natürlich einbezogen. Besonders die Übergänge zwischen dem Schloss und dem neuen Gemeindeamt wurde mit einer weicheren wassergebundenen Oberfläche versehen, womit eine harmonische Verbindung zum nun wieder zugänglichen ehemaligen Schlosspark mit seinem alten Baumbestand geschaffen wurde.

Es zeigt sich immer wieder: Gute Gestaltung findet dann statt, wenn unterschiedliche Akteure – Bürgermeister, Architekten, Verkehrsplaner, Landschaftsgestalter, Denkmalpfleger etc. – unter einem gemeinsamen Ziel, das immer Qualität heißt, zusammenfinden. Als der Platz – eigentlich das ganze Ensemble – kürzlich nach fast zehn Jahren Bauzeit fertig war, passierte Folgendes: Die Bevölkerung belebte und benutzte diesen, als ob er immer schon da gewesen wäre. Im Erdgeschoß des Schlosses gibt es heute ein Café, Kinder spielen am offenen Bach, und Spaziergänger drehen ihre Runden zwischen Bad, Platz und Schloss, städtisches Leben hielt im Dorf Einzug.

Der lange Atem und die gestalterische Kunst aller Beteiligten wurden – wie die alten Griechen sagten – zum Pneuma, einem mit der Atemluft aufnehmbaren Geist des Ortes, der neue Genius Loci von Bad Fischau-Brunn.

Spectrum, Fr., 2024.03.29

07. Dezember 2023Klaus-Jürgen Bauer
Spectrum

Park Hyatt Hotel Wien: Es werde Licht, aber nicht zu viel!

100 Jahre alt ist das Gebäude, in dem René Benkos Park Hyatt Hotel in Wien residiert. Tagsüber ist es schön anzuschauen, doch im Dunkeln lässt die Beleuchtung es schlecht dastehen. In der Wachau zeigt eine Künstlerin, wie es besser geht.

100 Jahre alt ist das Gebäude, in dem René Benkos Park Hyatt Hotel in Wien residiert. Tagsüber ist es schön anzuschauen, doch im Dunkeln lässt die Beleuchtung es schlecht dastehen. In der Wachau zeigt eine Künstlerin, wie es besser geht.

Das prächtig herausgeputzte Hotel Park Hyatt Vienna ist in einem zwischen den Jahren 1913 und 1915 erbauten ehemaligen Bankgebäude untergebracht: dem Hauptsitz der Niederösterreichischen Escompte-Gesellschaft, einer österreich-ungarischen Großbank. Die Architekten des stattlichen Baus, Ernst Gotthilf und Alexander Neumann, waren Söhne wohlhabender jüdischer Fabrikanten aus den Tiefen der Monarchie, die nach Wien gekommen waren, um hier ihr Glück zu suchen, und stiegen groß ins damals boomende Baugeschäft in der Hauptstadt ein.

Sie verfügten über die gesamte gediegene Palette der damaligen architektonischen Formensprache. Neobarock? Renaissance? Klassizistisch? Gar kein Problem! Bald konzentrierten sie sich auf Bankgebäude. Dort trafen modernste technische Standards auf ein gesteigertes Repräsentationsbedürfnis ihrer Auftraggeber.

„Das schönste sterbende Gebäude Wiens“

Die Bank Am Hof war einer der ersten Stahlbetonbauten Wiens, aber in einer verhalten klassizistischen Hülle. Welche Eigenschaften ein Bankgebäude mitbringen solle, hatte Adolf Loos in seinem Essay „Architektur“ (1910) festgelegt: „Das Bankhaus muss sagen: Hier ist dein Geld bei ehrlichen Leuten fest und gut verwahrt.“ Die Kombination gediegener Materialien und klassizistischer Formen suggerierte also Sicherheit und Wertbeständigkeit.

Ebenfalls Adolf Loos bejammerte aber auch den geplanten Bau dieses Bankgebäudes. Hier, am ältesten Platz der Stadt, wo einst die Babenberger ihre Stadtburg hatten, musste dafür nämlich ein ehrwürdiges Gebäude weggerissen werden, ein ehemaliges Stadtpalais der Jesuiten, das nach der Aufhebung des Ordens an den Staat fiel und in der Folge den Hofkriegsrat, Vorläufer des Kriegsministeriums, beherbergte. Loos sprach vom „schönsten sterbenden Gebäude“ Wiens – und: Es sei ein „Frevel“.

Im Jahr 1913 übersiedelte dann das Reichskriegsministerium in den Neubau am Stubenring; kurzerhand nahm man auch das vorher Am Hof situierte Reiterstandbild von Feldmarschall Radetzky mit. Zwei Jahre später wurde das neue Bankgebäude eröffnet. 1938 zog die Länderbank ein.

Störung des Biorhythmus

Die Bank Austria verkaufte es 2008 an die Signa, die dort ein Luxushotel errichten wollte. Drei Jahre später kam es bei Bauarbeiten zu einem Großbrand, der das Gebäude im Inneren komplett zerstörte. Die Eigentümer ließen sich davon nicht entmutigen und stellten das Haus vorbildlich wieder her. Im Juli 2014 eröffnete dann das Hotel. Es ist eine Erfolgsgeschichte für das nun 100-jährige Haus, doch es gibt einen Wermutstropfen: Bei Dunkelheit wird die Fassade völlig unpassend ausgeleuchtet. Das ist in mehr als einer Hinsicht problematisch.

Erstens führt die kontinuierliche Erweiterung von künstlicher Beleuchtung in den Außenraum zu Lichtverschmutzung. Immer mehr Licht zur falschen Zeit bringt den natürlichen Biorhythmus von Menschen, Flora und Fauna durcheinander und gefährdet letztlich die Biodiversität. Der erhöhte Verbrauch von Energieressourcen für eine nicht notwendige Beleuchtung ist zudem zunehmend ein gesellschaftliches Problem.

Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Hierarchien innerhalb der Stadt. Wenn nämlich ein nicht öffentliches Gebäude wie ein Hotel durch Licht besonders deutlich hervorgehoben wird, ist das eine Art von Anmaßung. Es wird damit etwas betont, das letztlich privaten und nicht öffentlichen Interessen dient.

Luminöser Analphabetismus

Der dritte Punkt betrifft die Architektur. Die zweifelsohne hochwertige Fassade von Gotthilf & Neumann wurde 1913 nach den Regeln der gebundenen Architektur entworfen. Das bedeutet, dass alle Teile wie Gesimse, Ornamente etc. proportional und historisch in einem genau abgestimmten Verhältnis zueinanderstehen. Das intensive Ausleuchten zufällig ausgewählter Bereiche – das Giebelfeld und einige Fenster des vierten Stockes – zerstört nun völlig diese Sinnzusammenhänge.

Das Licht schafft also abends in einer Art luminösem Analphabetismus ein völlig neues, entstelltes Gebäude. Die dabei entstehenden hohen Hell-Dunkel-Kontraste wirken unangenehm. Logisch erscheint hingegen die Beleuchtung der Portale: Diese hat ihre Berechtigung, weil sie auf die gastfreundlich halb öffentliche Funktion eines Hotels verweist. Abends das überflüssige und unfunktionale Licht einfach auszuschalten würde die Architektur wieder zurückbringen und der Lichtverschmutzung entgegenwirken.

Wie zwei Krawatten übereinander

Als Alternativmodell sei auf ein Projekt der Vorarlberger Künstlerin Siegrun Appelt verwiesen, die genau das Gegenteil macht: Sie reduziert die Beleuchtung öffentlicher Gebäude und Landmarks wie etwa jene der berühmten Wachauer Kirchen. Damit schafft sie einen Mehrwert an Wahrnehmung, ein deutlich stimmigeres Bild. Es ist ein bewusster und nachhaltiger Umgang mit künstlicher Beleuchtung und führt zu einer besseren Wahrnehmbarkeit des Kontrastes von Licht und Dunkelheit. Gemeinsam mit „Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich“ entwickelte Appelt das Lichtkonzept „Langsames Licht – Slow Light“. Ursprünglich war diese Idee für die Beleuchtung von 15 bedeutenden historischen Gebäuden in der Wachau geschaffen, dann aber auch auf andere historische Landschaftsräume erweitert worden.

Die Künstlerin hat mit diesen sichtbaren Veränderungen ein neues Bewusstsein für den Umgang mit Licht geschaffen. So etwas würde man sich auch für alle nicht öffentlichen Bauwerke in der Stadt wünschen. Wir haben nämlich nicht zu wenig künstliches Licht in unseren Städten, sondern viel zu viel. Der verstorbene Medienkünstler Peter Weibel meinte einmal, dass es doppelt schön wäre, zwei Krawatten übereinander zu tragen. Diese feine Ironie gilt auch für angestrahlte Fassaden nicht öffentlicher Bauwerke. Ein so schönes und so vorbildlich wiederhergestelltes Gebäude wie das Park Hyatt Hotel braucht nämlich gar keine Beleuchtung der Fassaden. Besser wäre es, dieses Licht zu sparen und die Schönheit des Bauwerks in der Nacht wirken zu lassen.

Spectrum, Do., 2023.12.07

Profil

1986 – 1992 Architekturstudium an der Hochschule fur angewandte Kunst in Wien, Meisterklasse Wilhelm Holzbauer
1993 Diplom Bauhaus - Universität Weimar
1997 Promotion magna cum laude, Bauhaus - Universität Weimar
Seit 1997 Büro in Eisenstadt

Lehrtätigkeit

1993 – 1997 Assistent an der Bauhaus - Universität Weimar
1995 – 1999 Sommerakademie Rom, Palazzo Doria Pamphilii
Lehrauftrag an der TU Wien, Institut für Architekturwissenschaften
Vorsitzender Fachbeirat BIG Art

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften
2000 – 2004 Vorsitzender des Architektur Raumburgenland
P.E.N.
ICOMOS

Publikationen

2018 elemosina rustium,- NEBAU
2017 Sätzchen.- Marlit Verlag
2016 Mein Haus in Lajtakatta Carl Pruscha Architect, ARB
2015 Zurück zur Mitte. Strategien zur Belebung burgenländischer ortskerne,- Weber
2015 Entdämmt Euch! eine Streitschrift.- Lex Liszt 12
2007 Pannonien. Archipel. Theorie der Provinz,- Lex Liszt 12
1997 Minima Aesthetica. Banalität als subversive Strategie der Architektur.- Verso

Auszeichnungen

Burgenländischer Architekturpreis

In nextroom dokumentiert:
Architekturpreis des Landes Burgenland 2010, Preisträger, Café Maskaron im Schloss Esterházy

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